www.wikidata.de-de.nina.az
Adam Abram Czerniakow geboren am 30 November 1880 in Warschau Russisches Kaiserreich gestorben am 23 Juli 1942 ebenda 1 war ein polnischer Ingenieur Politiker und von 1931 bis 1939 polnischer Senator Wahrend der deutschen Besetzung Polens war er von 1939 bis 1942 zum Vorsitzenden des Judenrates des Warschauer Ghettos bestimmt worden der in dieser Position Unterdruckungsmassnahmen gegenuber der eigenen Bevolkerung durchfuhren musste Als er zu Beginn der Grossen Aktion am 22 Juli 1942 taglich bis zu 7000 Einwohner zur Deportation in die Vernichtungslager bereitstellen lassen sollte entzog er sich der Mitwirkung an diesem Verbrechen gegen die Menschheit durch Suizid Czerniakow fuhrte bis zu seinem Tod ein Tagebuch in dem er die Verbrechen der Deutschen an den Juden im Warschauer Ghetto festhielt Adam Czerniakow vor 1939 Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Filme 3 Veroffentlichung des Tagebuches von Adam Czerniakow 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenCzerniakow gehorte einer polnisch judischen Familie an Nach dem Besuch der Handelsschule in Warschau studierte er Ingenieurwissenschaften zunachst von 1900 bis 1908 an der Technischen Universitat Dresden und anschliessend bis 1912 an der Technischen Universitat Warschau Neben dem Studium unterrichtete er ab 1908 als Aushilfslehrer an unterschiedlichen Gewerbeschulen in Warschau und war schliesslich von 1912 bis 1918 hauptberuflich als Handwerkslehrer tatig Zusatzlich wirkte er im Zentralverband judischer Handwerker in Polen mit und verfasste zahlreiche Berufshandbucher Als Student hatte sich Czerniakow politisch engagiert und die Wiedererlangung der Unabhangigkeit Polens unterstutzt dessen ostliche Regionen einschliesslich der Hauptstadt Warschau seit 1795 zum Russischen Kaiserreich gehorten und weitreichenden Restriktionen ausgesetzt waren 1909 wurde er von russischen Behorden wegen seiner politischen Aktivitaten inhaftiert Nach seiner Freilassung und der tatsachlichen Unabhangigkeit Polens 1918 erhielt Czerniakow von 1919 bis 1921 eine leitende Stelle im neu geschaffenen Verkehrsministerium war von 1922 bis 1925 Direktor der polnischen Vertretung des JDC und von 1925 bis 1928 Geschaftsfuhrer einer Genossenschaftsbank Zwischen 1922 und 1928 leitete er ausserdem Wiederaufbaumassnahmen in zahlreichen polnischen Stadten die im Polnisch Sowjetischen Krieg zerstort worden waren 1927 wurde Czerniakow in den Warschauer Stadtrat gewahlt dem er bis 1934 angehorte 1931 wurde er zudem in den polnischen Senat gewahlt dem er wiederum bis zum Uberfall Deutschlands auf Polen und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 angehorte Einer seiner grossten Kritiker war zeit seines Lebens Emanuel Ringelblum Nach der Kapitulation der Stadt Warschau gegenuber der Wehrmacht wurde Czerniakow ins von den deutschen Besatzern geschaffene Warschauer Ghetto verbracht Am 4 Oktober 1939 ernannte man ihn zum Vorsitzenden des 24 Mitglieder umfassenden Judenrates einer Art Altestenrat der zur Umsetzung der deutschen Anordnungen und Befehle im Ghetto gezwungen wurde Am 22 Juli 1942 zu Beginn der Grossen Aktion im Rahmen der Aktion Reinhardt erhielt Czerniakow von Hermann Hofle den Befehl durch den Judenrat fur eine sofortige Umsiedlung Listen von taglich 7000 Einwohnern des Ghettos erstellen zu lassen die in den Osten deportiert werden sollten Andernfalls wurde mit