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Der Grossdeutsche Schachbund GSB teilweise auch GDSB war eine nationalsozialistische Schachorganisation mit Sitz in Berlin Der Grossdeutsche Schachbund war von 1933 bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Dachorganisation der deutschen Schachspieler Grossdeutscher SchachbundGegrundet 23 April 1933Grundungsort BerlinVorsitzender Joseph GoebbelsMitglieder 50 000 1934 Verbandssitz Berlin Inhaltsverzeichnis 1 Erste Grundung 2 Gleichschaltung und Fuhrungsrolle des GSB 3 Organisierte Schachforderung 4 Ausgrenzung und Diffamierung von Juden 5 Beziehungen zur FIDE 6 Territoriale Expansion und Tatigkeit wahrend des Zweiten Weltkrieges 7 Einzelnachweise 8 Literatur 9 WeblinksErste Grundung BearbeitenAnfang der 1930er Jahre gehorte nur etwa jeder vierte organisierte deutsche Schachspieler einem Mitgliedsverein des Deutschen Schachbundes an Die ubrigen waren in den parteipolitisch SPD KPD orientierten Arbeiterschachvereinen den Schachabteilungen des Deutschnationalen Handlungsgehilfen Verbandes und in mehreren katholischen Schachorganisationen darunter der Schachbund im Katholischen Jungmannerverband mit 1933 rund 4000 Mitgliedern organisiert Da Doppelmitgliedschaften moglich waren kann die Gesamtzahl der am Ende der Weimarer Republik organisierten Spieler nur ungefahr auf 30 000 bis 40 000 Schachspieler geschatzt werden 1 In diesem Umfeld grundeten Berliner Schachaktive am 13 Dezember 1931 einen weiteren nationalsozialistischen Schachverband der sich als Grossdeutscher Schachbund bezeichnete In der Bezeichnung kam zum Ausdruck dass sich der Verband ausdrucklich auch an die Schachspieler unter den Auslandsdeutschen richtete Zum Vorsitzenden wurde Bruno Hartmann bestimmt Es handelte sich um eine rein politisch motivierte Grundung Uber einen Spielbetrieb oder Vereine die dem GSB bis 1933 beitraten ist nichts bekannt 2 Gleichschaltung und Fuhrungsrolle des GSB BearbeitenNach der Machtergreifung verfolgte die NSDAP Fuhrung das Ziel die bestehende Vielfalt in der Schachorganisation durch eine Einheitsorganisation unter dem Dach des GSB zu ersetzen Den Arbeiterschachvereinen wurde schon Anfang 1933 die Betatigung verboten ihre Mitglieder konnten oft in andere Vereine eintreten Die Uberfuhrung der bestehenden Schachorganisationen in den Grossdeutschen Schachbund wurde am 23 April 1933 beschlossen Dieses Datum galt in den zeitgenossischen Darstellungen als Grundungsdatum des GSB Bundesleiter wurde Otto Zander zum Geschaftsfuhrer wurde Ehrhardt Post bestellt Ende Mai 1933 ubernahm Joseph Goebbels den Ehrenvorsitz des GSB Zeitweilig widerrief danach der Deutsche Schachbund seine Zustimmung und berief einen nationalsozialistischen Funktionar an seine Spitze Der Versuch des Deutschen Schachbundes die Eigenstandigkeit auf diesem Weg zu behaupten schlug fehl und die Ablosung durch den GSB wurde im Juli 1933 bestatigt Der Grossdeutsche Schachbund richtete gleichzeitig in Bad Pyrmont seinen ersten Kongress aus der seinen Fuhrungsanspruch deutlich machte Die Landesverbande und Mitgliedsvereine des Deutschen Schachbundes wurden in den GSB aufgenommen Sie mussten noch im Juli 1933 ausserordentliche Mitgliederversammlungen abhalten auf denen nach Moglichkeit ein Mitglied der NSDAP zum Vereinsfuhrer gewahlt werden sollte Der Vereinsfuhrer ernannte entsprechend dem Fuhrerprinzip weitere Mitarbeiter etwa einen stellvertretenden Fuhrer einen Schriftfuhrer oder einen Mannschaftsfuhrer 3 Der Deutsche Schachbund bestand formaljuristisch bis 1934 fort 4 Die katholisch gebundenen Schachorganisationen fuhrten infolge des Reichskonkordats welches das Weiterbestehen der katholischen Organisationen regelte noch bis 1937 38 eine eingeschrankte Sonderexistenz Ahnliches galt in diesem Zeitraum bis zu den Novemberpogromen 1938 fur die judischen