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Dieser Artikel behandelt den Verwaltungsangestellten Zum Admiral siehe Fritz Niemand Admiral Fritz Niemand 16 Dezember 1915 in Kiel 21 November 2012 1 in Rendsburg war ein deutscher Verwaltungsangestellter und ein Opfer der nationalsozialistischen Eugenik Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft und Familie 1 2 Bildungsweg und Erwerbsleben 1 3 Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland 1 4 Auseinandersetzungen um NS Verfolgung 1 5 Zeitzeugenschaft 2 Erinnerung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft und Familie Bearbeiten Fritz Niemand kam als Sohn der Eheleute Fritz Niemand und Hedwig Niemand geborene Lorenzen zur Welt Sein Vater starb im April 1918 im Dienst als Navigationsoffizier auf einem U Boot der kaiserlichen Marine Er hinterliess neben dem Sohn zwei Tochter Die fruhe Kindheit verlebte die vaterlose Familie in Luhnstedt und Nindorf 2 Bildungsweg und Erwerbsleben Bearbeiten Seine Schulzeit verbrachte Fritz Niemand auf der Dorfschule Nindorfs und ab 1925 infolge eines Umzugs in Rendsburg Dort besuchte er von 1926 bis 1932 die Christian Timm Realschule Wahrend seiner Schulzeit stotterte er gelegentlich 3 Drei aufeinander folgende Versuche in Garding Rendsburg und Osterronfeld eine Ausbildung zu absolvieren scheiterten Von Oktober 1932 bis Februar 1934 versuchte sich Fritz Niemand in der Handelsmarine als Schiffsjunge Von Februar bis Juni 1934 folgte ein freiwilliger Arbeitsdienst Im Juli 1934 trat er in die Reichsmarine ein nachdem er sich fur vier Jahre verpflichtet hatte Aufgrund von Erschopfungszustanden und Befehlsverweigerungen wurde er im November 1934 in ein Marinelazarett eingewiesen und im Februar 1935 als dienstuntauglich entlassen 4 Ab Februar 1940 arbeitete Fritz Niemand als Lagerarbeiter und Kraftfahrer bei einem Rendsburger Lebensmittelgrosshandler Ab November 1941 liess er sich im Lockstedter Lager zum Schlosser umschulen Nach bestandener theoretischer Prufung wechselte er zur weiteren Ausbildung auf die Kriegsmarinewerft Kiel Von dort aus wurde er im Dezember 1942 zur Montage von Geschutzturmen nach Norwegen abkommandiert Infolge einer durch korperliche und seelische Belastungen bedingten Krankmeldung wurde Fritz Niemand im Mai 1943 zuruck nach Deutschland geschickt das begleitende arztliche Zeugnis hatte seine Entlassung zur Folge In Rendsburg fand er in der Carlshutte Beschaftigung die er allerdings aufgrund einer depressiven Verstimmung bald wieder aufgab Nach einem zehnwochigen Klinikaufenthalt wechselte er Ende 1943 nach Hamburg um auf einer Reparaturwerft der HAPAG zu arbeiten 5 Anfang 1945 arbeitete Fritz Niemand kurzfristig erneut bei dem Rendsburger Lebensmittelgrosshandler der ihn vor Jahren bereits angestellt hatte 6 Von Februar 1948 bis Juni 1949 handelte er ambulant mit Kurzwaren 7 In den 1950er Jahren und in der ersten Halfte der 1960er Jahre wechselten sich verschiedene gewerbliche und kaufmannische Tatigkeiten mit Zeiten von Erwerbslosigkeit ab 8 Nach dem erfolgreichen Besuch einer privaten kaufmannischen Berufsfachschule von Oktober 1965 bis September 1966 arbeitete Fritz Niemand bei verschiedenen Arbeitgebern bis er am 1 Juni 1969 eine Stelle im Kirchenburo des Kirchenkreises Rendsburg antrat die er bis zu seiner Pensionierung Ende 1980 behielt 9 Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland Bearbeiten Eine NS Gesundheitsfursorgerin die als Untermieterin bei seiner Mutter wohnte schlug 1935 eine Untersuchung in der Heil und Pflegeanstalt Schleswig Stadtfeld vor Fritz Niemand verwahrte sich gegen diese Plane mit Worten die die Fursorgerin als Androhung von Gewalt deutete Gegen seinen Willen wurde er im September 1935 in die Landesheilanstalt Schleswig Stadtfeld eingewiesen Sein Zwangsaufenthalt dort dauerte fast viereinhalb Jahre In dieser Zeit wurde Niemand unter anderem mit Elektroschocks behandelt Zwei Fluchtversuche scheiterten jeweils nach wenigen Stunden Im Juni 1936 wurde er zwangssterilisiert der Eingriff erfolgte im stadtischen Krankenhaus Schleswig Die arztliche Diagnose lautete auf Schizophrenie Rechtsbasis dieser Massnahme war der entsprechende Beschluss eines Erbgesundheitsgerichts das sich auf das seit dem 1 Januar 1934 geltende Gesetz zur Verhutung erbkranken Nachwuchses bezog Da Fritz Niemand im Juni 1936 noch nicht volljahrig war war die Zustimmung seiner Mutter notwendig diese wurde mit psychischem Druck erwirkt Im Februar 1940 wurde Fritz Niemand nach intensivem Drangen seiner Mutter aus der Anstalt entlassen 10 In Hamburg nahm Niemand im November 1943 aufgrund von Erschopfungs und Angstzustanden Kontakt zu einem niedergelassenen Nervenarzt auf Dieser veranlasste die Einweisung in die Psychiatrie und Nervenklinik des Universitatsklinikums Hamburg Eppendorf Am 8 Dezember wurde er in die Zwischenanstalt Hamburg Langenhorn 11 verlegt Von dort aus erfolgte am 1 Februar 1944 der Abtransport in die Heil und Pflegeanstalt