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Fischerinsel ist die Bezeichnung des Wohngebietes auf dem sudlichen Teil der Spreeinsel im Berliner Ortsteil Mitte Historische Stadviertel im Stadtkern Berlins wie sie 1727 eingeteilt wurden 1 1a Nikolaiviertel 1b Heilige Geist Viertel 1c Marienviertel 1d Klosterviertel 2a Schlossviertel 2b Marktviertel 2c Neu Kolln 3a Gertraudenviertel 3b Schleusenviertel Rot umrandet Ortsteil Berlin MitteHistorisch war dieser Teil der Spreeinsel das Marktviertel 2b siehe Abbildung im historischen Stadtteil Alt Kolln Ab 1954 wurde auf dem etwa acht Hektar grosse Areal sudlich der Gertraudenstrasse ein Wohngebiet geplant und dafur der Name Fischerinsel eingefuhrt 2 Nach dem Totalabriss der historischen Bebauung in den 1960er Jahren wird seit den 1970er Jahren dieser Teil von Alt Kolln von Wohnhochhausern dominiert Die fruhere Bezeichnung Fischerkietz stammt aus der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts 3 einen historischen Kietz hat es auf diesem Inselteil nicht gegeben Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 1 1 12 bis 19 Jahrhundert 1 2 Im 20 Jahrhundert 2 Planung des Wohngebietes 2 1 Situation nach 1945 2 2 Erste Planungen 2 3 Hochhausplanung 3 Errichtung des Wohngebietes Fischerinsel 4 Entwicklung nach 1990 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Kollnische Strasse auf der Fischerinsel 1900 nbsp Fischerinsel mit Petrikirche Blick von der Waisenbrucke 1952 nbsp Blick vom Markischen Ufer uber den Spreekanal zur Fischerinsel 1980 nbsp Hochhausbebauung auf der Fischerinsel mit Ahornblatt im Vordergrund 200012 bis 19 Jahrhundert Bearbeiten Die Siedler der wahrscheinlich von den Askaniern im 12 Jahrhundert an einem Spreeubergang gegrundeten Stadte Kolln und Berlin kamen aus dem Harzvorland und vom Niederrhein 4 woher sie vermutlich den Ortsnamen Kolln mitbrachten Zu ihnen gehorten wegen der Lage am Wasser im sudlichen Teil Kollns auch Fischer und Schifferfamilien Das zuerst im Jahr 1237 urkundlich erwahnte Kolln ging 1709 zusammen mit anderen Nachbarorten in Berlin auf Die Regulierung der Spree und des Spreekanals im 17 und 18 Jahrhundert fuhrte zur verstarkten Ansiedlung von Handwerkern aus Holland und von Glaubensfluchtlingen aus Frankreich Die Ende des 18 Jahrhunderts beginnende Industrialisierung hatte einen Bedeutungsverlust des Fischerei Gewerbes zur Folge Dies fuhrte im fruhen 19 Jahrhundert zum Stillstand der Bauentwicklung und zu einer Konservierung des Baubestandes darunter der letzten giebelstandigen Hauser Berlins Ein Teil des Gebietes hiess Speicherinsel weil an der Fischerstrasse ein grosserer Speicher erbaut worden war 5 Die Siedlung galt als Arme Leute Viertel Der in spateren Jahrhunderten eingeburgerte Name Fischerkietz bezieht sich nicht wirklich auf einen Kiez denn der war ursprunglich eine Dienstsiedlung im Umfeld einer Burg die es in Alt Kolln oder Alt Berlin nie gegeben hat Kietz auch Kiez galt als Schimpfwort dort zu wohnen war armen Leuten vorbehalten die auch immer eng zusammenhalten mussten Im 20 Jahrhundert Bearbeiten Die Gegend blieb von der Berliner City Bildung weitgehend unberuhrt und galt als ruckstandig 6 Reisefuhrer wie der Baedeker nannten das malerische Viertel den altesten Teil Berlins andere empfahlen seine Alt Berliner Gaststatten wie den Nussbaum touristischen Besuchern Der Fischerkietz bestand bis dahin aus einem rechtwinklig angelegten Strassennetz von neun kleinen Gassen und Strassen mit insgesamt 16 verschiedenen Namen Seit den 1920er Jahren plante der Berliner Magistrat grosse Teile der Altstadt darunter den Fischerkietz abzureissen um Platz fur die Neugestaltung