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David Hilbert verwendet fur seine Axiomatische Grundlegung der euklidischen Geometrie im dreidimensionalen Raum drei verschiedene Systeme von Dingen namlich Punkte Geraden und Ebenen und drei grundlegende Beziehungen namlich liegen zwischen und kongruent Uber die Natur dieser Dinge und auch ihrer Beziehungen macht Hilbert als Formalist keinerlei Annahmen Sie sind ausschliesslich implizit definiert namlich durch ihre Verknupfung in einem Axiomensystem Hilbert soll einmal gesagt haben man konne statt Punkte Geraden und Ebenen jederzeit auch Tische Stuhle und Bierseidel sagen es komme nur darauf an dass die Axiome erfullt sind Allerdings hat er grosse Muhe darauf verwandt dass seine Tische Stuhle und Bierseidel all die Gesetzmassigkeiten erfullen die die Geometer der vorhergegangenen zweitausend Jahre fur Punkte Geraden und Ebenen herausgefunden haben 1 2 Die Starke der axiomatischen Vorgehensweise liegt nicht darin dass sie von der Wirklichkeit absieht Sie erlaubt es aber durch Abanderung der Axiome und Analyse ihres Zusammenhangs die logische Struktur der diese Wirklichkeit folgt in einer vorher nicht denkbaren Weise zu durchleuchten Auf ein gegenuber dem Hilbertschen System abgeschwachtes Axiomensystem ohne Parallelenaxiom lasst sich die absolute Geometrie begrunden Dort gibt es dann entweder keine Parallelen elliptische Geometrie oder durch einen Punkt ausserhalb einer Geraden beliebig viele Parallelen hyperbolische Geometrie Die hyperbolische Geometrie erfullt Hilberts Axiomengruppen I III und V die elliptische Geometrie I II und V und eine schwachere Version der Kongruenzaxiome III 3 Inhaltsverzeichnis 1 Die Axiome 1 1 Axiome der Verknupfung oder Inzidenz Gruppe I 1 2 Axiome der Anordnung Gruppe II 1 3 Axiome der Kongruenz Gruppe III 1 4 Axiom der Parallelen Gruppe IV 1 5 Axiome der Stetigkeit Gruppe V 2 Widerspruchsfreiheit und Unabhangigkeit 2 1 Relative Widerspruchsfreiheit 2 2 Unabhangigkeit der Axiome untereinander 3 Literatur 4 EinzelnachweiseDie Axiome BearbeitenZu diesem Zweck verknupft Hilbert die Dinge und Beziehungen durch 21 Axiome in funf Gruppen Axiome der Verknupfung oder Inzidenz Gruppe I Bearbeiten Mit diesen Axiomen soll der Begriff liegen implizit definiert werden Hilbert verwendet hier den Begriff bestimmen oder zusammengehoren und eine Reihe anderer Sprechweisen g displaystyle g nbsp geht durch P displaystyle P nbsp g displaystyle g nbsp verbindet P displaystyle P nbsp und Q displaystyle Q nbsp P displaystyle P nbsp liegt auf g displaystyle g nbsp P displaystyle P nbsp ist ein Punkt von g displaystyle g nbsp auf g displaystyle g nbsp gibt es den Punkt P displaystyle P nbsp usw Heute spricht man in der Mathematik von Inzidenz P displaystyle P nbsp inzidiert g displaystyle g nbsp formal P I g displaystyle PIg nbsp I 1 Zwei voneinander verschiedene Punkte P displaystyle P nbsp und Q displaystyle Q nbsp bestimmen stets eine Gerade g displaystyle g nbsp I 2 Irgend zwei voneinander verschiedene Punkte einer Geraden bestimmen diese Gerade I 3 Auf einer Geraden gibt es stets wenigstens zwei Punkte in einer Ebene gibt es stets wenigstens drei nicht auf einer Geraden gelegene Punkte I 4 Drei nicht auf ein und derselben Geraden liegende Punkte P Q R displaystyle P Q R nbsp bestimmen stets eine Ebene I 5 Irgend drei Punkte einer Ebene die nicht auf ein und derselben Geraden liegen bestimmen diese Ebene I 6 Wenn zwei Punkte P displaystyle P nbsp und Q displaystyle Q nbsp einer Geraden g displaystyle g nbsp in einer