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Die Grafschaft Werdenfels im heutigen Werdenfelser Land war eine Reichsgrafschaft im Besitz des Hochstifts Freising Das Territorium der Grafschaft ist in etwa deckungsgleich mit dem sudlichen Teil des heutigen Landkreises Garmisch Partenkirchen in Oberbayern Die Gemeinden des Gebietes bilden nach wie vor das Dekanat Werdenfels des Erzbistums Munchen und Freising Grafschaft WerdenfelsEin Territorium des Hochstifts FreisingEntstanden 1294 aus Besitztumern des Grafen von Eschenlohe Aufgegangen 1803 in das Konigreich Bayern Hauptgerichtsort GarmischHeutige Region Der sudliche Landkreis Garmisch Partenkirchen LagekarteDas territoriale Umfeld der Grafschaft Werdenfels rot markiert im Jahre 1789 Inhaltsverzeichnis 1 Geographie 2 Geschichte 3 Hexenprozesse 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseGeographie BearbeitenDie Teile des Oberen Loisach und Isartales umfassende Grafschaft Werdenfels war flachenmassig das grosste Teilterritorium des Hochstiftes Freising Die sudliche naturliche Grenze bildete der Hauptkamm des Wettersteingebirges und im Osten das Karwendel mit seinem nordlichen Vorgebirge Im Westen gehorten Teile der Ammergauer Alpen und im Zentrum ein Grossteil des Estergebirges zur Grafschaft 1 Die nordlichen Nachbarn waren die kurbayerischen Klostergerichte Ettal und Benediktbeuern Im Westen Suden und Osten schlossen sich Freundsberg Hortenberg Petersberg und Ehrenberg allesamt Gerichte der Grafschaft Tirol an 2 Eine erste Grenzbeschreibung stammt aus den Jahren 1073 1078 In einer Aufzeichnung des Hochstiftes Freising wird der Grenzverlauf im Werdenfelser Land und im Ammergau detailliert beschrieben 3 Eine etwas jungere Grenzbeschreibung aus dem Jahre 1305 und nennt 15 Grenzpunkte Der Grenzverlauf ging von Eschenlohe zum Walchensee und weiter zum Sylvenstein Von dort verlief die Grenze zum Hallerangersattel weiter nach Seefeld und uber das Leutaschtal zum Wetterwandeck im Zugspitzmassiv Ab dem Wetterwandeck dehnte sich Werdenfels bis zum Plansee aus anschliessend verlief die Grenze weiter in gerader Linie durch die Ammergauer Alpen zuruck nach Eschenlohe 1 Nachdem im Jahr 1284 die Burg Schlossberg nordlich von Seefeld von den Grafen von Eschenlohe an die Grafen von Tirol ubergegangen war bildete sie jedoch de facto die Grenzbefestigung zur Grafschaft Werdenfels Auch die kirchliche Aufteilung folgte dieser Grenze Scharnitz gehorte zum Bistum Freising Seefeld und Oberleutasch zum Bistum Brixen 4 Vor diesem Hintergrund sind die Grenzbeschreibungen von 1305 1315 und 1436 eher als das Anmelden von Gebietsanspruchen zu verstehen als Beschreibungen des tatsachlichen Herrschaftsgebietes So war beispielsweise Laliders seit 1426 im Besitz der Pfarrei Absam 5 Das Ziel Tirols war dagegen die Landesgrenze zum strategisch wichtigen Scharnitzpass hin zu verschieben 6 In der Folge musste das Furstbistum einige Gebietsverluste an die machtigen Nachbarn hinnehmen Grosse Teile des Karwendels und das Leutaschtal gingen 1500 an Tirol 1539 verschob Bayern die Grenze vom Sylvenstein bis kurz vor Wallgau 1554 bildeten das Steinerne Bruckl bei Farchant und die Brucke bei Obernach die Grenze zu Bayern 7 Im Jahr 1633 erhielt Tirol das Recht zum Schutz vor den vorruckenden Schweden im Dreissigjahrigen Krieg am Scharnitzpass auf Werdenfelser Gebiet die Grenzbefestigung Porta Claudia zu errichten Durch Vertrag vom 29 Oktober 1656 wurden Scharnitz und das Gebiet um die Porta Claudia gegen einen Gebietsstreifen um den Kienleitenkopf mit dem Karlingerhof Schonwieshof ostlich von Scharnitz und Wegerecht ins Hinterautal eingetauscht Das Karwendeltal wurde schliesslich mit dem Vertrag vom 28 Mai 1766 gegen den Ebenwald das Frauenalpl und das Reintal eingetauscht wobei das Jagdrecht bei der Grafschaft Werdenfels und die Holz und Weiderechte bei den Burgern von Mittenwald blieben 8 9 Die Grafschaft wurde bei ihrer Grundung in drei Pfleggerichte eingeteilt