der historischen Mitte Berlins zu gewinnen Aber auf Dauer wird man die Berliner Altstadt doch weder als Wohnstadt noch als Museum retten konnen Das Stadtbild das hier einmal entstehen wird wird unromantisch und traditionsarm aber dafur hygienischer und wirtschaftlich rationeller sein Hermann Ehlgotz Der Untergrund der Berliner Altstadt als Grundlage der stadtebaulichen Gestaltung 7 Diese Plane wurden in der Zeit des Nationalsozialismus weiterverfolgt konnten aber nur teilweise umgesetzt werden Planung des Wohngebietes BearbeitenSituation nach 1945 Bearbeiten Im Zweiten Weltkrieg erlitt die Ortslage keine flachenmassige Zerstorung 8 Die Fischerstrasse war verhaltnismassig gut uber die Zerstorungen des Bombenkrieges hinweggekommen 9 Nach damaliger Einschatzung hatten 40 50 Prozent der Gebaude der Fischerinsel wieder aufgebaut werden konnen Im Flachennutzungsplan von 1955 wurde darum die Reparatur der erhaltenswerten Bausubstanz festgelegt Erste Planungen Bearbeiten Das Viertel mit allen zu restaurierenden Baudenkmalen sollte nach der Planung des Ost Berliner Magistrats unter Bewahrung des Strassengrundrisses und der Grundstucksgrenzen als Wohngebiet bis 1965 wiederaufgebaut werden 10 Chefarchitekt Hermann Henselmann beauftragte 1957 die Planung der stadtebaulichen Reorganisation des Stadtviertels am Fischerkiez Das Konzept von Hans Schmidt und Georg Munter kombinierte den Neubau von viergeschossigen Gebauden der mit teilweisen Abrissen verbunden gewesen ware mit der Sanierung der historischen Hauser Die beiden Architekten Henselmann und Schmidt legen spater umfangreiche Plane hierzu vor 11 Doch bereits ab 1955 vollzog sich im DDR Bauwesen eine Wende hin zur strikten Okonomisierung durch industrielles Bauen und typisierten Wohnungsbau Hochhausplanung Bearbeiten Nachdem der Plan zum Aufbau des Zentrums der Hauptstadt der DDR 1962 beschlossen worden war wurden jenseits der Gertraudenstrasse neue Wohn und Regierungsbauten errichtet mit wenig Rucksicht auf den historischen Stadtgrundriss Schliesslich sah das 1966 aufgestellte Programm zum Aufbau des Berliner Stadtzentrums den Bau von Wohnhochhausern in einem Ring um das Stadtzentrum vor Errichtung des Wohngebietes Fischerinsel BearbeitenBei der in Vorbereitung der Errichtung der Neubauten erfolgten Kahlschlagsanierung wurden die historischen Hauser in diesem Teil Alt Kollns abgebrochen darunter 30 Baudenkmale 12 und sechs 21 geschossige Gebaude in Grosstafelbauweise des Typs WHH GT 18 mit jeweils 240 Wohnungen bis 1973 errichtet So verschwand das jahrhundertelang bestehende Strassennetz bis auf die Rossstrasse 13 und Gertraudenstrasse die im Sinne der autogerechten Stadt stark verbreitert wurde 14 Zwischen 1969 und 1973 wurden auf der Fischerinsel sechs Hochhauser errichtet in die vor allem Regierungsangestellte und Funktionare aber auch Kunstler Wissenschaftler Architekten auslandische Diplomaten und Korrespondenten einzogen 15 Neben einer Schwimmhalle entstand als gesellschaftliches Zentrum des Wohngebietes in extravaganter Architektur mit einem von Ulrich Muther entworfenen freitragenden Betondach die Grossgaststatte Ahornblatt Zur jenseits des sudlichen Teils des Spreekanals 1968 69 errichteten Traditionsinsel Markisches Ufer gehoren Nachbauten des 1967 1968 in der Breiten Strasse abgerissenen Ermelerhauses und eines barocken Wohnhauses das bis zu seinem Abriss 1969 auf der gegenuber liegenden Friedrichsgracht gestanden hatte Entwicklung nach 1990 BearbeitenIm Jahr 2000 wurde das Ahornblatt mit allen Nebengebauden trotz zahlreicher Proteste abgebrochen An seiner Stelle wurden zwei Wohn und Geschaftshauser errichtet Entsprechend