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Dieser Artikel behandelt die abstrakte harmonische Analyse auf lokalkompakten Gruppen fur die klassische harmonische Analyse siehe Fourier Analyse Fur den entsprechenden Begriff aus der Musik siehe Harmonik Die abstrakte harmonische Analyse oder abstrakte harmonische Analysis ist die Theorie der lokalkompakten Gruppen und ihrer Darstellungen Der Name ruhrt daher dass es auf beliebigen lokalkompakten Gruppen ein zum Lebesgue Mass auf den reellen Zahlen analoges Mass gibt das sogenannte Haar Mass Bezuglich dieses Masses lasst sich je nach zusatzlichen Eigenschaften der Gruppe insbesondere bei kommutativen Gruppen die Theorie der Fourier Analysis ubertragen Das fuhrt zu wichtigen Erkenntnissen uber lokalkompakte Gruppen Dieser Artikel legt den Schwerpunkt auf die Darstellung der Verallgemeinerungen der klassischen Situation in den reellen Zahlen Inhaltsverzeichnis 1 Lokalkompakte Gruppen 2 Die Banachalgebra L1 G 3 Abelsche Gruppen 3 1 Dualgruppe 3 2 Dualitatsatz von Pontrjagin 3 3 Die Fourier Transformation 3 4 Fourier Umkehrformel 3 5 Fourierreihen 3 6 Gelfand Darstellung 4 Nicht abelsche Gruppen 4 1 Kompakte Gruppen 4 2 Plancherel Mass fur unimodulare Gruppen 4 3 Nicht unimodulare Gruppen 5 Literatur 6 Siehe auch 7 EinzelnachweiseLokalkompakte Gruppen Bearbeiten Hauptartikel Lokalkompakte Gruppe Eine lokalkompakte Gruppe ist eine topologische Gruppe die eine lokalkompakte Topologie tragt Beispiel dafur sind Die reellen Zahlen R displaystyle mathbb R nbsp mit der Addition als Gruppenverknupfung bilden mit dem Lebesgue Mass als Haar Mass den Prototyp der Theorie Der R n displaystyle mathbb R n nbsp mit der Addition und dem n dimensionalen Lebesgue Mass ist eine einfache Verallgemeinerung des ersten Beispiels Jede Gruppe mit der diskreten Topologie ist lokalkompakt Das Haar Mass ist das Zahlmass Die Kreislinie T z C z 1 displaystyle mathbb T z in mathbb C z 1 nbsp ist mit der Multiplikation als Gruppenverknupfung eine kompakte Gruppe Das Haar sche Mass ist das Bildmass der Abbildung 0 1 T x e 2 p i x displaystyle 0 1 rightarrow mathbb T x mapsto e 2 pi ix nbsp wobei auf 0 1 das Lebesgue Mass gegeben ist Diese Gruppe spielt im weiteren Verlauf eine wichtige Rolle Die Gruppe G L n R displaystyle mathrm GL n mathbb R nbsp der invertierbaren n n displaystyle n times n nbsp Matrizen mit der Matrizenmultiplikation ist ein Beispiel fur eine nicht kommutative lokalkompakte Gruppe Die Angabe des Haar Masses verlangt fortgeschrittene Integrationskenntnisse Ist l displaystyle lambda nbsp das Lebesgue Mass auf dem R n 2 displaystyle mathbb R n 2 nbsp so ist durch m A A 1 det X n d l X displaystyle textstyle mu A int A frac 1 det X n d lambda X nbsp ein Haar Mass gegeben Im allgemeinen nicht kommutativen Fall muss man zwischen Links und Rechts Haarmass unterscheiden in diesem Beispiel ist das noch nicht erforderlich Die Banachalgebra L1 G BearbeitenIst l displaystyle lambda nbsp das Haar Mass auf der lokalkompakten abelschen Gruppe G so kann man bzgl dieses Masses den Raum L1 G bilden Es ist der Banachraum der komplexwertigen L1 Funktionen wobei fast uberall ubereinstimmende Funktionen in ublicher Weise identifiziert werden Wie im Falle der reellen Zahlen definiert die Faltung f g x G f y g x y d l y f g L 1 G displaystyle f g x int G f y g x y d lambda y f g in L 1 G nbsp eine Multiplikation die L 1 G displaystyle L 1 G nbsp zu einer kommutativen Banachalgebra macht Dabei wurde die Verknupfung auf G additiv geschrieben x y x y displaystyle x y x y nbsp ist in G zu berechnen Durch die Formel f x f x displaystyle f x overline f x nbsp wird eine isometrische Involution auf der Banachalgebra definiert Mit ahnlichen Formeln kann man auch im nicht kommutativen Fall eine Banachalgebra L 1 G displaystyle L 1 G nbsp definieren das ist im Artikel Gruppen C Algebra ausgefuhrt Wie bei der Gruppenalgebra der algebraischen Darstellungstheorie