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Judenfriedhof ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Zum Gemalde von Jacob Isaacksz van Ruisdael siehe Der Judenfriedhof Ein judischer Friedhof hebraisch בית עלמין bzw בית עולם Aussprache beɪt ʌl mɪn bzw beɪt o lʌm dt Haus der Ewigkeit nach Kohelet 12 8 EU oder בית קברות beɪt kvʌ rot Haus der Graber ist ein Friedhof mit Besonderheiten die sich aus den Gesetzen des Judentums ergeben So ist die Erdbestattung vorgeschrieben Die dauerhafte Totenruhe gilt als verbindlich und steht einer begrenzten Ruhefrist entgegen Die Trauernden legen statt Blumen in der Regel Steine auf den Grabstein Mit Bezug zu seinem lebensbejahenden Charakter und der Erwartung der Auferstehung wird der judische Friedhof auch Beit HaChayim Haus des Lebens Beit Olam Ewiges Haus oder auch Beit Tow Gutes Haus genannt Judischer Friedhof auf dem Olberg in Jerusalem 2005 Es gibt mit seltenen Ausnahmen siehe z B das Grab von Rosa Welt Straus 1 im Judischen Friedhof Veyrier nur Einzelgraber und keine Gemeinschaftsgraber auf judischen Friedhofen Grabsteine sind nach Osten ausgerichtet ebenso wie die Toten deren Fusse nach Osten nach Jerusalem zeigen damit nach der Auferstehung die Reise in Richtung Jerusalem gleich anfangen kann Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Besonderheiten 3 Verbandsfriedhof 4 Grosse judische Friedhofe in Europa 5 Symbole auf Grabsteinen 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten Alter Judischer Friedhof Furth 1705 Als der alteste judische Friedhof Europas mit einem Grabstein von 1058 1059 gilt der Heilige Sand in Worms Wahrend die Aschkenasim deutschstammige und osteuropaische Juden aufrechte Steine an ihre Graber stellten bestatteten die Sephardim portugiesische und spanische Juden ihre Toten unter flachliegenden Grabplatten oder Zeltgrabern 2 In Mittel und Osteuropa sind uberwiegend aschkenasische Bestattungsarten verbreitet Vereinzelt finden sich dort auch judische Friedhofe die ausser einem aschkenasischen Teil auch einen sephardischen Teil beinhalten wie zum Beispiel der Judische Friedhof in Hamburg Altona Anfangs wurden die Toten nach Jerusalem ausgerichtet diese Tradition wird seit dem 18 Jahrhundert nicht mehr durchgesetzt Insbesondere wurden die Grabsteine Mazevot ab der Zeit der Haskala nicht nur in hebraischer Sprache beschriftet sondern auch in der jeweiligen Landessprache Letzteres geschah in der Regel auf der Ruckseite des Grabsteins Eine weitere Besonderheit bestand darin dass auf der hebraisch beschrifteten Seite des Grabsteins nicht nur der Name des Toten selbst genannt wurde sondern auch der Name seines Vaters Dies stellt heute fur die genealogische Forschung einen unschatzbaren Wert dar In der Zeit der Haskala wurden in Anlehnung an die christliche Tradition Familiengraber mit aufwandiger gestalteten Grabsteinen und sogar Mausoleen fur Familien errichtet In der Vergangenheit kam es manchmal vor dass auf judischen Friedhofen freilaufende Esel gehalten wurden Da glaubige Juden die Erstgeburt eines Esels im Gegensatz zu anderen Nutztieren auslosen mussen wenn sie von diesem Esel spater einen eigenen Nutzen zu haben beabsichtigen mussen sie fur das Tier rechtzeitig eine Abgabe entrichten Jedoch wurde dies manchmal versaumt deshalb durfte der Esel fur keine Arbeit beigezogen werden und verbrachte sein Leben auf dem Friedhof 3 