www.wikidata.de-de.nina.az
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Bader Begriffsklarung aufgefuhrt Bader von mittelhochdeutsch badaere Besitzer einer Badestube der die Badenden bedient sie zur Ader lasst schropft und ihre Haare pflegt 1 auch Stubner lateinisch balneator bzw weiblich balneatrix Badefrau genannt ist eine alte Berufsbezeichnung fur den Betreiber oder Angestellten einer Badestube Der Beruf ist seit dem Mittelalter bekannt Einerseits waren Bader die Arzte der kleinen Leute die sich keinen Rat bei den studierten Arzten leisten konnten Andererseits waren sie aber bis ins 18 Jahrhundert wichtige Gehilfen der akademisch gebildeten Arzteschaft siehe Stellung und Rechte Szene in einem Badehaus Bader behandelt Badegaste Stich von Jost Amman 1568 Wie die Feldschere ubten sie einen hochgeachteten obgleich von der Wissenschaft nicht akkreditierten Heilberuf aus Er umfasste das Badewesen Korperpflege Kosmetik und Teilgebiete der sich erst entwickelnden Chirurgie Zahnmedizin und Augenheilkunde So gehorten zum Tatigkeitsbereich etwa das Schropfen und das Aderlassen sowie die Versorgung kleinerer Wunden Neben dem Bader arbeitete im Badehaus oft ein Scherer oder Barbier der fur das Haareschneiden und Bartscheren zustandig war Aus diesen manchmal schwer unterscheidbaren Berufen entwickelte sich der Handwerkschirurg spater Wundarzt genannt Inhaltsverzeichnis 1 Stellung und Rechte 2 Weitere Entwicklung 3 Schutzpatrone 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseStellung und Rechte Bearbeiten nbsp James Gillray Der Aderlass um 1805 nbsp Zahnziehen Gemalde von Johann Liss 17 Jahrhundert Museum der Bildenden Kunste Budapest nach einem Kupferstich von Lucas van Leyden 1523 nbsp Aderlass Set eines Baders Anfang 19 Jh Markisches Museum BerlinDie soziale Stellung der Bader wandelte sich mit der Zeit Da sie Kranke Verwundete und Pflegebedurftige beruhrten gehorten sie mancherorts zu den sogenannten unehrlichen Berufen 2 die sich in keiner Zunft organisieren durften In den stadtischen Standegesellschaften des Mittelalters wurden Kinder aus Baderfamilien meist auch von der Aufnahme in andere Zunfte ausgeschlossen Erst Mitte des 16 Jahrhunderts erhielten sie durch Reichsgesetze der Jahre 1548 und 1577 die Moglichkeit ein anderes Handwerk zu erlernen 3 Die Badestube war allgemein als Ort der Prostitution bekannt was von der Obrigkeit trotz teilweise wortgewaltiger Predigten fur eine geschlechtliche Keuschheit geduldet wurde 4 Kardinale die selber an der Prostitution verdienten waren genauso bekannt wie die Tatsache dass dieses menschliche Bedurfnis nicht mit Verboten in den Griff zu bekommen war Augustinus urteilte bereits fruh Wenn ihr die Prostitution unterdruckt wird leichtsinnige Lust die Gesellschaft verderben 5 denn man sah sie als Ventil fur schlimmere Eskapaden durch die zunehmende Masse derjenigen die aus standischen oder zunftischen Grunden keine Moglichkeit hatten zu heiraten 6 In manchen Regionen und Stadten wurden sie jedoch bereits zuvor in die Zunfte aufgenommen etwa in Augsburg und Wurzburg 1373 in Hamburg 1375 und besonders im sudlichen Teil des Heiligen Romischen Reichs wurden sie geschatzte Mitglieder des Burgertums So durchliefen Bader etwa in Wien wo sich die Zunft der Bader bis an den Beginn des 15 Jahrhunderts zuruckverfolgen lasst eine handwerkliche Lehre und bildeten einen Stand Auch in Lubeck war das Badergewerbe bereits um 1350 Lubecker Baderrolle 7 zunftisch geregelt Die Laufbahn vom Gesellen zum Meister war explizit geregelt Die Lehre bei einem Meister dauerte drei Jahre Danach war eine dreijahrige Wanderschaft und Ausubung des Gewerbes 8 bei anderen Meistern gefordert Erst nach Ablegung einer recht kostspieligen Meisterprufung und eines Examens an der Wiener Medizinischen Fakultat war dem Bader dann die selbstandige Berufsausubung erlaubt 1548 erhielt diese Berufsgruppe im Heiligen Romischen Reich dann