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Bartholomaus Sastrow 21 August 1520 in Greifswald 7 Februar 1603 in Stralsund war Burgermeister von Stralsund und hinterliess eine kulturhistorisch bedeutsame Autobiografie Handschrift von Sastrows Chronik im Kulturhistorischen Museum Stralsund Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Autobiografie 2 1 Ausgaben 3 Literatur 4 Weblinks 5 FussnotenLeben Bearbeiten nbsp Gedenktafel am Haus Lange Strasse 54 in GreifswaldBartholomaus Sastrow war der Sohn des Greifswalder Kaufmanns Nicolaus Sastrow 1488 nach 1548 und dessen Frau Anna Schmiterlow einer Nichte von Nikolaus Smiterlow eines Burgermeisters von Stralsund Sein Grossvater Hans Sastrow war noch Kruger in Ranzin unter der Grundherrschaft der von Owstin in Quilow gewesen ehe er sich 1487 in Greifswald als Burger niederliess 1494 wurde er ermordet Sastrow hatte sieben Geschwister er selbst war das dritte Kind seiner Eltern Sein altester Bruder war Johannes Sastrow Seine vier jungeren Schwestern und die Mutter starben 1549 50 an einer Pestilenz Nur die alteste mit dem Greifswalder Burgermeister Peter Frubose verheiratete Schwester Anna 1516 1594 und der Bruder Karsten oder Christian 1530 1580 erreichten ein hoheres Alter Um 1523 musste Nicolaus Sastrow aus Greifswald fliehen weil er einen angesehenen Burger im Streit erschlagen hatte und liess sich in Stralsund nieder Dort wurde er 1533 Altermann des Gewandschneideramtes Seine Familie blieb zunachst in Greifswald zuruck Ebenfalls um 1523 begab sich Nikolaus Smiterlow aus Protest gegen die Politik seiner Heimatstadt Stralsund ins Exil nach Greifswald und lebte dort im Haus seiner Nichte Smiterlows evangelischer Glaube und Abneigung gegen Aufruhr und Umsturz dienten Sastrow zeitlebens als Vorbild 1 1527 zog Smiterlow wieder nach Stralsund und auch Sastrows Mutter ubersiedelte mit ihren Kindern zum Vater Da in Stralsund bereits seit 1525 die Reformation eingefuhrt war wahrend Greifswald erst 1531 evangelisch wurde konvertierte die Familie spatestens beim Umzug zum evangelischen Glauben Bartholomaus blieb zunachst beim Grossvater in Greifswald und folgte der Familie erst 1529 In Stralsund bekam er Unterricht bei Johannes Knipstro 1538 studierte Sastrow fur etwa ein Jahr an der Universitat Rostock 2 1541 nahm er das Studium an der neu eroffneten Universitat Greifswald wieder auf wo er im Sinne des Humanismus gepragt wurde Er musste das Studium jedoch ohne Abschluss abbrechen da sein Vater im Zuge neuerlicher durch den Lubecker Burgermeister Jurgen Wullenwever veranlasster Unruhen in Stralsund zusammen mit Smiterlow unter Hausarrest gestellt worden war und dadurch finanzielle Schaden erlitten hatte die es ihm nicht mehr erlaubten seinen Sohnen ein Studium zu finanzieren 1542 unternahm Sastrow deshalb mit seinem Bruder Johannes eine Reise die ihn uber Wittenberg Leipzig und Frankfurt am Main nach Speyer fuhrte Sie sollten versuchen den Prozess des Vaters wegen des inzwischen 20 Jahre zuruckliegenden Totschlags beim Reichskammergericht zu beschleunigen Sie fanden das Gericht unbesetzt vor und richteten sich auf eine langere Wartezeit in Speyer ein Johannes Sastrow wurde dort Dompropst und reiste bald danach nach Italien Bartholomaus Sastrow erhielt auf Empfehlung Martin Luthers und Philipp Melanchthons