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Karl Emil Julius Strolin 21 Oktober 1890 in Berlin 21 Januar 1963 in Stuttgart war ein deutscher nationalsozialistischer Politiker und von 1933 bis 1945 Oberburgermeister von Stuttgart Karl Strolin um 1933 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Offizierslaufbahn 1 2 NS Politiker 1 3 Im Widerstand 1 4 Kurz vor Kriegsende 1 5 Nach Kriegsende 2 Ehrenamter 3 Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenOffizierslaufbahn Bearbeiten Karl Strolin wurde 1890 in eine vom Pietismus gepragte Familie hineingeboren Als Sohn eines spateren Generals bekam er einen Platz im Preussischen Kadettenkorps und trat folgerichtig in eine Offizierslaufbahn ein 1 Bis hin zum Hauptmann befordert nahm er am Ersten Weltkrieg teil 1920 musste er wegen der Abrustungsbestimmungen des Versailler Vertrags das Militar gegen seinen Willen verlassen Strolin studierte von 1920 bis 1923 Rechts und Staatswissenschaften in Wien und Giessen Er wurde mit der Dissertationsschrift Die wirtschaftliche Lage des Mittelstands und der Arbeiterschaft der Stadt Stuttgart vor und nach dem Krieg promoviert 2 In Stuttgart machte er anschliessend eine Karriere im stadtischen Gaswerk Wahrend seines Studiums naherte er sich der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei NSDAP von Adolf Hitler an 1923 trat er erstmals der NSDAP bei und dann erneut 1931 3 NS Politiker Bearbeiten 1931 trat Karl Strolin bei der Stuttgarter Oberburgermeisterwahl als Kandidat der Nationalsozialisten gegen den Amtsinhaber Karl Lautenschlager an musste aber eine deutliche Niederlage hinnehmen Strolin erhielt knapp 26 000 Stimmen Lautenschlager mehr als 115 000 Trotzdem zog er bei nachfolgenden Kommunalwahlen in den Stuttgarter Gemeinderat ein und wurde dort Vorsitzender der NSDAP Fraktion Nach der nationalsozialistischen Machtergreifung ernannte ihn der neu eingesetzte wurttembergische Reichsstatthalter Wilhelm Murr am 16 Marz 1933 zum Staatskommissar fur die Verwaltung der Stadt Stuttgart Konsequent setzte Strolin seine nationalsozialistischen Ideen in der Stadtverwaltung durch Oberburgermeister Lautenschlager wurde zum Briefoffner Strolins degradiert Politische Gegner und Juden verloren ihre Arbeitsstellen in der Stadtverwaltung Innerhalb von wenigen Monaten hatte er die Stadtverwaltung auf seinen Kurs getrimmt Zum 1 Juli 1933 wurde er von Murr zum Oberburgermeister von Stuttgart auf Lebenszeit ernannt Seine wichtigsten verwaltungspolitischen Aufgaben als Oberburgermeister sah Strolin in der Stadtplanung und im Wohnungsbau Schon wenige Wochen nach seinem Amtsantritt liess er bis zum 1 Mai 1933 im Norden von Stuttgart die bis dahin eigenstandigen Orte Weilimdorf Muhlhausen und Zazenhausen eingemeinden Dort schuf er Raum fur neue Wohnungen die jedoch fur rassisch hochstehende Bewerber mit Ariernachweis reserviert waren Neben vielen anderen Posten wurde Strolin 1933 der Vorsitzende des Deutschen Ausland Institutes DAI in Stuttgart Diese Organisation ursprunglich fur die Betreuung und Dokumentation von Auslandsdeutschen konzipiert war im Nationalsozialismus in zahlreiche Tatigkeiten im Bereich der nationalsozialistischen Volkstumspolitik verwickelt Spatestens ab 1936 