der Erschiessung mehrerer hundert Geiseln einschliesslich seiner Ehefrau und Angehoriger des Altestenrates gedroht Der junge Ghettobewohner Marcel Reich Ranicki war Schreibkraft des Judenrates und hatte die Anweisungen Hofles zu notieren und ins Polnische zu ubersetzen 2 Wie sich spater herausstellen sollte war mit dem Osten das Vernichtungslager Treblinka gemeint Im Laufe des 22 Juli gelang es Czerniakow einige wenige Ausnahmen fur Krankenhausmitarbeiter Ehegatten von Fabrikarbeitern und einigen Berufsschulern zu erhalten um diese vor dem sicheren Tod zu bewahren Vergeblich war beispielsweise jedoch seine Fursprache fur die Waisenkinder von Janusz Korczak Am darauffolgenden Tag dem 23 Juli 1942 nahm sich Czerniakow mit einer Zyankalikapsel das Leben Er wollte den Ghettobewohnern ein Signal der ernsthaften Lage und der Auswegslosigkeit zeigen und sich nicht zum Werkzeug der Nationalsozialisten machen lassen sowie personlich an der Ermordung der Ghettobewohner teilnehmen Vor seinem Freitod hinterliess er zwei Abschiedsbriefe einen fur seine Frau einen fur seine Mitarbeiter Sie verlangen von mir mit eigenen Handen die Kinder meines Volkes umzubringen Es bleibt mir nichts anderes ubrig als zu sterben und Worthoff und seine Kollegen vom Umsiedlungsstab waren bei mir und verlangten dass fur morgen ein Kindertransport vorbereitet wird Damit ist mein bitterer Kelch bis zum Rand gefullt denn ich kann doch nicht wehrlose Kinder dem Tod ausliefern Ich habe beschlossen abzutreten Betrachtet dies nicht als einen Akt der Feigheit oder eine Flucht Ich bin machtlos mir bricht das Herz vor Trauer und Mitleid langer kann ich das nicht ertragen Meine Tat wird alle die Wahrheit erkennen lassen und vielleicht auf den rechten Weg des Handelns bringen Ich bin mir bewusst dass ich Euch ein schweres Erbe hinterlasse 3 Wahrend seiner Zeit im Ghetto fuhrte Czerniakow ein Tagebuch Von den neun Heften fehlt eines von dem vermutet wird dass es ihm bei seiner Inhaftierung durch die Gestapo Anfang April 1941 abgenommen wurde die anderen Hefte konnte seine Frau mitnehmen als sie nach dem Tod ihres Mannes aus dem Ghetto herausgeschmuggelt wurde Es wurde 1964 von Yad Vashem in Kanada erworben Das Tagebuch wurde 1979 ausfuhrlich kommentiert von Raul Hilberg 4 in englischer Ubersetzung herausgegeben Eine hebraische Ubersetzung war bereits 1968 veroffentlicht worden der polnische Originaltext 1972 im Biuletyn Zydowskiego Instytutu Historycznego dem Organ des Judisch Historischen Instituts Warschau Darauf basierend erschien eine kommentierte polnische Version die von dem polnischen Historiker Marian Fuks herausgegeben wurde Diese Version war die Grundlage der deutschen Fassung des Tagebuches siehe unten Reich Ranicki hat ein Kapitel seiner Autobiografie Czerniakow gewidmet Es tragt den Titel Ein Intellektueller ein Martyrer ein Held 5 Filme Bearbeiten2001 wurde Czerniakow im dokumentarisch orientierten Spielfilm Der Aufstand von Donald Sutherland verkorpert Fur Claude Lanzmanns epische Shoah Filmdokumentation las und kommentierte Hilberg Auszuge aus Czerniakows Tagebuch 6 Am Ende der Sequenz bemerkte Lanzmann Du warst Czerniakow Lanzmann sah in Hilberg einen Wesensverwandten von Czerniakow dem nuchternen Chronisten des Untergangs 7 Veroffentlichung des Tagebuches von Adam Czerniakow Bearbeiten23 7 1942 ומן גיטו וארשא 6 9 1939 Hrsg Nachman Blumental Ubersetzung in hebraischer Sprache mit