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Georg Wilhelm Johannes Michalsen 13 September 1906 als Georg Michalczyk in Wendrin in Oberschlesien 21 Mai 1993 in Hamburg war ein deutscher SS Sturmbannfuhrer der an der systematischen Ermordung polnischer Juden der Aktion Reinhardt beteiligt war Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Im Zweiten Weltkrieg 1 2 Strafverfolgung nach Kriegsende 2 Literatur 3 EinzelnachweiseLeben BearbeitenDer Sohn eines Volksschullehrers besuchte von 1912 bis 1920 in Oppeln die Schule Nach einer Lehre als Burogehilfe in einer Anwaltskanzlei in Oppeln war Michalczyk als Buchhalter oder Sachbearbeiter in landwirtschaftlichen Genossenschaften in der Baustoffbranche und in der Wohnungswirtschaft tatig Von seinem Vater im deutschnationalen Sinne erzogen trat Michalczyk 1924 dem Wehrwolf bei einer regionalen volkischen Organisation Am 1 November 1928 wurde er Mitglied der NSDAP Mitgliedsnummer 103 613 In der Partei leitete er ab 1930 die Ortsgruppe in Oppeln zuvor war er Schriftleiter und Kassenwart gewesen Zudem gehorte er der SA Reserve an Am 10 Januar 1932 wechselte Michalczyk von der SA zur SS SS Nr 29 337 1 Zeitweise Sportreferent in der 45 SS Standarte in Oppeln hatte Michalczyk 1937 den Rang eines SS Obersturmfuhrers erreicht Im Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Beim deutschen Uberfall auf Polen im September 1939 gehorte Michalczyk zu einem SS Kommando aus Oppeln das in Tschenstochau einmarschierte In Polen fuhrte er einen etwa 70 Mann starken SS Trupp der neben Wachaufgaben den Volksdeutschen Selbstschutz in Petrikau schulte Auch Selbstschutzeinheiten in den Kreisen Opoczno und Rawa wurden von Michalczyk ausgebildet Diese aus Angehorigen der deutschen Minderheit in Polen gebildete paramilitarische Organisation wurde als Hilfspolizei eingesetzt und war an der Ermordung und Vertreibung von Polen beteiligt 1940 heiratete Michalczyk aus der Ehe ging eine Tochter hervor Im gleichen Jahr liess er seinen Namen den er als polnisch klingenden Makel empfand 2 in Michalsen andern nbsp Deportation von Juden am Umschlagplatz in WarschauZunachst kurzfristig bei der Dienststelle des SS und Polizeifuhrers SSPF in Radom eingesetzt wechselte Michalsen im August 1940 zum Stab des SSPF fur Lublin Odilo Globocnik Globocnik wegen finanzieller Unregelmassigkeiten als Gauleiter von Wien abgelost war mit dem Bau von Befestigungen entlang der deutsch sowjetischen Demarkationslinie beauftragt Michalsen leitete ein Lager fur vorwiegend judische Zwangsarbeiter die fur diese Arbeiten eingesetzt wurden Nach kurzer Zeit erkrankte er an Ruhr im April 1941 kehrte er in Globocniks Stab zuruck Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion wurde Globocnik von Himmler beauftragt in den neu eroberten Gebieten SS und Polizeistutzpunkte zu errichten Michalsen wurde hierfur zum Leiter der Aussenstelle in Riga ernannt Die geplanten Stutzpunkte konnten nicht verwirklicht werden im Fall von Riga konnen Kompetenzkonflikte mit dem dortigen Hoheren SS und Polizeifuhrer HSSPF fur Ostland Friedrich Jeckeln die Ursache gewesen sein 3 Als am 30 November 1941 das Rigaer Ghetto geraumt wurde und zwischen 12 000 und 15 000 Menschen im Wald von Rumbula erschossen wurden war Michalsen vor Ort Seiner Meinung nach war die Bewachung vollig unzureichend am Massenmord beteiligt war Michalsen nach spateren Feststellungen der Justizbehorden nicht 4 Im Fruhsommer 1942 kehrte Michalsen nach