www.wikidata.de-de.nina.az
Das tubuloglomerulare Feedback auch im Maskulinum als tubuloglomerularer Feedback bezeichnet tubuloglomerularer Ruckkopplungsmechanismus 1 beschreibt einen neurohumoral gesteuerten Mechanismus mit dem die Filtration eines einzelnen Nephrons in der Niere und damit der Wasserhaushalt reguliert werden Das glomerulotubulare Gleichgewicht soll nicht gestort werden 2 Mitunter wird auch das Renin Angiotensin Aldosteron System als tubuloglomerulare Ruckkopplung bezeichnet 3 Wegen der Bedeutung der Natrium Konzentrationen sprach man fruher auch von der Natrium Ruckkopplungstheorie 4 Georg Schutterle und andere sprachen von der sogenannten Autoregulation des Nierenkreislaufs 5 Heinz Valtin schrieb uber die Autoregulation der GFR 6 Inhaltsverzeichnis 1 Physiologie 2 Geschichte 3 Zahlenbeispiel 4 Kritik 5 EinzelnachweisePhysiologie BearbeitenNach dieser Theorie soll die filtrative Funktion der Glomeruli deutsch Nierenknauelchen von der resorptiven Funktion der Tubuli deutsch Nierenkanalchen beeinflusst werden Unklar bleibt ob dieses Feedback in beide Richtungen von den Glomeruli zu den Tubuli glomerulotubulares Feedback oder nur von den Tubuli zu den Glomeruli tubuloglomerulares Feedback tubulo glomerulare Ruckkopplung 7 wirkt Ublich ist deswegen auch die Bezeichnung glomerulotubulare Balance 8 9 Uber die Arbeitsteilung der Glomeruli und Tubuli hat sich schon Franz Volhard Gedanken gemacht 10 Francois Reubi beschreibt sogar eine glomerular tubular imbalance als Storung des Gleichgewichtes zwischen glomerularer Filtration und tubularer Ruckresorption 11 Ist die glomerulare Filtrationsrate GFR zu hoch uberschreitet die Menge des Natriumchlorids NaCl Kochsalz im Primarharn die Resorptionsfahigkeit des Tubulus Dadurch kommt es zum Anstieg der NaCl Konzentration im Tubulus der von der Sensorfunktion der Macula densa einem Teil des juxtaglomerularen Apparats uber einen Ionentransporter Na K 2Cl Symporter NKCC registriert wird Diese Messung erfolgt indirekt uber die Messung der Geschwindigkeit des Transports Bei hohen NaCl Konzentrationen wird aus den Zellen der Macula densa Adenosin sezerniert welches zur Kontraktion der glatten Muskulatur im Vas afferens fuhrt Bei Zunahme des NaCl Gehalts im distalen Tubulus Mittelstuck kommt es also zu einer Reduktion der glomerularen Filtrationsrate desselben Nephrons Dadurch nimmt der Harnfluss durch die Henle Schleife ab es konnen mehr Ionen reabsorbiert werden und die Ionenkonzentration im distalen Tubulus nimmt wieder ab 12 Bei hypoosmolarem Primarharn stellt sich der gegenteilige Effekt ein Die Tubuli regulieren den Wasserhaushalt die Glomeruli filtern das Plasma proportional zum Herzzeitvolumen Prostaglandine hingegen vermitteln eine erhohte Durchblutung der Nieren was zur erhohten NaCl und Wasserausscheidung also zur starkeren GFR fuhrt Nichtsteroidale Antiphlogistika NSAR senken infolge deren Hemmung der Prostaglandin Synthese die GFR 13 Geschichte BearbeitenDiese Spekulationen gehen zuruck auf den danischen Physiologen Poul Kristian Brandt Rehberg 14 Aufbauend auf seinen Arbeiten aus den 1920er Jahren wurden das tubuloglomerulare Feedback 15 und das tubuloglomerulare Gleichgewicht weiterentwickelt Ursprunglich