Facsimiles des polnischen Originals herausgegeben von Yad Vashem Jerusalem 1968 Dziennik Getta Warszawskiego 6 IX 1939 23 VII 1942 Polnische Fassung des Judischen Historischen Instituts in Warschau veroffentlicht im Bulletin des Instituts 1972 The Warsaw diary of Adam Czerniakow Prelude to doom Hrsg Raul Hilberg Stanislaw Staron Josef Kermisz Mitbegrunder des judisch historischen Instituts Warschau und Mitarbeiter von Yad Vashem in englischer Ubersetzung In Zusammenarbeit mit der Gedenkstatte Yad Vashem Stein and Day New York 1979 ISBN 0 8128 2523 3 420 Seiten Ill englisch Nachdruck Ivan R Dee Publisher 1999 ISBN 1 56663 230 7 444 S Es handelt sich um eine Ausgabe mit einer wissenschaftlichen Einfuhrung durch Josef Kermis und einer durch Raul Hilberg und Stanislaw Staron Die Ausgabe beruht auf der polnischen Fassung aus dem Jahr 1972 Dem Text sind Erklarungen Hilbergs und seiner Mitautoren angefugt Adama Czerniakowa Dziennik getta warszawskiego 6 IX 1939 23 VII 1942 Staatlicher Wissenschaftsverlag Warschau 1983 Hrsg Marian Fuks wissenschaftlich kommentierte polnische Version mit einem Vorwort von Israel Gutman Im Warschauer Getto Das Tagebuch des Adam Czerniakow 1939 1942 Vorwort Israel Gutman Ubersetzung Silke Lent Beck Munchen 1986 ISBN 3 406 31560 7 Verschiedene Auflagen zuletzt als Taschenbuch Beck Verlag Munchen 2013 ISBN 978 3 406 62949 5 Basiert auf der von Marian Fuks herausgegebenen und bearbeiteten polnischen Version mit einem Vorwort von Israel Gutman 1983 in Warschau In dieser deutschen Ausgabe sind wie die deutsche Ubersetzerin Silke Lent in ihrer Vorbemerkung schreibt die sehr ausfuhrlichen Anmerkungen Marian Fuks nur in gekurzter Form ubernommen Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Adam Czerniakow Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Biografie von Adam Czerniakow auf deathcamps org englisch Adam Czerniakow auf diapozytyw pl englisch Einzelnachweise Bearbeiten Adam Abram Czerniakow ID iirp 254 In sejm wielki pl Abgerufen am 18 September 2022 polnisch Zum Ablauf des 22 Juli 1942 Rede von Marcel Reich Ranicki vor dem Bundestag im Jahr 2012 auf bundestag de Im Warschauer Getto Das Tagebuch des Adam Czerniakow 1939 1942 Dziennik getta warszawskiego Beck Munchen 1986 ISBN 3 406 31560 7 S 285 Neue Ausgabe mit Vorwort von Israel Gutman und Nachwort von Marcel Reich Ranicki Beck Munchen 2013 Raul Hilberg Unerbetene Erinnerung Der Weg eines Holocaust Forschers Aus dem Amerikanischen von Hans Gunter Holl S Fischer Frankfurt am Main 1994 S 152 162 Marcel Reich Ranicki Ein Intellektueller ein Martyrer ein Held In Ders Mein Leben Bd 2 Von 1938 bis 1944 Edition Pantheon Munchen 2012 ISBN 978 3 570 55186 8 S 243 252 Sequenzprotokoll in Shoah 1 2 Vorlage Toter Link www hist uni hannover de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Juni 2023 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis siehe Kassette 4 03 Den Tatern auf der Spur In Berliner Zeitung 7 August 2007Normdaten Person GND 118825895 lobid OGND AKS LCCN n83195004 VIAF 71410995 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Czerniakow AdamALTERNATIVNAMEN Czerniakow Adam AbramKURZBESCHREIBUNG polnischer Ingenieur Vorsitzender des Altestenrates im Warschauer GhettoGEBURTSDATUM 30 November 1880GEBURTSORT WarschauSTERBEDATUM 3 Juli 1942STERBEORT Warschau Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Adam Czerniakow amp oldid 239260830