Ebene a displaystyle alpha nbsp liegen so liegt jeder Punkt von g displaystyle g nbsp in a displaystyle alpha nbsp I 7 Wenn zwei Ebenen a displaystyle alpha nbsp und b displaystyle beta nbsp einen Punkt P displaystyle P nbsp gemeinsam haben so haben sie wenigstens noch einen weiteren Punkt Q displaystyle Q nbsp gemeinsam I 8 Es gibt wenigstens vier nicht in einer Ebene gelegene Punkte nbsp Veranschaulichung Axiome I 1 und I 2 nbsp Veranschaulichung Axiome I 3 I 4 I 5 und I 6 nbsp Veranschaulichung Axiome I 7 und I 8 Die Axiome 1 3 heissen ebene Axiome der Gruppe I und Axiome 4 8 raumliche Axiome der Gruppe I Aus diesen Axiomen allein lasst sich zum Beispiel folgern dass zwei verschiedene Geraden sich in genau einem Punkt oder uberhaupt nicht schneiden dass zwei verschiedene Ebenen sich in genau einer Geraden oder uberhaupt nicht schneiden dass eine Ebene und eine nicht in ihr liegende Gerade sich in genau einem Punkt oder uberhaupt nicht schneiden dass eine Gerade und ein nicht auf ihr liegender Punkt eine Ebene bestimmen dass zwei verschiedene sich schneidende Geraden eine Ebene bestimmen Axiome der Anordnung Gruppe II Bearbeiten Mit diesen wird der Begriff zwischen definiert als eine Beziehung zwischen drei Punkten Wird von drei Punkten gesagt dass der eine zwischen den beiden anderen liegt so ist damit stets ausgedruckt dass es verschiedene Punkte sind und dass sie auf einer Geraden liegen Unter dieser Voraussetzung lassen sich die folgenden Axiome sehr kurz formulieren II 1 Wenn B displaystyle B nbsp zwischen A displaystyle A nbsp und C displaystyle C nbsp liegt so liegt B displaystyle B nbsp auch zwischen C displaystyle C nbsp und A displaystyle A nbsp II 2 Zu zwei Punkten A displaystyle A nbsp und C displaystyle C nbsp gibt es stets wenigstens einen Punkt B displaystyle B nbsp der zwischen A displaystyle A nbsp und C displaystyle C nbsp liegt und wenigstens einen Punkt D displaystyle D nbsp so dass C displaystyle C nbsp zwischen A displaystyle A nbsp und D displaystyle D nbsp liegt II 3 Unter irgend drei Punkten einer Geraden gibt es stets einen und nur einen Punkt der zwischen den beiden anderen liegt Auf Grund dieser Axiome lasst sich definieren was eine Strecke A B displaystyle AB nbsp ist Die Menge aller Punkte die zwischen A displaystyle A nbsp und B displaystyle B nbsp liegen Die Strecken A B displaystyle AB nbsp und B A displaystyle BA nbsp sind nach dieser Definition identisch Der Begriff Strecke wird benotigt um das folgende Axiom zu formulieren II 4 Es seien A B C displaystyle A B C nbsp drei nicht in gerader Linie gelegene Punkte und a displaystyle a nbsp eine Gerade in der Ebene A B C displaystyle ABC nbsp die keinen dieser drei Punkte trifft wenn dann die Gerade a displaystyle a nbsp durch einen Punkt der Strecke A B displaystyle AB nbsp geht so geht sie gewiss auch entweder durch einen Punkt der Strecke B C displaystyle BC nbsp oder durch einen Punkt der Strecke A C displaystyle AC nbsp Dieses Axiom heisst auch das Axiom von Pasch es hat eine besondere wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung da es bei Euklid nicht vorkommt nbsp Veranschaulichung Axiome II 1 II 2 und II 3 nbsp Veranschaulichung Axiom II 4 Aus den Axiomen der Verknupfung Inzidenz und der Anordnung folgt bereits dass zwischen zwei gegebenen Punkten einer Geraden stets noch unendlich viele weitere Punkte liegen dass die Punkte einer Geraden also in sich dicht liegen Ferner lasst sich zeigen dass jede Gerade als Punktmenge auf genau zwei Weisen geordnet werden kann so dass ein Punkt