Lublin zuruck Zu diesem Zeitpunkt organisierte Odilo Globocnik die Aktion Reinhardt die systematische Ermordung aller polnischen Juden In Treblinka Belzec und Sobibor wurden Vernichtungslager errichtet in denen die Juden in Gaskammern ermordet wurden Am 21 Juli 1942 traf ein Kommando der Lubliner Dienststelle zur Aussiedlung der Juden aus dem Warschauer Ghetto vor Ort ein Michalsen Hermann Hofle Kurt Claasen Ernst Lerch und Hermann Worthoff besprachen mit dem Warschauer SSPF Ferdinand von Sammern Frankenegg das Vorgehen Hofle und Michalsen forderten vom Vorsitzenden des Warschauer Judenrats Adam Czerniakow dass taglich 6 000 Juden fur eine angebliche Umsiedlung in den Osten bereitzustehen hatten Die Fiktion der Umsiedlung liess sich nicht lange aufrechterhalten rasch wurde bekannt dass das Ziel der Deportationen das Vernichtungslager Treblinka war Nach dem 27 Juli liess das Kommando das Ghetto von Nord nach Sud raumen Michalsen als stellvertretender Leiter des Kommandos war in dieser Zeit am Umschlagplatz eingesetzt an dem die Menschen die Guterwaggons zum Transport nach Treblinka besteigen mussten Die Deportationen dauerten bis Anfang September 1942 nach spateren Schatzungen der Hamburger Staatsanwaltschaft wurden etwa 300 000 Warschauer Juden in Treblinka ermordet Nach dem Abschluss der Raumung des Warschauer Ghettos war Michalsen Raumungsexperte Mit dem Lubliner Kommando war er in den folgenden Monaten in fuhrender Funktion an der Raumung der Ghettos unter anderem in Otwock Wolomin Piaski Miedzyrzec Podlaski und Wlodawa beteiligt Bei der endgultigen Raumung des Warschauer Ghettos im Fruhjahr 1943 organisierte Michalsen die Verlagerung der Betriebe von Tobbens und Schultz in Lubliner Lager Die Deportation der Ghettobewohner wurde vom neuen SSPF in Warschau Jurgen Stroop durchgefuhrt Zwischen dem 16 und 23 August 1943 war Michalsen an der Auflosung des Ghettos in Bialystok beteiligt Mindestens 30 000 Menschen wurden nach Treblinka und Auschwitz deportiert Odilo Globocnik kam uber Michalsens Einsatz in Polen zu folgender Beurteilung Den Einsatz gt R lt einhard hat M in selbstandiger und entscheidender Position mitgemacht und beispielsweise die schweren Kampfe in Warschau entscheidend beeinflusst sowie Bialystok in 5 Tagen gesaubert 5 Ende August 1943 wurde Michalsen nach Triest versetzt Odilo Globocnik war zum HSSPF Adriatisches Kustenland ernannt worden mehrere seiner Mitarbeiter wechselten wie Michalsen von Lublin nach Triest In Triest ubernahm Michalsen die Leitung der Personalabteilung beim HSSPF zudem war er an der Partisanenbekampfung in Istrien beteiligt 6 Michalsen hatte dabei in verschiedenen Stadten die Funktion eines SS und Polizei Kommandeurs inne im Fruhjahr 1944 in Fiume im Sommer in Pola und ab Herbst 1944 in Triest 7 Strafverfolgung nach Kriegsende Bearbeiten Michalsen wurde am 31 Mai 1945 zusammen mit Odilo Globocnik Hermann Hofle und Ernst Lerch auf einer Alm bei Paternion in Karnten gefangen genommen In britischer Kriegsgefangenschaft gab er sich als Angehoriger der Waffen SS aus 8 1948 aus der Gefangenschaft entlassen zog er 1950 nach Hamburg und arbeitete wieder als Buchhalter Am 24 Januar 1961 wurde er verhaftet Nach Presseberichten gab er zunachst an er sei wahrend des Krieges Soldat gewesen und habe zeitweise in der Verwaltung gearbeitet 9 Staatsanwalt Dietrich Zeug verhorte ihn 1961 fur die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklarung nationalsozialistischer