Unter den Bedingungen extremer Armut unter denen viele judische Gemeinden des Maghreb in der Vergangenheit lebten war Prostitution haufig Judische Friedhofe hatten in den betroffenen Gemeinden deshalb getrennte Bereiche fur verstorbene Frauen die diesem Gewerbe nachgegangen waren 4 Judischer Friedhof Heiliger Sand in Worms Judischer Friedhof in CzernowitzEs wurden Judische Friedhofe im Nationalsozialismus in grosser Anzahl verwustet Besonderheiten Bearbeiten Judischer Friedhof in Kamienna Gora ehem Landeshut in Schlesien Auf einem judischen Friedhof befindet sich ein Taharahaus zur Totenwaschung Weil im Tode alle Menschen gleich sind finden sich bis Mitte des 18 Jahrhunderts gleichformige Grabsteine Erst mit der Haskala der fortschreitenden judischen Emanzipation und Assimilation beginnen die Juden ebenso prunkvolle Grabstatten zu errichten wie es auch von christlichen Friedhofen dieser Zeit bekannt ist Einer der fundamentalsten israelitischen Glaubensgrundsatze die Unantastbarkeit der Totenruhe fuhrte dazu dass Graber und Grabmale uber Jahrhunderte erhalten bleiben dass die judischen Friedhofe uber Generationen hinweg wachsen wahrend auf anderen Friedhofen immer wieder nach Ablauf von Ruhefristen einzelne Graber oder ganze Grabfelder geraumt werden aus dem Vorwort Der judische Friedhof 5 Das judische Grab wird von den Gemeinden nicht eingeebnet und der Stein bleibt bestehen Bei Platzmangel legt man eine Schicht Erde uber ein Grab und bestattet einen Toten uber dem anderen Eindrucksvoll ist dies beim Alten Judischen Friedhof in Prag zu sehen Dies hangt mit dem judischen Glauben an die Auferstehung der Toten zusammen Eine Besonderheit auf vielen judischen Friedhofen sind die Paargraber Da die Totenruhe nicht gestort werden darf erhalt der spater gestorbene Ehepartner eine eigene Grabstatte mit eigener Mazewa neben seinem vorverstorbenen Gatten Blumenschmuck ist in der judischen Tradition nicht ublich stattdessen werden kleine Steine auf die Grabplatten gelegt Die Graber lasst man mit Efeu und Gras uberwachsen Nach dem Besuch des Friedhofs wascht man sich die Hande In Deutschland sind die judischen Friedhofe in der Regel am Schabbat geschlossen Die Halacha gestattet es nicht am Schabbat Tote zu begraben oder dort tatig zu sein Auch nichtjudische Manner werden gebeten aus Achtung vor den judischen Brauchen auf einem judischen Friedhof ihren Kopf zu bedecken siehe auch Judische Bestattung Verbandsfriedhof Bearbeiten Verbandsfriedhof in WaibstadtDer Friedhof ist in der Regel Eigentum der judischen Gemeinde Hingegen befindet sich ein Verbandsfriedhof in der Tragerschaft mehrerer Kehillot Gemeinden Der Zusammenschluss zu einem Friedhofsverband machte die gemeinsame Finanzierung eines Friedhofs moglich Das betraf sowohl die Neuanlage als auch die anfallenden Kosten fur den Unterhalt des Friedhofs Judische Gemeinden oder judische Familien die sich nicht in den Verbandsfriedhof eingekauft hatten konnten zwar auch ihre Toten dort bestatten mussten aber oftmals hohere Gebuhren entrichten Einer der grossten und altesten erhaltenen judischen Verbandsfriedhofe Deutschlands ist der Judische Friedhof in Heinsheim bei Bad Rappenau im Kraichgau Baden Wurttemberg Grosse judische Friedhofe in Europa BearbeitenDa Flache und Graberanzahl sich nicht entsprechen ist bei Friedhofen eine Ordnung nach Grosse schwierig So ist der Friedhof Ohlsdorf