von Gruppen lassen sich Darstellungen auf lokalkompakten Gruppen auf naturliche Weise in Algebrendarstellungen von L 1 G displaystyle L 1 G nbsp ubersetzen und umgekehrt Dieser Ubergang ist auch wesentlich fur die Definition der Fouriertransformation Abelsche Gruppen BearbeitenDualgruppe Bearbeiten Sei G displaystyle G nbsp eine abelsche lokalkompakte Gruppe Ein stetiger Gruppenhomomorphismus x G T displaystyle chi colon G rightarrow mathbb T nbsp heisst ein Charakter von G displaystyle G nbsp Die Menge aller Charaktere wird mit G displaystyle widehat G nbsp bezeichnet Mit der Multiplikation x ps a x a ps a displaystyle chi cdot psi a chi a psi a nbsp wird G displaystyle widehat G nbsp zu einer Gruppe Mit der Topologie der kompakten Konvergenz wird G displaystyle widehat G nbsp sogar zu einer lokalkompakten abelschen Gruppe die man daher auch als Dualgruppe von G displaystyle G nbsp bezeichnet Wir betrachten einige Beispiele Jeder Charakter x R T displaystyle chi colon mathbb R rightarrow mathbb T nbsp hat die Gestalt x z x e i x z displaystyle chi z x e ixz nbsp fur ein z R displaystyle z in mathbb R nbsp Identifiziert man x z displaystyle chi z nbsp mit z displaystyle z nbsp so hat man also R R displaystyle widehat mathbb R cong mathbb R nbsp zumindest als Mengen Man kann zeigen dass diese Identifizierung auch im Sinne lokalkompakter Gruppen in Ordnung geht Jeder Charakter x Z T displaystyle chi colon mathbb Z rightarrow mathbb T nbsp ist von der Form x z n z n displaystyle chi z n z n nbsp fur ein z T displaystyle z in mathbb T nbsp In diesem Sinne hat man also Z T displaystyle widehat mathbb Z cong mathbb T nbsp Die Charaktere x T T displaystyle chi colon mathbb T rightarrow mathbb T nbsp sind x n z z n displaystyle chi n z z n nbsp fur n Z displaystyle n in mathbb Z nbsp was zur Dualitat T Z displaystyle widehat mathbb T cong mathbb Z nbsp fuhrt Das letzte Beispiel verhalt sich invers zum vorangegangenen Das ist kein Zufall denn es gilt der folgende Dualitatssatz von Pontrjagin Dualitatsatz von Pontrjagin Bearbeiten Hauptartikel Pontrjagin Dualitat Ist G displaystyle G nbsp eine lokalkompakte abelsche Gruppe so ist G G displaystyle widehat widehat G cong G nbsp Dieser Satz rechtfertigt den Begriff Dualgruppe denn man kann aus der Dualgruppe die Ausgangsgruppe wieder zuruckgewinnen Die Fourier Transformation Bearbeiten Ist G displaystyle G nbsp eine lokalkompakte abelsche Gruppe mit Haar Mass l displaystyle lambda nbsp und ist f L 1 G displaystyle f in L 1 G nbsp so heisst f G C f x G f x x x d l x displaystyle widehat f colon widehat G rightarrow mathbb C widehat f chi int G f x overline chi x d lambda x nbsp die Fourier Transformierte von f displaystyle f nbsp Im Falle G R displaystyle G mathbb R nbsp erhalt man wegen R R displaystyle widehat mathbb R cong mathbb R nbsp die klassische Fourier Transformation Viele Eigenschaften der klassischen Fourier Transformation bleiben im abstrakten Fall erhalten So ist z B f displaystyle widehat f nbsp stets eine stetige Funktion auf G displaystyle widehat G nbsp die im Unendlichen verschwindet Die Fourier Transformation ist ein injektiver Homomorphismus L 1 G C 0 G displaystyle L 1 G rightarrow C 0 widehat G nbsp Die Sichtweise des Physikers auf die klassische Fourier Transformation ist die dass eine beliebige Funktion als Summe Integral von harmonischen Schwingungen dargestellt werden kann denn x z x e 2 p i x z displaystyle chi z x e 2 pi ixz nbsp lost die ungedampfte Schwingungsgleichung Diese Sichtweise bleibt auch im abstrakten Rahmen erhalten die harmonischen Schwingungen mussen zumindest im abelschen Fall lediglich durch Charaktere ersetzt werden Aus diesem Grunde spricht man von abstrakter harmonischer Analyse Fourier Umkehrformel Bearbeiten Auch die Fourier Umkehrformel bleibt in diesem abstrakten Rahmen erhalten Ist G unsere lokalkompakte Gruppe mit Dualgruppe G displaystyle widehat G nbsp und ist l displaystyle