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Fastperiodische Funktionen werden im mathematischen Teilgebiet der harmonischen Analyse betrachtet Es handelt sich dabei um auf Gruppen definierte Funktionen die bis auf eine kleine Abweichung periodisch sind Sie wurden 1924 1925 von Harald Bohr eingefuhrt 1 und erwiesen sich als wichtiges Werkzeug zur Untersuchung der Darstellungstheorie von Gruppen insbesondere ihrer endlichdimensionalen Darstellungen Letzteres wurde mit einer leicht abgeanderten Definition von Hermann Weyl ausgefuhrt eine weitere Variante geht auf John von Neumann zuruck Inhaltsverzeichnis 1 Fastperiodische Funktionen nach Bohr 2 Fastperiodische Funktionen nach Weyl 2 1 Definition 2 2 Mittelwerte 2 3 Hauptsatz uber fastperiodische Funktionen 3 Fastperiodische Funktionen nach von Neumann 4 Weitere Begriffe fastperiodischer Funktionen 5 EinzelnachweiseFastperiodische Funktionen nach Bohr BearbeitenBohr verallgemeinerte den Begriff der auf der Menge R displaystyle mathbb R nbsp der reellen Zahlen definierten periodischen Funktion Zur Erinnerung heisst eine Funktion f R C displaystyle f colon mathbb R rightarrow mathbb C nbsp periodisch mit Periode t gt 0 displaystyle tau gt 0 nbsp falls f x t f x displaystyle f x tau f x nbsp fur alle x R displaystyle x in mathbb R nbsp wie es von den Funktionen Sinus und Kosinus bekannt ist Eine solche Zahl t displaystyle tau nbsp nennt man eine Periode Offenbar sind auch ganzzahlige Vielfache solcher Perioden wieder Perioden Daher gibt es in jedem abgeschlossenen Intervall a a t displaystyle a a tau nbsp der Lange t displaystyle tau nbsp eine solche Periode Eine stetige Funktion f R C displaystyle f colon mathbb R rightarrow mathbb C nbsp heisst fastperiodisch nach Bohr falls es zu jedem e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp eine Zahl L e gt 0 displaystyle L varepsilon gt 0 nbsp gibt so dass in jedem Intervall a a L e displaystyle a a L varepsilon nbsp der Lange L e displaystyle L varepsilon nbsp eine Zahl t displaystyle tau nbsp enthalten ist so dass 2 f x t f x lt e displaystyle f x tau f x lt varepsilon nbsp fur alle reellen Zahlen x displaystyle x nbsp Nach obiger Ausfuhrung ist jede stetige periodische Funktion offenbar fastperiodisch Im Weiteren nennt man solche Funktionen praziser fastperiodisch nach Bohr um sie von den nachfolgenden Varianten zu unterscheiden Fastperiodische Funktionen nach Weyl BearbeitenDie hier vorgestellte Variante geht auf Hermann Weyl zuruck Die Definition hat einen etwas komplizierteren Aufbau lasst sich aber fur beliebige Gruppen formulieren Definition Bearbeiten Eine auf einer Gruppe G displaystyle G nbsp definierte Funktion f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp heisst fastperiodisch wenn es zu jedem e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp endlich viele paarweise disjunkte Mengen A 1 A n G displaystyle A 1 ldots A n subset G nbsp gibt mit 3 G A 1 A n displaystyle G A 1 cup ldots cup A n nbsp und f a x b f a y b lt e displaystyle f axb f ayb lt varepsilon nbsp fur alle a b G x y A i i 1 n displaystyle a b in G x y in A i i in 1 ldots n nbsp Diese Abschatzung gilt also wenn nur x displaystyle x nbsp und y displaystyle y nbsp aus demselben Teil A i displaystyle A i nbsp der Gruppe stammen Bei dieser Definition ist auch im Falle G R displaystyle G mathbb R nbsp nicht klar dass periodische Funktionen fastperiodisch sind und fur unstetige Funktionen ist das sogar falsch Die Beziehung zu Bohrs Definition die sich ausdrucklich auf stetige Funktionen bezieht sieht so aus Auf der Gruppe R displaystyle mathbb R nbsp stimmen die fastperiodischen Funktionen nach Bohr mit den stetigen fastperiodischen Funktionen uberein insbesondere sind stetige periodische Funktionen