geht diese inzwischen verlassene aber mitunter immer noch gelehrte Hypothese zuruck auf Homer William Smith glomerulo tubulare Balance 16 17 18 Danach wird der Ruckgang der GFR bis hin zum glomerularen Shutdown 19 vom Ruckgang der tubularen Ruckresorptionsquote bewirkt 20 Dabei werden die neurohumorale Regulierung der in weiten Bereichen gegenlaufigen Entwicklung tendenziell reziproke Proportionalitat der beiden Parameter Primarharnbildung und Sekundarharnbildung beziehungsweise die tendenzielle Proportionalitat von glomerularer Filtration und tubularer Resorption ubersehen Sinn dieser autonomen Regulierung ist das Vermeiden unnotiger Wasserverluste besonders bei grosser korperlicher Belastung mit einer entsprechenden Zunahme von HZV und GFR Es ist dabei von einer tendenziellen Proportionalitat zwischen renaler Perfusion und glomerularer Filtration auszugehen 21 Zahlenbeispiel BearbeitenBeim durchschnittlichen Erwachsenen mit akutem Nierenversagen senkt ein Ruckgang der tubularen Ruckresorptionsquote um zum Beispiel 10 mit einem induzierten Ruckgang der GFR ebenfalls um 10 nach der mittlerweile obsoleten Feedback Theorie die GFR von vielleicht 150 l d nur unwesentlich auf 135 l d die tagliche Urinmenge erhoht sich aber von 1 5 l d 1 von 150 l d 22 auf 13 5 l d 10 von jetzt 135 l d Das ware eine extreme Polyurie kompensatorische Zwangspolyurie 23 24 und damit genau das Gegenteil der postulierten Oligurie 25 In der Fachliteratur wird sogar uber eine Polyurie von 70 l d nach erfolgreicher Behandlung eines akuten postrenalen Nierenversagens berichtet 26 Die Autoren Klaus Thurau und John W Boylan fordern weitere Forschungen derzeit bezeichnen sie ihre Theorie uber das Versagen des Feedback Mechanismus des juxtaglomerularen Apparates als spekulativ 27 Eine Halbierung der tubularen Ruckabsorptionsfunktion wurde nach dieser Theorie die Urinproduktion auf 60 ml min sic 86 4 l d vergrossern 28 Ein aktuelles Lehrbuch nennt andere Zahlen Bei einem Anstieg der GFR erscheint mehr Natriumchlorid an der Macula densa im Tubulus Innerhalb von Sekunden komme es deswegen zu einer Zunahme der tubularen Ruckresorption und zu einem Ruckgang der glomerularen Filtration um bis zu 70 Prozent Die beiden Autoren nennen das Druckdiurese Zusammenfassend schreiben sie jedoch Der genaue Koppelungsmechanismus wird noch intensiv untersucht und kann noch nicht abschliessend bewertet werden 29 30 Kritik BearbeitenEs bleibt unklar ob ein tubuloglomerularer Feedback TGF eine inverse oder aber eine proportionale Beziehung zwischen Primarharnbildung GFR und Sekundarharnbildung Urin postuliert Vermutlich ist beides richtig Bei vergrossertem Herzzeitvolumen verhalten sich Primarharn und Sekundarharn gegensinnig Wer beim Sport viel trinkt und noch mehr schwitzt uriniert kaum Bei vergrossertem Herzzeitvolumen ohne Schwitzen verhalten sich Primarharn und Sekundarharn gleichsinnig Wer viel trinkt uriniert oft Bei reduziertem Herzzeitvolumen verhalten sich Primarharn und Sekundarharn gleichsinnig um beim Verdursten oder im Koma Wasser zu sparen Dabei ist zu beachten dass die glomerulare Filtrationsrate und die Kreatinin Clearance nur bei optimal hydrierten Lebewesen ohne ein kardiorenales Syndrom valide