einen Schreiberposten 1544 bekam er auch ohne abgeschlossenes Studium ein Diplom als kaiserlicher Notar verliehen und trat 1545 obwohl evangelisch lutherisch in die Dienste des Komturs des Johanniterordens in Nieder Weisel Christoph von Lowenstein 1546 unternahm er eine Italienreise um den Nachlass seines dort verstorbenen Bruders der als evangelischer Theologe im Dienst eines Kardinals gestanden hatte zu regeln In Rom wo Papst Paul III Soldaten fur den Krieg gegen den Schmalkaldischen Bund ausheben liess fuhlte er sich als Evangelischer bedroht obwohl offiziell niemand von seinem Glauben wusste Deshalb verliess er Italien bald obwohl man auch ihm eine gute Stelle angeboten hatte Verkleidet als katholischer Soldat schlug sich Sastrow mit einem aus Lubeck stammenden Gefahrten bis nach Tirol durch von wo sie wieder als evangelische Deutsche weiterreisen konnten Zuruck in der Heimat Pommern trat er in Wolgast in die Kanzlei der Herzoge Philipp I von Pommern Wolgast und Barnim IX von Pommern Stettin ein In der Folgezeit begleitete er als Notar die furstlichen Rate von Pommern die eine Versohnung mit Kaiser Karl V vermitteln sollten und nahm an Gesandtschaften nach Bohmen Sachsen und in die Niederlande und am Geharnischten Reichstag von 1547 48 teil 1548 wurde er zum pommerscher Geschaftstrager beim Reichskammergericht in Speyer ernannt Erst jetzt als das Gericht nach Jahren endlich neu besetzt war konnte er den Prozess seines Vaters erfolgreich weiter treiben Von Speyer aus unternahm er auch zahlreiche Reisen und besuchte auch den beruhmten Kosmographen Sebastian Munster in Basel 1551 wurde er als Notar beim Reichskammergericht immatrikuliert schied aus dem herzoglichen Dienst aus und liess sich in Greifswald nieder 1555 ubersiedelte er nach Stralsund weil man ihm das Amt des dortigen Ersten Stadtsekretars mit einem hoheren Gehalt als in Greifswald angeboten hatte Dort unterstutzte er den Burgermeister Nikolaus Gentzkow bei der Ausarbeitung einer neuen Schul und Kirchenordnung sowie der stadtischen Verfassung 1562 wurde er in den Rat der Stadt Stralsund gewahlt 1578 wurde er deren Burgermeister und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Tod 3 In diese Zeit fielen etliche stadtpolitische und kirchliche Querelen Sastrow machte sich mit seiner unnachgiebigen Art nicht wenige Feinde 4 Sastrow heiratete zweimal Aus der 1551 geschlossenen Ehe mit seiner Schwagerin Catharina Frubose gingen seine drei Kinder Katharina Amnestia und Johannes 1593 hervor Einen Monat nach dem Tod seiner Frau heiratete er im Februar 1598 deren Pflegerin die Dienstmagd Anna Haseneier Autobiografie BearbeitenSastrow verfasste 1595 im Alter von 75 Jahren eine Autobiografie 5 Er verwendete dabei zahlreiches Material neben eigenen Tagebuch Aufzeichnungen und Briefen auch Abschriften amtlicher Dokumente zu denen er als Notar Zugang hatte und Chroniken wie die Stralsundische Chronik des Johann Berckmann und die Biographie seines Vorgangers Franz Wessel Vorbild fur seinen Umgang mit den Quellen war Johannes Sleidanus 1545 bis 1556 erschienenes Geschichtswerk 6 Moglicherweise hatte Sastrow Teile seiner Autobiografie schon fruher konzipiert und fugte sie nun unverandert ein Das Endergebnis liess er von einem Schreiber niederschreiben Auch die wichtigste Handschrift ist also