www.wikidata.de-de.nina.az
Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand ist der Titel unter dem das Buch An Enquiry Concerning Human Understanding von David Hume im deutschsprachigen Raum bekannt geworden ist Bei der Erstveroffentlichung in London 1748 war der Titel der erkenntnistheoretischen Schrift noch Philosophical Essays Concerning Human Understanding Dementsprechend war die erste deutsche Ubersetzung erschienen 1755 in Hamburg und Leipzig Philosophische Versuche uber die Menschliche Erkenntniss uberschrieben Ein weiterer Titel einer deutschen Ubersetzung lautete Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes zum Beispiel 1869 ubersetzt von Julius von Kirchmann 1 Wahrend Hume fur seine Schrift von Seiten der Schulmetaphysik scharf angegriffen wurde regte er wichtige Veranderungen in der nachfolgenden Philosophie an Der Herausgeber der deutschsprachigen Erstausgabe Johann Georg Sulzer selbst Anhanger Christian Wolffs und keineswegs ein Skeptiker wie Hume bezeichnete diesen als Wohlthater der Philosophie nach dessen Kritik das Feld der Metaphysik neu bestellt werden konne 2 Immanuel Kant ging noch einen Schritt weiter indem er aus Humes Skeptizismus die Verpflichtung zur kritischen Prufung der Erkenntnismoglichkeiten ableitete 3 die ihn zu seiner kritischen Philosophie fuhrte Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Allgemeine Darstellung 1 2 1 Essay 1 3 Skeptizismus 1 4 Freiheit und Determinismus 1 5 Religionskritik 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenAllgemeine Darstellung Bearbeiten Das Buch das zu den wichtigsten Werken Humes zahlt besteht aus zwolf Essays die die Themen aus dem Erstlingswerk Humes A Treatise of Human Nature Ein Traktat uber die menschliche Natur wieder aufnehmen Nachdem die umfangreiche 1739 40 erschienene Schrift wenig Erfolg hatte vereinfachte Hume fur die Enquiry die Form und setzte etwas andere Schwerpunkte In einer der gangigsten deutschsprachigen Ausgaben 4 werden die zwolf Abschnitte wie folgt uberschrieben Uber die verschiedenen Arten der Philosophie Uber den Ursprung der Vorstellungen Uber die Assoziation der Vorstellungen Skeptische Zweifel in betreff der Verstandestatigkeiten Skeptische Losung dieser Zweifel Uber die Wahrscheinlichkeit Von der Vorstellung der notwendigen Verknupfung Uber Freiheit und Notwendigkeit Uber die Vernunft der Tiere Uber Wunder Uber eine besondere Vorsehung und ein zukunftiges Dasein Uber die akademische oder skeptische Philosophie 5 1 Essay Bearbeiten Mit dem Ziel einer kritischen Metaphysik 1 Essay formuliert Hume die Grundannahmen seiner Philosophie des Bewusstseins und der Erkenntnis nach denen nur Eindrucke impressions die Ursache fur Vorstellungen ideas sein konnen und einfache Vorstellungen vom menschlichen Geist zu komplexen Vorstellungen zusammengesetzt werden 2 Essay Diese Assoziation verlauft gemass dem dritten Essay anhand von Ahnlichkeit raum zeitlicher Nachbarschaft und Kausalitat Ahnlichkeit Beruhrung und Verursachung 6 Dies illustriert Hume in den bis 1768 erschienenen Ausgaben mit einem umfangreichen spater weggelassenen Abschnitt der sich mit Verknupfungen von Vorstellungen in der Literatur besonders in Geschichtsschreibung Epik und Dramatik befasst Dabei sei sowohl in der Geschichtsschreibung als auch in der epischen Dichtung die Beziehung von Ursache und Wirkung beherrschend 7 Nur die Beziehungen zwischen Vorstellungen konnen allerdings gewiss sein wahrend die Beziehungen zwischen Tatsachen die ja stets nur uber Eindrucke vermittelt erfahrbar sind nie mit Notwendigkeit wahr sind Daraus folgt dass nach Humes Verstandnis Kausalitat stets nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zwischen Ursache und