Schachorganisationen die erst infolge der Ausgrenzung der Juden aus dem GSB nach 1933 entstanden waren siehe unten Nach 1935 erwuchs dem GSB als landesweiter Organisation teilweise Konkurrenz durch die Schachgemeinschaft der NS Freizeitorganisation Kraft durch Freude KdF Die KdF Schachgemeinschaft die sich ebenfalls um die Ausrichtung von Wettkampfen und Turnieren bemuhte blieb ab 1938 darauf beschrankt Aufgaben im Breitenschach zu ubernehmen und insbesondere die Betriebsschachgruppen zu organisieren Publizistisches Organ des GSB waren die Deutschen Schachblatter beziehungsweise 1943 44 als einzige verbliebene deutsche Schachzeitschrift die Deutsche Schachzeitung Organisierte Schachforderung BearbeitenDer Grossdeutsche Schachbund erhielt nicht den Status einer Untergliederung der NSDAP oder einer der ihr angehorenden Unterorganisationen Der GSB musste deshalb Ende 1933 das Hakenkreuz aus seinem Emblem entfernen 5 Wichtiger war dass der Verband damit auch keine institutionelle Finanzierung beanspruchen konnte Trotzdem betrieb der Grossdeutsche Schachbund eine intensive politisch gewollte Aufwertung des deutschen Schachs die moglicherweise vom Vorbild der Schachforderung in der Sowjetunion beeinflusst war Grossere Veranstaltungen und Werbewochen sollten das Interesse am Spiel erhohen Im Oktober 1934 berichtete Otto Zander gegenuber den rund 10 000 Mitgliedern des Deutschen Schachbundes im Jahr 1933 gehorten inzwischen 45 000 bis 50 000 Spieler dem neuen Gesamtverband an 6 Neben dem ideologisch motivierten Ausschluss der Juden verfolgte der GSB mehrere Stossrichtungen Der Wettkampfcharakter des Schachs wurde hervorgehoben So wurden die Bedingungen fur die Vergabe der Meistertitel die nur noch begrenzt fur ein Jahr verliehen werden sollten erheblich verscharft Die Zahl der Ausscheidungsturniere fur die Meisterschaft von Deutschland erhohte sich und fur die Turniere oberhalb der Landesebene wurden uberregionale Zonen eingerichtet 7 Auf der einen Seite stand eine materielle Forderung des Schachs durch den Staat wahrend gleichzeitig der Amateurcharakter des Spiels betont wurde Bei Turnieren wurden folglich grundsatzlich keine Geldpreise mehr ausgesetzt die Spieler erhielten dafur alle anfallenden Kosten der Teilnahme erstattet Schliesslich erlebte das Mannschaftsschach einen Aufschwung wozu die Ausrichtung der ersten deutschen Mannschaftsmeisterschaft zahlte Hinzu kam die Bemuhung der Funktionare und einer Reihe von nationalsozialistischen Schach Publizisten das Schach terminologisch zu militarisieren Kampfschach und nach Kriegsbeginn die psychologische Bedeutung des geistigen Wehrspiels fur die Kriegsanstrengungen herauszustreichen Ausgrenzung und Diffamierung von Juden BearbeitenDer GSB hatte in seiner Satzung festgelegt als Mitglieder nur Deutsche arischer Abstammung aufzunehmen Arierparagraph Bereits im Fruhjahr 1933 mussten alle judischen Schachfunktionare von ihren Amtern zurucktreten allen voran der Prasident des Deutschen Schachbundes Walter Robinow Noch im Mai 1933 schrieb Heinrich Ranneforth in der Deutschen Schachzeitung Wer deutsch fuhlt und handelt und sich dadurch dem deutschen Volk innerlich verbunden fuhlt warum soll man den nicht als Volksgenossen gelten lassen Aber bereits ab Juli 1933 durften Juden nicht mehr Mitglieder von Schachvereinen innerhalb des GSB sein Beispielsweise musste der fruhere Schachweltmeister Emanuel Lasker aus der Berliner Schachgesellschaft deren Ehrenmitglied er war ausgeschlossen werden 8 In dieser Zeit wurden einige rein judische Schachvereine gegrundet die teilweise bis 1938 Bestand hatten 1935 und 1937 fanden sogar Judische Meisterschaften statt die von Sammi Fajarowicz gewonnen wurden Ab 1936 gab der GSB unter dem Titel Bucherei des Grossdeutschen Schachbundes eine Schriftenreihe heraus In deren Publikationen wurden einige