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Ewald Wortmann auch Hannes Wortmann genannt 17 April 1911 in Marne 15 September 1985 in Osnabruck war in der Zeit des Nationalsozialismus im Rahmen der NS Krankenmorde als Arzt bei der Krankenselektion und in der NS Totungsanstalt Sonnenstein in Pirna tatig Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Studium 2 Bei der T4 Organisation 3 In der Vergasungsanstalt Sonnenstein 4 Nach dem Krieg 5 Literatur 6 Weblinks 7 AnmerkungenHerkunft und Studium BearbeitenEwald Wortmann studierte nach dem Abitur Medizin an den Universitaten Hamburg Wurzburg Munchen und Berlin 1933 trat er in die SA ein Im Gegensatz zu den meisten der anderen T4 Arzte war er weder Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes noch der NSDAP 1934 legte er in Wurzburg das Physikum und 1937 das Staatsexamen ab Wahrend seiner Studienzeit in Wurzburg war er auch in psychiatrischen Vorlesungen des Privatdozenten Werner Heyde der spater erster medizinischer Leiter der Aktion T4 wurde 1937 arbeitete Wortmann als Assistent im Institut fur Vererbungswissenschaft und Rassenforschung der Universitat Wurzburg von Ludwig Schmidt Kehl auch Rassen Schmidt genannt Dort promovierte er uber die Bevolkerungsbewegung eines schleswig holsteinischen Dorfes Eddelak im Dithmarschen Im Anschluss war Wortmann in der Universitatsfrauenklinik beschaftigt und nahm als Mitglied einer Wurzburger Studentengruppe zusammen mit den spateren T4 Arzten Aquilin Ullrich und Klaus Endruweit an einer von der Gaustudentenfuhrung angeregten Studienreise nach Bessarabien teil Ziel der zweimonatigen Studienreise in das deutschsprachige Dorf Teplitz war die Beschreibung der Lage der dortigen Volksdeutschen und die Aufnahme ihres Gesundheitszustandes Die von der Studentengruppe uber ihre Reise verfasste Studienarbeit wurde beim Reichsberufswettkampf 1939 mit einem Preis ausgezeichnet Vom September 1939 bis Februar 1940 war Wortmann als Arzt in der Anstalt Hamburg Langenhorn tatig Danach wurde er als Sanitatsarzt nach Neumunster zur Wehrmacht eingezogen Bei der T4 Organisation BearbeitenWortmann gab nach dem Krieg an dass er erst Ende September oder Anfang Oktober 1940 mit der Weisung entlassen worden sei sich bei Hermann Paul Nitsche in der Kanzlei des Fuhrers zu melden 1 Hieruber berichtete er spater Bei dieser Besprechung hat mich Nitsche gefragt wie ich zur Euthanasie stunde Ich habe ihm erklart dass ich der Euthanasie nicht ablehnend gegenuberstehe 2 Damals habe ich bei Prof Nitsche nicht nach einer Rechtfertigung fur die Euthanasie gefragt Ich bin gar nicht auf die Idee gekommen dass etwas was mir ein Prof in einer Dienststelle der Kanzlei des Fuhrers sagt nicht richtig oder gar gesetzeswidrig sein konnte 3 Nach den Unterlagen der Zentraldienststelle T4 wurde Wortmann dort vom 12 Mai 1940 bis zum 31 Oktober 1940 als Mitarbeiter unter der Rubrik Arzte in den Anstalten gefuhrt 4 Wortmann wurde zunachst dem T4 Gutachter Theodor Steinmeyer als Mitarbeiter zugeteilt Aufgabe dieser Gutachter war die Bereisung von Heil und Pflegeanstalten um fur das nationalsozialistische Euthanasie Programm vor Ort Kranke anhand der Krankengeschichten und der Auskunfte des Personals zu selektieren und die erforderlichen Meldebogen fur die Zentraldienststelle T4 selbst aufzufullen Zu der von Steinmeyer geleiteten Arztekommission gehorten 30 bis 40 Personen die bislang schon