widehat lambda nbsp Haar Mass auf der Dualgruppe so setze man fur g L 1 G displaystyle g in L 1 widehat G nbsp g ˇ G C g ˇ x G g x x x d l x displaystyle check g colon G rightarrow mathbb C check g x int widehat G g chi chi x d widehat lambda chi nbsp Ist dann f L 1 G displaystyle f in L 1 G nbsp derart dass die Fourier Transformation f displaystyle widehat f nbsp in L 1 G displaystyle L 1 widehat G nbsp ist so erhalt man mittels dieser Umkehrformel aus f displaystyle widehat f nbsp wieder f displaystyle f nbsp zuruck zumindest bis auf einen konstanten Faktor Dieser konstante Faktor ruhrt daher dass das Haar Mass nur bis auf einen konstanten Faktor eindeutig ist Selbst im prototypischen Fall der reellen Zahlen tritt der bekannte Faktor 2 p displaystyle 2 pi nbsp auf wenn man auf der Gruppe und der Dualgruppe das Lebesgue Mass verwendet Fourierreihen Bearbeiten Eine Funktion F displaystyle F nbsp auf der Kreisgruppe T displaystyle mathbb T nbsp kann auf naheliegende Weise als eine 2 p displaystyle 2 pi nbsp periodische Funktion f displaystyle f nbsp auf R displaystyle mathbb R nbsp aufgefasst werden man setze dazu f x F e i x displaystyle f x F e ix nbsp Da T Z displaystyle widehat mathbb T cong mathbb Z nbsp ist die Fourier Transformation von F displaystyle F nbsp eine Funktion auf Z displaystyle mathbb Z nbsp F n 1 2 p T F z z n d l z 1 2 p 0 2 p f x e i n x d x displaystyle widehat F n frac 1 2 pi int mathbb T F z z n d lambda z frac 1 2 pi int 0 2 pi f x e inx dx nbsp Wir sehen hier die Fourier Koeffizienten von f displaystyle f nbsp Die Fourier Umkehrformel fuhrt dann zur bekannten Fourierreihe Die abstrakte harmonische Analyse liefert also den Rahmen fur eine gemeinsame theoretische Betrachtung sowohl der klassischen Fourier Transformation als auch der Fourierreihen Entwicklung Gelfand Darstellung Bearbeiten Sei G wieder eine lokalkompakte abelsche Gruppe mit Haar Mass l displaystyle lambda nbsp Die Fourier Transformation kann auch auf folgende Weise interpretiert werden Jeder Charakter x G displaystyle chi in widehat G nbsp definiert durch die Formel ϕ x f G f x x x d l x displaystyle phi chi f int G f x overline chi x d lambda x nbsp ein stetiges lineares multiplikatives Funktional ϕ x displaystyle phi chi nbsp auf L 1 G displaystyle L 1 G nbsp Die Fourier Transformation erweist sich damit als die Gelfand Transformation der kommutativen Banachalgebra L 1 G displaystyle L 1 G nbsp Nicht abelsche Gruppen BearbeitenFur nicht abelsche Gruppen reicht es nicht mehr Charaktere der Gruppe zu betrachten stattdessen betrachtet man unitare Darstellungen auf Hilbertraumen Sei also G displaystyle G nbsp eine lokalkompakte topologische Gruppe Eine unitare Darstellung p displaystyle pi nbsp von G displaystyle G nbsp auf einem Hilbertraum H p displaystyle H pi nbsp ist nun ein stetiger Gruppenhomomorphismus p G U H p displaystyle pi colon G to U H pi nbsp wobei U H p displaystyle U H pi nbsp die unitare Gruppe bezeichne ausgestattet mit der schwachen Operatortopologie die in diesem Fall mit der starken Operatortopologie ubereinstimmt Existiert nun ein Unterhilbertraum V displaystyle V nbsp von H p displaystyle H pi nbsp sodass fur alle g G displaystyle g in G nbsp noch immer p g V V displaystyle pi g V subseteq V nbsp so lasst sich die Darstellung auf U V displaystyle U V nbsp einschranken V displaystyle V nbsp heisst invarianter Teilraum der Darstellung Eine Darstellung fur die keine nicht trivialer invarianter Teilraum existiert heisst irreduzibel Man wahlt nun ein Vertretersystem G displaystyle hat G nbsp der irreduziblen Darstellungen einer Gruppe bezuglich unitarer Aquivalenz Im abelschen Fall entspricht dieses gerade den Charakteren Da sich jede solche Darstellung p displaystyle pi nbsp auf gewisse kanonische Weise zu einer Algebrendarstellung auf L 1 G displaystyle L 1 G nbsp fortsetzen lasst indem man p f G p x f x d x displaystyle pi f int G pi x f x mathrm d x