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Ernst Karl Winter 1 September 1895 in Wien Osterreich Ungarn 4 Februar 1959 ebenda war ein osterreichischer Soziologe und Politiker Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Jugend und Ausbildung 1 2 Aktivismus gegen Nationalsozialismus 1 3 Rechts stehen und links denken 1 4 Aktion Winter 1 5 Flucht aus Wien 1 6 Exil 1 6 1 Engagement im Exil 1 6 2 Buch Manuskript Geschichte des osterreichischen Volkes 1 7 Spate Ruckkehr nach Osterreich 2 Mitgliedschaft 3 Anerkennungen 4 Werke 5 Literatur uber Ernst Karl Winter 6 Einzelnachweise 7 WeblinksLeben BearbeitenJugend und Ausbildung Bearbeiten Ernst Karl Winter wuchs als Einzelkind des Schriftstellers und Juristen Ernst Winter 1861 1927 und der Schriftstellerin Mina Winter Schottenfeld eigentlich Wilhelmine Katharina Gsur 1867 1945 in Wahring auf Sein Onkel und Taufpate war Karl Friedrich Gsur Fruh entschied er sich fur den Weg eines sozial engagierten Katholiken und stiess wahrend seiner Zeit im Gymnasium zur katholischen Jugendbewegung von Anton Orel dessen Ansichten Einfluss auf die ersten Publikationen Winters ausubten Nach Beginn des Ersten Weltkriegs meldete er sich im Oktober 1914 als Einjahrig Freiwilliger bei den Tiroler Landesschutzen wo er mit seinem Regimentskameraden Engelbert Dollfuss Freundschaft schloss Zu dem in akademischen Kreisen damals dominierenden deutschnationalen Gedankengut geriet Winter fruh in Widerspruch So verweigerte er entsprechend der katholischen Doktrin ein Duell zu dem ihn ein deutschnationaler Offizier wegen eines allzu kaisertreuen Artikels gefordert hatte Winter verlor damit die Moglichkeit einer Offizierskarriere 1918 kritisierte er als uberzeugter Legitimist den pragmatischen Schwenk des burgerlichen Lagers hin zur Republik Im Sommer 1918 inskribierte Winter an der juridischen Fakultat der Universitat Wien Er promovierte 1922 nach Vorlesungen bei Hans Kelsen Othmar Spann und Max Adler besuchte aber bis 1924 weitere soziologische und historische Vorlesungen Danach lebte er als Schriftsteller und Privatgelehrter Aktivismus gegen Nationalsozialismus Bearbeiten Auf seine Initiative wurde im Jahr 1927 unter Beteiligung von Hans Karl von Zessner Spitzenberg August Maria Knoll Alfred Missong Wilhelm Schmid u a die Osterreichische Aktion geschaffen 1 die erstmals auf einer programmatisch publizistischen Grundlage den Gedanken einer eigenstandigen osterreichischen Identitat formulierte Der Versuch einer Habilitation als Soziologe mit einer Arbeit uber die Sozialmetaphysik der Scholastik misslang unter anderem weil Winter den damals im Fach informell vorgeschriebenen Artikel fur die rechtsextreme Deutschosterreichische Tages Zeitung DOTZ nicht zu schreiben bereit war Auch zwei weitere Versuche zu habilitieren scheiterten an dem deutschnationalen Professorenkollegium Ab 1930 leitete er den Gsur Verlag der sich als einziger osterreichischer Verlag einem kompromisslosen Kampf gegen den Nationalsozialismus verschrieben hatte 2 Generell waren Winters Publikationen von seinem katholischen Glauben seiner platonischen Philosophie und seiner schon fruh gegen den Nationalsozialismus eingestellten politischen Linie gekennzeichnet Er hatte Einfluss auf den Soziologen August Maria Knoll den Grunder der Paneuropa Bewegung Richard Nikolaus Graf von Coudenhove Kalergi auf den Publizisten Alfred Missong und wahrscheinlich auch auf Eric Voegelin Rechts stehen und links denken Bearbeiten Beruhmt wurde Winter durch seinen Versuch in der Zeit zwischen 1927 und 1938 eine Versohnung zwischen Christlichsozialen und Sozialdemokraten zur Abwehr des Nationalsozialismus einzuleiten Bekannt ist seine politische Parole rechts stehen und links denken Vor allem zwischen April 1933 und Februar 1934 also in der Periode nach Ausschaltung des Parlaments aber vor dem Februaraufstand verfocht Winter in den von ihm selbst edierten Wiener politischen Blattern aber etwa auch in der sozialdemokratischen Arbeiter