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Die klassische Dichtefunktionaltheorie DFT auch klassische Dichtefunktionaltheorie ist in der statistischen Physik eine Methode das Verhalten eines Vielteilchensystems etwa eines Gases in einem Behalter zu beschreiben Die DFT ist heutzutage eine Standardtechnik in der Flussigkeitstheorie Im Gegensatz zur alteren quantenmechanischen Dichtefunktionaltheorie wird sie auf Vielteilchensysteme angewandt die mit der klassischen Physik beschrieben werden Die klassische DFT ermoglicht es fur gegebene Parameter u a Temperatur und von aussen vorgegebene Wechselwirkungen die ortsabhangige Dichte dieses Systems Korrelationsfunktionen u a Radiale Verteilungsfunktion und thermodynamische Eigenschaften Freie Energie Zustandsgleichung Phasenubergange zu berechnen Die Starke der DFT liegt darin dass sie fur inhomogene Systeme ortsabhangige Teilchendichte anwendbar ist Die Theorie wurde durch Robert Evans Universitat Bristol 1979 begrundet der das zugrundeliegende Variationsprinzip bewies wobei er auf ein entsprechendes Prinzip bei quantenmechanischen Vielteilchensystemen bei endlicher Temperatur von N David Mermin 1965 eine Verallgemeinerung des Hohenberg Kohn Theorems zuruckgriff Die Theorie hat historische Vorlaufer in klassischen Untersuchungen von Johannes Diderik van der Waals uber die Flussig Gas Grenzflache 1893 und von Lars Onsager uber Phasenubergange in Flussigkristallen 1949 Inhaltsverzeichnis 1 Anwendungsgebiete 2 Variationsprinzip 2 1 Herleitung 3 Intrinsische Freie Energie 3 1 Ideal und Exzess Funktional 4 Anwendung des Variationsprinzips 5 Naherungen fur das Exzess Funktional 6 Dynamische Dichtefunktionaltheorie 7 Literatur 8 Siehe auch 9 WeblinksAnwendungsgebiete BearbeitenDie klassische DFT ermoglicht es thermodynamische Eigenschaften und Korrelationsfunktionen fur Systeme zu berechnen deren Translationsinvarianz und oder Rotationsinvarianz gebrochen ist In inhomogenen Situationen konnen Effekte auftreten die es in der homogenen Phase nicht gibt Beispiele hierfur sind Einschrankende Geometrien erzeugen ein externes Potential und verandern die Struktur des Fluids und sein Phasenverhalten Aufgrund von Packungseffekten oszilliert die Dichte in der Nahe einer Wand wahrend sich in grosserer Entfernung die Effekte herausmitteln An festen Substraten und Wanden kann Adsorption zu geordneten Strukturen in der Nahe der Wand fuhren Dabei konnen makroskopisch messbare Effekte wie Benetzung Sedimentation oder Oberflachen Phasenubergange auftreten Bei Mikrokanalen oder porosen Medien konnen Effekte wie Kapillarkondensation oder capillary filling auftreten Grenzflachen zwischen verschiedenen koexistierenden Phasen flussig gasformig kristallin flussig flussig flussig Entmischung bei Flussigkeitsmischungen Die Teilchendichte variiert stark im Gebiet der Phasengrenzflache Diese Variation fuhrt zum makroskopischen Effekt der Oberflachenspannung Aussere Felder z B Sedimentation von suspendierten Kolloiden im Gravitationsfeld Ausrichtung von Dipolen im elektrischen Feld Molekule eines Flussigkristalls Auch die kristalline Phase lasst sich grundsatzlich im Rahmen der DFT behandeln da man diese als periodische Dichte darstellen kann Man kann also den Phasenubergang des Gefrierens berechnen Im Vergleich zu Simulationen MC oder MD ist die DFT Losung meist deutlich schneller zu berechnen Die klassische DFT ist nur im klassischen Limit anwendbar also nicht dort wo quantenmechanische Effekte dominieren Ein Kriterium hierfur lautet dass die thermische Wellenlange viel kleiner als die mittlere nachste Nachbar Entfernung sein muss Variationsprinzip BearbeitenDas Prinzip der Dichtefunktionaltheorie beruht darauf dass das thermodynamische Potenzial z B die freie Energie F displaystyle F nbsp oder das grosskanonische Potenzial W displaystyle Omega nbsp eines Ensembles sich als Funktional der mikroskopischen Dichte r displaystyle rho nbsp schreiben