Verbrechen Zeug notierte Michalsens Aussage dass Adolf Eichmann an einer Massenmord Aktion im Warschauer Ghetto im Sommer 1942 als Beobachter teilgenommen hatte Diese Aussage die Eichmann schwer belastete und seine Inszenierung als kleines Radchen widerlegt hatte konnte zeitbedingt im Jerusalemer Prozess gegen ihn nicht mehr Verwendung finden 10 Am 25 Juli 1974 wurde Michalsen vom Landgericht Hamburg zu einer Haftstrafe von zwolf Jahren verurteilt 11 Verfahrensgegenstand war unter anderem die Deportation der Warschauer und Bialystoker Juden in die Vernichtungslager Michalsen sagte in seinem Prozess voll zur Sache aus was ihm einen gewissen Respekt seitens der Staatsanwaltschaft 12 einbrachte Als Zeuge in einem Strafverfahren in Wiesbaden ausserte Michalsen auf Fragen des Richters Bei der ganzen Sache mit den Juden hat man sich gar nichts dabei gedacht Man tat ganz einfach seine Aufgabe und dachte nicht weiter daruber nach 13 Am 22 Mai 1979 wurde er aus der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbuttel entlassen Literatur BearbeitenAndrej Angrick Georg Michalsen Handlungsreisender der Endlosung In Klaus Michael Mallmann Gerhard Paul Hrsg Karrieren der Gewalt Nationalsozialistische Taterbiographien WBG Darmstadt 2004 ISBN 3 534 16654 X Neuaufl Primus Darmstadt und WBG 2010 ISBN 3 89678 726 8 S 156 165 Joseph Poprzeczny Odilo Globocnik Hitler s man in the East McFarland London 2004 ISBN 0 7864 1625 4 Einzelnachweise Bearbeiten SS Mitgliedsnummer im Stellenbesetzungsplan des Stabes des SS und Polizeifuhrers im Distrikt Lublin bei www deathcamps org Angrick Michalsen S 157 Angrick Michalsen S 159 Angrick Michalsen S 159f Hier auch das Zitat Schreiben Globocniks an Maximilian von Herff vom 11 Februar 1945 mit der Bitte Michalsen zum Sturmbannfuhrer der Waffen SS zu befordern Zitiert bei Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 16048 0 S 410 Angrick Michalsen S 160 Michael Wedekind Nationalsozialistische Besatzungs und Annexionspolitik in Norditalien 1943 bis 1945 Die Operationszonen Alpenvorland und Adriatisches Kustenland Militargeschichtliche Studien 38 Hrg vom Militargeschichtlichen Forschungsamt R Oldenbourg Verlag Munchen 2003 ISBN 3 486 56650 4 S 446 Poprzeczny Globocnik S 130 Poprzeczny Globocnik S 129 Ruth Bettina Birn Zum Kenntnisstand der Anklagebehorde im Eichmann Prozess In Einblicke 05 Bulletin des Fritz Bauer Instituts Frankfurt Fruhjahr 2011 S 27 nach Quelle Bundesarchiv Ludwigsburg Zusammenfassung des Urteils bei https web archive org web 20010218041320 http www1 jur uva nl junsv brd files brd812 htm Angrick Michalsen S 156 Andrick beruft sich in dieser Einschatzung auf Gesprache mit Hamburger Staatsanwalten und verweist auf die verbreiteten Taktiken von NS Straftatern ihre Verbrechen abzustreiten zu bagatellisieren sich selbst als Opfer darzustellen oder sich auf einen Befehlsnotstand oder Putativnotstand zu berufen Zeugenaussage von Michalsen in einem Strafprozess in Wiesbaden zitiert bei Angrick Michalsen S 160 Normdaten Person GND 128926430 lobid OGND AKS LCCN no2013000823 VIAF 20748276 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Michalsen GeorgALTERNATIVNAMEN Michalczyk Georg Geburtsname KURZBESCHREIBUNG deutscher SS Sturmbannfuhrer an der Aktion Reinhardt beteiligtGEBURTSDATUM 13 September 1906GEBURTSORT Wendrin OberschlesienSTERBEDATUM 21 Mai 1993STERBEORT Hamburg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Georg Michalsen amp oldid 234901894