kein Autograph obwohl anhand von Schriftvergleichen zu belegen ist dass Sastrow in der fertigen Fassung Notizen und Verbesserungen anbrachte 7 Neben dieser Haupthandschrift gibt es auch Abschriften aus dem 18 Jahrhundert Folgende Uberlieferungszeugen befinden sich im Stralsunder Stadtarchiv die zweibandige Haupthandschrift von 1596 Hs 0386 a und b Altsignaturen HSII 157 und HSII 158 455 und 171 Folioblatter 8 einbandige Abschrift von 1708 nur die beiden ersten Teile des Werks Hs 0568 Altsignatur HSII 345 9 dreibandige Abschrift von Johann Albert Dinnies entstanden 1769 1773 Hs 0256 a Hs 0256 b Hs 0256 c Altsignaturen HSII 14 HSII 15 HSII 16 10 dreibandige Abschrift von Gottlieb Mohnike von 1823 zur Vorbereitung seiner Ausgabe des Textes Hs 0488 a Hs 0488 b Hs 0488 c Altsignaturen HSII 250 HSII 251 HSII 252 11 Weitere Abschriften des 18 Jahrhunderts befinden sich laut Mohnike in der Universitatsbibliothek Greifswald und der Stettinschen Landschaftsbibliothek 12 Die Autobiografie hatte Sastrow in vier Teile aufgeteilt wovon der letzte Teil der seine Zeit in Stralsund zum Inhalt haben sollte nicht erhalten ist Es ist fraglich ob er je existierte oder ob er aufgrund von Sastrows Darstellung von des Teuffels Battstube wie er seine Zeit in Stralsund in der Uberschrift bezeichnete vernichtet wurde 13 Fur letztere Annahme spricht dass das Werk nicht als rein private Schrift gedacht war wie daraus zu erkennen ist dass es kaum Berichte aus der Familie enthalt so erwahnt Sastrow kaum mehr von seiner Frau als dass er sie heiratete und nicht einmal die Geburtsdaten seiner Kinder und dass als erste Adressaten die Schwiegersohne Hinrich Godtschalk und Jakob Klerike beides Ratsherren genannt sind 14 Das Werk ist in hochdeutscher Kanzleisprache verfasst nicht wie bei zeitgenossischen Humanisten ublich in Latein wenn auch zahlreiche lateinische Dokumente aufgenommen sind und auch nicht im pommerschen Niederdeutsch fur das Johannes Bugenhagen 50 Jahre zuvor eine eigene Bibelubersetzung geschaffen hatte Die Haupthandschrift befindet sich im Besitz des Stralsunder Stadtarchivs Eine spatere Abschrift ist im Kulturhistorischen Museum Stralsund ausgestellt Diese Autobiografie gilt als ein bedeutendes Werk autobiografischer Prosa des 16 Jahrhunderts Durch die zahlreichen in Abschrift wiedergegebenen Dokumente stellt Sastrows Werk eine wichtige Quelle zur Reichsgeschichte dar besonders fur den Geharnischten Reichstag von 1547 48 und das Augsburger Interim von 1548 Allerdings ist sein Blick auf die Zeitgeschichte luckenhaft da Sastrow anders als Sleidanus nur darstellt was er selbst miterlebt hat Die von Gottlieb Mohnike in drei Banden herausgegeben 1823 24 veroffentlichte 15 heutigen wissenschaftlichen Anspruchen nicht mehr genugende Ausgabe ist die einzige fast vollstandige Ausgabe Ausgaben Bearbeiten Bartholomai Sastrowen Herkommen Geburt und Lauff seines gantzen Lebens 1 bis 3 Band Hrsg v Gottlieb Christian Friedrich Mohnike Greifswald Universitats Buchhandlung Teil 1 1823 Teil 2 1824 Teil 3 1824 Ein deutscher Burger des sechzehnten Jahrhunderts Selbstschilderung des Bartholomaus Sastrow Hrsg von Horst Kohl Leipzig Voigtlander 1912 Voigtlanders Quellenbucher Bd 38 Auszug Digitalisat Lauf meines Lebens ein deutscher Burger im 16 Jahrhundert Hrsg u bearb von Christfried