fastperiodisch Vielfache komplex Konjugierte Summen und Produkte von fastperiodischen Funktionen sind wieder fastperiodisch ebenso gleichmassige Grenzwerte von Folgen fastperiodischer Funktionen Die Menge A P G displaystyle AP G nbsp der fastperiodischen Funktionen bildet also eine abgeschlossene Funktionenalgebra sogar eine C Algebra Mittelwerte Bearbeiten In der Darstellungstheorie endlicher Gruppen G x 1 x n displaystyle G x 1 ldots x n nbsp bildet man zu Funktionen f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp gemittelte Summen 1 n i 1 n f x i displaystyle textstyle frac 1 n sum i 1 n f x i nbsp Fur unendliche Gruppen kann man derartige Mittelwerte noch fur fastperiodische Funktionen erhalten es gilt derMittelwertsatz 4 Zu jeder fastperiodischen Funktion f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp existiert eine eindeutig bestimmte Zahl M f displaystyle M f nbsp der sogenannte Mittelwert von f displaystyle f nbsp so dass es zu jedem e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp endlich viele x 1 x n G displaystyle x 1 ldots x n in G nbsp gibt mit M f 1 n i 1 n f a x i b lt e displaystyle left M f frac 1 n sum i 1 n f ax i b right lt varepsilon nbsp fur alle a b G displaystyle a b in G nbsp Der Beweis verwendet eine geschickte Auswahl von Unterteilungen der Gruppe wie sie in obiger Definition der Fastperiodizitat vorkamen bei diesem mehr oder weniger kombinatorischen Vorgehen kommt der Heiratssatz zum Einsatz Der Mittelwert ist linear und monoton und es ist M 1 G 1 displaystyle M 1 G 1 nbsp wobei mit 1 G displaystyle 1 G nbsp die konstante Funktion mit Wert 1 auf G displaystyle G nbsp bezeichnet sei Man kann den Mittelwert daher wie ein Integral verwenden Sind etwa f g G C displaystyle f g colon G rightarrow mathbb C nbsp zwei fastperiodische Funktionen so ist durch f g M f g displaystyle langle f g rangle M f cdot overline g nbsp ein Skalarprodukt definiert das A P G displaystyle AP G nbsp zu einem Prahilbertraum macht Hauptsatz uber fastperiodische Funktionen Bearbeiten Die Gruppe G displaystyle G nbsp operiert auf A P G displaystyle AP G nbsp durch die Formel x f y f y x x y G f A P G displaystyle x cdot f y f yx x y in G f in AP G nbsp das heisst A P G displaystyle AP G nbsp wird zu einem G displaystyle G nbsp Modul der bzgl der gleichmassigen Konvergenz abgeschlossen ist Ein Untermodul heisst invariant wenn er unter der Gruppenoperation abgeschlossen ist er heisst abgeschlossen wenn er bzgl der gleichmassigen Konvergenz abgeschlossen ist und er heisst irreduzibel wenn er ausser dem Nullmodul und sich selbst keine weiteren invarianten Untermoduln enthalt Indem man die oben eingefuhrte Prahilbertraumstruktur verwendet kann man den sogenannten Hauptsatz uber fastperiodische Funktionen zeigen Jeder abgeschlossene invariante Untermodul von A P G displaystyle AP G nbsp ist gleichmassiger Abschluss einer Vektorraumsumme endlichdimensionaler invarianter irreduzibler Untermoduln Damit beherrscht man die Darstellungstheorie wenn A P G displaystyle AP G nbsp nur ausreichend reichhaltig ist In Extremfallen kann A P G displaystyle AP G nbsp allerdings aus nur den konstanten Funktionen bestehen dann ist der Hauptsatz trivial Ist G displaystyle G nbsp eine kompakte Gruppe so kann man zeigen dass jede stetige Funktion G C displaystyle G rightarrow mathbb C nbsp fastperiodisch ist was dann zur bekannten Darstellungstheorie kompakter Gruppen fuhrt insbesondere ist der Fall endlicher Gruppen enthalten Fastperiodische Funktionen nach von Neumann BearbeitenJ von Neumann hat unter Verwendung des Haarschen Masses das den bisher beschriebenen Entwicklungen noch nicht zur Verfugung stand einen anderen Zugang gefunden der insbesondere das Wesen obigen Mittelwertes klart 5 Ist