lasst also F r displaystyle F rho nbsp bzw W r displaystyle Omega rho nbsp Dieses Funktional wird minimal bei der physikalisch realisierten Dichte r 0 displaystyle rho 0 nbsp der Gleichgewichtsdichte Fur das grosskanonische Potential gilt also W r gt W r 0 fur r r 0 displaystyle Omega rho gt Omega rho 0 text fur rho neq rho 0 nbsp wobei W r 0 W 0 displaystyle Omega rho 0 Omega 0 nbsp Ist das Dichtefunktional fur ein gegebenes System bekannt kann die Gleichgewichtsdichte also durch Minimieren des Funktionals gefunden werden Die Funktionalableitung ist bei der Gleichgewichtsdichte gleich null d W r d r r r 0 0 displaystyle left frac delta Omega rho delta rho boldsymbol r right rho 0 0 nbsp Herleitung Bearbeiten Im Folgenden verwendete Symbole H displaystyle H nbsp die Hamiltonfunktion m displaystyle mu nbsp das chemische Potential N displaystyle N nbsp die Teilchenzahl k B displaystyle k mathrm B nbsp die Boltzmannkonstante T displaystyle T nbsp die Temperatur b k B T 1 displaystyle beta k mathrm B T 1 nbsp die inverse thermische Energie Z gk displaystyle Z text gk nbsp die grosskanonische Zustandssumme Tr displaystyle operatorname Tr nbsp die klassische Spurbildung im grosskanonischen Ensemble Aus der Statistik des grosskanonischen Ensembles ist die Gleichgewichtsdichte und das grosskanonische Gleichgewichtspotential bekannt f 0 Z g k 1 exp b H m N W 0 k B T ln Z gk displaystyle f 0 Z mathrm gk 1 exp left beta H mu N right quad implies quad Omega 0 k mathrm B T ln Z text gk nbsp Das grosskanonische Potential kann man allgemein auch fur Nichtgleichgewichtszustande als Funktional einer beliebigen Wahrscheinlichkeitsdichte f displaystyle f nbsp im Phasenraum schreiben W gk f Tr f H m N k B T ln f displaystyle Omega text gk f operatorname Tr left f left H mu N k mathrm B T ln f right right nbsp Man kann mit einer Gibbs Ungleichung beweisen dass die Gleichgewichtsdichte f 0 displaystyle f 0 nbsp das Funktional minimiert W 0 min f W gk f displaystyle Omega 0 min f Omega text gk f nbsp Der entscheidende Schritt ist der Ubergang von einem Funktional von f displaystyle f nbsp zu einem Funktional von r displaystyle rho nbsp Dabei hangt f displaystyle f nbsp von 6 N displaystyle 6N nbsp Koordinaten ab fur N displaystyle N nbsp Teilchen jeweils 3 displaystyle 3 nbsp Impulskoordinaten p i displaystyle boldsymbol p i nbsp und 3 displaystyle 3 nbsp Ortskoordinaten r i displaystyle boldsymbol r i nbsp dagegen r displaystyle rho nbsp nur von 3 displaystyle 3 nbsp Ortskoordinaten r displaystyle boldsymbol r nbsp Der Zusammenhang ist gegeben durch r r Tr f i 1 N d r r i displaystyle textstyle rho boldsymbol r operatorname Tr f sum i 1 N delta boldsymbol r boldsymbol r i nbsp Die Minimierung nach f displaystyle f nbsp kann in eine doppelte Minimierung umgeschrieben werden Levy Methode W 0 min r W r wobei W r min f r W gk f displaystyle Omega 0 min rho Omega rho quad text wobei quad Omega rho min f to rho Omega text gk f nbsp Die innere Minimierung bedeutet dass W gk f displaystyle Omega text gk f nbsp minimiert wird unter der Bedingung dass ein bestimmtes r displaystyle rho nbsp durch f displaystyle f nbsp generiert wird Aus dieser Minimierung lasst sich jedoch im Allgemeinen kein analytischer Ausdruck fur den Exzessteil von W r displaystyle Omega rho nbsp ableiten Intrinsische Freie Energie BearbeitenDie Hamiltonfunktion kann man aufspalten H K N F N V N displaystyle H K N Phi N V N nbsp in kinetische Energie interne Wechselwirkung und externe Wechselwirkung Diese lauten K N i 1 N p i 2 2 m F N i lt j N ϕ r i r j V N i 1 N V r i displaystyle textstyle K N sum i 1 N frac boldsymbol p i 2 2m quad Phi N sum i lt j N phi boldsymbol r i boldsymbol r j quad V N sum i 1 N V boldsymbol r i nbsp Hier ist ϕ r i r j displaystyle phi boldsymbol r i boldsymbol r j nbsp das effektive interne Potential zwischen den Flussigkeitsteilchen und V r i displaystyle V boldsymbol r i nbsp das externe Potential