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Der Deutsche Verband fur Frauenstimmrecht wurde am 1 Januar 1902 in Hamburg 1 als Deutscher Verein fur Frauenstimmrecht gegrundet und 1904 in den Deutschen Verband fur Frauenstimmrecht umgewandelt Der Verband war der erste aus dem burgerlich radikalen Spektrum der Frauenrechtsbewegung der sein Ziel vornehmlich in der Erlangung des aktiven und passiven Wahlrechts fur Frauen sah und war der grosste Dachverband der zersplitterten deutschen Frauenstimmrechtsbewegung 1916 schlossen sich der Verband und die Deutsche Vereinigung fur Frauenstimmrecht zum Deutschen Reichsverband fur Frauenstimmrecht zusammen Broschure Gleiches Recht Frauenstimmrecht Wacht auf Ihr deutschen Frauen aller Stande aller Parteien 1907 des Verbands Inhaltsverzeichnis 1 Grundung 2 Richtungsstreit ab 1907 3 Kartellversuch 4 Zusammenschluss zum Deutschen Reichsverband fur Frauenstimmrecht 5 Vereinsstruktur und Mitgliederzahlen 6 Verbandsorgan 7 Siehe auch 8 Literatur 9 EinzelnachweiseGrundung BearbeitenDer direkte Anlass fur die Grundung war die Erste Internationale Frauenstimmrechtskonferenz die im Februar 1902 in Washington D C stattfinden sollte Da noch keine deutsche Organisation bestand die die Forderung nach dem Frauenstimmrecht vertrat konnten keine deutschen Delegierten entsandt werden Neben Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann die Vorsitzende und Vize Vorsitzende wurden gehorten zu den Grundungsmitgliedern Minna Cauer Charlotte Engel Reimers Agnes Hacker Kathe Schirmacher Helene Stocker und Adelheid von Welczeck insgesamt waren es 13 Weitere bekannte Frauenrechtlerinnen traten in den nachsten Monaten bei darunter Marie Raschke Anna Pappritz und Marie Stritt Auch der Hamburger Frauenwohl Verein trat geschlossen bei 2 Nach der Grundung konnte Augspurg im Namen des Vereins eine Grussadresse zur internationalen Frauenstimmrechtskonferenz telegraphieren 3 Die Grundung des Vereins loste grosses Interesse im Deutschen Kaiserreich aus hatten doch Zeitschriften der deutschen Frauenbewegung schon uber einen langeren Zeitraum uber das schon durchgesetzte Frauenwahlrecht oder uber Frauenstimmrechtsverbande in anderen Landern Europas berichtet Der Hamburger Verein gewann in kurzer Zeit viele Mitglieder und galt als Vorbild lokale Ableger in anderen Landern des Deutschen Reiches zu grunden wo dies rechtlich moglich war 4 Schon im selben Jahr konnte ein grosser Erfolg gefeiert werden 35 Frauen konnten eine Audienz beim Reichskanzler Bernhard von Bulow erhalten und dort ihre Forderungen vortragen Im Vordergrund stand hier vor allem die Anderung des Vereinsgesetzes welches politische Aktivitaten von Frauen in vielen deutschen Landern verhinderte 5 1904 nahm der Verein an der von Susan B Anthony gefuhrten Zweiten Internationalen Frauenstimmrechtskonferenz in Berlin teil und schloss sich dem dort gegrundeten Weltbund fur Frauenstimmrecht engl International Alliance of Women der internationalen Frauenbewegung an 6 Der IWSA nahm nur nationale Dachverbande auf Entsprechend wurde der deutsche Stimmrechtsverein nach der Konferenz in einen Verband namens Deutscher Verband fur Frauenstimmrecht mit Zweigvereinen und Ortsgruppen umgewandelt 7 Neben Publikationen Vortragen und zahlreichen Petitionen 8 die sich fur das demokratische Stimmrecht fur alle besonders aber fur Frauen aussprachen engagierten sich die Frauen als Wahlhelferinnen bei Landtagswahlen als auch bei Stadtverordnetenwahlen um diejenigen Kandidaten voranzubringen die der Frauenstimmrechtsfrage positiv gegenuberstanden 9 und versuchten daruber hinaus burgerlich orientierte Parteien fur ihre Sache zu