f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp eine Abbildung auf einer Gruppe und ist x G displaystyle x in G nbsp so seien die Funktionen f x displaystyle f x nbsp und x f G C displaystyle x f colon G rightarrow mathbb C nbsp durch die Formeln f x y f x y x f y f y x y G displaystyle f x y f xy x f y f yx y in G nbsp definiert Eine beschrankte Funktion G C displaystyle G rightarrow mathbb C nbsp ist nun genau dann fastperiodisch wenn die Mengen f x x G displaystyle f x colon x in G nbsp und x f x G displaystyle x f colon x in G nbsp im metrischen Raum der beschrankten Funktionen G C displaystyle G rightarrow mathbb C nbsp mit der mittels der Supremumsnorm definierten Metrik totalbeschrankt sind 6 Diese Bedingung ist von Neumanns Definition Mit diesem Ansatz konnte von Neumann unter anderem zeigen dass jede kompakte Gruppe die als topologischer Raum eine endlichdimensionale topologische Mannigfaltigkeit ist eine Liegruppe ist was das funfte Hilbertsche Problem fur kompakte Gruppen loste 7 Der Mittelwert der die oben beschriebene Theorie erst ermoglichte ergibt sich hier wie folgt Zunachst zeigt man dass es zu jeder topologischen Gruppe G displaystyle G nbsp eine kompakte Gruppe S displaystyle Sigma nbsp und einen stetigen Gruppenhomomorphismus a G S displaystyle alpha colon G rightarrow Sigma nbsp mit folgender universeller Eigenschaft gibt Zu jedem stetigen Gruppenhomorphismus a G S displaystyle tilde alpha colon G rightarrow tilde Sigma nbsp in eine kompakte Gruppe S displaystyle tilde Sigma nbsp gibt es genau einen stetigen Gruppenhomorphismus b S S displaystyle beta colon Sigma rightarrow tilde Sigma nbsp so dass a b a displaystyle tilde alpha beta circ alpha nbsp Eine solche kompakte Gruppe S displaystyle Sigma nbsp ist bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt und heisst die zu G displaystyle G nbsp assoziierte kompakte Gruppe 8 oder die Bohr Kompaktifizierung von G displaystyle G nbsp Ferner kann man zeigen dass eine beschrankte Funktion f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp genau dann fastperiodisch ist wenn es eine Funktion f S C displaystyle tilde f colon Sigma rightarrow mathbb C nbsp mit f f a displaystyle f tilde f circ alpha nbsp gibt 9 Mit diesen Begriffen gilt fur eine fastperiodische Funktion f G C displaystyle f colon G rightarrow mathbb C nbsp Die abgeschlossene konvexe Hulle aller Funktionen x f x G displaystyle x f x in G nbsp enthalt genau eine konstante Funktion und diese hat den Wert M f displaystyle M f nbsp Ist m S displaystyle mu Sigma nbsp das auf 1 normierte Haarsche Mass so gilt M f S f d m S displaystyle textstyle M f int Sigma tilde f mathrm d mu Sigma nbsp Damit ergibt sich der Mittelwert hier auf ganz naturliche Weise Die weitere oben angedeutete Theorie kann nun auf diesem Mittelwert aufgebaut werden Ein noch abstrakterer Zugang findet sich in 10 Die Menge der beschrankten fastperiodischen Funktionen A P G displaystyle AP G nbsp auf einer Gruppe G displaystyle G nbsp bildet eine kommutative C Algebra mit Einselement diese ist nach dem Satz von Gelfand Neumark isometrisch isomorph zu einer Algebra C S displaystyle C Sigma nbsp stetiger Funktionen auf einem kompakten Raum S displaystyle Sigma nbsp der mit dem Raum aller Homomorphismen der kommutativen C Algebra nach C displaystyle mathbb C nbsp identifiziert werden kann siehe Gelfand Transformation Da die Punktauswertungen f f x displaystyle f mapsto f x nbsp fur jedes x G displaystyle x in G nbsp ein solcher Homomorphismus f x displaystyle varphi x nbsp ist erhalt man eine Abbildung a G S x f x displaystyle alpha colon G rightarrow Sigma x mapsto varphi x nbsp Von dieser kann man zeigen dass sie stetig ist und dass sich die Gruppenoperation von G displaystyle G nbsp auf S displaystyle