Einsetzen und Aufspalten W r min f r Tr f K N k B T ln f F id r min f r Tr f F N F ex r F r min f r Tr f V N d r r r V r F r min f r Tr f m N d r r r m displaystyle Omega rho underbrace underbrace overbrace min f to rho operatorname Tr left f left K N k mathrm B T ln f right right mathcal F text id rho overbrace min f to rho operatorname Tr left f Phi N right mathcal F text ex rho mathcal F rho overbrace min f to rho operatorname Tr left fV N right int mathrm d boldsymbol r rho boldsymbol r V boldsymbol r F rho overbrace min f to rho operatorname Tr left f left mu N right right int mathrm d boldsymbol r rho boldsymbol r mu nbsp Hierbei wurden die Funktionale freie Energie F r displaystyle F rho nbsp und intrinsische freie Energie F r displaystyle mathcal F rho nbsp definiert Man fuhrt das intrinsische Freie Energie Funktional derart ein dass es nur von internen Wechselwirkungen ϕ displaystyle phi nbsp nicht aber von externen Wechselwirkungen V displaystyle V nbsp abhangt Somit ist die analytische Form von F r displaystyle mathcal F rho nbsp auf alle Inhomogenitaten anwendbar da diese von V displaystyle V nbsp hervorgerufen werden Der Zusammenhang zwischen W r displaystyle Omega rho nbsp und F r displaystyle mathcal F rho nbsp ist also gegeben durch W r F r d r r r m in r displaystyle Omega rho mathcal F rho int mathrm d boldsymbol r rho boldsymbol r mu text in boldsymbol r nbsp wobei m in r m V r displaystyle mu text in boldsymbol r mu V boldsymbol r nbsp das intrinsische chemische Potential definiert Dies entspricht einer Legendre Transformation zwischen den thermodynamischen Potentialen Ideal und Exzess Funktional Bearbeiten Man teilt die intrinsische freie Energie in einen idealen und einen exzess Teil auf Ersterer beschreibt den wechselwirkungsfreien Anteil siehe ideales Gas letzterer beschreibt die Wechselwirkungen innerhalb der Flussigkeit F r F id r F ex r displaystyle mathcal F rho mathcal F text id rho mathcal F text ex rho nbsp Der ideale Teil lasst sich analytisch exakt berechnen L displaystyle Lambda nbsp ist die thermische Wellenlange F id r k B T d r r r ln L 3 r r 1 displaystyle mathcal F text id rho k mathrm B T int mathrm d boldsymbol r rho boldsymbol r left ln left Lambda 3 rho boldsymbol r right 1 right nbsp Das Exzess Funktional hangt von dem jeweiligen internen Wechselwirkungspotential ϕ displaystyle phi nbsp ab und ist im Allgemeinen unbekannt Man definiert die direkten Korrelationsfunktionen als Funktionalableitung c n r 1 r n r b d n F ex r d r r 1 d r r n r displaystyle c n boldsymbol r 1 ldots boldsymbol r n rho beta left frac delta n mathcal F text ex rho delta rho boldsymbol r 1 ldots delta rho boldsymbol r n right rho nbsp Fur das ideale Gas ist F 0 displaystyle Phi 0 nbsp und somit F ex 0 displaystyle mathcal F text ex 0 nbsp und c n 0 displaystyle c n 0 nbsp Anwendung des Variationsprinzips BearbeitenFur obiges Variationsprinzip gilt 0 d W r d r r r r 0 k B T ln L 3 r 0 r k B T c 1 r r 0 m in r displaystyle 0 left frac delta Omega rho delta rho boldsymbol r right rho rho 0 k mathrm B T ln left Lambda 3 rho 0 boldsymbol r right k mathrm B T c 1 boldsymbol r rho 0 mu text in boldsymbol r nbsp Durch Auflosen nach der Dichte erhalt man die verallgemeinerte barometrische Hohenformel r 0 r L 3 exp b m in r c 1 r r 0 displaystyle rho 0 boldsymbol r Lambda 3 exp left beta mu text in boldsymbol r c 1 boldsymbol r rho 0 right nbsp Zur barometrische Hohenformel des idealen Gases kommt die Funktion c 1 r displaystyle c 1 boldsymbol r nbsp hinzu die also den Einfluss der Teilchenwechselwirkung auf das Dichteprofil beinhaltet Schreibt man den Exponenten als b m b V r k B T c 1 r displaystyle beta mu beta left V boldsymbol r k mathrm B T c 1 boldsymbol r right nbsp sieht man dass das externe Potential um k B T c 1 r displaystyle k mathrm B T c 1 boldsymbol r nbsp moduliert wird Da c 1 r displaystyle c 1 boldsymbol r nbsp ein Funktional der Dichte ist