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Artur Dinter 27 Juni 1876 in Mulhausen 21 Mai 1948 in Offenburg war ein deutscher antisemitischer Schriftsteller Grunder der Deutschen Volkskirche und volkischer Politiker Artur Dinter Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Erster Weltkrieg 1 2 Volkischer Bestsellerautor 1 3 Volkische Bewegung und NSDAP 1 4 Religioser Sonderkurs 1 5 Das Ende des Weges 2 Rezeption 3 Werke in Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise und AnmerkungenLeben BearbeitenArtur Dinter wurde in Mulhausen im Elsass als Sohn des Zollrats Joseph Dinter und dessen Ehefrau Berta geb Hoffmann geboren und katholisch getauft Nach der Ablegung der Reifeprufung studierte er ab 1895 Naturwissenschaften und Philosophie in Munchen und Strassburg Von 1901 bis 1903 war er als Assistent fur Chemie an der Universitat Strassburg beschaftigt 1903 wurde er mit der abschliessenden Bewertung summa cum laude promoviert Bereits wahrend seines Studiums hatte er schriftstellerische Versuche unternommen Sein Buhnenstuck Die Schmuggler 1906 wurde mit einem ersten Preis ausgezeichnet Nach seiner Promotion war Dinter Direktor der botanischen Schulgarten in Strassburg 1904 ging er als Oberlehrer einer deutschen Schule nach Istanbul 1905 sattelte er beruflich um und wurde Leiter des Theaters in Thann in seiner elsassischen Heimat Von 1906 bis 1908 wirkte er als Regisseur am Stadttheater in Rostock und am Schillertheater in Berlin und grundete gleichzeitig 1908 den Verband Deutscher Buhnenschriftsteller VDB aus dem er 1917 ausgeschlossen wurde 1 Als Direktor leitete er von 1909 bis 1914 ausserdem den dazugehorigen Theaterverlag Dinter war daruber hinaus Mitglied im antisemitischen und kolonialistischen Alldeutschen Verband Erster Weltkrieg Bearbeiten Am Ersten Weltkrieg nahm Dinter als Oberleutnant der Reserve eines elsassischen Infanterie Regiments teil und wurde alsbald zum Hauptmann der Reserve befordert und mit dem Eisernen Kreuz 2 Klasse ausgezeichnet 1915 erkrankte er an Cholera 1916 lag er wegen schwerer Verwundungen lange Zeit in Lazaretten und musste danach aus dem Militardienst entlassen werden Wahrend seines Lazarettaufenthalts hatte er mit den Schriften von Houston Stewart Chamberlain Bekanntschaft geschlossen und wurde rasch zu einem Anhanger der volkischen Bewegung Volkischer Bestsellerautor Bearbeiten 1919 liess er sich als freier Schriftsteller in Weimar nieder nachdem 1917 sein sexualantisemitischer Gerhard Henschel 2 Bestseller Die Sunde wider das Blut erschienen war In diesem propagandistischen Roman akzentuiert Dinter mehrfach eine angebliche Vorliebe judischer Manner fur blonde Frauen und daraus entstehende fatale Konsequenzen solcher Verbindungen 3 Bis 1934 erreichte er eine Gesamtauflage von uber 260 000 Exemplaren und setzte die rassistisch volkischen Vorstellungen seiner Zeit in literarisch eindringliche Stereotype um So bestarkte er nach dem Ersten Weltkrieg entscheidend den Antisemitismus Wilhelms II in seinem Doorner Exil 4 Ermutigt durch den grossen Erfolg wurde dieser Roman zum ersten Band einer Trilogie die den Namen Die Sunden der Zeit erhielt Volkische Bewegung und NSDAP Bearbeiten Dinters Denken wurde in den Jahren nach dem Krieg zunehmend radikaler und rassistischer 1919 hatte er sich bereits an der Grundung des Deutschvolkischen Schutz und Trutzbundes beteiligt und gehorte bis zu dessen Verbot 1922 dem Vorstand an Danach wurde er zu einem Grundungsmitglied der Deutschvolkischen Freiheitspartei DVFP und trat in naheren