Zeitung diese Position mit geradezu verzweifelter Intensitat 3 4 So publizierte er offene Briefe an Bundesprasident Wilhelm Miklas Von Bundeskanzler Engelbert Dollfuss wurde Winter im April 1934 in einer Geste gegenuber der politischen Linken zum Dritten Vizeburgermeister in Wien bestellt Aktion Winter Bearbeiten Die Aktion Winter begann mit Ernst Karl Winters Antritt des Amts als Vizeburgermeister und war der Versuch eine Brucke zwischen den Linken und Rechten zu schlagen um die sozialdemokratische Arbeiterschaft dazu zu bewegen an einer gemeinsamen Front gegen den Nationalsozialismus mitzuwirken Winter begann regelmassig Ausspracheabende genannte Versammlungen zu organisieren zu denen Arbeiter per Ankundigungen in der Presse und Plakaten eingeladen wurden und in denen relativ frei uber Arbeiterrechte gesprochen werden konnte Da diese Veranstaltungen zunehmend turbulent ausfielen wurde die Teilnehmerzahl bald auf je 100 personlich geladene Gaste reduziert Wenngleich diese Veranstaltungen vielen Exponenten des autoritaren Regimes speziell der Heimwehr missfielen hatte Winter eine gewisse Ruckendeckung durch Dollfuss Die Arbeiterschaft fasste jedoch nur zogernd Vertrauen zu Winters Aktion Sie wollten vom Staat zuerst Taten der Versohnung sehen Regierungsvertreter forderten aber von den Arbeitern ein Bekenntnis zum Staat bevor sie ihnen entgegenkommen wollten Winter versuchte vergeblich diesen Teufelskreis zu durchbrechen Mit dem Tod Dollfuss verlor Winter seinen machtigsten Unterstutzer Im Dezember 1934 wurde von der neuen Regierung erstmals die Wochenzeitschrift Die Aktion das Organ der Aktion Winter konfisziert weil ein abgedruckter Leserbrief den Tatbestand der Aufreizung erfulle Im gleichen Monat wurde die Aktion Winter in Osterreichische Arbeiter Aktion O A A umbenannt Die Aktion wurde unter Vorzensur gestellt Im Marz 1935 kundigte Kurt Schuschnigg an die O A A in die Vaterlandische Front einzugliedern da Gefahr bestunde dass die Aktion missbraucht wurde und es unerlasslich sei alle Aufklarungs und Schulungsarbeit im Einvernehmen mit den Landeshauptleuten durchzufuhren Anfang April 1935 wurde die Soziale Arbeitsgemeinschaft SAG gegrundet die als politische Interessensvertretung der Arbeiterschaft innerhalb der Vaterlandischen Front konzipiert war Die O A A entsandte Vertrauensleute in die SAG Nachdem jedoch im Juni 1935 dem Gsur Verlag die Bewilligung zur Herausgabe der Aktion entzogen worden war zog sich die O A A aus Protest aus der SAG zuruck was praktisch das Ende der Aktion Winter bedeutete Am 24 Oktober 1936 wurde Winter im Gefolge des Juliabkommens mit dem nationalsozialistischen Deutschland seines Burgermeisterpostens enthoben Flucht aus Wien Bearbeiten Wenige Tage vor dem Anschluss im Marz 1938 fluchtete Ernst Karl Winter auf dringendes Anraten von Hans Kelsen in die Schweiz Seine Familie musste er vorerst zurucklassen Als die Gestapo am 14 Marz 1938 in das Haus der Familie Winter kam und Ernst Karl nicht vorfinden konnte nahm sie dessen altesten Sohn Ernst Florian mit auf die Polizeistation Aufgrund der guten politischen Kontakte der Familie konnte die Mutter Margerete jedoch erreichen dass ihr Sohn bereits am selben Tag wieder nach Hause kam Nach einigen Tagen rief Ernst Karl seine Frau in Wien an und forderte sie auf sofort gemeinsam mit den acht Kindern uber Vorarlberg in die Schweiz nachzukommen Aber auch vom Schweizer Bundesrat wurde ihnen mitgeteilt dass gegen ihre Familie ein Auslieferungsantrag an das nationalsozialistische Deutschland bestehe Deshalb fluchteten sie mit Unterstutzung des franzosischen Ministers Joseph Paul Boncour weiter nach Frankreich Von dort konnten sie mit Hilfe eines Korrespondenten der London Times nach England weiterreisen Auf dem Weg dorthin besuchten sie die Familie Habsburg in Steenokkerzeel Eigentlich wollte die Familie Winter in Grossbritannien bleiben doch erlaubte auch die dortige Regierung keine osterreichische Exilregierung Aus diesem Grund und auf