nach judischen Schachspielern benannte Eroffnungsvarianten umbenannt und alle darin abgedruckten Partien mit judischer Beteiligung von arischen Meistern gewonnen Damit wurden den Lesern viele der besten Schachpartien vorenthalten waren doch die fuhrenden Schachspieler im Zeitraum zwischen 1880 und 1930 grosstenteils Juden gewesen Im Fruhjahr 1941 als der deutsch sowjetische Nichtangriffspakt noch Bestand hatte erschien vom damaligen Weltmeister Alexander Aljechin in zwei Zeitschriften eine Artikelserie mit der Uberschrift Judisches und arisches Schach eine psychologische Studie die gegrundet auf die Erfahrungen am schwarz weissen Brett den judischen Mangel an Mut und Gestaltungskraft nachweist die nachweisen sollte dass Arier aufgrund ihrer Anlagen insbesondere aufgrund ihres Kampfgeistes die besseren Schachspieler waren Aljechin der nach 1941 auch finanzielle Unterstutzung von deutscher Seite erhalten hatte verliess dann auf Grund der Kriegsentwicklung 1943 das Deutsche Reich und siedelte sich im neutralen Spanien an Begleitet wurden solche theoretischen Versuche durch die zeittypische martialisch rassistische Rhetorik in offiziellen Papieren So erfolgte die Einladung zum 23 Schwabischen Schachkongress im Juni 1941 mit den Worten Zum zweiten Male in diesem grossen Kampf des nationalsozialistischen Deutschlands gegen seine plutokratisch judischen Feinde ruft der Schachverband Wurttemberg Hohenzollern seine Mitglieder zu einem Kriegs Schachkongress auf In seinem 1943 in der Deutschen Schachzeitung erschienenen Aufsatz Schach Kampf und Kunst schrieb Emil Joseph Diemer Ich sehe in dieser Angst vor der Verantwortung vor dem Risiko vor der grossen Tat vor dem Gefahrlich Leben den letzten Ausdruck judischen Einflusses auf unsere Schachjugend Warum sollte es auch im Schach anders sein diesem Symbol des menschlichen Lebens dieser Parallelerscheinung zu allen menschlichen Auseinandersetzungen auf kulturellem und politischem Gebiete als auf allen anderen Gebieten des heutigen menschlichen Daseins Hie Kampf hie Maginotgeist Beziehungen zur FIDE BearbeitenDer Grossdeutsche Schachbund erklarte 1933 den Austritt aus der FIDE wodurch der deutsche Schachsport international in die Isolation geriet 9 Die Grunde blieben auslandischen Beobachtern verschlossen Noch im November 1936 ratselte das British Chess Magazine daruber warum Deutschland sich eigentlich zuruckgezogen habe 10 Im Jahr 1935 trat der GSB mit dem Anliegen an die FIDE heran anlasslich der Olympischen Sommerspiele 1936 die Ausrichtung eines internationalen Mannschaftsturniers in Munchen zu unterstutzen Der Weltschachbund stellte hierzu auf seinem Kongress in Warschau fest die Satzung des GSB enthalte Regelungen die keinen Bezug zum Schachspiel aufwiesen und mit dem Wesen und den Statuten der FIDE unvereinbar seien damit wurden die antisemitischen Bestimmungen speziell der Ausschluss judischer Spieler von den Wettbewerben verurteilt Da der GSB aber zugesagt habe diese Regelung fur die Dauer des Turniers auszusetzen stellte die FIDE ihren Mitgliedsverbanden frei an dem als Schach Olympia 1936 bezeichneten Turnier in Munchen teilzunehmen 11 Zur Schacholympiade 1939 trat Deutschland wieder an nachdem der Weltschachbund den GSB als Mitgliedsverband aufgenommen hatte Die von Reichstrainer seit 1937 Efim Bogoljubow vorbereitete deutsche Mannschaft lag in Fuhrung als der Zweite Weltkrieg begann Deutschland wurde schliesslich zum Sieger erklart der grosste Teil der Spieler unter ihnen Erich Eliskases kehrte jedoch nicht nach Deutschland zuruck Territoriale Expansion und Tatigkeit wahrend des Zweiten Weltkrieges BearbeitenDer sogenannte Anschluss im Marz 1938 wurde von fuhrenden Schachfunktionaren und Schachspielern Osterreichs begrusst wie aus einem Brief hervorgeht den Hans Geiger und Albert Becker nur sechs Tage nach dem