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Die Burg Kokenhusen lettisch Kokneses pils ist die Ruine einer mittelalterlichen Abschnittsburg im lettischen Koknese deutsch Kokenhusen etwa 85 Kilometer sudostlich der Hauptstadt Riga Ansicht der Burgruine Kokenhusen von WestenZu Beginn des 13 Jahrhunderts am Ort einer abgebrannten Vorgangeranlage vom Bischof von Riga an der sudwestlichen Grenze seines Bistums errichtet stand sie auf einem 30 Meter 1 hohen Felsvorsprung am Dunatal Sie war Teil einer strategischen Kette aus Bischofs und Ordensburgen entlang der Duna die mit Dunamunde begann und uber Riga Holme Uexkull und Lennewarden bis nach Kokenhusen reichte 2 Im Laufe der Zeit immer wieder verandert und umgebaut wurde die Anlage zu Beginn des 18 Jahrhunderts durch Sprengung zerstort Ihre seit dem 16 Dezember 1998 3 denkmalgeschutzte Ruine ist schon seit Ende des 19 Jahrhunderts ein beliebtes Ausflugsziel in der Region das heute vollstandig vom Wasser eines Stausees fur das Wasserkraftwerks Plavina umgeben ist Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 2 1 Baubestand bis in die Fruhe Neuzeit 2 2 Heutiger Baubestand 3 Literatur 4 Weblinks 5 FussnotenGeschichte Bearbeiten nbsp Der Burgberg samt Ruine Ende des 18 JahrhundertsDer Burgberg von Kokenhusen war schon lange vor Errichtung der steinernen Burg besiedelt Eine erste schriftliche Erwahnung fand er als Kukonoyse in Heinrichs Livlandischer Chronik in welcher der Chronist Heinrich von Lettland fur das Jahr 1205 einen Friedensschluss zwischen Albert von Buxthoeven dem Bischof von Riga und dem ortlichen Fursten Wjatschko auffuhrt 4 Zu jener Zeit war der Hugel Standort einer lettgallische Holzburg Im Jahr 1207 trug Wjatschko die Halfte dieser Burg und seines Landes dem Bischof zu Lehen auf und wurde damit zu seinem Vasallen lag aber nachfolgend mit seinem Lehnsherrn derart im Streit dass er die Burg 1208 niederbrannte und Livland anschliessend in Richtung Rus verliess 1 5 1209 liess Bischof Albert den Bau einer steinernen Burg am gleichen Ort beginnen die schon im darauffolgenden Jahr einer Belagerung durch die Litauer standhalten konnte 6 Ein Drittel der Anlage verlehnte der Bischof an den Ritter des Schwertbruderordens Rudolph von Jericho aber schon 1213 war Albert wieder alleiniger Besitzer der Anlage 4 Anschliessend wurde sie an den Ritter Meinhard und unter Bischof Nikolaus von Nauen an den Ritter Dietrich vergeben Dieser nannte sich nachfolgenden von Kukenois und konnte mit seiner Burgbesatzung 1221 einer erneuten Belagerung diesmal durch 600 Litauer trotzen 7 1 Die Witwe Dietrichs heiratete in zweiter Ehe Hans von Tiesenhausen dem Erzbischof Albert Suerbeer am 25 April 1269 den Besitz von Kokenhusen bestatigte 7 Die Familie von Tiesenhausen blieb bis zum Jahr 1397 Besitzer der Burg dann ubernahm Erzbischof Johannes von Wallenrode die Anlage selbst und nutzte sie als Tafelgut und Sommerresidenz Burg Kokenhusen wurde fortan von einem bischoflichen Vogt verwaltet Unter Erzbischof Henning Scharpenberg im zweiten Viertel des 15 Jahrhunderts umgebaut spielte das gut befestigte Kokenhusen immer wieder eine grosse Rolle in den Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbistum Riga und dem Deutschen Orden um Macht und Territorium in Livland So setzte der Landmeister Bernhard von der Borch dort 1479 den Erzbischof Silvester Stodewescher fest und 1556 nutzte Landmeister Johann Wilhelm von Furstenberg die Burg als Gefangnis fur den letzten Rigaer Erzbischof Wilhelm von Brandenburg und dessen Koadjutor Christoph zu Mecklenburg 4 Zuvor war die Anlage Ende des 15 oder Anfang des 16 Jahrhunderts mit durchgreifenden Umbauten an die Erfordernisse fur moderne Feuerwaffen angepasst worden 4 Dies geschah durch Einrichtung von Schiesskammern in den Gebaudeflugeln der Burg und die Errichtung grosser Rundturme nbsp