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Histologische Technik von gr histos Gewebe oder kurz Histotechnik ist in der Histologie ein Sammelbegriff fur die Verfahren der Gewebeaufbereitung fur die mikroskopische Untersuchung Die Entwicklung dieser Verfahren hat vom Ende des 19 bis Mitte des 20 Jahrhunderts eine bedeutende Rolle in der medizinischen Forschung und Wissenschaft gespielt besonders in der Anatomie und Pathologie aber auch in der Mikrobiologie Sie war dabei von der Vervollkommnung des analogen Lichtmikroskops begleitet Schnittpraparat fur die Lichtmikroskopie 1 Glasobjekttrager 76 26 mm 2 Deckglas 3 gefarbter OrganschnittInhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Praparationsmethodik fur die Lichtmikroskopie 2 1 Fixierung 2 2 Die Paraffineinbettung 2 3 Schneiden 2 4 Gefrierschneiden Schnellschnitte 2 5 Farben 2 5 1 Injektionspraparate 3 Praparationsmethodik fur die Transmissionselektronenmikroskopie 3 1 Fixierung 3 2 Einbettung 3 3 Schneiden Ultramikrotomie 3 4 Kontrastieren 4 Kontaktradiografie 5 Literatur 5 1 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Die Vignette zeigt den sammtlichen Hausrath des wissenschaftlichen Kleinigkeitkramers oder Microscopikers rechts ein einfaches Microscop zum Prapariren kleiner Gegenstande links ein zusammengesetztes Instrument von Amici daneben Pincetten Loupen Messerchen Nadeln und dergl mehr Schleiden 1848 1 Zu Beginn der mikroskopischen Naturforschung wurden kleine Objekte etwa Froscheier oder Rasiermesserschnitte von Objekten untersucht Hooke pragte 1665 den Begriff Zelle nach Untersuchung von Korkschnitten Weitere Pioniere waren Malpighi 1628 1694 Huygens 1629 1695 van Leeuwenhoek 1632 1723 Die damals verwendeten Optiken mit kleiner Apertur ergaben zwar kontrastreiche Bilder aber bei geringer Auflosung Noch Schleiden 1804 1881 und Schwann 1810 1882 die Begrunder der Zellenlehre arbeiteten mit ungefarbten Praparaten Gegen Ende des 19 Jahrhunderts setzten Versuche ein Zell und Gewebestrukturen farberisch darzustellen mit Hohepunkt im ersten Drittel des 20 Jahrhunderts Das Ende dieser Entwicklung der histologischen Technik wurde durch die Einfuhrung der Elektronenmikroskopie in die Zell und Gewebeforschung ab Mitte des 20 Jahrhunderts herbeigefuhrt Um diese Zeit wurden auch fur die Lichtmikroskopie spezifische Nachweisverfahren wie die Histochemie Immunhistochemie oder Ultraviolett Mikrospektrophotometrie 2 3 entwickelt Praparationsmethodik fur die Lichtmikroskopie BearbeitenVoraussetzung fur die lichtmikroskopische Untersuchung im Durchlicht sind dunne lichtdurchlassige Schnitte einer Organprobe Nur in wenigen Fallen lasst sich auf Schnitte verzichten Blutausstrich Schleimhautabstrich Zellkultur Quetschpraparat Fur das meist ubliche Hellfeldverfahren ist es ausserdem notwendig die Praparate zu farben weil die Gewebestrukturen bis auf wenige Ausnahmen kaum Eigenfarbe besitzen Die meist verwendete Verarbeitungsmethode von medizinischen Proben ist die Paraffineinbettung nach Formaldehyd Fixierung Daneben gibt es viele Spezialmethoden der Fixierung und Einbettung die in Abhangigkeit vom Untersuchungsmaterial gewunschter Schnittdicke und Untersuchungsziel gewahlt werden konnen Fixierung Bearbeiten Die Fixierung stoppt die Lebensvorgange von Zellen und Geweben durch Denaturierung der Proteine Die dazu verwendeten Eiweissfallungsmittel verhindern Strukturveranderungen durch Autolyse Substanzverluste bei der weiteren Behandlung sowie postmortale Strukturverschiebungen Geeignete Fixantien sind verschiedene Aldehyde z B Formaldehyd Schwermetallverbindungen z B Sublimat organische Sauren