als Gutachter uber die Totung von Patienten anhand der seit Jahresbeginn laufenden Meldebogenaktion entschieden hatten ohne die Kranken jeweils gesehen zu haben Selbst bei diesen Selektionen in den Anstalten wurde nach Aktenlage entschieden Wortmann sagte hierzu aus Die Kranken selbst haben wir in keinem Fall zu Gesicht bekommen 5 Ziele dieser Gruppe waren unter anderem die Anstalten von Ansbach Regensburg Straubing und Erlangen In der Vergasungsanstalt Sonnenstein BearbeitenNach Abschluss der Selektionsreise begab Wortmann sich weisungsgemass zur Vergasungsanstalt Sonnenstein in Pirna wo er von deren Leiter Horst Schumann uber den Zweck der Anstalt unterrichtet wurde Anhand eines neu eingetroffenen Krankentransportes wurde ihm der Totungsvorgang praktisch vorgefuhrt Wortmann schilderte dies wie folgt Wir sassen in einem grosseren Raum an einem langen Tisch oder mehreren Tischen Dr Schumann sass in der Mitte und hatte die Unterlagen vor sich liegen bzw die Schwestern brachten die Unterlagen der Kranken in jedem Fall mit Dr Schmalenbach sass rechts ich selbst links von Dr Schumann Die Kranken wurden einzeln aber fortlaufend hereingefuhrt Eine Untersuchung fand nicht mehr statt Es kann jedoch sein dass Dr Schumann in Einzelfallen noch Fragen gestellt hat Ich selbst hatte nichts zu tun sondern nur dabei zu sitzen Die Kranken wurden anschliessend in einem Nebenraum fotografiert und dann in den Raum gefuhrt wo sie gemeinsam getotet wurden Dr Schumann hat die Anlage selbst in Tatigkeit gesetzt und durch ein kleines Glasfenster den Vorgang beobachtet Er forderte mich noch auf selbst auch einmal hineinzusehen Ich habe so getan als ob ich hineinsehen wurde mich jedoch gleich wieder abgewandt 6 Wortmann erklarte dass ihn dieser Vorgang derartig geschockt habe dass ich gleich darauf Dr Schumann gebeten habe mich wieder fortzuschicken Dr Schumann sagte mir indessen dass er das nicht entscheiden konne Prof Heyde werde kommen und ich solle ihm den Wunsch vortragen Ich habe nun gewartet dass Prof Heyde kame und hatte nur einen dringenden Wunsch namlich dass inzwischen kein weiterer Transport ankame Leider kam inzwischen doch ein Transport an Ich kann noch genau sagen dass ich mich in einer ausserordentlich bedruckten Stimmung befand so dass ich schliesslich einfach nach Berlin zu Prof Heyde telefoniert und ihn um meine Abberufung gebeten hat Ich weiss noch dass er recht ungnadig am Telefon war und mir Anweisung gab nach Berlin zu kommen Ich bin dann auch nach Berlin gefahren und habe wohl auch gleich meine Siebensachen mitgenommen 7 Heyde habe zwar versucht ihn mit Hinweis auf seine Karrierechancen bei T4 noch umzustimmen Doch obwohl er sich nicht umstimmen liess wurden weder Sanktionen angedroht noch verhangt Seine angebliche vollige Untatigkeit in Sonnenstein relativierte Wortmann allerdings in einer spateren Aussage und raumte ein dass auch er die so genannten Trostbriefe unter dem Tarnnamen Dr Friede unterschrieben habe 8 Nach seiner Entlassung aus der T4 Organisation war Wortmann im Lazarett eines Lagers fur Bessarabien und Baltendeutsche in Litzmannstadt Lodz tatig bis er mit Beginn des Russlandfeldzuges zur Wehrmacht eingezogen wurde Nach dem Krieg Bearbeiten1950 kehrte Wortmann aus der sowjetischen Gefangenschaft zuruck Er eroffnete in Friedrichskoog eine allgemeinarztliche Praxis heiratete und hatte vier Kinder Wortmann konnte erst als letzter T4 Arzt