C displaystyle C nbsp genau dann zwischen den Punkten A displaystyle A nbsp und B displaystyle B nbsp liegt wenn A lt C lt B displaystyle A lt C lt B nbsp oder B lt C lt A displaystyle B lt C lt A nbsp ist Weiter lasst sich folgern dass jede Gerade und jeder in einer Ebene gelegene und sich nicht selbst schneidende Streckenzug eine Ebene in zwei Gebiete aufteilt Genauso trennt jede Ebene den Raum in zwei Gebiete Siehe auch Ordnung und Seiteneinteilung Axiome der Kongruenz Gruppe III Bearbeiten Die dritte Axiomgruppe definiert den Begriff kongruent als eine Beziehung zwischen Strecken und zwischen Winkeln Eine andere Bezeichnung hierfur ist gleich oder bei Strecken gleich lang Als Zeichen hierfur verwendet Hilbert displaystyle equiv nbsp III 1 Wenn A displaystyle A nbsp und B displaystyle B nbsp zwei Punkte auf einer Geraden a displaystyle a nbsp sind und ferner A displaystyle A prime nbsp ein Punkt auf derselben oder einer anderen Geraden a displaystyle a prime nbsp ist so kann man auf einer gegebenen Seite der Geraden a displaystyle a prime nbsp von A displaystyle A prime nbsp stets einen Punkt B displaystyle B prime nbsp finden so dass die Strecke A B displaystyle AB nbsp der Strecke A B displaystyle A prime B prime nbsp kongruent oder gleich ist in Zeichen A B A B displaystyle AB equiv A prime B prime nbsp Von jedem Punkt aus kann also jede beliebige Strecke abgetragen werden Dass diese Abtragung eindeutig ist lasst sich aus der Gesamtheit der Axiome I III beweisen ebenso dass AB AB ist und dass aus A B A B displaystyle AB equiv A prime B prime nbsp stets A B A B displaystyle A prime B prime equiv AB nbsp folgt Reflexivitat und Symmetrie III 2 Wenn eine Strecke zu zwei anderen Strecken kongruent ist so sind diese auch zueinander kongruent formaler wenn A B A B displaystyle AB equiv A prime B prime nbsp und A B A B displaystyle AB equiv A prime prime B prime prime nbsp so ist A B A B displaystyle A prime B prime equiv A prime prime B prime prime nbsp Es wird also gefordert dass die Kongruenz Relation transitiv ist Damit ist sie eine Aquivalenzrelation III 3 Es seien A B displaystyle AB nbsp und B C displaystyle BC nbsp zwei Strecken ohne gemeinsame Punkte auf der Geraden a displaystyle a nbsp und ferner A B displaystyle A prime B prime nbsp und B C displaystyle B prime C prime nbsp zwei Strecken auf derselben oder einer anderen Geraden a displaystyle a prime nbsp ebenfalls ohne gemeinsame Punkte wenn dann A B A B displaystyle AB equiv A prime B prime nbsp und B C B C displaystyle BC equiv B prime C prime nbsp so ist auch stets A C A C displaystyle AC equiv A prime C prime nbsp Beim Zusammenfugen Addieren von Strecken bleibt die Kongruenz also erhalten Ein Winkel wird nun definiert als ein ungeordnetes Paar von Halbgeraden die von einem gemeinsamen Punkt S displaystyle S nbsp ausgehen und nicht zur selben Geraden gehoren Zwischen h g displaystyle sphericalangle h g nbsp und g h displaystyle sphericalangle g h nbsp wird also nicht unterschieden auch gibt es nach dieser Definition weder uberstumpfe noch gestreckte Winkel Es kann auch definiert werden was das Innere eines Winkels g h displaystyle sphericalangle g h nbsp ist Es sind dies all diejenigen Punkte der von g displaystyle g nbsp und h displaystyle h nbsp aufgespannten Ebene die mit h displaystyle h nbsp zusammen auf der gleichen Seite von g displaystyle g nbsp und mit g displaystyle g nbsp zusammen auf der gleichen Seite von h displaystyle h nbsp liegen Ein Winkel umfasst stets weniger als eine Halbebene III 4 Es sei ein