deutschen Einmarsch an den GSB schrieben Der Osterreichische Schachverband 12 und danach der Deutsche Schachverband der ebenfalls 1938 annektierten Sudetengebiete traten dem Schachbund als neue Landesverbande bei Schliesslich entstand im besetzten Polen eine Schachorganisation die ausschliesslich deutschen Schachspielern zuganglich war Im November 1940 fand das 1 Meisterschaftsturnier des GSB im Generalgouvernement statt das erste von mehreren Turnieren fur die sich der im Jahr 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtete Generalgouverneur Hans Frank einsetzte Im Jahre 1938 ubernahm Franz Moraller das Amt des Bundesleiters nachdem Zander bei einem Unfall todlich verungluckt war Dies fuhrte dazu dass der Geschaftsfuhrer Ehrhardt Post mehr Handlungsspielraum erhielt Unter seiner Fuhrung organisierte der GSB das Europa Schachturnier Munchen 1941 sowie zwei gut besetzte Turniere in Salzburg 1942 und 1943 Sportpolitischer Hohepunkt der vom GSB ausgehenden Aktivitaten war die Grundung des Europa Schachbundes der in Munchen 1942 eine Schach Europameisterschaft ausrichtete Am Europa Schachbund waren Vertreter der vom Deutschen Reich zu diesem Zeitpunkt beherrschten europaischen Lander und zweier neutraler Staaten Schweden und Spanien beteiligt Auf Grund der Kriegsentwicklung blieb dies eine einmalige Veranstaltung Am 23 November 1943 wurde die Berliner Geschaftsstelle des Grossdeutschen Schachbundes bei einem Bombenangriff vollstandig zerstort Das gleiche Schicksal ereilte wenige Monate spater auch die nachfolgende Berliner Geschaftsstelle Samtliche Akten und Unterlagen des GSB wurden vernichtet 13 Einzelnachweise Bearbeiten Zahlenangaben zu den Schachorganisationen in Deutschland um 1933 Memento des Originals vom 5 Mai 2012 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www ramada cup de Woelk S 15 Woelk S 24f Zur Gleichschaltung der Schachvereine siehe das Beispiel des SV Bottrop 1921 Zur Auflosung des DSB siehe Harald Ballo Zettel 187 Woelk S 61 90 Woelk S 62ff Zur Zoneneinteilung des GSB siehe die Karte bei Wolfgang Maier Geschichte des Saarlandischen Schachverbandes von 1921 2006 Memento vom 1 Marz 2016 im Internet Archive PDF 1 8 MB S 7 Rede von Alfred Kinzel anlasslich des 130 Geburtstages von Emanuel Lasker Memento vom 7 November 2007 im Internet Archive Alfred Diel Schach in Deutschland Festbuch aus Anlass des hundertjahrigen Bestehens des Deutschen Schachbundes e V 1877 1977 Dusseldorf 1977 S 87 Woelk S 66 British Chess Magazine November 1936 S 546 zitiert nach Edward Winter Chess Hitler and Nazi Germany in Kingpin Nr 33 2000 It is difficult to understand why Germany withdrew for it was of course a case of withdrawal not of expulsion Resolution des FIDE Kongresses 1935 in Warschau zitiert nach E Winter in franzosischer Sprache Zum Beitritt des Osterreichischen Schachverbandes siehe Geschichte des NOSV Woelk S 79 Literatur BearbeitenRalf Woelk Schach unterm Hakenkreuz Politische Einflusse auf das Schachspiel im Dritten Reich Pfullingen 1996 Tubinger Beitrage zum Thema Schach 3 ISBN 3 88502 017 3 Alfred Brinckmann und Kurt Richter Erster Kongress des Grossdeutschen Schachbundes in Pyrmont 1933 Ausfuhrlicher Bericht ausgewahlte Partien und Anhang Hauptturnier Bahrenfeld Verlag des Grossdeutschen Schachbundes Berlin 1933 Edmund Bruns Das Schachspiel von Juden aus nationalsozialistischer Sicht unter Einbeziehung des Weltmeisters Alexander Aljechin Weblinks BearbeitenGeschichte des Deutschen Schachbundes Teil III B 1933 1945 Memento vom 6 Marz 2019 im Internet Archive Vereinbarung zwischen GSB und KdF 1937 und Auszug aus den GSB Bestimmungen fur Landesverbande und Vereine Memento vom 11 Februar 2009 im Internet Archive nach Ranneforths Schach Kalender Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grossdeutscher Schachbund amp oldid 239137450