der grosste Mitteleuropas nach Flache der Wiener Zentralfriedhof und seiner judischen Abteilung aber der grossere nach der Grabanzahl 80 000 wobei 6000 im Zweiten Weltkrieg zerstort wurden 6 Den grossten judischen Friedhof in Sudosteuropa hatte Thessaloniki mit angeblich 500 000 Grabern Er wurde nach dem Balkanfeldzug 1941 in Zusammenarbeit von Wehrmacht und griechischen Behorden zerstort 7 8 9 In Deutschland hatten Berlin Breslau und Konigsberg i Pr die grossten judischen Gemeinden Unter den erhaltenen Friedhofen ist der Judische Friedhof Berlin Weissensee der grosste in Europa Auf einer Flache von 42 Hektar liegen etwa 115 000 Graber Auf dem Alten Judischen Friedhof in Breslau verteilen sich 12 000 Graber auf 5 ha auf dem Neuen 20 000 Graber auf 7 ha Fur Konigsberg fehlen Zahlenangaben In Osteuropa folgt der Neue Judische Friedhof Lodz mit 40 ha dicht auf Weissensee er hat 180 000 Graber 10 Der judische Friedhof in Warschau ist nach der Grabanzahl der grosste erhaltene judische Friedhof in Europa Auf einer Flache von 33 ha liegen uber 200 000 Grabstatten mit Grabsteinen ausserdem Massengraber von ermordeten Bewohnern des Warschauer Ghettos aus der Zeit der deutschen Okkupation In der Ukraine rangiert der Judische Friedhof Czernowitz mit 14 2 ha und 50 000 Grabern weit vor denen in Lwiw Lemberg und Brody Von den drei Judischen Friedhofen in Lwiw ist nur einer erhalten Der zerstorte Friedhof in Brody mit 6000 Grabsteinen wurde nach dem Krieg durch ein Stadion uberbaut 11 Der Alte Judische Friedhof in Prag ist zwar sehr bekannt aber der kleinste der bekannten judischen Friedhofe Auf einem knappen Hektar befinden sich 12 000 Grabstatten in denen schatzungsweise 100 000 Menschen begraben liegen In Nordosteuropa war Vilnius ein Zentrum des Judentums Von den drei Judischen Friedhofen in Vilnius ist ebenfalls nur einer erhalten er birgt 6500 Graber Symbole auf Grabsteinen BearbeitenSiehe auch Mazewa Ikonographie und Liste von Abkurzungen auf judischen Grabsteinen Levitenkanne auch mit Hand in ausgiessender Geste Grabstein eines Leviten der die Hande des Priesters wascht Segnende Priesterhande Grab eines Kohanim der den Priestersegen spricht drei oder neunarmiger Leuchter Chanukka Leuchter mit abgebrochenen Kerzen oft ein Frauengrab Lowe der einen Stapel Bucher stutzt eine gespreizte Hand zeigt dass der Verstorbene ein Kohen Priester und somit ein Nachkomme des Hohepriesters Aharon war 12 gebrochener Baumstamm bzw Baumstamm mit abgebrochener Krone steht oft fur den Tod eines jungen Menschen Davidstern Hand die eine Munze in eine Truhe wirft Zedaka Box Vogelpaar steht fur ein Frauengrab Stammbaume moglicherweise Ruckkehrer zum Judentum 2 Siehe auch BearbeitenListe judischer Friedhofe in Deutschland Liste judischer Friedhofe in Osterreich Liste judischer Friedhofe in der Schweiz Schandung judischer FriedhofeLiteratur BearbeitenThomas Blisniewski Wandlungen der judischen Sepulkralkultur im 19 Jahrhundert In Claudia Denk John Ziesemer Hrsg Der burgerliche Tod Stadtische Bestattungskultur von der Aufklarung bis zum fruhen 20 Jahrhundert Internationale Fachtagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Nationalmuseum Munchen 11 13 November 2005 ICOMOS Hefte des Deutschen Nationalkomitees 44 Regensburg 2007 S 14 23 Tina Walzer Judische Friedhofe in den europaischen Landern Rahmenbedingungen und Zustandsbilder In David Judische