Anraten von Oswald Redlich und Hans Kelsen entschied Ernst Karl Winter mit seiner Familie in die USA auszuwandern Exil Bearbeiten Im Oktober 1938 erreichte die Familie Winter schliesslich als eine der ersten nicht judischen Emigrantenfamilien mit dem Schiff New York Engagement im Exil Bearbeiten Da alle Ankommenden grosses Heimweh hatten und es zu diesem Zeitpunkt noch keine osterreichischen Clubs gab trafen sich beinahe jeden Sonntag zahlreiche Emigranten im Farmhaus der Winters zu osterreichischen Abenden Anfang 1939 grundete Ernst Karl Winter in New York mit dem Austrian American Center das erste uberparteiliche Nationalkomitee Dieses organisierte regelmassige Demonstrationen und Aufmarsche und veroffentlichte wochentliche Publikationen Das Engagement dieser Gruppe wurde auch vom US Kongress sehr positiv wahrgenommen was fur alle Exilosterreicher u a bei der Arbeits und Studiumswahl einen grossen Vorteil bedeutete Ernst Karl Winter erhielt in New York eine Professur Buch Manuskript Geschichte des osterreichischen Volkes Bearbeiten Wahrend der Kriegszeit verfasste Winter ein Buch mit dem Titel Geschichte des osterreichischen Volkes fur das er jedoch keinen Verlag fand erst 2018 wurde das Manuskript gedruckt Das Anliegen war eine Sozialgeschichte in welcher Winter zeigen wollte worin sich die osterreichische Bevolkerung von der deutschen unterschied Winter prasentiert jene Form der Verosterreicherung in der Romanen Slowenen und Bajuwaren ein neues Volk wurden das sich der deutschen Sprache als seiner Lingua Franca bediente 5 Von diesem seinem Anliegen her beurteilt Winter die Gegenreformation positiv weil dadurch die germanische Reformation von Osterreich abgewehrt wurde Er meint dass zur Zeit der Reformation in Osterreich vor allem Priesterehe und Laienkelch angestrebt wurden also ostkirchliche Praktiken aufgrund des slawischen Einflusses in Osterreich waren hier diese beiden reformatorischen Anliegen ohnehin seit langem prasent aber ohne dass es jemals zur Umsetzung kam Die daruber hinausgehende eher intellektuelle und eher Adel und Burgertum ansprechende Reformation verknupft Winter stark mit dem Germanismus der seiner Meinung nach einen fur Osterreich ungesunden Einfluss ausubte Daher muss man die Durchfuhrung der Gegenreformation in Osterreich als die grosste staatsmannische Leistung und ein uberragendes Gluck fur seine Bevolkerung betrachten 6 Der Freikirchler Franz Graf Stuhlhofer kritisiert Winters Sichtweise denn diese gegenreformatorischen Massnahmen verleiteten viele Osterreicher zur weltanschaulichen Unaufrichtigkeit sie lernten dass es vor allem auf aussere Anpassung ankomme um Schwierigkeiten zu vermeiden 7 Spate Ruckkehr nach Osterreich Bearbeiten Nach 1945 zerschlug sich allerdings Winters Hoffnung auf eine Professur in Graz Im Marz 1946 sandte er einen Brief an Viktor Matejka betreffend einer Ruckkehr nach Osterreich 8 Erst 1955 kehrte er dann mit seiner Familie zuruck und lehrte als Dozent in Wien In seinen letzten Lebensjahren beschaftigte er sich vermehrt mit Fragen der Religion Er wurde auf dem Gersthofer Friedhof bestattet 9 Sein Sohn Ernst Florian Winter hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht den geistigen und politischen Weg seines Vaters fortzufuhren Mitgliedschaft BearbeitenEr war Mitglied der Studentenverbindung Nibelungia Wien im OCV 10 Anerkennungen Bearbeiten nbsp Gedenktafel vor dem Ernst Karl Winter HofErnst Karl Winter Weg 1988 wurde in Wien Dobling der Ernst Karl Winter Weg nach ihm benannt Ernst Karl Winter Hof Der Gemeindebau in 1180 Wien Thimiggasse 63 69 Baujahr 1952 1955 wurde ebenfalls als Ernst Karl Winter Hof benannt Sein Lebenswerk galt der Versohnungspolitik mit der Sozialdemokratie steht auf einer steinernen Gedenktafel vor einem der Hauser Laut Anton Pelinka hat Winter nicht in die Politik des Vergessens der Nachkriegszeit hineingepasst Er sorgte in der OVP und der SPO fur ein schlechtes Gewissen weil er Recht behalten hatte Im Kampf gegen den