allgemein Zunftrechte 9 Neben den wenigen studierten Arzten bildeten im spaten Mittelalter und der fruhen Neuzeit die Bader bzw Badefrauen 10 Barbiere Scherer Wundarzte und Hebammen den Hauptanteil der Heilpersonen vor allem der armen Bevolkerung in Stadt und Land siehe auch Chirurg Das preussische Sanitatswesen entwickelte sich aus dem deutschen Scherer und Badertum Da das Konzil von Tours 1163 Klerikern die Chirurgie untersagte mit der Begrundung dass kein Geistlicher Blutschuld wenn der Patient an den Folgen der Operation verstorben ware auf sich laden durfe vermieden kunftig akademisch ausgebildete Arzte die Chirurgie Beim Ausfullen der dadurch entstandenen Versorgungslucke im Gesundheitswesen halfen Bader die neben dem Badehaus auch die kleine Chirurgie betrieben das heisst sie versorgten zum Beispiel kleine Wunden und richteten Knochenbruche So oblag den Badern zum Beispiel das Aufschneiden und Ausbrennen der ausserst schmerzhaften Pestbeulen Eine Hauptaufgabe des auch als minutor 11 bezeichneten Baders bestand im Anwenden von Aderlass und Schropfen Hintergrund dieser Therapie ist die antike Lehre der Korpersafte Krankheit war demnach ein ausseres Zeichen der in Unordnung geratenen Korpersafte und insbesondere durch Blutentzug und Wiederherstellung des Saftegleichgewichts zu heilen Ferner zogen die Bader Zahne und verabreichten Klistiere Da die Aufgaben der Bader Wundarzte Scherer oder Barbiere sich uberschnitten kam es haufig zu Streitigkeiten bis die Berufsstande grundsatzlich getrennt wurden Zum weiteren Personal der Badestube gehorten neben dem Scherer oder Barbier und den Auszubildenden weitere historische Berufe So gab es den Reiber der die Badegaste trocknete und den Wasserzieher der das Wasser fur das Bad aus dem Brunnen zog Der Bader hatte mancherorts das Privileg Esel zum Transport der Wasserkruge im Stadtgebiet zu halten Als medizinische Hilfskrafte gab es die Lasser auch Lassner Lasser Lassmann Later die die Patienten zur Ader liessen sowie die Spezialisten der Schropfkopfe deren Nachfahren Schrepper auch Schrepfer Schreppel Schrapler Schrepfermann heissen Beim Betrieb des Badehauses halfen haufig Badeknechte und Bademagde Im Badehaus ging es oft nicht nur um die Korperpflege und Hygiene sondern auch um das Vergnugen beim Baden Badehauser waren soziale Treffpunkte Es wurden Speisen gereicht und Geschichten ausgetauscht Mitunter waren sie Heiratsvermittler oder Bordelle die teilweise schlechten hygienischen Zustande fuhrten zur Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten In Bayern gab es noch im 19 Jahrhundert Baderschulen unter anderem in Wurzburg und in Landshut 12 13 Diesen Badern der neuen Ordnung war ab 1899 beispielsweise erlaubt als Zahnbehandler tatig zu sein und Zahne zu ziehen 14 Weitere Entwicklung BearbeitenNach dem Dreissigjahrigen Krieg 1618 1648 wurden viele Badstuben durch Verordnung der Landesherren oder Stadte geschlossen Dadurch wandelte sich das Berufsbild erneut da die weiter tatigen Bader nun wie Barbiere und andere Berufe ihre Tatigkeit im Freien oder fahrend ausubten Durch die im 18 Jahrhundert starker einsetzende Errichtung von Krankenhausern auch fur Nichtreiche oder gar Bedurftige ging die Bedeutung der Bader im Bereich Heilkunde zuruck die wissenschaftlich ausgebildeten Universitatsarzte ubernahmen einen immer grosseren Teil dessen was fruher uberwiegend Badern vorbehalten war Doch auch Dorfbader wie zum Beispiel Franz Georg Nonnen Bader im Rentamt Burghausen von Prutting publizierten ihr Wissen 15 In Preussen wurde das Sanitatswesen dagegen aus dem Baderwesen heraus entwickelt und damit professionalisiert Zu diesem Zweck wurden spezielle Ausbildungseinrichtungen gegrundet etwa 1710 die Charite in Berlin Auch andernorts ergaben sich Wechselbeziehungen oder sich erganzende Tatigkeiten In manchen Gemeinden standen sich Badhaus und Krankenhaus zeitweise raumlich und arbeitsteilig gegenuber