dem Planwerk Innenstadt gibt es Uberlegungen das Wohngebiet Fischerinsel nachzuverdichten das heisst zusatzliche Gebaude am Kollnischen Fischmarkt und in der Gertraudenstrasse zu errichten Bis 2020 soll die Promenade Friedrichsgracht und der Park an der Spree neu gestaltet werden Literatur BearbeitenHarald Bodenschatz Hans Joachim Engstfeld und Carsten Seifert Berlin auf der Suche nach dem verlorenen Zentrum Junius Hamburg 1995 ISBN 3 88506 255 0 S 56 stadtdebatte berlin de PDF Die Bau und Kunstdenkmale der DDR Berlin I Hrsg Institut fur Denkmalpflege im Henschelverlag S 28 29 86 250 Berlin 1984 Benedikt Goebel Der Umbau Alt Berlins zum modernen Stadtzentrum Verlagshaus Braun Berlin 2003 ISBN 3 935455 31 3 Herbert Schwenke Lexikon der Berliner Stadtentwicklung Haude amp Spenersche Verlagsbuchhandlung Berlin 2002 ISBN 3 7759 0472 7 Interview mit Felix Escher Historiker und Professor an der TU Berlin Von wegen Kiez und Fischerinsel In Berliner Zeitung 4 September 2017 S 10 Printausgabe Fischerinsel Kiez und Co ein Geschichtsprofessor erklart Berliner Mythen Onlineausgabe Andreas Ulrich Die Kinder von der Fischerinsel be bra Verlag Berlin 2021 ISBN 978 3 8148 0250 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Fischerinsel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Kathrin Chod Herbert Schwenk Hainer Weisspflug Fischerinsel In Hans Jurgen Mende Kurt Wernicke Hrsg Berliner Bezirkslexikon Mitte Luisenstadtischer Bildungsverein Haude und Spener Edition Luisenstadt Berlin 2003 ISBN 3 89542 111 1 luise berlin de Stand 7 Oktober 2009 Fischerinsel In Strassennamenlexikon des Luisenstadtischen Bildungsvereins beim Kaupert Tourismusinfo auf Berlin deEinzelnachweise Bearbeiten C E Geppert Chronik von Berlin von Entstehung der Stadt bis heute Berlin 1840 S 483 Textarchiv Internet Archive August Brass Chronik von Berlin Potsdam und Charlottenburg Berlin 1843 S 281 Textarchiv Internet Archive Kartengrundlage Bezirksamt Mitte von Berlin Entwurf Fischerinsel 1954 Herbert Ludat Die ostdeutschen Kietze S 33 34 Hansjoachim Hoffmann Berlin Eine politische Landeskunde Leske und Budrich Opladen 1998 ISBN 978 3 8100 2219 6 S 22 Interview von Maritta Tkalec mit dem Historiker Felix Escher siehe Literatur Zur Ruckstandigkeit des Fischerkietzes siehe Harald Bodenschatz Hans Joachim Engstfeld und Carsten Seifert Berlin auf der Suche nach dem verlorenen Zentrum Junius Hamburg 1995 ISBN 3 88506 255 0 S 56 In Deutsche Bauzeitung Nr 14 1931 Zum Erhaltungsgrad siehe Erika Schachinger Alte Wohnhauser in Berlin Ein Rundgang durch die Innenstadt Verlag Bruno Hessling Berlin 1969 S 33 44 Otto Nagel Berliner Bilder Henschel Berlin 1955 S 16 dort auch das folgende zum geplanten Wiederaufbau S 8 f Entwurf Fischerinsel 1954 Marlene Militz DDR Architektur und Nachwende Rekonstruktion Eine Geschichte die es so nie gab In Die Tageszeitung taz 23 August 2019 ISSN 0931 9085 taz de abgerufen am 11 November 2019 Zum Denkmalsbestand nach 1945 siehe Hans Muther Berlins Bautradition Kleine Einfuhrung Das Neue Berlin Berlin 1956 S 85 112 Register der historischen Berliner Stadtebau und Baudenkmale im Stadtbezirk Mitte mit zwei Planen Zur tabula rasa Losung siehe Joachim Hermann et al Berlin Ergebnisse der heimatkundlichen Bestandsaufnahme Akademie Verlag Berlin 1987 Werte unserer Heimat Band 49 50 S 143 Herbert Schwenke Berliner Stadtentwicklung von A bis Z Berlin 2001 S 61 63 Andreas Ulrich Die Kinder von der Fischerinsel Bebra 2021 ISBN 978 3 8148 0250 3 52 513055555556 13 406666666667 Koordinaten 52 30 47 N 13 24 24 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fischerinsel Berlin amp oldid 221306200