z B Essigsaure Pikrinsaure und Alkohole Ethanol Methanol Sie denaturieren die Proteine durch chemische Bindungen oder Entfaltung von Aminosaureketten Dadurch werden Strukturen stabilisiert und enzymatische Aktivitaten ausgeschaltet Fur eine schnelle Durchtrankung und damit moglichst lebensnahe Erhaltung sollte die Kantenlange der Gewebeprobe 1 cm nicht wesentlich uberschreiten Eine weitere Moglichkeit der moglichst lebensnahen Fixierung ist die Perfusionsfixierung das heisst Spulung mit Fixierlosung durch die Blutgefasse Die zum Fixieren verwendeten Chemikalien werden anschliessend durch eine Wasserung ausgewaschen Die Paraffineinbettung Bearbeiten Fur die mikroskopische Untersuchung sind durchstrahlbare Praparate notwendig Die Hartung des Gewebes durch die Fixierung reicht nicht fur die Herstellung genugend dunner Schnitte aus Es ist eine Einbettung in schneidbare Substanzen notwendig meistens Paraffin fur manche Zwecke Kunststoffe Das in den Geweben reichlich vorhandene Wasser wird dabei durch das Einbettungsmedium ersetzt Da sich Wasser jedoch mit geschmolzenem Paraffin nicht mischt muss der Austausch uber Zwischenmedien erfolgen Vorgehen im Einzelnen Zuschnitt makroskopische Begutachtung Relevante Areale werden aus grosseren Proben in einer verarbeitbaren Grosse zurechtgeschnitten z B 20 20 3 mm Entwasserung Das Gewebe wird sukzessive mit Alkohol in steigender Konzentration durchtrankt aufsteigende Alkoholreihe Intermedium Nach der Entwasserung muss das Gewebe mit einem Reagenz das sich sowohl mit Alkohol als auch mit Paraffin gleichermassen mischt durchtrankt werden Dazu wird zumeist Xylol eingesetzt Einbettung Infiltration Das Gewebe wird mit erwarmtem verflussigtem Paraffin durchtrankt Zuvor wassergefullte Raume sind nun vom Einbettmedium eingenommen Ausgiessen Einblocken Der Histotechniker stellt kleine Paraffinquader her die das Gewebe beinhalten Dazu lasst man das vorerst heisse Paraffin erkalten und erstarren Damit erhalt es die notwendige Festigkeit um an Spezialgeraten dunne Schnitte herstellen zu konnen Andere Einbettmedien wie Kunststoffpolymere Gelatine Agar oder Nitrocellulose verlangen eine andere Vor und Nachbehandlung Von in Kunststoff eingebettetem Gewebe konnen fur die Lichtmikroskopie Dunn und Semidunnschnitte sowie fur die Elektronenmikroskopie Ultradunnschnitten hergestellt werden Schneiden Bearbeiten Die Herstellung der meist unter 10 µm dicken Paraffin Schnitte erfolgt mit dem Mikrotom Die Schnitte werden auf Glasobjekttrager aufgezogen Zur Untersuchung werden meist mehrere Schnitte hergestellt um relevante Strukturen sicher zu erfassen Schnittserie oder Serienschnitte Gefrierschneiden Schnellschnitte Bearbeiten Fur manche Zwecke z B Schnelldiagnosen bei Operationen histochemische Untersuchungen oder Erhaltung von Fetten ist eine Einbettung nicht anwendbar Fette werden bei Paraffineinbettung durch die organischen Losungsmittel herausgelost In diesen Fallen kann man das Gewebe frieren und dann sogenannte Gefrier oder Schnellschnitte herstellen Wenn es der Untersuchungszweck zulasst ist eine vorherige Fixierung empfehlenswert Die Qualitat von Gefrierschnitten erreicht im Allgemeinen nicht die von Paraffinschnitten Farben Bearbeiten nbsp Hamatoxylin Eosin Farbung quergestreifte Muskelzellen nbsp Modifizierte Azanfarbung kollagenes Bindegewebe blau Nebenhoden nbsp Masson Goldner Farbung Kollagen auch feine Fibrillen sind grun erkennbar nbsp Kresylviolettfarbung kleine Blutgefasse Kunststoffschnitt Arteriole 1 Venole 2 mit einmundender Kapillare 3 Um den notwendigen Kontrast fur eine Beurteilung im Mikroskop zu erreichen behandelt