interessieren Neben der Freisinnigen Volkspartei und der Freisinnigen Vereinigung die einzigen Parteien bei der Frauen allerdings nicht gleichberechtigte Mitglieder werden konnten 10 blieb die SPD langfristig aber die einzige Partei die bereit war sich fur das Frauenstimmrecht einzusetzen 11 Richtungsstreit ab 1907 BearbeitenAb 1907 kam es im Verband zu einem Richtungsstreit dazu wie man sich ohne parteipolitische Festlegung fur das demokratische Wahlrecht einsetzen konnte Fur die Verbandsmitglieder bestand ein Konflikt zwischen der feministischen Forderung nach dem Frauenwahlrecht und anderweitigen politischen Uberzeugungen Dabei verlor der in den Anfangsjahren bestimmende linke radikale Flugel der burgerlichen Frauenbewegung immer mehr an Einfluss In Reaktion auf den Vorwurf der Sozialdemokraten sie seien die einzigen die sich fur das allgemeine und gleiche Wahlrecht einsetzten prazisierte der Verband auf seiner zweiten Generalversammlung 1907 was er unter politischer Gleichberechtigung verstand 12 Die Klarstellung in 3 der Verbandssatzung fuhrte zu einer mehrjahrigen Auseinandersetzung Der Verband vertritt keine politische Partei ebensowenig einer Partei oder Richtung innerhalb der Frauenbewegung Der Verband erstrebt das allgemeine gleiche direkte und geheime Wahlrecht fur beide Geschlechter zu den gesetzgebenden Korperschaften und den Organen der Selbstverwaltung 1907 beschlossener 3 der Verbandssatzung 13 Dieser Paragraph enthielt fur die damaligen Zeitgenossen einen Widerspruch da das allgemeine und gleiche Wahlrecht fur Manner nur von einem Teil des Parteienspektrums gefordert wurde namlich der Sozialdemokratie und der radikal liberalen Demokratischen Vereinigung Der Richtungsstreit loste 1908 09 den Austritt des Kolner Mitgliedvereins und die Grundung weiterer Frauenstimmrechtsvereine aus die jeweils fur Manner und Frauen die gleichen Staatsburgerrechte aber kein bestimmtes Wahlrecht forderten insbesondere nicht die Abschaffung des Drei Klassen Wahlrechts in Preussen Diese Vereine schlossen sich schliesslich zur Deutschen Vereinigung fur Frauenstimmrecht zusammen 14 1911 wurde die Satzung des Verbands umformuliert Statt fur beide Geschlechter wurde nun nur noch fur Frauen das allgemeine gleiche direkte und geheime aktive sowie passive Wahlrecht gefordert 15 Die Richtungskampfe fuhrten zum Rucktritt von Augspurg und Heymann aus dem Vorstand da sie nicht bereit waren mit der ebenfalls gewahlten Marie Stritt zusammenzuarbeiten Der Vorstand bestand nun aus Marie Stritt als Vorsitzende sowie Martha Zietz Anna Lindemann Maria Lischneska und Kathe Schirmacher und war damit stark national liberal ausgerichtet 16 Auch die neue Formulierung war umstritten doch da sich die Mitglieder auf keine weitere Anderung einigen konnten blieb sie auch im Folgejahr in Kraft Augspurg und Heymann mehrere hundert weitere Mitglieder sowie zwei Provinzialvereine Hamburg und Bayern traten daraufhin aus dem Verband aus 1913 grundeten Augspurg und Heymann den Deutschen Frauenstimmrechtsbund der die ausgetretenen Vereine zusammenschloss 17 18 Es gab nun drei burgerliche Frauenstimmrechtsvereine was ein Jahr spater von Minna Cauer so beschrieben wurde Es ist nunmehr genugend Auswahl vorhanden so dass jeder sein Feld sich aussuchen kann das konservative das gemassigte und das demokratische Rechnen mussen die Frauen also jetzt mit diesen drei Richtungen der burgerlichen Frauenstimmrechtsbewegung in Deutschland Minna Cauer 1914 Zeitschrift fur Frauenstimmrecht 8 1914 4 S 11 19 Kartellversuch BearbeitenAuf einen Vorschlag von Augspurg und Heymann hin vereinbarten 1914 der Deutsche Verband fur Frauenstimmrecht der Deutsche