Kontakt zu Adolf Hitler Nach dem NS Putschversuch in Munchen 1923 wurde Dinter 1924 als Vertreter des Wahlbundnisses Volkisch Sozialer Block VSB in den Thuringischen Landtag gewahlt und Fraktionsfuhrer Zunehmend naherte er sich den Positionen der NSDAP an Hitler ernannte ihn noch aus seiner Haft in Landsberg am Lech aus zum NSDAP Gauleiter von Thuringen Zugleich wurde Dinter Herausgeber der in Weimar erscheinenden Zeitung Der Nationalsozialist Mit seinen Gefahrten aus dem VSB folgten danach harte Auseinandersetzungen die zu seinem Ausschluss fuhrten 1925 kam es nach der vorzeitigen Entlassung von Adolf Hitler zur Neugrundung der NSDAP Dinter trat zum 17 April des Jahres der Partei bei Mitgliedsnummer 5 5 6 Religioser Sonderkurs Bearbeiten Bald stellte sich heraus dass Dinter vorrangig religiose Ziele verfolgte 1927 grundete er die Geistchristliche Religionsgemeinschaft die 1934 in Deutsche Volkskirche umbenannt wurde die eine arisch heldische Lehre Jesu verkundete Ihr Ziel war die christliche Lehre zu entjuden Das Alte Testament wurde als judisch abgelehnt Dinters Sonderkurs fuhrte umgehend zu Konflikten mit Adolf Hitler der ihn am 30 September 1927 als Gauleiter absetzte Dinter war daruber tief betroffen und startete in seiner Zeitschrift Das Geistchristentum Attacken auf Hitler die am 11 Oktober 1928 zu seinem endgultigen Ausschluss aus der NSDAP fuhrten 7 Auch in den nachsten Jahren wurde die Polemik gegen Hitler fortgefuhrt 1932 wurde er mit seinem Dinterbund sogar Wahl Konkurrent der NSDAP Das Ende des Weges Bearbeiten Drei Monate nach der Machtubernahme Hitlers beantragte Dinter bei der NSDAP seine Wiederaufnahme was abgelehnt wurde 7 1934 publizierte er Die Deutsche Volkskirche als Dienerin des nationalsozialistischen Volksstaates 8 womit er sich erneut dem NS System anzubiedern versuchte Zunehmend sah er sich von der Gestapo observiert die ihn fur kurze Zeit in Haft nahm 1937 wurde seine Deutsche Volkskirche von Heinrich Himmler verboten 1939 wurde er sogar aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und musste sich wegen eines Verstosses 1942 vor einem Sondergericht in Freiburg im Breisgau verantworten 1945 wurde er in einem Entnazifizierungsverfahren in Offenburg zu einer Strafe von 1 000 Reichsmark verurteilt Zwar war seine Aussenseiterposition berucksichtigt worden doch erblickte das Gericht in ihm einen der geistigen Vater der Nurnberger Rassengesetze Artur Dinter starb am 21 Mai 1948 in Offenburg im Alter von 71 Jahren Rezeption BearbeitenBekannte Parodien auf Dinters Roman Die Sunde wider das Blut sind Die Dinte wider das Blut Ein Zeitroman 1917 von Hans Reimann und eine von Robert Neumann in seinem Band Unter falscher Flagge 1932 veroffentlichte Parodie Emil Felden bekampfte Dinters Antisemitismus entschieden in seinem Roman Die Sunde wider das Volk 1921 In Aufbau bzw Gliederung dieses Werks bediente er sich wie Dinter sowohl eines belletristischen Haupt Teils als auch eines umfangreichen Anmerkungsteils In diesem Anhang widerlegt Felden Dinters pseudowissenschaftliche antijudische Vorwurfe mit theologisch wissenschaftlichen Argumenten was er zusatzlich durch Zitieren verschiedenster Quellen untermauert Der protestantische Theologe Orientalist und Ordinarius der alttestamentlichen Exegese Hermann Leberecht Strack bezeichnete den Roman als Sunde gegen die Kunst wider das Vaterland sowie als Sunde gegen die Wissenschaft In Dinters theologischen Ausfuhrungen wies er ihm zahlreiche Fehler nach Der Rassenhygieniker und Lehrstuhlinhaber Fritz Lenz