Wirkung festgestellt werden kann nie mit absoluter Sicherheit Ein Ereignis folgt dem anderen aber nie konnen wir irgendein Band zwischen ihnen beobachten 8 Wir nehmen nicht nach einiger Erfahrung sondern aus Gewohnheit das als Ursache eines anderen Dinges an was wir mehrmals diesem vorausgehend beobachtet haben Die Absage an vollige Sicherheit zugunsten von blosser Wahrscheinlichkeit erstreckt Hume auf alle Aussagen auch auf reine Vernunfturteile Skeptizismus Bearbeiten Dieser Schritt fuhrt Hume zur Beschaftigung mit dem Skeptizismus 4 7 Essay 12 Essay dessen radikalste Form er als Pyrrhonismus ablehnt Zwar konne die radikale Skepsis etwa eines Pyrrhon von Elis ca 360 270 v Chr nicht erkenntnistheoretisch widerlegt werden sie sei aber in der Praxis nutzlos und konne daher auch nicht uberzeugen Hume vertritt stattdessen eine gemassigte Form Skeptizismus David Hume die er akademische Skepsis nennt da sie erstmals von Mitgliedern der Akademie Platons in Athen vertreten wurde namlich von Arkesilaos ca 315 240 v Chr und Karneades von Kyrene ca 215 130 v Chr danach auch von Cicero 106 43 v Chr 9 Freiheit und Determinismus Bearbeiten Humes Uberlegungen zu Freiheit und Determinismus im achten Essay stellen die Weichen fur die Analytische Philosophie im 20 Jahrhundert indem sie den diesbezuglichen Streit der Philosophen auf einen Streit um Worte reduziert und zwei Perspektiven unterscheidet Wahrend der Historiker eine Handlung kausal erklaren konne naturlich nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit konne der Handelnde selbst seine Entscheidung als frei und undeterminiert wahrnehmen 10 Auch Tiere lernen nach Hume durch Beobachtung und Erfahrung durch Gewohnheit und letztlich Glauben Dabei sei das was als den Tieren eigentumlich angesehen wird ihr Instinkt gar nicht so ausserordentlich im Vergleich zum Menschen Hume halt selbst unsere Vernunfttatigkeit auf Grund von Erfahrung die wir mit den Tieren gemein haben und von der die ganze Lebensfuhrung abhangt fur nichts als eine Art von Instinkt oder mechanischer Kraft Die Instinkte mogen verschieden sein aber es ist doch ein Instinkt 11 der Menschen und Tieren bei der praktischen Lebensfuhrung nutzlich ist 9 Essay Religionskritik Bearbeiten Beruhmt ist Humes Kritik am Wunderglauben 10 Essay 12 die er darauf aufbaut dass er Wunder als Verletzung von Naturgesetzen definiert was unmoglich sei Anschliessend kritisiert er die Glaubwurdigkeit historischer Wunder Zeugnisse und legt damit Ansatze zur Quellenkritik der modernen Geschichtswissenschaft vor Sein elfter Essay in diesem Band deutet bereits auf die in den 1750er Jahren entstandenen 13 aber erst posthum veroffentlichten Dialogues Concerning Natural Religion Dialoge uber naturliche Religion hin Gottesbeweise und Theodizee fuhren fur Hume in Aporien die positive soziale Wirkung der Religion konne man zu ihrer Begrundung akzeptieren solange nicht Aberglauben und Fanatismus diese Nutzlichkeit zunichtemachen 14 Hume schliesst mit der Forderung die bisherigen Wissensbestande auf der Grundlage seiner skeptischen Prinzipien neu zu bewerten indem man zwei Fragen an jeden Band besonders der theologischen und metaphysischen Literatur stelle Enthalt er irgend einen abstrakten Gedankengang uber Grosse oder Zahl Nein Enthalt er irgend einen auf Erfahrung gestutzten Gedankengang uber Tatsachen und Dasein Nein Nun so werft ihn ins Feuer denn er kann nichts als Blendwerk und Tauschung enthalten David Hume 15 Literatur BearbeitenAusgaben 16 David Hume An Enquiry Concerning Human Understanding In David Hume Enquiries concerning Human Understanding and concerning the Principles of Morals Hrsg von Lewis A Selby Bigge Anm von Peter H Nidditch 3 Aufl Oxford 1975 