Frauenstimmrechtsbund und die Deutsche Vereinigung fur Frauenstimmrecht ein Kartell mit dem Ziel nach aussen eine geschlossene Front zu zeigen Das Kartell sollte die Zusammenarbeit bei Demonstrationen Petitionen und die Vertretung in der International Woman Suffrage Alliance erleichtern Der gemeinsame Nenner war die Forderung nach dem Frauenwahlrecht Details zur Ausgestaltung dieses Wahlrechts wurden nicht benannt 20 21 Zusammenschluss zum Deutschen Reichsverband fur Frauenstimmrecht Bearbeiten1916 wurde das Kartell aufgegeben Die gemassigte und die konservative Stimmrechtsfraktionen hatten anders als die radikale eine gemeinsame Basis im nationalen und patriotischen Denken So schlossen sich der Deutsche Verband fur Frauenstimmrecht und die Deutsche Vereinigung fur Frauenstimmrecht unter Fuhrung Marie Stritts zum Deutschen Reichsverband fur Frauenstimmrecht zusammen Das Exekutivkomitee bestand aus Ida Dehmel Li Fischer Eckert und Illa Uth die aus der Vereinigung kamen und Rosa Kempf Luise Koch Alma Dzialoszynski und Emma Nageli aus dem bisherigen Verband 3 in der Formulierung von 1911 wurde nun aufgegeben Der Reichsverband vertrat eine beschranktes Frauenwahlrecht Mehrere Mitgliedsverbande des bisherigen Verbandes traten daraufhin aus Drei davon schlossen sich dem Frauenstimmrechtsbund an Im neuen Verband hatten die Mitglieder des bisherigen Verbands zwar die Mehrheit die Forderungen des neuen Verbands entsprachen aber eher dem der Frauenstimmrechts Vereinigung d h der Verband vertrat nun die konservative Richtung der Frauenbewegung 20 21 Nachdem 1918 in Deutschland das Frauenwahlrecht eingefuhrt worden war loste sich der Deutsche Reichsverband fur Frauenstimmrecht 1919 auf 22 Vereinsstruktur und Mitgliederzahlen BearbeitenBis zu einer Satzungsanderung im Jahr 1904 waren nur Einzelmitgliedschaften moglich Danach konnten auch korporative Mitglieder aufgenommen werden 23 Wo die preussischen Vereinsgesetze die formelle Grundung von Ortsgruppen unterband baute der Verband ein Netz von Vertrauenspersonen auf die die Verbindung zwischen dem Vorstand und den Einzelmitgliedern in den Stadten herstellte 24 25 Nach der Liberalisierung der Vereinsgesetze stieg die Mitgliederzahl die bis dahin klein geblieben war stark an 1907 08 knapp 2 500 Mitglieder in 7 Landes und 19 Ortsvereinen davon mehr als 200 Manner Der Verband konnte seine bisherigen Unterorganisationen nun zudem in Landesverbande umwandeln Ab 1911 gewann der Verband jedes Jahr um die 1000 Mitglieder hinzu Kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte er fast 10 000 Mitglieder 23 26 1918 bestand der Reichsverband aus zehn Landesvereinen elf Provinzialvereinen und 86 Ortsgruppen mit insgesamt ca 10 000 Mitgliedern 27 Verbandsorgan Bearbeiten nbsp Erste Ausgabe der Zeitschrift Frauenstimmrecht von April Mai 1912 mit Lied Weckruf zum Frauenstimmrecht die zur Melodie der Marseillaise bei Versammlungen gesungen werden sollte Nach der Grundung wurde zunachst die von Minna Cauer bereits seit 1895 herausgegebene Zeitschrift Die Frauenbewegung das Vereinsorgan 28 Mit Verweis auf die partei politische Neutralitat wurde bei der zweiten Generalversammlung 1907 entschieden dass die von Minna Cauer herausgegebene Zeitschrift Die Frauenbewegung nicht mehr das Verbandsorgan sein konnte da sie die radikale Richtung der Frauenbewegung vertrete 29 Organ des Verbands wurde die neu gegrundete Zeitschrift fur Frauenstimmrecht die sowohl als eigenstandige Zeitschrift als auch monatliche Beilage der Zeitschrift Die Frauenbewegung erschien und von Anita Augspurg redigiert wurde 30 Das Motto der Zeitschrift war Gerechtigkeit erhoht ein Volk Das