Nationalsozialismus hatten beide Lager zusammenarbeiten mussen 11 Werke BearbeitenDie Sozialmetaphysik der Scholastik 1929 Platon Das Soziologische in der Ideenlehre 1930 Rudolph IV von Osterreich 2 Bde 1936 Arbeiterschaft und Staat 1936 Monarchie und Arbeiterschaft 1936 I Seipel als dialektisches Problem 1966 Hg Wiener politische Blatter 1933 ff Hg Wiener soziologische Studien 1933 ff Die Geschichte des osterreichischen Volkes hg von Paul R Tarmann Plattform Johannes Martinek Verlag Perchtoldsdorf 2018 verfasst 1942 45 Christentum und Zivilisation 1956 mit K Kramert St Severin der Heilige zwischen Ost und West Studien zum Severinsproblem 2 Bde 1959 f Gesammelte Werke hgg v E F Winter 7 Bde 1966Literatur uber Ernst Karl Winter BearbeitenErwin Bader Ernst Karl Winter und die Versohnung der politischen Lager In Ulrich E Zellenberg Hg Konservative Profile Ideen amp Praxis in der Politik zwischen FM Radetzky Karl Kraus und Alois Mock Stocker Graz 2003 S 363 378 Karl Hans Heinz E K Winter Ein Katholik zwischen Osterreichs Fronten 1933 38 1984 Robert Holzbauer Ernst Karl Winter 1895 1959 Materialien zu seiner Biographie und zum konservativ katholischen politischen Denken in Osterreich 1918 1938 Wien 1992 online Franz Kittel Lasst man Ernst Karl Winter gehen In Der Freiheitskampfer H 11 12 1956 speziell S 5 Alfred Missong Hg Ernst Karl Winter Bahnbrecher des Dialogs Wien 1969 online Robert Schediwy Ein Jahrhundert der Illusionen Okonomie Politik und Kultur im 20 Jahrhundert Bremen 2008 speziell S 260 ff Norbert Leser Hg Ernst Karl Winter In Grenzganger Osterreichische Geistesgeschichte in Totenbeschworungen Band 1 Wien 1982 S 141 166 Joseph Marko Die Kritik Ernst Karl Winters an Ignaz Seipel Ein kritischer Beitrag zum Staats und Demokratieverstandnis der Ersten Republik in Geschichte und Gegenwart 2 Jg 1983 S 128 149 und 207 225 Joseph Marko Ernst Karl Winter Wissenschaft und Politik als Beruf ung 1918 1938 in Geistiges Leben im Osterreich der Ersten Republik 1986 S 199 219 Stifter Christian H 2014 Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealitat osterreichischer Wissenschaft 1941 1955 Wien Koln Weimar Bohlau S 373 392 Einzelnachweise Bearbeiten Die Osterreichische Aktion und das Verhaltnis zum Nationalsozialismus 1 2 Vorlage Toter Link www koel at Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im April 2018 Suche in Webarchiven www koel at Ulrike Oedl Das Exilland Osterreich zwischen 1933 und 1938 Gsur Verlag S 10 uni salzburg at Katholischer Appell an den Bundesprasidenten In Arbeiter Zeitung 12 Marz 1933 S 5 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung aze Die Warnung eines katholischen Gelehrten In Arbeiter Zeitung 2 April 1933 S 4 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung aze Winter Geschichte des osterreichischen Volkes 2018 S 117 Winter Geschichte des osterreichischen Volkes 2018 S 280 283 Siehe die Rezension von Winters Buch durch Graf Stuhlhofer in Osterreich in Geschichte und Literatur 63 2019 S 98f hier kurzgefasst Brief von Ernst Karl Winter an Viktor Matejka betreffend die Ruckkehr Ernst Karl Winters und seiner Familie Memento vom 21 Januar 2016 im Webarchiv archive today 25 Marz 1946 doew at Grabstelle Ernst Karl Winter Wien Gersthofer Friedhof Gruppe 9 Reihe 1 Nr 13 Acta Studentica 208 Marz 2019 S 20f zit von Nicole Wohlgenannt in Aktion Winter Datum 3 2013 S 32 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Ernst Karl Winter im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Ernst Karl Winter Ein Einzelkampfer fur Osterreich von Norbert Leser Die Furche 2004 Normdaten Person GND 11955447X lobid OGND AKS LCCN n85101104 VIAF 824822 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Winter Ernst KarlKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Soziologe und PublizistGEBURTSDATUM 1 September 1895GEBURTSORT WienSTERBEDATUM 4 Februar 1959STERBEORT Wien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ernst Karl Winter amp oldid 238700517