begann er das Amt im DAI dafur zu nutzen mit nationalsozialistischen Ausrichtung eine Amerikapolitik zu betreiben die darauf ausgerichtet war die Gruppierung der Deutschamerikaner als 5 Kolonne zur Spaltung der US amerikanischen Gesellschaft einzusetzen Nach seiner USA Reise im Herbst 1936 war er bemuht innerhalb der Gruppe ein Netzwerk an Informanten aufzubauen Die dabei eingesetzten Mittel und Methoden trugen nachrichtendienstlichen Charakter Fur die Umsetzung dieses Programms setzte er den Mitarbeiter des DAI Heinz Kloss ein Das damit verfolgte Endziel sollte die Schaffung einer wirklichen Volksgruppe mit nationalsozialistischen Haltung 4 sein Nach mehreren Besuchen Strolins in der Reichshauptstadt Berlin konnte Reichsstatthalter Murr im August 1936 bekannt geben dass Hitler der Stadt Stuttgart den Ehrennamen Stadt der Auslandsdeutschen verliehen hat 5 Strolin stieg bis in die Reichsleitung der NSDAP auf Ausserdem war Strolin als Oberburgermeister zumindest indirekt dafur mitverantwortlich dass zwischen 1941 und 1945 vom Stuttgarter Nordbahnhof aus mehr als 2 000 Juden aus ganz Wurttemberg nach Theresienstadt Auschwitz Riga und Izbica deportiert und grosstenteils ermordet wurden An dieses Ereignis erinnert seit 2006 die Gedenkstatte am Nordbahnhof Im Widerstand Bearbeiten Strolin hatte Kontakt zum ehemaligen Leipziger Oberburgermeister Carl Friedrich Goerdeler der massgeblich am Attentat auf Adolf Hitler am 20 Juli 1944 beteiligt war Im Auftrag von Goerdeler ubermittelte Strolin am 14 April 1944 an Generalfeldmarschall Erwin Rommel eine Anfrage uber ein Treffen Rommels mit dem ehemaligen Reichsaussenminister Konstantin von Neurath fur eine Besprechung uber einen politischen Umsturz in Deutschland Rommel kam aus politischer Vorsicht nicht selbst sondern schickte seinen Chef des Stabes Hans Speidel zu dem Treffen mit Neurath und Strolin am 27 Mai 1944 in Freudenstadt Speidel zu Strolins Aussagen bei dem Treffen Oberburgermeister Dr Strolin wies vor allem auf das zentrale Problem der Person Adolf Hitlers hin mit dem das Ausland keine politischen Abmachungen treffen wurde Nur seine Beseitigung ermogliche eine neue schopferische Politik Beide Manner Neurath und Strolin baten fur den Feldmarschall bestimmt den dringenden Appell zu ubermitteln sich fur die Rettung des Reiches zu Verfugung zu halten sei es als Oberbefehlshaber der Wehrmacht sei es als interimistisches Staatsoberhaupt 6 Nach dem Anschlag vom 20 Juli gab es auch bei Strolin eine Hausdurchsuchung die jedoch nichts Belastendes gegen ihn erbrachte Trotzdem wurde er 1944 unter Aberkennung seines Parteiranges aus der NSDAP Reichsleitung entlassen Er blieb aber weiter Oberburgermeister von Stuttgart Kurz vor Kriegsende Bearbeiten Als franzosische und amerikanische Truppen im April 1945 auf Stuttgart vorruckten erklarten die Nationalsozialisten die Stadt zur Festung und forderten sie mit allen verfugbaren Mitteln zu verteidigen Als ehemaliger Offizier wusste Strolin dass die Stadt in ihrer Talkessellage unmoglich verteidigt werden konnte Die Stadt war durch schwere Luftangriffe bereits stark zerstort Bei Bodenkampfen im Stadtgebiet waren nicht nur intakt gebliebene Gebaude und Versorgungseinrichtungen zerstort sondern