Winkel h g displaystyle sphericalangle h g nbsp in einer Ebene a displaystyle alpha nbsp und eine Gerade a displaystyle a prime nbsp in einer Ebene a displaystyle alpha prime nbsp sowie eine bestimmte Seite von a displaystyle a prime nbsp auf a displaystyle alpha prime nbsp gegeben Es bedeute h displaystyle h prime nbsp einen Halbstrahl der Geraden a displaystyle a prime nbsp dann gibt es in der Ebene a displaystyle alpha prime nbsp einen und nur einen Halbstrahl g displaystyle g prime nbsp so dass der Winkel h g displaystyle sphericalangle h g nbsp kongruent oder gleich dem Winkel h g displaystyle sphericalangle h g nbsp ist und zugleich alle inneren Punkte des Winkels h g displaystyle sphericalangle h g nbsp auf der gegebenen Seite von a displaystyle a prime nbsp liegen In Zeichen h g h g displaystyle sphericalangle h g equiv sphericalangle h g nbsp Jeder Winkel ist sich selbst kongruent das heisst es ist stets h g h g displaystyle sphericalangle h g equiv sphericalangle h g nbsp Kurz gesagt bedeutet dies Ein jeder Winkel kann in einer gegebenen Ebene an einen gegebenen Halbstrahl nach einer gegebenen Seite dieses Halbstrahls auf eine eindeutig bestimmte Weise abgetragen werden Es fallt auf dass die Eindeutigkeit der Konstruktion und die Selbstkongruenz hier im Gegensatz zu der Kongruenz von Strecken axiomatisch festgelegt werden muss III 5 Aus h g h g displaystyle sphericalangle h g equiv sphericalangle h g nbsp und h g h g displaystyle sphericalangle h g equiv sphericalangle h g nbsp folgt h g h g displaystyle sphericalangle h g equiv sphericalangle h g nbsp Aus diesem Axiom folgt mit der Selbstkongruenz dass die Kongruenz fur Winkel eine transitive und symmetrische Relation ist Nachdem in naheliegender Weise definiert wurde was unter A B C displaystyle sphericalangle ABC nbsp zu verstehen ist lasst sich auch das letzte Kongruenzaxiom formulieren III 6 Wenn fur zwei Dreiecke A B C displaystyle ABC nbsp und A B C displaystyle A prime B prime C prime nbsp die Kongruenzen A B A B A C A C und B A C B A C displaystyle AB equiv A B quad AC equiv A C quad text und quad sphericalangle BAC equiv sphericalangle B A C nbsp gelten so sind auch stets die Kongruenzen A B C A B C und A C B A C B displaystyle sphericalangle ABC equiv sphericalangle A B C quad text und quad sphericalangle ACB equiv sphericalangle A C B nbsp erfullt nbsp Veranschaulichung Axiome III 1 und III 2 nbsp Veranschaulichung Axiome III 3 nbsp Veranschaulichung Axiom III 4 nbsp Veranschaulichung Axiome III 5 und III 6 Es handelt sich hier um den Kongruenzsatz sws den Hilbert als Axiom setzt Euklid formuliert hierfur einen Beweis I L 1 gegen den Peletarius 1557 erstmals Bedenken formuliert hat 4 Hilbert hat gezeigt dass dieser Satz oder jedenfalls sein wesentlicher Inhalt als Axiom unentbehrlich ist Die ubrigen Kongruenzsatze lassen sich hieraus beweisen ebenso die Addierbarkeit von Winkeln Es lasst sich eine lt displaystyle lt nbsp Beziehung unter Winkeln definieren die mit der Kongruenz vertraglich ist Weiter definiert Hilbert den Begriff Nebenwinkel in naheliegender Weise und den Begriff rechter Winkel als einen Winkel der mit seinem Nebenwinkel kongruent ist Es lasst sich dann zeigen dass alle rechten Winkel zueinander kongruent sind Euklid hatte dies wohl unnotigerweise als Axiom gesetzt Siehe auch Kongruenz und praeuklidische Ebene Axiom der Parallelen Gruppe IV Bearbeiten IV auch Euklidisches Axiom Es sei g displaystyle g nbsp eine beliebige Gerade und P displaystyle P nbsp ein Punkt ausserhalb von g displaystyle