man die Schnittpraparate mit verschiedenen Farbstoffen Nur gelegentlich wird die Gewebeprobe schon im Stuck vor dem Schneiden gefarbt Da die meisten Farblosungen wassrig sind wird das Paraffin mit Xylol nachfolgend Alkohol und Wasser aus den Schnittpraparaten entfernt Bei den Farbstoffen unterscheidet man basische farben basophile Strukturen und saure Farbstoffe farben acidophile Strukturen Der physikalisch chemische Mechanismus der wenigsten histologischen Farbemethoden ist bekannt Haufig spielen elektrostatische Bindungen eine Rolle Basische d h kationische positiv geladene Farbstoffgruppen verbinden sich mit sauren anionischen negativ geladenen Gruppen z B der Nucleinsauren Phosphatgruppen Saure d h anionische negativ geladene Farbstoffe werden vorwiegend an basische kationische oder positive Ladungsgruppen Aminogruppen der Eiweisse gebunden Es gibt eine Vielzahl 4 an Farberezepten Fur Ubersichtsdarstellungen hat sich die Kombination eines basischen mit einem sauren Farbstoff bewahrt Im medizinisch histologischen Labor wird als basischer Farbstoff routinemassig Hamatoxylin ein pflanzlicher Farbstoff gewonnen aus dem Blauholzbaum Haematoxylum campechianum verwendet als Gegenfarbung dient der synthetische saure Farbstoff Eosin Diese als Hamatoxylin Eosin Farbung HE Farbung bezeichnete Routinefarbung ergibt eine scharfe blauschwarze Darstellung der infolge des DNA Gehaltes basophilen Zellkerne und eine rote des Zytoplasmas durch basische Proteine Werden drei Farbstoffe verwendet spricht man von Trichrom Farbungen Die verbreitetsten zur Darstellung von Bindegewebsstrukturen sind die Azanfarbung Mallory Trichrom Farbung 5 Kollagen und Schleim blau zellulare Strukturen in Rottonen die technisch einfachere Masson Goldner Trichrom Farbung Kollagen und Schleim grun Zellkerne braunlich schwarz zytoplasmatische Strukturen in Rottonen und die Van Gieson Farbung Kollagen rot Zellkerne schwarzbraun Zytoplasma gelb Unter Metachromasie griech meta nach druckt eine Veranderung aus und xrwma Farbe versteht man die Erscheinung dass manche Strukturen einen anderen Farbton als den der Farblosung annehmen Nur bestimmte Farbstoffe ergeben Metachromasie beispielsweise Toluidinblau wahrend die Losung blau ist werden Mastzellgranula und Schleim rot gefarbt Mit fettloslichen Farbstoffen gelingt die Farbung von Lipiden Fettfarbung vorausgesetzt sie wurden bei der Gewebepraparation erhalten z B durch Gefrierschneiden Bestimmte Strukturen lassen sich durch Impragnation mit Silbersalzen darstellen Silberimpragnation z B argyrophile Bindegewebsfasern Neurofibrillen Fluorochromierung Fluoreszenzfarbung vgl Fluoreszenzmikroskopie Von der Eigenfluoreszenz bestimmter Gewebsbestandteile wird die durch Behandlung mit Fluoreszenzfarbstoffen Fluorochromen z B Acridinorange erzeugte Sekundarfluoreszenz unterschieden Die Fluorochromierung spielt in der Histochemie eine wichtige Rolle Ein Beispiel fur die Anwendung der Fluorochromierung ist der Nachweis des Geschlechts Chromatins Weitere Moglichkeiten fur die Verarbeitung der Schnitte bieten Spezialtechniken wie Histochemie Immunhistochemie oder in situ Hybridisierung Histologische Farbung Die Farb bzw Reaktionslosungen sind meist wassrig daher werden die Praparate zur Herstellung eines optisch homogenen Dauerpraparates wieder uber Alkohol Xylol oder Isoparaffine entwassert und mit Hilfe eines synthetischen Eindeckmediums auf dem Objekttrager mit einem Deckglas eingedeckt Vorausgesetzt es sind keine Saurereste von der Farbung im Gewebeschnitt sind solchermassen hergestellte Praparate mehrere Jahrzehnte haltbar Bei der alternativen Verwendung