Kokenhusen im Jahr 1625 nach einem Original im Stockholmer Kriegsarchiv Osten und Westen sind verwechseltNach der Sakularisation des Erzbistums im Jahr 1566 gelangte sein Territorium und damit auch die Burg Kokenhusen an Polen Das fuhrte dazu dass die Anlage 1577 wahrend des Livlandischen Krieges von russischen Truppen Iwans des Schrecklichen uberfallen und eingenommen im darauffolgenden Jahr aber von Polen zuruckerobert wurde 8 Im Schatten der Burg hatte sich schon im 13 Jahrhundert eine Ansiedlung gebildet die 1277 von Erzbischof Johannes I von Lune Stadtrechte erhielt und zu jener Zeit schon von einer Stadtmauer umgeben war Spater Umschlagplatz fur Guter aller Art und prosperierendes Mitglied der Hanse war die Stadt durch die zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen im 15 und 16 Jahrhundert stark geschwacht Ausserdem hatte Kokenhusen nach dem Bau eines Flusshafens im nahe gelegenen Jaunjelgava seine wirtschaftliche Vormachtstellung in der Region eingebusst und versank in der Folge allmahlich in der Bedeutungslosigkeit 1621 konnten schwedische Truppen die Burg nach 16 tagiger Belagerung einnehmen 4 Wahrend der folgenden schwedischen Herrschaft wurde die Stadt Kokenhusen abgetragen und etwas weiter ins Landesinnere verlegt Auf dem Areal das die Siedlung zuvor eingenommen hatte errichteten die Schweden Erdwalle zur weiteren Befestigung der Burg in der sie auch einige Gewolbe reparierten 4 Die fast 80 Jahre dauernde schwedische Herrschaft wurde nur in der Zeit von 1656 bis 1661 unterbrochen als russische Truppen die Burg erobern und funf Jahre lang halten konnten 4 Konigin Christina schenkte den Grossteil des umfangreichen Kokenhusener Besitzes ihrem General Kriegskommissar Heinrich Struberg spater Heinrich von Cronstiern der ihn an seine Sohne vererbte 9 Sie besassen die Burg noch bis 1682 dann fiel sie an den schwedischen Staat zuruck nbsp Einnahme der Burg Kokenhusen im Jahr 1700 Abbildung von Johan LithenZu Beginn des Grossen Nordischen Krieges nahm ein sachsisch polnisches Heer die Burg Kokenhusen im Herbst des Jahres 1700 ein 8 Nach der verlorenen Schlacht an der Duna im Juli 1701 mussten die Soldaten allerdings vor vorruckenden Schweden weichen Der sachsische Kommandant Adam Heinrich Bohse ordnete vor Verlassen der Burg noch an die beiden grossen Westturme der Anlage zu sprengen was am 25 Juli 1701 geschah 1 4 Nachdem 1702 weitere Bauten gesprengt worden waren 10 war die Burg verlassen und unbewohnt 1744 schenkte die russische Kaiserin Elisabeth Kokenhusen ihrem Generalfeldzeugmeister dem Grafen Peter Schuwalow doch schon 1751 gehorte es dem herzoglich holsteinischen Kammerherrn und Kreismarschall zu Riga Andreas Georg von Bayer 9 Er verkaufte die Burg am 26 Juni 1780 9 an seinen Schwiegersohn und spateren Landrat Carl Otto von Lowenstern der mit Andreas Georgs Tochter Anna Maria verheiratet war Die Familie Lowenstern errichtete 1894 in der Nachbarschaft der Burgruine im Park von Kokenhusen ein prachtiges neoklassizistisches Schloss das jedoch schon im Ersten Weltkrieg zerstort wurde 11 Die Lowensterns blieben noch bis 1920 Eigentumer der Ruine und des umliegenden Landes ehe sie im Zuge der lettischen Landreform enteignet wurden Von 1961 bis 1966 fanden auf dem Burgareal Ausgrabungen unter der Leitung von Adolfs Stubavs statt Dann anderte sich die Lage der Ruine durch den Bau des Wasserkraftwerks Plavinas nachhaltig Das Wasser der Duna wurde zu einem grossen See angestaut sodass der Wasserspiegel des Flusses und seines Nebenlaufs Perse stark anstieg Die Fundamente der Burg standen seitdem unter Wasser was zu ihrer Unterspulung fuhrte und auch die oberirdische Bausubstanz gefahrdete Nach einer Rettungsgrabung in den Jahren 1991 bis 1999 wurde das unter Wasser befindliche Mauerwerk anschliessend mit einer Betonwand als Schutz und Stutze umgeben Von 