g nbsp Dann gibt es in der durch g displaystyle g nbsp und P displaystyle P nbsp bestimmten Ebene hochstens eine Gerade g displaystyle g prime nbsp die durch P displaystyle P nbsp verlauft und g displaystyle g nbsp nicht schneidet Dass es mindestens eine solche Gerade gibt folgt aus den Axiomen I III und unmittelbar aus dem daraus hergeleiteten Satz vom Aussenwinkel Diese einzige Gerade g displaystyle g prime nbsp heisst die Parallele zu g displaystyle g nbsp durch P displaystyle P nbsp Dieses Axiom mit seinen Voraussetzungen und Folgerungen ist wahrscheinlich der meistdiskutierte Gegenstand der Geometrie Siehe dazu auch ParallelenproblemAls ein zum Parallelenaxiom aquivalentes Axiom gibt Hilbert an Schneiden zwei Geraden a b displaystyle a b nbsp eine dritte Gerade c displaystyle c nbsp nicht obwohl diese mit ihnen in der gleichen Ebene liegt so schneiden sie sich auch untereinander nicht Ferner folgt aus den Axiomen I IV dass die Winkelsumme im Dreieck zwei Rechte betragt Ein Aquivalent zum Parallelenaxiom wird dieser Winkelsummensatz erst wenn man das Archimedische Axiom V 1 hinzuzieht Unter diesen Voraussetzungen lasst sich das Axiom auch gleichwertig so formulieren vergleiche dazu Saccheri Viereck Es existiert ein Rechteck nbsp Veranschaulichung Axiom IV Axiome der Stetigkeit Gruppe V Bearbeiten V 1 Axiom des Messens oder Archimedisches Axiom Sind A B displaystyle AB nbsp und C D displaystyle CD nbsp irgendwelche Strecken so gibt es eine Anzahl n displaystyle n nbsp derart dass das n displaystyle n nbsp malige Hintereinanderabtragen der Strecke C D displaystyle CD nbsp von A displaystyle A nbsp aus auf den durch B displaystyle B nbsp gehenden Halbstrahl uber den Punkt B displaystyle B nbsp hinausfuhrt Durch jede noch so kleine Strecke C D displaystyle CD nbsp lasst sich also wenn man sie nur oft genug aneinandersetzt jede noch so grosse Strecke A B displaystyle AB nbsp ubertreffen Man konnte auch sagen Es gibt keine unendlich kleinen oder unendlich grossen Strecken die naturlichen Zahlen reichen aus um alle Strecken vergleichbar im Sinne von grosser kleiner gleich zu machen nbsp Veranschaulichung Axiom V 1 V 2 Axiom der linearen Vollstandigkeit Zu den Punkten einer Geraden konnen bei Erhalt ihrer Anordnungs und Kongruenzbeziehungen keine weiteren Punkte hinzugefugt werden ohne dass die unter den vorherigen Elementen bestehenden Beziehungen die aus den Axiomen I III folgenden Grundeigenschaften der linearen Anordnung und Kongruenz oder aber das Axiom V 1 verletzt wird Die euklidische Geometrie ist also die grosstmogliche Geometrie die den vorhergehenden Axiomen entspricht Sie ist damit vollstandig im gleichen Sinne wie reelle Zahlen vollstandig sind Deshalb lasst sich auch die analytische Geometrie des R 3 displaystyle mathbb R 3 nbsp als Modell fur die euklidische Geometrie verwenden Deutlicher wird dies noch in dem aus V 2 folgenden Vollstandigkeitssatz Die Elemente Punkte Geraden und Ebenen der Geometrie bilden ein System das bei Aufrechterhaltung samtlicher Axiome zu keiner Erweiterung durch zusatzliche Punkte Geraden und oder Ebenen mehr fahig ist Ohne das Archimedische Axiom ist diese Forderung nicht erfullbar Vielmehr lasst sich jede Geometrie die den Axiomen I IV aber nicht V 1 entspricht noch durch zusatzliche Elemente erweitern Es entstehen dann Nichtstandard Systeme Andererseits ist auch das Vollstandigkeitsaxiom V 2 unentbehrlich es lasst sich nicht aus den Axiomen I V 1 ableiten Gleichwohl lasst sich ein grosser Teil der euklidischen Geometrie ohne das Axiom V 