eines mit einem passenden Medium beschichteten Klebefilmes sind die Haltbarkeit und optische Qualitat weniger gut Blutausstriche werden meist nach Pappenheim Schleimhautabstriche nach Papanicolaou gefarbt Bei diesen Methoden werden zur Darstellung zytologischer Details mehrere Farbstoffe angewandt Bei Kunststoffschnitten ist die Farbbarkeit in der Regel auf einen Farbstoff beschrankt Doch ergibt sich wegen der geringen Dicke 0 5 2 mm eine gute Auflosung im mikroskopischen Bild Injektionspraparate Bearbeiten Zur Darstellung von Blutgefassen insbesondere des Kapillarnetzes konnen Injektionspraparate mit Tusche oder gefarbter Gelatine angefertigt werden Dabei werden diese Losungen vor der Gewebsfixierung in das Blutgefasssystem gespritzt Nach Fixierung und Paraffineinbettung stellt man etwas dickere Schnitte her und kann so im Mikroskop den Gefassverlauf verfolgen Praparationsmethodik fur die Transmissionselektronenmikroskopie BearbeitenIn einem Transmissionselektronenmikroskop durchstrahlen Elektronen das Objekt Die Gewebeproben werden fur die Transmissionselektronenmikroskopie in prinzipiell gleicher Weise prapariert wie fur die Lichtmikroskopie Fixierung Bearbeiten Das bis an die Molekulstruktur reichende Auflosungsvermogen des Elektronenmikroskops macht eine optimale Strukturerhaltung notwendig Die Kantenlange der Proben sollte unter 3 mm betragen wenn moglich ist eine Perfusionsfixierung s o durchzufuhren Als Fixative haben sich Losungen von Glutaraldehyd und Osmiumtetroxid bewahrt Einbettung Bearbeiten Nach Entwasserung der Proben in Alkohol oder Aceton erfolgt die Einbettung in Kunststoffe z B einem Epoxidharz Schneiden Ultramikrotomie Bearbeiten Die von den Gewebeproben hergestellten Kunststoffblocke werden mit einem Ultramikrotom geschnitten Verwendet werden Glas oder Diamantmesser Benotigt werden Schnittdicken zwischen 50 und 100 nm Als Objekttrager dienen kleine Kupfernetze welche die elektrische Aufladung durch den Elektronenstrahl ableiten Kontrastieren Bearbeiten Zur Kontraststeigerung der Zell und Gewebestrukturen werden die Dunnschnitte meist mit Uran und Bleiverbindungen behandelt Dieses Kontrastieren entspricht dem Farben fur die Lichtmikroskopie Kontaktradiografie BearbeitenDie Kontaktradiografie ist eine Technik zur feingeweblichen Untersuchung von Knochen 6 Dabei wird ein Rontgenbild eines Dunnschliffpraparats hergestellt und analysiert 6 Sie wird zum Beispiel verwendet um die Wirkung von Knochenimplantaten auf Knochengewebe zu untersuchen 6 Literatur BearbeitenGudrun Lang Histotechnik 2006 Springer Wien New York ISBN 3 211 33141 7 Benno Romeis Mikroskopische Technik 16 Auflage 1968 Verlag R Oldenbourg Munchen Wien Leopold Voss Histotechnik der leprosen Haut 1910 HamburgEinzelnachweise Bearbeiten Matthias Jacob Schleiden Die Pflanze und ihr Leben Engelmann Leipzig 1848 T Casperson Uber den chemischen Aufbau der Strukturen des Zellkernes Scand Archiv f Physiol 73 Suppl 8 S 1 151 1936 zit nach Romeis Benno Romeis Mikroskopische Technik 16 Auflage Verlag R Oldenbourg Munchen Wien 1968 Benno Romeis Mikroskopische Technik 16 Auflage Verlag R Oldenbourg Munchen Wien 1968 Martin Heidenhain Uber die Mallorysche Bindegewebsfarbung mit Karmin und Azokarmin als Vorfarben Zeitschrift fur wissenschaftliche Mikroskopie und fur mikroskopische Technik Band 32 1915 S 361 372 zit n B Romeis a b c Gudrun Lang Hrsg Histotechnik Praxislehrbuch fur die biomedizinische Analytik 2 uberarbeitete und aktualisierte Auflage Springer Wien New York 2012 ISBN 978 3 7091 1189 5 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Histologische Technik amp oldid 234840839