2002 bis 2007 schlossen sich Konservierungsarbeiten des erhaltenen oberirdischen Mauerwerks an 11 4 Beschreibung Bearbeiten nbsp Lageplan der Burg von 1701Die Reste der Burg Kokenhusen stehen auf einer Landzunge an der Mundung der Perse in die Duna Die Bebauung folgte seinerzeit der Form des Burgplatzes und so besass die Anlage einen dreieckigen Grundriss mit Seitenlangen von 100 bis 135 Metern 12 Im aussersten Westen lag die Kernburg ostlich davon durch einen kunstlichen Trockengraben getrennt die Vorburg Vor deren Ostseite lag fruher durch einen weiteren Graben getrennt die Stadt Kokenhusen die nach Osten wiederum durch einen Graben geschutzt war Mit diesem Aufbau war die Burg ein charakteristisches Beispiel fur eine Abschnittsburg Trotz durchgefuhrter Grabungen in den 1960er und 1990er Jahren ist die Bauentwicklung der Anlage noch nicht grundlich erforscht worden sodass man bei Beschreibungen der unzerstorten Burg fast ausschliesslich auf Plane und Zeichnungen angewiesen ist Die altesten Abbildungen stammen aus dem beginnenden 17 Jahrhundert Baubestand bis in die Fruhe Neuzeit Bearbeiten Die 0 4 Hektar 4 grosse Vorburg war von der vorgelagerten etwa 3 6 Hektar 4 einnehmenden Stadt durch einen befestigten Torturm mit Zugbrucke zu erreichen In ihrem Bereich befanden sich holzerne Wirtschaftsbauten so zum Beispiel Unterkunfte fur Bedienstete eine Schmiede Getreidespeicher und Stallungen 13 1 Zu ihrem Schutz stand an der Nordseite ein grosser Turm mit hufeisenformigem Grundriss Er war einer von insgesamt vier Turmen welche die Burganlage schutzten Von der Vorburg gelangte der Besucher uber eine weitere Zugbrucke zur Kernburg die rundherum von einer hohen Ringmauer umgeben war und einen Innenhof mit aufgemauertem Brunnenhaus besass An der Innenseite lehnten sich im Norden und Suden zweigeschossige Gebaudeflugel mit einer Lange von rund 60 Metern 14 an die Umfassungsmauer Die Hauptburg belegte eine Flache von etwa 0 2 Hektar 4 Inventare aus den Jahren 1590 und 159 erwahnen einige Raumlichkeiten in den beiden Burgflugeln 4 Im Erdgeschoss des Trakts an der Perse Seite lagen eine Brauerei eine Backerei und eine Kuche Fur das Obergeschoss ist ein Speisesaal und eine Burgkapelle uberliefert Der Flugel an der Duna Seite besass im Erdgeschoss eine durch Pferde angetriebene Muhle In seinem Obergeschoss lagen Wohnraume Schon im 16 Jahrhundert waren die Fenster der Burg verglast 1 Heutiger Baubestand Bearbeiten Heute sind von der grossen Anlage fast nur noch Reste der Kernburg Aussenmauern aus Dolomitgestein 1 und einzelne Teilstucke von Mauern im Innenhof erhalten Die Aussenwande sind zwischen 3 8 und 4 Metern dick wahrend die Wande an der Hofseite eine Starke von 2 bis 2 5 Metern aufweisen 4 Im Erdgeschoss sind noch gut die im 15 16 Jahrhundert eingerichteten Schiesskammern fur Feuerwaffen auszumachen In der sudlichen Aussenwand finden sich die Reste eines rundbogigen Doppelfensters das von dem Kunsthistoriker Armin Tuulse siehe Literatur in die romanische Zeit datiert wurde wahrend jungere Publikationen davon sprechen dass es aus dem 16 Jahrhundert und damit aus der Renaissance stammt 15 Von allen anderen Teilen der Anlage sind nur noch wenige Spolien erhalten die heute im einstigen Burghof aufgestellt sind Ehe das Untergeschoss der Burg durch den Stausee des Wasserkraftwerks Plavinas geflutet wurde konnten Ausgraber den fruher als Verlies genutzten Keller des gesprengten sudwestlichen Rundturms untersuchen Bei einer Mauerstarke von 4 Metern betrug der Durchmesser des Raums 3 9 Meter 4 Literatur BearbeitenKarl von Lowis of Menar Burgenlexikon fur Alt Livland Walters und Rapa Riga 1922 S 71 72 Digitalisat Roberts Malvess Die Baugeschichte der Burg Koknese Kokenhusen In Ieva Ose Petijumi par Vidzemes un Zemgales pilim Forschungen uber die Burgen Livlands und Semgallens Latvijas