Titelblatt zeigte eine allegorische Darstellung des Kampfes um das Stimmrecht bei der vor der aufsteigenden Sonne eine Frauengestalt triumphierend eine zerbrochene Hohe hielt 31 1912 wurde die Zeitschrift Frauenstimmrecht ins Leben gerufen die wiederum von Augspurg herausgegeben wurde die Beilage Zeitschrift fur Frauenstimmrecht zu Die Frauenbewegung erschien weiterhin nicht mehr als Verbandsorgan und nun redigiert von Minna Cauer Bei der Eisenacher Generalversammlung 1913 wurde beschlossen dass die Redaktion inhaltlich und formell im Einverstandnis mit dem Verbandsvorstand zu erfolgen hatte Daraufhin gab Augspurg die Redaktion ab die nun Adele Schreiber ubernahm 1914 wurde die Zeitschrift in Die Staatsburgerin umbenannt 32 Siehe auch BearbeitenFrauenstimmrechtsbewegung in DeutschlandLiteratur BearbeitenRichard J Evans The feminist movement in Germany 1894 1933 Sage studies in 20th century history Band 6 Sage Publications London 1976 ISBN 0 8039 9951 8 Barbara Greven Aschoff Die burgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894 1933 Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 46 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1981 ISBN 3 525 35704 4 urn nbn de bvb 12 bsb00052495 9 Christina Klausmann Politik und Kultur der Frauenbewegung im Kaiserreich Das Beispiel Frankfurt am Main Geschichte und Geschlechter Band 19 Campus Frankfurt am Main 1997 ISBN 3 593 35758 5 Ulla Wischermann Frauenbewegungen und Offentlichkeiten um 1900 Netzwerke Gegenoffentlichkeiten Protestinszenierungen Frankfurter Feministische Texte Sozialwissenschaften Band 4 Helmer Konigstein 2003 ISBN 3 89741 121 0 Einzelnachweise Bearbeiten Hamburg wurde als Grundungsort gewahlt da das Vereinsrecht in Preussen eine weibliche Beteiligung an politisch orientierten Vereinen verbot Dies wurde erst 1908 durch das Reichsvereinsgesetz moglich Evans 1976 S 71 72 Barbel Clemens Der Kampf um das Frauenstimmrecht in Deutschland In Christl Wickert Hrsg Heraus mit dem Frauenwahlrecht Die Kampfe der Frauen in Deutschland und England um die politische Gleichberechtigung Frauen in Geschichte und Gesellschaft Nr 17 Centaurus Pfaffenweiler 1990 ISBN 3 89085 389 7 S 51 131 hier S 76 Clemens 1990 S 76 Clemens 1990 S 78 Clemens 1990 S 77 Wischermann 2003 S 107 109 Die Petition war lange Zeit das einzige politische Partizipationsrecht von Frauen Klausmann 1997 S 248 Clemens 1990 S 79 Gisela Notz Her mit dem allgemeinen gleichen Wahlrecht fur Mann und Frau Die internationale sozialistische Frauenbewegung zu Beginn des 20 Jahrhunderts und der Kampf um das Frauenwahlrecht Friedrich Ebert Stiftung Historisches Forschungszentrum Bonn 2008 ISBN 978 3 89892 981 3 S 18 Kerstin Wolff Noch einmal von vorn und neu erzahlt Die Geschichte des Kampfes um das Frauenwahlrecht in Deutschland In Hedwig Richter Kerstin Wolff Hrsg Frauenwahlrecht Demokratisierung der Demokratie in Deutschland und Europa Hamburg 2018 ISBN 978 3 86854 323 0 S 35 56 hier S 49 Klausmann 1997 S 259 Greven Aschoff 1986 S 134 136 Greven Aschoff 1986 S 137 139 Evans 1976 S 103 Greven Aschoff 1986 S 137 140 Evans 1976 S 104 105 zitiert nach Wolff 2018 S 51 a b Greven Aschoff 1986 S 137 140 a b Evans 1976 S 106 107 Angelika Schaser Frauenbewegung in Deutschland 1848 1933 WBG Darmstadt 2006 ISBN 978 3 534 15210 0 S 53 a b Wischermann 2003 S 107 109 Greven Aschoff 1986 S 134 Klausmann 1997 S 242 246 Evans 1976 S 93 94 Wischermann 2003 S 115 Wischermann 2003 S 107 109 Greven Aschoff 1986 S 134 135 Clemens 1990 S 77 Klausmann 1997 S 266 267 Wischermann 2003 S 114 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutscher Verband fur Frauenstimmrecht amp oldid 229134522