Kulturzeitschrift Heft 82 2009 S 9 davidkultur at Memento vom 4 April 2015 im Internet Archive Falk Wiesemann Sepulcra judaica Bibliographie zu judischen Friedhofen und zu Sterben Begrabnis und Trauer bei den Juden von der Zeit des Hellenismus bis zur Gegenwart Klartext Verlagsgesellschaft Essen 2004 ISBN 3 89861 422 0 Herbert Liedel Helmut Dolhopf Haus des Lebens Judische Friedhofe Sturtz Wurzburg 1985 ISBN 3 8003 0251 9 Alfred Udo Theobald Hrsg Der judische Friedhof Zeuge der Geschichte Zeugnis der Kultur Badenia Karlsruhe 1984 ISBN 3 7617 0228 0 Rudolf Klein Metropolitan Jewish Cemeteries of the 19th and 20th Centuries in Central and Eastern Europe A Comparative Study Michael Imhof Verlag Petersberg 2018 ISBN 978 3 7319 0752 7 Ulrich Knufinke Bauwerke judischer Friedhofe in Deutschland Michael Imhof Verlag Petersberg 2007 ISBN 978 3 86568 206 2 Claudia Theune Tina Walzer Hrsg Judische Friedhofe Kultstatte Erinnerungsort Denkmal Bohlau Verlag Wien Koln Weimar 2011 ISBN 978 3 205 78477 7 Ulrich Grun Der Judenhagen in Ruthen wichtiger als eine Synagoge In Kreis Soest Hrsg Kalender des Kreises Soest Soest 2003 ZDB ID 619151 4 S 76 ff Marcel Th und Klaus Jacobs Haus der Ewigkeit Judische Friedhofe im mitteleuropaischen Kulturraum Hentrich amp Hentrich Berlin Leipzig 2022 ISBN 978 3 95565 515 0 Weblinks Bearbeiten Commons Judische Friedhofe Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Digitale Edition von mehr als 22 000 judischen Grabinschriften Judische Friedhofe bei alemannia judaica Graber von Personlichkeiten amp Friedhofe weltweit Spurensuche Judische Friedhofe in Deutschland Eine Einfuhrung fur Schuler und Lehrer Judische Friedhofe in Bayern Haus der Bayerischen Geschichte Einzelnachweise Bearbeiten Dr Rosa Welt Straus In der Datenbank Find a Grave 11 Dezember 2011 abgerufen am 27 Juni 2023 a b Marianne Enigl Geschichtsbucher aus Stein Auf judischen Friedhofen in Europa ist judisches Leben nahezu ablesbar Sephardische Grabstatten erhalten heute zunehmend Aufmerksamkeit In Yves Kugelmann Hrsg Aufbau Nr 2 85 JM Judische Medien Zurich April 2019 S 28 30 Simon Philip de Vries Judische Riten und Symbole rororo Band 18758 11 Auflage Rowohlt Verlag Reinbek bei Hamburg 2010 ISBN 978 3 499 18758 2 S 213 Georges Bensoussan Juifs en pays arabes Le grand deracinement 1850 1975 In Denis Maraval Hrsg Collection Texto 2 Auflage Editions Tallandier Paris 2021 ISBN 979 1 02105090 7 S 178 Alfred Udo Theobald Der judische Friedhof Karlsruhe 1984 Judische Friedhofe Wien abgerufen am 1 Mai 2016 Memento vom 22 August 2016 im Internet Archive Wassilis Aswestopoulos Zehn Millionen fur 500 000 Graber In Judische Allgemeine 14 April 2011 Bericht uber eine Historiker Tagung in Thessaloniki zur judischen Geschichte der Stadt mit Zahlenangaben Memento vom 27 September 2013 im Internet Archive Aus dem Gedachtnis verschwunden Der vergessene judische Friedhof von Thessaloniki Deutschlandfunk 2010 Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Stiftung Judische Monumente in Lodz Memento vom 20 April 2009 im Internet Archive Friedhof Brody Deutschlandradio 2012 Nathanja Huttenmeister Rolf Verleger Hrsg Haus der Ewigkeit Der judische Friedhof Stockelsdorf Solivagus Verlag Kiel 2019 ISBN 978 3 947064 05 2 Seite Normdaten Sachbegriff GND 4331943 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judischer Friedhof amp oldid 234989541