auch weitere tausende Einwohner getotet worden Durch sein personliches Eingreifen verhinderte er die Sprengung der Brucke uber den Neckar uber die die Wasserleitung nach Stuttgart gefuhrt wurde Strolin nahm deshalb heimlich Kontakt zur franzosischen Armee auf und bot die friedliche Ubergabe seiner Heimatstadt an Damit riskierte er bewusst sein Leben denn er widersetzte sich dem ausdrucklichen Durchhaltebefehl der NS Fuhrung Tatsachlich erfuhr die Geheime Staatspolizei von Strolins Kontakten zur feindlichen Armee und erwirkte einen Haftbefehl gegen ihn Doch der Funker der den telegrafisch ubermittelten Haftbefehl in Stuttgart entgegennahm liess diesen verschwinden Damit bewahrte er nicht nur Strolin vor der standrechtlichen Erschiessung sondern auch die Stadt vor einer Zerstorung Am 21 April 1945 konnten franzosische Truppen weitgehend kampflos die Stuttgarter Gebiete am linken Neckarufer mit der Innenstadt besetzen Amerikanische Truppen ruckten in die Stadtteile am rechten Neckarufer mit Bad Cannstatt ein Einen Tag spater ubergab Strolin die Stadt offiziell einem franzosischen General und schlug zugleich den parteilosen und unbelasteten Anwalt Arnulf Klett als neuen Oberburgermeister vor Nach Kriegsende Bearbeiten Weil Strolin ein bedeutender NS Politiker war wurde er von den Alliierten zunachst inhaftiert und einige Zeit im Kriegsgefangenenlager Nr 32 Camp Ashcan im luxemburgischen Bad Mondorf interniert Spater wurde er wieder freigelassen und im Rahmen der Entnazifizierung sogar als minder belastet eingestuft Er ausserte sich jedoch uber seine NS Vergangenheit niemals bedauernd oder selbstkritisch Vielmehr betrachtete Strolin den Nationalsozialismus bis zu seinem Tod als eine im Prinzip gute politische Idee die von Hitler und seinem Umfeld lediglich verraten worden sei 1950 veroffentlichte er ein Buch uber Stuttgart im Endstadium des Krieges Anfang der funfziger Jahre erstritt er vor Gericht von der Stadt Stuttgart eine Pension In der Nachkriegszeit wurde er nicht nur von linken sondern auch von extrem rechten Kreisen angegriffen da er mit seinen Kontakten zum Widerstand und der Ubergabe Stuttgarts Deutschland verraten habe Strolin wurde auf dem Waldfriedhof beerdigt Ehrenamter Bearbeiten1933 Vorsitzender des Deutschen Ausland Institutes DAI 1938 1945 Prasident des Internationalen Verbandes fur Wohnungswesen und Stadtebau 7 8 9 Schriften BearbeitenProbleme des Wohnungswesens des Stadtebaus und der Raumordnung im Hinblick auf den Wiederaufbau und die Planungen neuer Stadtanlagen in der kunftigen Friedenszeit Stuttgart Juli 1944 Stuttgart im Endstadium des Krieges Friedrich Vorwerk Verlag Stuttgart 1950 68 S Verrater oder Patrioten Der 20 Juli 1944 und das Recht auf Widerstand Friedrich Vorwerk Verlag Stuttgart 1952 47 S Literatur BearbeitenWalter Nachtmann Stuttgarts NSDAP Oberburgermeister Aufstieg und Fall des Dr Karl Strolin In Ausstellungsreihe Stuttgart im Dritten Reich Anpassung Widerstand Verfolgung Die Jahre von 1933 bis 1939 Landeshauptstadt Stuttgart Stuttgart 1984 S 32 49 Walter Nachtmann Karl Strolin Stuttgarter Oberburgermeister im Fuhrerstaat Silberburg Verlag Tubingen 1995 ISBN 3 87407 210 X Michael Kissener Joachim Scholtyseck Hrsg Die Fuhrer der Provinz NS