2 entwickeln Siehe auch Euklidischer KorperWiderspruchsfreiheit und Unabhangigkeit BearbeitenRelative Widerspruchsfreiheit Bearbeiten Hilbert bewies auch dass sein Axiomensystem widerspruchsfrei ist wenn man unterstellt dass sich die reellen Zahlen widerspruchsfrei begrunden lassen Als ein Modell fur das Axiomensystem dient dann wie erwahnt die analytische Geometrie des R 3 displaystyle mathbb R 3 nbsp also die Menge aller Tripel reeller Zahlen zusammen mit den ublichen Definitionen fur Geraden und Ebenen als lineare Punktmengen das heisst als Nebenklassen ein bzw zweidimensionaler Unterraume Die Inzidenz in diesem Modell ist das mengentheoretische Enthaltensein und zwei Strecken sind kongruent wenn sie dieselbe Lange im Sinne des euklidischen Abstands haben Unabhangigkeit der Axiome untereinander Bearbeiten Erklartes Ziel Hilberts war es sein Axiomensystem so aufzubauen dass die Axiome voneinander logisch unabhangig sind dass also keines entbehrlich ist weil es sich aus den anderen beweisen lasst Fur die Axiome der Gruppe I und II untereinander lasst sich dies leicht zeigen ebenso sind die Axiome der Gruppe III untereinander unabhangig Es geht also darum zu zeigen dass die Axiome der Gruppen III IV und V von den ubrigen unabhangig sind sowie um die Unabhangigkeit von V 1 und V 2 Das Beweisverfahren besteht grundsatzlich darin ein Modell oder mit Hilberts Worten ein System von Dingen anzugeben fur das alle Axiome gelten mit Ausnahme des als unabhangig nachzuweisenden Axioms A Offenbar konnte es ein solches Modell nicht geben wenn A eine logische Folgerung aus den ubrigen Axiomen ware Auf diese Weise zeigt Hilbert u a dass das Axiom III 5 der Kongruenzsatz sws unentbehrlich ist Die Unabhangigkeit des Parallelenaxioms IV ergibt sich aus dem Nachweis der Existenz von nichteuklidischen Geometrien die Unabhangigkeit des Archimedischen Axioms V 1 aus der Existenz von Nichtstandard Systemen und die Unabhangigkeit des Vollstandigkeitsaxioms V 2 z B aus der Existenz einer analytischen Geometrie uber dem Korper der reellen algebraischen Zahlen Siehe dazu auch euklidischer Korper Es lasst sich zeigen dass eine Geometrie welche diese Axiome erfullt bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt ist in der Sprache der linearen Algebra gilt fur diese Geometrie Eine Geometrie die Hilberts Axiomensystem erfullt ist ein affiner Raum dessen Vektorraum der Verschiebungen ein dreidimensionaler euklidischer Vektorraum also isomorph zu R 3 displaystyle mathbb R 3 langle cdot cdot rangle nbsp mit einem Skalarprodukt ist Literatur BearbeitenDavid Hilbert Grundlagen der Geometrie 14 Auflage Teubner Stuttgart 1999 ISBN 3 519 00237 X Online Kopie der Ausgabe von 1903 abgerufen am 9 Juni 2013 Erstausgabe 1899 Benno Klotzek Euklidische und nichteuklidische Elementargeometrien 1 Auflage Harri Deutsch Frankfurt am Main 2001 ISBN 3 8171 1583 0 Einzelnachweise Bearbeiten Susanne Muller Philipp Hans Joachim Gorski Leitfaden Geometrie Fur Studierende der Lehramter Vieweg Teubner Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 8348 0097 8 S 67 Auszug in der Google Buchsuche Hans Wussing 6000 Jahre Mathematik Eine kulturgeschichtliche Zeitreise Von Euler bis zur Gegenwart Springer Berlin Heidelberg 2008 ISBN 9783540773139 S 174 Auszug in der Google Buchsuche Klotzek 2001 Jacobus Peletarius In Euclidis Elementa Geometrica Demonstrationum Libri sex J Tornaesius G Gazeius Lugduni 1557 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hilberts Axiomensystem der euklidischen Geometrie amp oldid 237020070