ISBN 0 19 824536 X David Hume An Enquiry Concerning Human Understanding Hrsg von Peter Millican Oxford 2007 David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 ISBN 3 7873 1155 6 InterpretationenRudolf Luthe An Enquiry Concerning Human Understanding In Franco Volpi Hrsg Grosses Werklexikon der Philosophie Kroner Stuttgart 2004 ISBN 3 520 83901 6 Bd 1 A K S 712f Jens Kulenkampff Hrsg David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 002866 1 Klassiker Auslegen Bd 8 Gerhard Streminger David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ein einfuhrender Kommentar Schoningh Paderborn u a 1995 ISBN 3 8252 1825 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource David Hume An Enquiry Concerning Human Understanding Quellen und Volltexte englisch David Hume Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes bei Zeno org ubersetzt von Julius von Kirchmann Berlin 1869 alternativ auf textlog de Einzelnachweise Bearbeiten Siehe den online verfugbaren Volltext David Hume Untersuchung in Betreff des menschlichen Verstandes An Enquiry Concerning Human Understanding 1748 Ubersetzung J H von Kirchmann Berlin 1869 So der Herausgeber Johann Georg Sulzer in David Hume Philosophische Versuche uber die Menschliche Erkenntniss Hamburg 1755 S I Vgl Heiner F Klemme Die praktische Bedeutung metaphysischer Untersuchungen In Jens Kulenkampff Hrsg David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Akademie Verlag Berlin 1997 S 19 35 hier S 31 Immanuel Kant Kritik der reinen Vernunft A 377f Kant nannte Hume dort in Anlehnung an Sulzers Formulierung einen Wohltater der menschlichen Vernunft David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 Die Ubersetzung von Raoul Richter stammt aus dem Jahr 1907 und wurde unverandert ubernommen da es sich insgesamt um eine treue Ubertragung handele so der Herausgeber in der Einleitung S XXV Eine Kurzzusammenfassung der einzelnen Abschnitte gibt auch James Fieser David Hume 1711 1776 Metaphysics and Epistemology Memento vom 9 Mai 2008 im Internet Archive In Internet Encyclopedia of Philosophy 2004 Ausfuhrlich werden die einzelnen Essays besprochen in Jens Kulenkampff Hrsg David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 002866 1 Klassiker Auslegen Bd 8 David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 S 34 Hervorhebung im Original Der dritte Abschnitt erstreckt sich uber S 24 34 in David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 Ab der Ausgabe von 1770 fehlten davon die S 26 34 vollstandig David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 S 90 Vgl Heiner F Klemme David Hume zur Einfuhrung Junius Hamburg 2007 S 72 82 Vgl Paul Russell Hume on Free Will In Stanford Encyclopedia of Philosophy 14 Dezember 2007 David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 S 126f Vgl Michael Levine Miracles In Stanford Encyclopedia of Philosophy 16 September 2005 sowie Gerhard Streminger David Humes Wunderanalyse In Aufklarung und Kritik 2 2003 S 205 224 PDF 78 kB Jens Kulenkampff David Hume 2 Aufl Beck Munchen 1989 S 21f Vgl Paul Russell Hume on Religion In Stanford Encyclopedia of Philosophy 4 Oktober 2005 David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Ubersetzt von Raoul Richter hrsg von Jens Kulenkampff 12 Aufl Meiner Hamburg 1993 S 193 Hervorhebung im Original Hier genannt je eine gangige Ausgabe in Englisch und Deutsch die haufig zur Referenzierung verwendet werden etwa in Jens Kulenkampff Hrsg David Hume Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand Akademie Verlag Berlin 1997 ISBN 3 05 002866 1 Klassiker Auslegen Bd 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eine Untersuchung uber den menschlichen Verstand amp oldid 231848877