fur den sogenannten ersten Arzteprozess gegen Ullrich und andere vor dem Frankfurter Landgericht ermittelt werden Am 21 Marz 1963 sagte er erstmals als Zeuge im Verfahren gegen den T4 Arzt Georg Renno aus Ein gegen Wortmann eingeleitetes Ermittlungsverfahren wurde am 1 August 1969 9 eingestellt Im Prozess gegen seinen ehemaligen Vorgesetzten und Leiter der Vergasungsanstalt Sonnenstein Horst Schumann verweigerte er im Oktober 1970 seine Aussage Wortmann war der einzige der T4 Arzte der zumindest eine gewisse moralische Schuld einraumte weil ich nichts gegen diese Dinge unternommen habe Das ist aber nur eine Angelegenheit die mich innerlich trifft Ich konnte ja damals uberhaupt nicht gegen diese Dinge antreten Es fehlte mir die Moglichkeit und auch der Einfluss 10 In den Jahren 1969 70 drehte der Norddeutsche Rundfunk einen Dokumentarfilm uber Wortmann und seine Familie in dem unter dem Titel De Doktor snackt platt die Situation eines typischen Landarztes dargestellt werden sollte Die Aufnahmen fanden im Herbst 1969 statt gesendet wurde der Film im Juni 1970 11 Literatur BearbeitenArbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen Euthanasie und Zwangssterilisation Hrsg Todliches Mitleid NS Euthanasie und Gegenwart Munster 2007 Verlag Klemm amp Oels ISBN 978 3 932577 53 6 Ernst Klee Euthanasie im NS Staat 11 Auflage Fischer Taschenbuch Frankfurt M 2004 ISBN 3 596 24326 2 Ernst Klee Was sie taten Was sie wurden Arzte Juristen und andere Beteiligte am Kranken oder Judenmord 12 Auflage Fischer TB Frankfurt M 2004 ISBN 3 596 24364 5 Ernst Klee Ewald Wortmann Eintrag in ders Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Aktualisierte Ausgabe Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 2005 ISBN 3 596 16048 0 S 687 Henry Friedlander Der Weg zum NS Genozid Von der Euthanasie zur Endlosung Berlin Berlin Verlag 1997 ISBN 3 8270 0265 6 Thomas Schilter Unmenschliches Ermessen Die nationalsozialistische Euthanasie Totungsanstalt Pirna Sonnenstein 1940 41 Leipzig 1998 ISBN 3 378 01033 9Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ewald Wortmann im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ernst Klee Euthanasie in Die Zeit 11 1986Anmerkungen Bearbeiten Aussage vom 6 August 1965 Az 4 Gs 116 65 AG Marne Aussage vom 23 Marz 1963 S 4 ZStL Sammlung Euthanasie Ordner Wi Zz Aussage vom 23 Marz 1963 S 10 ZStL Sammlung Euthanasie Ordner Wi Zz Heidelberger Dokumente Gutachter Liste Faksimilie in Klee Euthanasie im NS Staat Seite 228f Aussage vom 6 August 1965 vor dem Amtsgericht Marne 4 Gs 116 65 Aussage vom 6 August 1965 Seite 3f ZStL Sammlung Euthanasie Ordner Wi Zz Aussage vom 21 Marz 1963 ZStL Sammlung Euthanasie Ordner Wi Zz Aussage vom 22 November 1966 zitiert nach Klee Was sie taten war sie wurden S 120 Js 5 63 StA Ffm Aussage vom 21 Marz 1963 ZStL Sammlung Euthanasie Ordner Wi Zr zitiert nach Schilter Unmenschliches Ermessen Seite 197 De Doktor snackt platt Landarzt in Friedrichskoog Sendung im Kulturspiegel am 24 Juni 1970 Normdaten Person GND 127612114 lobid OGND AKS VIAF 55174642 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wortmann EwaldALTERNATIVNAMEN Wortmann HannesKURZBESCHREIBUNG deutscher Mediziner Arzt der Euthanasie Aktion T4GEBURTSDATUM 17 April 1911GEBURTSORT MarneSTERBEDATUM 15 September 1985STERBEORT Osnabruck Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ewald Wortmann amp oldid 236949812