Obrawalde eine Vernichtungsanstalt fur nicht arbeitsfahige Kranke Er uberlebte dort auch mit Hilfe einer Diakonisse In den Wirren kurz vor dem Eintreffen der Roten Armee floh Niemand im Januar 1945 und erreichte uber Frankfurt Oder Berlin und Hamburg schliesslich Rendsburg 12 Auseinandersetzungen um NS Verfolgung Bearbeiten Innerhalb seiner Familie blieb sein Verfolgungsschicksal uber Jahrzehnte ein Tabuthema 13 Seine Antrage auf Anerkennung als Verfolgter und Opfer des Nationalsozialismus scheiterten mit dem Hinweis darauf dass erbgesundheitliche Massnahmen keine Verfolgung darstellten Auf Basis des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes erhielt er 1981 eine einmalige Entschadigungszahlung von 5 000 DM aus einem Hartefonds 14 1986 stellte das Amtsgericht Kiel fest dass der 1936 gefallte Beschluss des Erbgesundheitsgerichts zur Sterilisation rechtswidrig war Eine Anerkennung als Verfolgter im Sinne des Bundesentschadigungsgesetzes konnte Fritz Niemand weder gerichtlich 15 noch uber den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages beziehungsweise den Petitionsausschuss des Schleswig Holsteinischen Landtages erwirken 16 Zeitzeugenschaft Bearbeiten Nach dem Tod seiner Mutter trat Fritz Niemand vielfach als Zeitzeuge auf und thematisierte dabei sein Schicksal und das der Euthanasie Opfer 17 Zu seinen Zuhorern gehorten Schuler und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen angehende Zivildienstleistende Krankenpflegeschuler und lehrer sowie Dozenten und Studenten an Hochschulen Ferner trat er als Betroffener Zeitzeuge und Sachverstandiger auf unter anderem vor einem Fachausschuss der Hamburgischen Burgerschaft und dem Innenausschuss des Deutschen Bundestages Am 17 April 1985 stand er im Mittelpunkt einer gemeinsam vom Norddeutschen Rundfunk von Radio Bremen und vom Sender Freies Berlin im dritten Fernsehprogramm ausgestrahlten Sendung uber Euthanasie im Dritten Reich 18 Auch das Fernsehmagazin Kennzeichen D widmete ihm am 7 Januar 1986 einen Beitrag Erinnerung BearbeitenSeit 2014 gibt es in Rendsburg die Wohngemeinschaft Fritz Niemand Haus ein Angebot fur Menschen mit Demenz 19 Literatur BearbeitenHorst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand Paranus Verlag Neumunster 2004 ISBN 978 3 926200 60 0 Michael Wunder Die Transporte in die Heil und Pflegeanstalt Meseritz Obrawalde In Peter von Rohn Klaus Bohme Uwe Lohalm Hrsg Wege in den Tod Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus Ergebnisse Verlag Hamburg 1993 ISBN 3 87916 406 1 S 377 396 insb S 390 394 Gunter Neugebauer Opferbiografie Fritz Niemand In Gegen das Vergessen Opfer und Tater in Rendsburgs NS Zeit S 361 370 Rendsburger Druck und Verlagshaus Osterronfeld 2018 ISBN 978 3 9810912 6 7 Weblinks BearbeitenInga Hehnen Ein Leben das als wertlos galt in Eckernforder Zeitung 17 Dezember 2012 Abruf am 18 August 2015 Fritz Niemand Ein Zwangssterilisierter aus Schleswig Holstein Zeitzeugeninterview hergestellt im Auftrag des Hauses der Geschichte erreichbar auf der Website der Fernuniversitat in Hagen Abruf am 18 August 2015 Einzelnachweise Bearbeiten Mitteilung des Paranus Verlags Abruf am 18 August 2015 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 10 12 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 12 19 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 23 27 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 51 57 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 85 f Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 95 S 130 Hierzu Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 130 133 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 133 136 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 28 38 Zu dieser Zwischenanstalt siehe die kursorischen Informationen in Herbert Diercks Euthanasie Die Morde an Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen in Hamburg im Nationalsozialismus Texte Fotos und Dokumente Herausgegeben von der KZ Gedenkstatte Neuengamme Hamburg 2014 PDF Abruf 19 August 2015 Umfassend Peter von Rohn Klaus Bohme Uwe Lohalm Hrsg Wege in den Tod Hamburgs Anstalt Langenhorn und die Euthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus Ergebnisse Verlag Hamburg 1993 ISBN 3 87916 406 1 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 56 67 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 89 und ofter Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 89 102 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 126 128 Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 148 151 Zu Niemands offentlichen Auftritten siehe Horst Illiger Sprich nicht druber Der Lebensweg von Fritz Niemand S 167 184 Klaus Goldinger Lebensunwert 2 Euthanasie im Dritten Reich 1985 Norddeutscher Newsletter fur Wohn Pflege Gemeinschaften Nr 17 Juni 2014 PDF Abruf am 19 August 2015 Informationen des Pflegeanbieters Memento vom 4 Marz 2016 im Internet 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