kann man die verallgemeinerte barometrische Hohenformel verwenden um die Gleichung mittels Fixpunktiteration selbstkonsistent zu losen Naherungen fur das Exzess Funktional BearbeitenUnterschiedliche Wechselwirkungen zwischen den betrachteten Teilchen z B Lennard Jones Potential harte Kugeln weiche Repulsion zwischen Polymer Knauel erfordern verschiedene Exzess Funktionale Ist jedoch fur eine bestimmte interne Wechselwirkung ein Funktional bekannt lassen sich damit samtliche inhomogene Situationen fur samtliche externe Potentiale berechnen Nur fur harte Stabchen in einer Dimension lasst sich das Exzess Funktional exakt konstruieren fur alle anderen wechselwirkenden Systeme mussen geeignete Approximationen verwendet werden Somit liegt das zentrale Problem der DFT in der Beschaffung einer geeigneten Naherung fur dieses Funktional Die Funktionalentwicklung ausgehend von mikroskopischen Eigenschaften von einer effektiven Hamiltonfunktion erfordert viel Erfahrung Es gibt jedoch einige Standardfunktionale die sehr vielseitig einsetzbar sind Haufig verwendete Naherungen sind Lokale Dichtenaherung Local Density Approximation LDA Molekularfeldnaherung Mean Field Approximation MFA bzw Random Phase Approximation RPA Gewichtete Dichtenaherung Weighted Density Approximation WDA Rosenfeld Funktionale Fundamental measure theory FMT Dynamische Dichtefunktionaltheorie BearbeitenNeben der DFT die Gleichgewichtszustande betrachtet gibt es fur Nichtgleichgewichtszustande auch die DDFT dynamische DFT mit der man die zeitliche Entwicklung eines Systems berechnen kann z B kolloidale Suspensionen die der Brownschen Bewegung unterliegen In der DDFT gehorcht die Zeitentwicklung der Dichte r r t displaystyle rho boldsymbol r t nbsp der Formel r t G r d F d r displaystyle frac partial rho partial t Gamma nabla cdot left rho nabla frac delta F delta rho right nbsp mit der Mobilitat G displaystyle Gamma nbsp und der freien Energie F displaystyle F nbsp Die Bewegungsgleichung der DDFT lasst sich uber die sogenannte adiabatische Naherung aus den mikroskopischen Bewegungsgleichungen eines kolloidalen Systems Langevin Gleichungen bzw Smoluchowski Gleichung herleiten Die adiabatische Naherung entspricht der Annahme dass die Zweiteilchenverteilungsfunktion in einem Nichtgleichgewichtssystem identisch ist mit der in einem Gleichgewichtssystem mit derselben Dichte Dies ermoglicht die Herleitung einer geschlossenen Bewegungsgleichung fur die Dichte r r t displaystyle rho boldsymbol r t nbsp Fur ein System aus nichtwechselwirkenden Teilchen Exzess Funktional verschwindet geht die DDFT Gleichung in die Diffusionsgleichung uber Literatur BearbeitenJ P Hansen I R McDonald Theory of Simple Liquids Academic Press Elsevier 4 Auflage 2013 ISBN 978 0 12 387032 2 D Henderson Fundamentals of Inhomogeneous Fluids Dekker 1992 ISBN 978 0 82 478711 0 Chap 3 by R Evans R Evans The nature of the liquid vapour interface and other topics in the statistical mechanics of non uniform classical fluids Adv Phys 28 143 200 1979 doi 10 1080 00018737900101365 Y Rosenfeld Free energy model for the inhomogeneous hard sphere fluid mixture and density functional theory of freezing Phys Rev Lett 63 980 983 1989 doi 10 1103 PhysRevLett 63 980 M Schmidt M Burgis W S B Dwandaru G Leithall P Hopkins Recent developments in classical density functional theory Internal energy functional and diagrammatic structure of fundamental measure theory Condensed Matter Physics Band 15 2002 43603 1 15 pdf M te Vrugt H Lowen R Wittkowski Classical dynamical density functional theory from fundamentals to applications Adv Phys 69 121 247 2020 doi 10 1080 00018732 2020 1854965Siehe auch BearbeitenDichtefunktionaltheorie Quantenphysik Hohenberg Kohn TheoremWeblinks BearbeitenR Evans Density Functional Theory for Inhomogeneous Liquids I 2009 pdf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dichtefunktionaltheorie statistische Physik amp oldid 238580931