der einerseits die Vermischung stark verschiedener Rassen wie Germanen und Juden ablehnte kritisierte nichtsdestoweniger die wissenschaftliche Fundierung des Romans aufs Scharfste Dinter wolle uber Tatsachen der Rassenbiologie aufklaren bedurfe aber dieser Aufklarung zuallererst selbst Auch die von Dinter vertretene Theorie der Impragnation bzw Telegonie die spater vor allem von Julius Streicher in seinem antisemitischen Hetzblatt Der Sturmer propagiert wurde wonach eine arische Frau nach einmaligem Sexualverkehr mit einem nicht arischen Mann nie wieder rassereinen Nachwuchs auch nicht von arischen Partnern haben konne wurde von Lenz der auch in Tierzuchterkreisen einen entsprechenden Aberglauben konstatierte unter Berufung auf die zahlreichen Erfahrungen und Versuche der wissenschaftlichen Erblichkeitsforschung als wissenschaftlich unhaltbar zuruckgewiesen 9 Werke in Auswahl BearbeitenJugenddrangen Briefe und Tagebuchblatter eines Junglings 1897 D Schmuggler Elsassische Komodie Schauspiel in 4 Akten 1904 Der Damon Schauspiel in funf Akten 1906 Das eiserne Kreuz Volksstuck in 5 Akten 1913 Weltkrieg und Schaubuhne 1916 Mein Ausschluss aus dem Verbande Deutscher Buhnenschriftsteller 1917 Lichtstrahlen aus dem Talmud 1919 Die Sunden der Zeit Trilogie Bd I Die Sunde wider das Blut Ein Zeitroman 1917 Bd II Die Sunde wider den Geist Ein Zeitroman 1920 Bd III Die Sunde wider die Liebe Ein Zeitroman 1922 Der Kampf um die Geistlehre 1921 Das Evangelium unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus nach den Berichten des Johannes Markus Lukas und Matthaus im Geiste der Wahrheit 1923 Volkische Programm Rede im Thuringer Landtag 1924 Ursprung Ziel und Weg der deutschvolkischen Freiheitsbewegung Das volkisch soziale Programm 1924 197 Thesen zur Vollendung der Reformation Die Wiederherstellung der reinen Heilandslehre 1926Literatur BearbeitenHermann Ahrens Wir klagen an Den ehemaligen Parteigenossen Nr 5 Artur Dinter Gauleiter der NSDAP in Thuringen In Aufbau Kulturpolitische Monatsschrift 3 Berlin 1947 S 288 290 10 Hans Beck Artur Dinters Geistchristentum Der Versuch einer artgemassen Umgestaltung des Wortes Gottes Evang Pressverband fur Deutschland Berlin Steglitz 1935 Manfred Bosch Rasse und Religion sind eins Artur Dinters Sunde wider das Blut oder Autopsie eines furchtbaren Bestsellers In Die Ortenau 71 1991 S 596 621 Hans Buchheim Glaubenskrise im Dritten Reich Drei Kapitel nationalsozialistischer Religionspolitik Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1953 Gunter Hartung Artur Dinter Erfolgsautor des fruhen Nationalsozialismus in Gunter Hartung Deutschfaschistische Literatur und Asthetik Leipziger Universitatsverlag 2001 ISBN 3 934565 92 1 S 99 124 Gerhard Henschel Die Sunde wider das Blut Besichtigung eines sexualantisemitischen Bestsellers In Gerhard Henschel Neidgeschrei Antisemitismus und Sexualitat Hoffmann amp Campe Hamburg 2008 ISBN 3 455 09497 X S 25 46 ausfuhrliche Darstellung Leseprobe mit Auszugen aus Dinters Text Memento vom 11 Juni 2012 im Internet Archive PDF 111 kB Uwe Hirschauer Artur Dinter der antisemitische Spiritist In Rolf Dusterberg Hrsg Dichter fur das Dritte Reich Biografische Studien zum Verhaltnis von Literatur und Ideologie Aisthesis Bielefeld 2009 ISBN 978 3 89528 719 0 S 49 74 Kurt Meier Die Deutschen Christen Das Bild einer Bewegung im Kirchenkampf des Dritten Reiches Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1964 Kurt Meier Kreuz und Hakenkreuz Die evangelische Kirche im Dritten Reich dtv Wissenschaft 4590 