bestimmt werden konnen In allen anderen Fallen verandert die kompensatorisch gesteigerte Tubulusfunktion die Konzentration der harnpflichtigen Stoffe im Blut und im Urin Eine Ausnahme ist die GFR Bestimmung mittels Cystatin C welches bei Anurie oder Oligurie zwar ebenfalls tubular ruckresorbiert dann aber noch im Tubulus vollstandig zerstort wird ohne in den Blutkreislauf zuruckzukehren Der juxtaglomerulare Apparat heisst so weil er als Bestandteil des Tubulus dem glomerularen Blutzufluss direkt anliegt lateinisch juxta nahe bei Durch diese raumliche Nahe wird ein Informationsaustausch englisch Feedback Ruckkoppelung gewahrleistet Die Tubuli konnen so auf Veranderungen der renalen Perfusion mit Veranderungen der tubularen Ruckresorption reagieren Dabei fliessen Informationen vom Glomerulum zum Tubulus und nicht umgekehrt vom Tubulus zum Glomerulum Bei reduziertem Herzzeitvolumen wird die tubulare Ruckresorption vergrossert mit dem Ergebnis einer beabsichtigten Anurie Bei erhohtem Herzzeitvolumen wird die tubulare Ruckresorption verkleinert mit dem Ergebnis einer beabsichtigten Polyurie Beim vermehrten Elektrolytverlust durch Transpiration wird die tubulare Ruckresorption vergrossert mit dem beabsichtigten Ergebnis einer Oligurie oder Anurie Bei diesen Uberlegungen muss beachtet werden dass die glomerulare Filtration und die tubulare Resorption immer nahezu identisch sind Es gilt TRR 0 99 GFR mit der tubularen Resorptionsrate TRR und der glomerularen Filtrationsrate GFR Denn die Differenz zwischen GFR und TRR ist der Harnfluss welcher nur in geringen Grenzen schwankt Streng genommen ist dabei die TRR der Saldo zwischen tubularer Sekretion und tubularer Resorption Einzelnachweise Bearbeiten Hans Joachim Sarre Nierenkrankheiten 4 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart 1976 ISBN 3 13 392804 X S 63 Hans Joachim Sarre Nierenkrankheiten 4 Auflage Georg Thieme Verlag Stuttgart 1976 ISBN 3 13 392804 X S 212 Claas Wesseler Physiologie Band 1 3 Auflage Medi Learn Marburg 2009 ISBN 978 3 938802 58 8 S 38 Karl Klutsch Ernst Wollheim Hans Jurgen Holtmeier Hrsg Die Niere im Kreislauf Georg Thieme Verlag Stuttgart 1971 ISBN 3 13 468201 X S 66 Georg Schutterle Gert Muller Berghaus Klaus Muller Gerhard Goubeaud Walter Krause Renale Mikrozirkulation im Schock in Karl Klutsch Ernst Wollheim Hans Jurgen Holtmeier Hrsg Die Niere im Kreislauf Georg Thieme Verlag Stuttgart 1971 ISBN 3 13 468201 X S 90 Heinz Valtin Funktion der Niere F K Schattauer Verlag Stuttgart New York 1978 ISBN 3 7945 0556 5 S 76 Thews Mutschler Vaupel Ernst Mutschler Hans Georg Schaible Peter Vaupel Anatomie Physiologie Pathophysiologie des Menschen 6 Auflage Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2007 ISBN 978 3 8047 2342 9 S 464 Tinsley Randolph Harrison Harrisons Innere Medizin elektronisches Kapitel 3 332e Heinz Valtin Funktion der Niere F K Schattauer Verlag Stuttgart New York 1978 ISBN 3 7945 0556 5 S 76 Franz Volhard Die doppelseitigen hamatogenen Nierenerkrankungen In Gustav von Bergmann Rudolf Staehelin Hrsg Handbuch der inneren Medizin 2 Auflage 6 Band Springer Verlag Berlin Heidelberg 1931 ISBN 978 3 662 42701 9 Nachdruck S 64 Francois Reubi Nierenkrankheiten Verlag Hans