Sigma nbsp fortsetzt Damit ist die zu G displaystyle G nbsp assoziierte Gruppe s o konstruiert 11 Fur eine lokalkompakte abelsche Gruppe G displaystyle G nbsp kann die assoziierte kompakte Gruppe wie folgt konstruiert werden Sei G displaystyle hat G nbsp die Dualgruppe G d displaystyle hat G d nbsp sei dieselbe Gruppe aber versehen mit der diskreten Topologie so dass die Abbildung i d G G d G displaystyle mathrm id G hat G d rightarrow hat G nbsp stetig ist Wendet man darauf die Pontrjagin Dualitat an erhalt man eine stetige Abbildung a G G d displaystyle alpha colon hat hat G rightarrow widehat hat G d nbsp Nach dem Dualitatssatz von Pontrjagin ist die linke Seite isomorph zu G displaystyle G nbsp und die rechte Seite als Dualgruppe einer diskreten Gruppe kompakt Die assoziierte kompakte Gruppe ergibt sich also erneut auf ganz naturlich Weise Weitere Begriffe fastperiodischer Funktionen BearbeitenDie definierende Bedingung in Bohrs Definition der fastperiodischen Funktion kann als f t f sup x R f x t f x lt e displaystyle f tau f infty sup x in mathbb R left f x tau f x right lt varepsilon nbsp geschrieben werden wobei f t displaystyle f tau nbsp durch f t x f x t displaystyle f tau x f x tau nbsp definiert sei Indem man die Norm displaystyle cdot infty nbsp durch andere Abstandsbegriffe ersetzt kommt man zu anderen Definitionen Dies ist von einigen Autoren umgesetzt worden die damit insbesondere eine Verallgemeinerung auf unstetige Funktionen verfolgten W W Stepanow verwendete den Abstandsbegriff f g sup x R 1 L x x L f t g t p d t 1 p displaystyle f g sup x in mathbb R left frac 1 L int x x L f t g t p mathrm d t right frac 1 p nbsp wobei 1 p lt displaystyle 1 leq p lt infty nbsp und L gt 0 displaystyle L gt 0 nbsp 12 H Weyl verwendete diesen Abstandsbegriff fur den Grenzfall L displaystyle L to infty nbsp 13 Schliesslich soll noch der Ansatz von A S Besikowitsch erwahnt werden er legte den Abstandsbegriff f g lim sup L 1 2 L L L f t g t p d t 1 p displaystyle f g limsup L to infty left frac 1 2L int L L f t g t p mathrm d t right frac 1 p nbsp zu Grunde 14 Einzelnachweise Bearbeiten H Bohr Zur Theorie der fastperiodischen Funktionen Acta math Band 45 1924 Seiten 29 127 Band 46 Seiten 101 214 W Maak Fastperiodische Funktionen Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 61 1967 Kapitel IV 24 W Maak Fastperiodische Funktionen Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 61 1967 Kapitel II 7 W Maak Fastperiodische Funktionen Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 61 1967 Kapitel II 9 J v Neumann Almost periodic functions in a group I Transactions Amer Math Soc Band 36 1934 Seiten 445 492 W Maak Fastperiodische Funktionen Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 61 1967 Kapitel VI 35 Satz 3 W Maak Fastperiodische Funktionen Grundlehren der mathematischen Wissenschaften Band 61 1967 Kapitel VI 37 Zu Hilberts V Problem J Dixmier C algebras and their representations North Holland Publishing Company 1977 ISBN 0 7204 0762 1 Theorem 16 1 1 J Dixmier C algebras and their representations North Holland Publishing Company 1977 ISBN 0 7204 0762 1 Theorem 16 2 1 L Loomis Abstract Harmonic Analysis Van Nostrand 1953 Kapitel VIII Compact Groups and Almost Periodic Functions L Loomis Abstract Harmonic Analysis Van Nostrand 1953 Kapitel VIII Abschnitt 41E V V Stepanov Sur quelques generalisations des fonctions presque periodiques C R Acad Sci Paris Band 181 1925 Seiten 90 92 H Weyl Integralgleichungen und fastperiodische Funktionen Math Annalen Band 97 1927 Seiten 338 356 A S Besicovitch Almost periodic functions Cambridge Univ Press 1932 Normdaten Sachbegriff GND 4289369 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fastperiodische Funktion amp oldid 230359496