Deutscher Taschenbuchverlag Munchen 1992 ISBN 3 423 04590 6 Ingrid Rauschenbach Antisemitismus und Kolportageroman Zur Struktur und Ideologie von A D s Roman Die Sunde wider das Blut Unter bes Berucksichtigung der literarisch geistesgeschichtlichen Voraussetzungen und der Rezeption des Buches Magisterarbeit Germanistik TU Berlin 1981 1980 unveroffentlicht Hans Reimann unter dem Pseudonym Artur Sunder Die Dinte wider das Blut 39 wildgewordene und vermasselte Aufl 640 683 Ts vielm verb u verm Aufl 11 20 Ts Steegemann Hannover 1921 Parodie auf Dinters Sunde mit 39 Seiten Die angegebene Auflagenzahl ist satirisch gemeint James M Ritchie Artur Dinters antisemitische Trilogie In Fernand Hoffmann Joseph Kohnen Hrsg Festschrift fur Alfred Schneider Melanges pour A S Publications du Centre Universitaire de Luxembourg Germanistik Fasc 3 Saint Paul Luxemburg 1991 S 179 194 Volker Roelcke Roman der rassischen Reinheit Die Sunde wider das Blut von Artur Dinter 1917 1918 In Dirk van Laak Hrsg Literatur die Geschichte schrieb Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2011 ISBN 978 3 525 30015 2 S 165 181 Josef Schmidt Artur Dinter s Radical Novel The Sin Against the Blood 1917 Trivial Stereotypes and Apocalyptic Prelude In Friedrich Gaede u a Hrsg Hinter dem schwarzen Vorhang Die Katastrophe und die epische Tradition Tubingen 1994 S 129 138 Andreas Schulz Matthias Wolfes Dinter Artur In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 18 Bautz Herzberg 2001 ISBN 3 88309 086 7 Sp 350 360 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Paul Weyland Die Sunde wider den gesunden Menschenverstand Eine Auseinandersetzung mit Artur Dinter Selbstverlag Berlin 1921 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Artur Dinter Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Zeitungsartikel uber Artur Dinter in den Historischen Pressearchiven der ZBW Literatur von und uber Artur Dinter im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten Kay Dohnke Kurzbiographie Artur Dinter In Uwe Puschner Walter Schmitz Justus H Ulbricht Hrsg Handbuch zur Volkischen Bewegung 1871 1918 Saur Munchen 1996 S 902 Gerhard Henschel Neidgeschrei Antisemitismus und Sexualitat Hoffmann und Campe Hamburg 2008 Mirjam Kubler Judas Iskariot das abendlandische Judasbild und seine antisemitische Instrumentalisierung im Nationalsozialismus Verlag Spenner 2007 S 207 Lothar Machtan Der Kaisersohn bei Hitler Hamburg 2006 S 144 Bundesarchiv R 9361 II 168948 Wolfgang Benz Organisationen Institutionen Bewegungen 2012 S 214 a b Jurgen Hillesheim Elisabeth Michael Lexikon nationalsozialistischer Dichter Biographien Analysen Bibliographien Konigshausen und Neumann 1993 ISBN 978 3 88479 511 8 S 101 online Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer Taschenbuch Verlag zweite aktualisierte Auflage Frankfurt am Main 2005 S 112 Myriam Sporri Reines und gemischtes Blut Zur Kulturgeschichte der Blutgruppenforschung 1900 1933 transcript Bielefeld 2013 S 82 f Dinter war demnach zunachst Mitglied der Deutschen Arbeiterpartei des Vorlaufers der NSDAP Dinters DAP Mitgliedschaft wird sonst nirgends belegt Ahrens war NS Insider Normdaten Person GND 116137878 lobid OGND AKS LCCN n86802780 VIAF 67209298 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dinter ArturKURZBESCHREIBUNG deutscher Schriftsteller und Politiker NSDAP GEBURTSDATUM 27 Juni 1876GEBURTSORT Mulhausen ElsassSTERBEDATUM 21 Mai 1948STERBEORT Offenburg Baden Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Artur Dinter amp oldid 236720878