Der Beruf des Baders wurde in Deutschland bis in die 1950er Jahre ausgeubt und war gesetzlich geregelt Heute werden Teile des Arbeitsspektrums der ehemaligen Bader von verschiedenen Berufen mit ubernommen etwa von Orthopaden Physiotherapeuten Masseuren Manikuren Kosmetikern oder Heilpraktikern Schutzpatrone BearbeitenDie Heiligen Zwillingsbruder Cosmas und Damian sind aufgrund ihres Arztberufs unter anderem auch Schutzpatrone der Bader Literatur BearbeitenErik Hahn Medizinalgesetzgebung in Kursachsen Arzteblatt Sachsen 2007 ISSN 0938 8478 S 525 527 569 572 Gundolf Keil Die medizinische Versorgung durch Bader und Wundarzte zur Zeit des Paracelsus In Volker Zimmermann Hrsg Paracelsus Das Werk die Rezeption Beitrage des Symposiums Basel 1993 Stuttgart 1995 S 173 194 Susanne Stolz Die Handwerke des Korpers Bader Barbier Peruckenmacher Friseur Folge und Ausdruck historischen Korperverstandnisses Jonas Verlag Marburg 1992 ISBN 3 89445 133 5 Zugleich Marburg Universitat Dissertation 1992 Birgit Tuchen Offentliche Badhauser in Deutschland und der Schweiz im Mittelalter und der fruhen Neuzeit Michael Imhof Verlag Petersberg 2003 ISBN 3 935590 72 5 Zugleich Tubingen Univ Diss 1999 Gustav Adolf Wehrli Die Bader Barbiere und Wundarzte im alten Zurich Zurich 1927 Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zurich XXX 3 Martin Widmann Christoph Morgeli Bader und Wundarzt Medizinisches Handwerk in vergangenen Tagen Medizinhistorische Institut und Museum der Universitat Zurich Zurich 1998 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bader Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wikisource Der Bader Quellen und Volltexte Der Beruf des Baders Der Bader Badwesen Roger Jean Rebmann Bader im mittelalterlichen Basel Juri Schmidhauser Wie im Mittelalter Basler Museum wird zum Badehaus Grabung Vereinsarbeit ThermalbadEinzelnachweise Bearbeiten Friedrich Kluge Alfred Gotze Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache 20 Auflage hrsg von Walther Mitzka De Gruyter Berlin New York 1967 Neudruck 21 unveranderte Auflage ebenda 1975 ISBN 3 11 005709 3 S 44 Jost Schneider Sozialgeschichte des Lesens zur historischen Entwicklung und sozialen Differenzierung der literarischen Kommunikation in Deutschland Walter de Gruyter Berlin 2004 S 154 ISBN 3 11 017816 8 Deutsche Encyclopadie oder Allgemeines Real Worterbuch aller Kunste und Wissenschaften Band 18 Varrentrapp und Wenner Frankfurt am Main 1794 S 277 Stolz S 104 ff Seite 108 Stolz Seite 108 Stolz S 109 Ralf Broer Medizinalgesetzgebung Medizinrecht In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte Walter de Gruyter Berlin und New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 942 950 hier S 942 f Heilberufe Gertrud Wagner Das Gewerbe der Bader und Barbiere im deutschen Mittelalter Philosophische Dissertation Freiburg im Breisgau 1918 Zell i W Buchdruckerei F Bauer 1917 Vgl auch Gustav Adolf Wehrli Die Wundarzte und Bader als zunftige Organisation Geschichte der Gesellschaft zum Schwarzen Garten Zurich 1931 Mitteilung der Antiquarischen Gesellschaft in Zurich XXX 8 Georges balneatrix Volker Rodel Minutor ministerialis Zur soziolen Mobilitat von Heilhilfspersonen in Klostern des Hochmittelalters In Medizinhistorisches Journal Band 14 1979 S 17 175 Die Baderschulen in Bayern 1840 Hans Carossa Gymnasium Landshut 2004 Dominik Gross Zwischen Anspruch und Wirklichkeit Der Stellenwert zahnbehandelnder Massnahmen in den Anfangen der gesetzlichen Krankenversicherung 1883 1919 In Wurzburger medizinhistorische Mitteilungen 17 1998 S 31 46 hier S 40 Franz Georg Nonner Der redliche Dorfbader oder Medicinisch chirurgisches Handbuch zum schnellen und sichern Gebrauch in Krankheiten und Nothfaellen auf dem Lande Johann Michael Daisenberger Imprimatur Munchen 1791 Stadtamhof 1799Normdaten Sachbegriff GND 4143880 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bader amp oldid 231253160