nbsp in einem geeigneten Sinne von Integration setzt lasst sich fur ein f L 1 G displaystyle f in L 1 G nbsp die Familie f p f p G displaystyle hat f pi f pi in hat G nbsp definieren welche Fouriertransformation genannt wird Weitergehende Satze der harmonischen Analyse befassen sich nun damit wie und wann G displaystyle hat G nbsp sowie der Raum der f displaystyle hat f nbsp mit geeigneten Strukturen ausgestattet werden konnen die von der Fouriertransformation erhalten werden ahnlich der Aussage der Plancherelformel wodurch sich die Fouriertransformation umkehren lasst Ein derartiges Ergebnis fur alle lokalkompakten topologischen Gruppen konnte dabei jedoch nicht erlangt werden Kompakte Gruppen Bearbeiten Hauptartikel Satz von Peter Weyl Eine weitreichende Verallgemeinerung der Fouriertransformation auf kompakten Gruppen liefert der Satz von Peter Weyl Dieser Satz ist besonders elementar da die Struktur von G displaystyle hat G nbsp in einem gewissen Sinne diskret im abelschen kompakten Fall tatsachlich als topologischer Raum diskret ist und f displaystyle hat f nbsp einfach als orthogonale Summe von Matrizen aufgefasst werden kann Plancherel Mass fur unimodulare Gruppen Bearbeiten In dem Fall dass die Gruppe unimodular und zweitabzahlbar ist und eine gewisse darstellungstheoretische Eigenschaft aufweist Typ 1 Gruppe d h die Gruppen C Algebra ist postliminal lasst sich G displaystyle hat G nbsp mit dem Plancherel Mass ausstatten bezuglich dieses Masses lasst sich ein direktes Integral der jeweiligen Raume von Hilbert Schmidt Operatoren bilden als Elemente dieses Raumes konnen dann die Fouriertransformierten f displaystyle hat f nbsp aufgefasst und rucktransformiert werden 1 Bezuglich des Plancherel Masses konnen Mengen einzelner Punkte positives Mass besitzen diese bilden die sogenannte diskrete Serie irreduzible Teildarstellungen der regularen Darstellung der Gruppe Dies ist etwa bei kompakten Gruppen der Fall wodurch sich wiederum der Satz von Peter Weyl ergibt Nicht unimodulare Gruppen Bearbeiten Auf nicht unimodulare Gruppen ist die Rucktransformation auf dieselbe Weise nicht mehr moglich Abhilfe schaffen hier in einigen Fallen spezielle semi invariante Operatoren das sind bestimmte im Allgemeinen nur dicht definierte und unbeschrankte positive selbstadjungierte abgeschlossene Operatoren mit denen die p f displaystyle pi f nbsp auf solche Weise skaliert werden dass sich G displaystyle hat G nbsp wiederum mit dem Plancherel Mass ausstatten lasst die Fouriertransformierten eine Hilbertraumstruktur erhalten und eine Rucktransformation moglich wird 2 Diese semi invarianten Operatoren ersetzen die aquivarianten Konstanten die im unimodularen Fall zur Skalierung notwendig sind und werden Duflo Moore Operatoren oder formal degree operators genannt Literatur BearbeitenHewitt Ross Abstract Harmonic Analysis Springer Verlag Bd 1 1963 ISBN 0 387 94190 8 2 Auflage 1979 Bd 2 1970 ISBN 3 540 58318 1 Lynn H Loomis An Introduction to Abstract Harmonic Analysis D van Nostrand Co 1953 Walter Rudin Fourier Analysis on Groups Wiley Interscience 1962 ISBN 0 471 52364 XSiehe auch BearbeitenC dynamisches System Gruppen C Algebra nicht kommutative Gruppen Fastperiodische Funktion Satz von Kolmogorow Riesz Kompaktheitskriterien in L p G displaystyle L p G nbsp Raumen Mittelbare Gruppe Satz von Plancherel Isometrien zwischen L 2 displaystyle L 2 nbsp Raumen ModulationsraumEinzelnachweise Bearbeiten A A Kirillow Representation Theory and Noncommutative Harmonic Analysis I Hrsg Alexander Alexandrowitsch Kirillow Springer 1994 ISBN 3 540 18698 0 S 113 Ronald L Lipsman Type I criteria and the Plancherel formula for Lie groups with co compact radical In Annali della Scuola Normale Superiore di Pisa Classe di Scienze 4e serie Band 9 Nr 2 1982 S 263 285 online PDF 1 9 MB Normdaten Sachbegriff GND 4023453 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Harmonische Analyse amp oldid 212695591