Vestures Inst Apgads Riga 2010 ISBN 978 9984 824 16 1 S 237 273 Ieva Ose Die Burgen des Erzbistums Riga In Wartburg Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlossern Hrsg Burgen kirchlicher Bauherren Forschungen zu Burgen und Schlossern Band 6 Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 2001 ISBN 3 422 06263 7 S 235 244 hier S 238 Ieva Ose Riga und Koknese Kokenhusen in Planen und Zeichnungen des 17 Jahrhunderts aus dem Kriegsarchiv in Stockholm In Ieva Ose Petijumi par Vidzemes un Zemgales pilim Forschungen uber die Burgen Livlands und Semgallens Latvijas Vestures Inst Apgads Riga 2010 ISBN 978 9984 824 16 1 S 224 234 Ilgonis Alfs Stukmanis Suchen nach der Architektur der Burg Koknese Kokenhusen In Ieva Ose Petijumi par Vidzemes un Zemgales pilim Forschungen uber die Burgen Livlands und Semgallens Latvijas Vestures Inst Apgads Riga 2010 ISBN 978 9984 824 16 1 S 274 297 Erik Thomson Georg Baron von Manteuffel Szoege Schlosser und Herrensitze im Baltikum Burgen Schlosser Herrensitze Band 7 3 Auflage Weidlich Frankfurt a M 1980 ISBN 3 8035 1042 2 S 79 80 Armin Tuulse Die Burgen in Estland und Lettland Verhandlungen der gelehrten estnischen Gesellschaft Band 33 Dorpater Estnischer Verlag Dorpat 1942 S 35 38 PDF 15 5 MB Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Burg Kokenhusen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Eintrag von Ieva Ose zu Burg Kokenhusen in der wissenschaftlichen Datenbank EBIDAT des Europaischen Burgeninstituts Gatis Pavils Koknese medieval castle englisch Fussnoten Bearbeiten a b c d e f g Gatis Pavils Koknese medieval castle Zugriff am 15 Januar 2019 Friedrich Benninghoven Die Burgen als Grundpfeiler des spatmittelalterlichen Wehrwesens im preussisch livlandischen Deutschordensstaat In Konstanzer Arbeitskreis fur mittelalterliche Geschichte Hrsg Die Burgen im deutschen Sprachraum Teil 1 Vortrage und Forschungen Band 19 Nr 1 Thorbecke Ostfildern 1976 ISSN 2363 8664 S 567 doi 10 11588 vuf 1976 1 16221 Informationen zur Burgruine in der Datenbank fur nationale Kulturdenkmaler Lettlands Zugriff am 15 Januar 2019 a b c d e f g h i j k l m n o Eintrag von Ieva Ose zu Burg Kokenhusen in der wissenschaftlichen Datenbank EBIDAT des Europaischen Burgeninstituts Karl von Lowis of Menar Burgenlexikon fur Alt Livland 1922 S 71 Armin Tuulse Die Burgen in Estland und Lettland 1942 S 38 a b Erik Thomson Georg Baron von Manteuffel Szoege Schlosser und Herrensitze im Baltikum 1980 S 79 a b Karl von Lowis of Menar Burgenlexikon fur Alt Livland 1922 S 72 a b c Erik Thomson Georg Baron von Manteuffel Szoege Schlosser und Herrensitze im Baltikum 1980 S 80 Ieva Ose Burgen und Kriege in Lettland wahrend des 16 bis Anfang des 18 Jahrhunderts In Chateau Gaillard Etudes de castellologie medievale Band 19 CRAM Caen 2000 ISBN 2 902685 09 2 S 227 Digitalisat a b Informationen zu Burg und Schloss Kokenhusen auf lost unlost places de Zugriff am 15 Januar 2019 Friedrich Benninghoven Die Burgen als Grundpfeiler des spatmittelalterlichen Wehrwesens im preussisch livlandischen Deutschordensstaat In Konstanzer Arbeitskreis fur mittelalterliche Geschichte Hrsg Die Burgen im deutschen Sprachraum Teil 1 Vortrage und Forschungen Band 19 Nr 1 Thorbecke Ostfildern 1976 ISSN 2363 8664 S 572 doi 10 11588 vuf 1976 1 16221 Ieva Ose Die Burgen des Erzbistums Riga 2001 S 238 Ieva Ose Einige Erkenntnisse uber die Residenzen der Erzbischofe von Riga vom Ende des 15 bis zur Mitte des 16 Jahrhunderts In Aleksander Andrzejewski Hrsg Castella Maris Baltici Band 12 Archaologisches Institut der Universitat Lodz Lodz 2015 ISBN 978 83 938542 2 6 PDF 3 MB Vgl die Veroffentlichungen von Roberts Malvess und Ilgonis Alfs Stukmanis56 63801146 25 41748166 Koordinaten 56 38 16 8 N 25 25 2 9 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Burg Kokenhusen amp oldid 234686556