Garmisch Partenkirchen und Mittenwald Die weiteren Kernorte waren die heutigen Gemeinden Farchant Grainau Krun und Wallgau Geschichte BearbeitenIhr Zentrum bildete die Burg Werdenfels Im Jahr 1294 verkaufte Graf Perchthold von Eschenloh seine Grafschaft an den Bischof Enichen Emicho von Freising Der oberste Richter hatte seinen Sitz in Garmisch wo er seine Gerichtstage hielt Die Sitzungen fanden zunachst auf der Burg statt erst 1632 wurde der Pflegsitz in ein neues Amtshaus in Schwaigwang verlegt Das Land verfugte uber einen betrachtlichen Besitz an Erz und Silbervorkommen Von noch grosserer wirtschaftlicher Bedeutung fur die Grafschaft war zu Beginn der Neuzeit die Kontrolle der Handelsstrassen nach Italien Was aus dem Suden kam Gewurze Fruchte Weihrauch Wein musste in Mittenwald was aus dem Norden kam Kupfer Messing Tuche Schmuck Metallwaren in Partenkirchen gegen Bezahlung niedergelegt werden Nur eine Werdenfelser Fuhrleutevereinigung hatte das Recht innerhalb der Grafschaft die Waren zu transportieren Von besonderer Bedeutung war es dass Siegmund der Munzreiche aus Anlass seines Krieges mit der Republik Venedig 1487 den bedeutenden Bozner Markt nach Mittenwald verlegte wo er bis 1679 abgehalten wurde So kam die Gegend zu einem gewissen Wohlstand und wurde als goldenes Landl bezeichnet Die Nachbarn Tirol und Bayern letzteres vertreten durch die Anrainer Kloster Ettal und Kloster Benediktbeuern beanspruchten immer wieder Gebietsteile 1530 bot Herzog Wilhelm IV von Bayern dem Bischof von Freising weite Landesteile zwischen Isar und Amper zum Tausch fur die gesamte Grafschaft doch scheiterten die Verhandlungen in Munchen Nach dem Dreissigjahrigen Krieg verlor die Gegend allmahlich ihre Bedeutung als Umschlagplatz Einen gewissen Aufschwung brachte begrundet durch Matthias Klotz der Geigenbau in Mittenwald 1803 endete mit der Sakularisation in Bayern die Herrschaft des Hochstifts Freising die Grafschaft Werdenfels kam zum Konigreich Bayern nbsp nbsp nbsp nbsp nbsp links Der ehemalige Pflegersitz die Ruine Werdenfels zwischen Garmisch und Farchant Mitte links Ein alter Grenzstein zur bayerischen Grenze Mitte Die neue Schanz Mitte rechts Ein Grenzzeichen an einem Felsen aus dem Jahre 1726 rechts Mittenwald einer der Hauptorte in der Grafschaft Werdenfels Hexenprozesse Bearbeiten Hauptartikel Hexenprozesse in der Grafschaft Werdenfels Ende des 16 Jahrhunderts kam es in der Grafschaft zu aufsehenerregenden Hexenprozessen bei denen zwischen den Jahren 1590 und 1591 51 Personen als Hexen verurteilt und hingerichtet wurden Unter diesen Personen befand sich mit Simon Kembscher auch ein Mann Insgesamt wurden in dieser Zeit 127 Personen der Hexerei beschuldigt Hexenverfolgung 1583 wurde der leicht beeinflussbare Caspar Poissl von Atzenzell neuer Pfleger in der Grafschaft Werdenfels Die Bewohner des Landes waren schon die Jahre zuvor sehr unruhig Pestepidemien Krankheiten Hagelschauer die die Felder verwusteten und verendete Tiere verangstigten die Allgemeinheit Wahrend der Vorganger des neuen Pflegers noch massigend bei Anschuldigungen von Hexerei einwirkte stiessen sie bei Poissl auf offene Ohren Als die aus Tirol stammende Ursula Klock vom Eibseefischer der Hexerei beschuldigt wurde liess der Pfleger sie am 28 September 1589 in das Garmischer Amtshaus abfuhren Zehn Tage spater wurden noch zwei weitere Frauen festgenommen und in den Kerker gesteckt Alle drei Frauen begutachtete der erfahrene Schongauer Scharfrichter und Hexenfinder Jorg Abriel und der Pfleger Poissl schrieb an seine Vorgesetzten uber dessen Urteil alle drei Weiber als Unholde befunden weil er an ihnen das Teufelszeichen wirklich entdeckt habe Mit der peinlichen Befragung presste der Pfleger Gestandnisse aus den Frauen heraus Durch Zeugenbefragung wurde eine weitere Frau verdachtigt die man dann im Dezember ebenfalls festnahm Die vier Beschuldigten verfrachtete der Pfleger anschliessend in den Kerker der Burg Werdenfels Ohne