Coler Berlin Rutten amp Loening 1956 Spiegel deutscher Vergangenheit Denkwurdige Geschichten aus meinem Leben Hrsg v Horst Langer Thomas Helms Verlag Schwerin 2011 ISBN 978 3 940207 63 0 Auszug Literatur BearbeitenUrsula Brosthaus Burgerleben im 16 Jahrhundert Die Autobiographie des Stralsunder Burgermeisters Bartholomaus Sastrow als kulturgeschichtliche Quelle Bohlau Koln 1972 Ralph Frenken Kindheit und Autobiographie vom 14 bis 17 Jahrhundert Psychohistorische Rekonstruktionen 2 Bande Psychohistorische Forschungen Band 1 1 u 1 2 Oetker Voges Kiel 1999 Ludwig Grote Bartholomaus Sastrow ein merkwurdiger Lebenslauf des sechszehnten Jahrhunderts Biographie Vorwort Philipp Nathusius Verlag Julius Fricke Halle 1860 Alexander Heine Hrsg Deutsches Burgertum und deutscher Adel im 16 Jahrhundert Lebens Erinnerungen des Burgermeisters Bartholomaus Sastrow und des Ritters Hans von Schweinichen Neuauflage nach den deutschen Erstausgaben Magnus Verlag Essen 1984 Stephan Pastenaci Erzahlform und Personlichkeitsdarstellung in deutschsprachigen Autobiographien des 16 Jahrhunderts ein Beitrag zur historischen Psychologie WVT Wissenschaftlicher Verlag Trier Trier 1993 Theodor Pyl Sastrow Bartholomaus In Allgemeine Deutsche Biographie ADB Band 30 Duncker amp Humblot Leipzig 1890 S 398 408 Karl Reinhart Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow Munster Aschendorff 2004 Geschichte in der Epoche Karls V Bd 3 Teilw zugl Wien Univ Diss 2002 ISBN 3 402 06572 X Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Bartholomaus Sastrow Quellen und Volltexte Literatur von und uber Bartholomaus Sastrow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literatur uber Bartholomaus Sastrow in der Landesbibliographie MV Sastrow Biographie von Johann Albert Dinnies in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg Vorpommern Original im Stadtarchiv Stralsund Hs 360Fussnoten Bearbeiten Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 50 375f Immatrikulation von Bartholomaus Sastrow im Rostocker Matrikelportal Mohnike in Sastrow 1823 S LXXXV u Sastrow III 1824 S 156 Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 75 Sastrow 1823 S 4 Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 149 150 Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 83 87f Hs 0386 a und Hs 0386 b im Stralsunder Stadtarchiv Umfang Blatter nach Mohnike 1823 Bd 1 S CVII Hs 0568 im Stralsunder Stadtarchiv 297 Blatter laut Mohnike 1823 Bd 1 S CXII Hs 0256 a Hs 0256 b Hs 0256 c im Stralsunder Stadtarchiv Hs 0488 a Hs 0488 b Hs 0488 c im Stralsunder Stadtarchiv Gottlieb Christian Friedrich Mohnike Hrsg Bartholomai Sastrowen Herkommen Geburt und Lauff seines gantzen Lebens 1 Theil Greifswald Universitats Buchhandlung 1823 S CXIII CXV Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 91 95 Trauner Identitat in der fruhen Neuzeit die Autobiographie des Bartholomaus Sastrow S 117 119 Mohnike in Sastrow 1823 S XXVIII Normdaten Person GND 118751409 lobid OGND AKS LCCN n85279616 VIAF 12560960 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sastrow BartholomausKURZBESCHREIBUNG deutscher SchriftstellerGEBURTSDATUM 21 August 1520GEBURTSORT GreifswaldSTERBEDATUM 7 Februar 1603STERBEORT Stralsund Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bartholomaus Sastrow amp oldid 228309672