Biographien aus Baden und Wurttemberg Universitatsverlag Konstanz UKV Konstanz 1997 Karlsruher Beitrage zur Geschichte des Nationalsozialismus 2 ISBN 3 87940 566 2 Walter Nachtmann Wilhelm Murr und Karl Strolin In Hermann G Abmayr Hrsg Stuttgarter NS Tater Vom Mitlaufer bis zum Massenmorder Schmetterling Verlag Stuttgart 2009 ISBN 3 89657 136 2 S 186 197 Phillip Wagner Between National Socialism and expert internationalism Karl Strolin and transnationalism in urban planning 1938 45 In European Review of History 25 2018 S 512 534 doi 10 1080 13507486 2018 1439888 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Karl Strolin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Die Stadt Stuttgart uber ihren fruheren Oberburgermeister Karl Strolin Infos uber Karl Strolin auf www wirtemberg de Lebenslauf auf www zeichen der erinnerung org Karl Strolin im Landesarchiv Baden WurttembergEinzelnachweise Bearbeiten Falls nicht anders erwahnt beziehen sich die Aussagen auf Walter Nachtmann Karl Strolin Stuttgarter Oberburgermeister im Fuhrerstaat Tubingen 1995 Strolin Karl Emil Julius leo bw de abgerufen am 12 Dezember 2015 Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag Zweite aktualisierte Auflage Frankfurt am Main 2005 ISBN 978 3 596 16048 8 S 609 Entwurf zu den Richtlinien fur die Amerikaarbeit vom 3 Dezember 1935 Autoren Heinz Kloss und Otto Lohr in Michael Wala Hrsg Gesellschaft und Diplomatie im transatlantischen Kontext Franz Steiner Verlag Stuttgart 1999 S 196f Pariser Tageszeitung Jg 1 Nr 78 vom 28 August 1936 S 1 online bei Deutsches Zeitungsportal Hans Speidel Invasion 1944 Verlag Ullstein Frankfurt Berlin Wien 1975 ISBN 3 548 03051 3 Seiten 58 59 Michel Geertse Cross Border Country Planning Dialogue in Interwar Europe SAGE Open August 2015 DOI 10 1177 2158244015600768 1 Michel Geertse Defining the Universal City The International Federation for Housing and Town Planning and transnational planning dialogue 1913 1945 Vrije Universiteit Amsterdam Amsterdam 2012 2 Phillip Wagner Between National Socialism and expert internationalism Karl Strolin and transnationalism in urban planning 1938 45 In European Review of History 25 2018 S 512 534 doi 10 1080 13507486 2018 1439888 Stadtoberhaupter der Landeshauptstadt Stuttgart Christian Heinrich von Gunzler 1799 1804 Gottfried Eberhard Hoffmann 1805 1811 Karl Eberhard von Wachter 1811 1813 Carl Friedrich von Dizinger 1813 1819 Willibald Feuerlein 1820 1833 Georg Gottlob von Gutbrod 1833 1861 Heinrich von Sick 1862 1872 Friedrich von Hack 1872 1892 Emil von Rumelin 1893 1899 Heinrich von Gauss 1899 1911 Karl Lautenschlager 1911 1933 Karl Strolin 1933 1945 Arnulf Klett 1945 1974 Manfred Rommel 1975 1996 Wolfgang Schuster 1997 2013 Fritz Kuhn 2013 2021 Frank Nopper seit 2021 Normdaten Person GND 119252015 lobid OGND AKS LCCN n96092011 VIAF 92511926 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Strolin KarlALTERNATIVNAMEN Strolin Karl Emil JuliusKURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker NSDAP und Oberburgermeister von StuttgartGEBURTSDATUM 21 Oktober 1890GEBURTSORT BerlinSTERBEDATUM 21 Januar 1963STERBEORT Stuttgart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Karl Strolin amp oldid 238358285