Huber 2 Auflage Bern Stuttgart Wien 1970 S 151 Heinrich Knauf Ernst Mutschler Diuretika Urban amp Schwarzenberg 2 Auflage Munchen Wien Baltimore 1992 ISBN 3 541 11392 8 S 41 und S 51 61 Heinz Lullmann u a Pharmakologie und Toxikologie Georg Thieme Verlag Stuttgart 2006 ISBN 3 13 368516 3 S 291 Poul Brandt Rehberg Uber die Bestimmung der Menge des Glomerulumfiltrates mittels Kreatinin als Nierenfunktionsprufung nebst einigen Theorien uber die Harnbereitung In Zentralblatt fur innere Medizin 50 Jahrgang 1929 S 367 377 Gerd Harald Herold Innere Medizin Eigenverlag Koln 2019 ISBN 978 3 9814660 8 9 S 636 Heinrich Holzgreve Hans Brauer Niere Hochdruck und Odeme Bildatlas Rohm Pharma Weiterstadt ohne Jahr S 65 Gert Mayer Das kardiorenale Syndrom Uni Med Verlag Bremen London Boston 2013 ISBN 978 3 8374 1335 9 S 26 John W Boylan Peter Deetjen Kurt Kramer Niere und Wasserhaushalt Urban amp Schwarzenberg Munchen Berlin Wien 1970 ISBN 3 541 04911 1 S 32 Klaus Thurau John W Boylan Acute Renal Success The Unexpected Logic of Oliguria in Acute Renal Failure In The American Journal of Medicine Volume 61 September 1976 S 313 Auf Seite 314 wird das vollstandige Nierenversagen sogar als Bankrott bezeichnet J Schnermann F S Wright J M Davis W von Stackelberg G Gill Regulation of superficial nephron filtration rate by tubulo glomerular feedback In Pflugers Archiv Ausgabe 318 Juni 1970 S 147 175 Bei Experimenten an Hunden anderte sich die glomerulare Filtrationsrate in direktem Verhaltnis zur renalen Durchblutung Quelle Heinz Valtin Funktion der Niere F K Schattauer Verlag Stuttgart New York 1978 ISBN 3 7945 0556 5 S 60 Abbildung 6 5 b Heinrich Holzgreve Hans Brauer Niere Hochdruck und Odeme Bildatlas Rohm Pharma Weiterstadt ohne Jahr S 43 Hans Erhard Bock K H Hildebrand Hans Joachim Sarre Hrsg Franz Volhard Erinnerungen Schattauer Verlag Stuttgart New York 1982 ISBN 3 7845 0898 X S 30 Franz Volhard Vor die Therapie setzten die Gotter die Diagnose Hoffmann La Roche Grenzach 1952 S 9 Georg Sabin Der kardiogene Schock Verlag W Kohlhammer Stuttgart Berlin Koln Mainz 1984 ISBN 3 17 008618 9 S 21 Marlys H Witte Floyd A Short Walter Hollander Massive polyuria and natriuresis following relief of urinary tract obstruction In The American Journal of Medicine 37 Jahrgang Issue 2 August 1964 S 320 326 Klaus Thurau John W Boylan Acute Renal Success The Unexpected Logic of Oliguria in Acute Renal Failure In The American Journal of Medicine Volume 61 September 1976 S 314 Klaus Thurau John W Boylan Acute Renal Success The Unexpected Logic of Oliguria in Acute Renal Failure In The American Journal of Medicine Volume 61 September 1976 S 311 Hans Joachim Schurek Klaus Hinrich Neumann Physiologie der Niere In Karl Martin Koch Klinische Nephrologie Verlag Urban amp Fischer Munchen Jena 2000 ISBN 3 437 21730 5 S 33 71 Kapitel Nierendurchblutung S 38 43 Zitat S 42 Dortige Quelle J Schnermann J P Briggs Function of the juxtaglomerular apparatus Control of glomerular hemodynamics and renin secretion In D W Seldin G Giebisch eds The Kidney Physiology and Pathophysiology 2 Auflage Raven Press New York 1992 S 1249 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glomerulares Feedback amp oldid 239501873