Genehmigung der Regierung aus Freising folterte Poissl weiter und verdachtigte immer mehr Frauen Am 21 Dezember beging dann eine der Frauen Suizid Im Anschluss daran fuhrte der Pfleger im Januar den ersten Malefizrechtstag durch und die Frauen wurden zum Tode verurteilt Es folgten noch sechs weitere Malefizrechtstage die Verurteilten verbrannte in den meisten Fallen der Schongauer Scharfrichter bei lebendigem Leibe 10 Siehe auch BearbeitenSchanzanlagen bei FarchantLiteratur BearbeitenJohannes Haslauer Werdenfels Grafschaft In Historisches Lexikon Bayerns online abgerufen am 4 Juni 2016 Dieter Albrecht Die Grafschaft Werdenfels In Unbekanntes Bayern Entdeckungen und Wanderungen Suddeutscher Verlag Munchen 1955 ISBN 3 7991 5839 1 Josef Ostler Michael Henker Susanne Baumler Grafschaft Werdenfels 1294 1802 Katalogbuch zur Ausstellung Mohr Lowe Raute im Kurhaus Garmisch In Verein fur Geschichte Kunst und Kulturgeschichte im Landkreis e V Hrsg Beitrage zur Geschichte des Landkreises Garmisch Partenkirchen Band 2 Garmisch Partenkirchen 1994 Johannes Haslauer Errichtet um allen Nachbarn Verdruss zu machen Die Rolle der Bayerischen Akademie der Wissenschaften im politischen Streit um die Grafschaft Werdenfels 1765 1768 In Zeitschrift fur bayerische Landesgeschichte Nr 72 Munchen 2009 S 399 459 Johann Baptist Prechtl Chronik der ehemals bischoflich freisingischen Grafschaft Werdenfels in Oberbayern mit ihren drei Untergerichten und Pfarreien Garmisch Partenkirchen und Mittenwald Zusammengestellt in Augsburg 1850 Hrsg Gebruder Ostler Garmisch 1931 Wolfgang Wust Umbruch im Goldenen Landl vor 200 Jahren Der Markt Partenkirchen und die Grafschaft Werdenfels im Sakularisationstrauma In Verein fur Geschichte Kunst und Kulturgeschichte im Landkreis e V Hrsg Beitrage zur Geschichte des Landkreises Garmisch Partenkirchen Band 11 Garmisch Partenkirchen 2006 S 141 162 Einzelnachweise Bearbeiten a b Josef Brandner Rund ums Landl Altwerdenfelser Grenzsteine und Felsmarchen Adam Verlag Garmisch Partenkirchen 1993 Werdenfels Freisings Bestes Stuck S 6 f Zur Geschichte der Grafschaft In Historischer Atlas von Bayern Grafschaft Werdenfels Bayerische Staatsbibliothek Munchen S 1 abgerufen am 12 Mai 2011 Martin Bitschnau Hannes Obermair Bearbb Tiroler Urkundenbuch Die Urkunden zur Geschichte des Inn Eisack und Pustertals II 1 Innsbruck Wagner 2009 ISBN 978 3 7030 0469 8 S 217f Nr 245 Terminus huius episcopii inde a summas Alpes Die Beschreibung wird in der alteren Literatur noch auf ca 1060 datiert 1 Grafschaft Werdenfels Umfang und Grenzen der Grafschaft Die tirolische Grenze S 15 in Altbayern Reihe I Heft 9 Grafschaft Werdenfels Komm fur Bayerische Landesgeschichte Munchen 1955 Grafschaft Werdenfels Umfang und Grenzen der Grafschaft Die tirolische Grenze S 14 in Altbayern Reihe I Heft 9 Grafschaft Werdenfels Komm fur Bayerische Landesgeschichte Munchen 1955 Daniel Erasmus Khan Die deutschen Staatsgrenzen rechtshistorische Grundlagen und offene Rechtsfragen Mohr Siebeck 2004 S 211 f ISBN 978 3 16 148403 2 Vorschau bei Google Books Josef Brandner Rund ums Landl Altwerdenfelser Grenzsteine und Felsmarchen Adam Verlag Garmisch Partenkirchen 1993 64 Werdenfelser Grenzgeschichten auf einen Blick S 189 Grafschaft Werdenfels Umfang und Grenzen der Grafschaft Die tirolische Grenze S 16 in Altbayern Reihe I Heft 9 Grafschaft Werdenfels Komm fur Bayerische Landesgeschichte Munchen 1955 Josef Brandner Rund ums Landl Altwerdenfelser Grenzsteine und Felsmarchen Adam Verlag Garmisch Partenkirchen 1993 64 Werdenfelser werden Tiroler S 40 Fritz Kuisl Die Hexen von Werdenfels Hexenwahn im Werdenfelser Land rekonstruiert anhand der Prozessunterlagen von 1589 bis 1596 Adam Verlag Garmisch Partenkirchen 1979 S 6 f 47 519519 11 097565 Koordinaten 47 31 10 3 N 11 5 51 2 O Normdaten Geografikum GND 4119056 7 lobid OGND AKS VIAF 247225119 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Grafschaft Werdenfels amp oldid 238906743