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Die Zwei Schwerter Theorie auch Zweischwerterlehre genannt beschreibt das Verhaltnis zwischen kaiserlicher und papstlicher Macht und Gewalt im fruhen Mittelalter Inhaltsverzeichnis 1 Lehre des Gelasius 2 Weitere Entwicklung 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenLehre des Gelasius Bearbeiten nbsp Konstantin der Grosse mit dem Stadtmodell Konstantinopels Mosaik in der Hagia Sophia um 1000 In der Spatantike griffen nach Akzeptanz des Christentums durch den romischen Kaiser Konstantin I dessen Nachfolger teilweise extensiv in die inneren Angelegenheiten der Kirche ein einschliesslich der Definition ihrer Glaubenslehre Gesamtkirchliche Konzilien versammelten sich bis ins 5 Jahrhundert auf Anordnung des Kaisers der teilweise personlich oder durch Vertreter die Vorgehensweise des Konzils leitete Diese Stellung des Kaisers wird teilweise als Casaropapismus bezeichnet Diese Rolle nahm nach der romischen Reichsteilung von 395 und dem Untergang des westlichen Kaisertums 476 der ostromische Kaiser in Konstantinopel wahr Dabei stellte sich die Frage nach dem Verhaltnis zwischen Reich und Kirche und zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt Nahmen Theologen wie Eusebius von Caesarea im 4 Jahrhundert unter dem Eindruck der konstantinischen Wende eine starke Identifizierung zwischen Reich und Kirche vor pladierte Augustinus im 5 Jahrhundert in De Civitate Dei fur eine deutliche Trennung zwischen politischer und Heilsgeschichte nbsp Heidelberger SchwabenspiegelhandschriftEine Zweigewaltenlehre wurde erstmals 494 von Papst Gelasius I formuliert Dies geschah auf dem Hintergrund eines andauernden durch kaiserliche Politik verursachten Schismas Die Lehre des Monophysitismus war 451 durch das Konzil von Chalkedon verurteilt worden besass aber vor allem in Agypten eine grosse Anhangerschaft Um zu vermeiden dass der theologische Zwiespalt die Einheit des Reiches gefahrde betrieben die Kaiser seit Zenon eine ausgleichende Politik die sie durch den Patriarchen von Konstantinopel auch kirchlich umsetzen liessen Nach dieser Vorgehensweise vermied man es gegenuber den Monophysiten das strittige Konzil zu erwahnen und tolerierte die Amtsfuhrung monophysitischer Bischofe in Agypten und auch in Syrien wo die Lehre sich nun zunehmend ausbreitete Dagegen protestierten die romischen Papste die an der Definition von Chalkedon grossen Anteil hatten und weniger unter kaiserlicher Macht standen so dass es zum Bruch zwischen Rom auf der einen und dem Konstantinopel folgenden Osten auf der anderen Seite kam Die Situation wurde 493 dadurch verscharft dass mit Kaiser Anastasios I ein monophysitischer Sympathien verdachtiger Mann den Thron bestieg Um seine Nichtanerkennung kaiserlicher Massnahmen in Bezug auf die Beschlusse des Konzils von Chalkedon zu betonen schickte Papst Gelasius einen Brief an Kaiser Anastasios in dem er lehrte Gott habe zur Leitung der Welt die kaiserliche Gewalt regalis potestas und die geistliche Autoritat der Bischofe auctoritas sacrata pontificum eingesetzt Von diesen beiden sei das Gewicht letzterer umso schwerer da die Bischofe vor Gottes Gericht auch fur die Konige Rechenschaft abzulegen hatten Denn du weisst fuhr Gelasius in seinem Brief an den Kaiser fort allergnadigster Sohn dass du obgleich an Wurde uber das Menschengeschlecht gesetzt dennoch den Vorstehern der gottlichen Dinge fromm den Nacken beugst und von ihnen die Mittel deines Heils erwartest Dabei kam fur Gelasius der papstlichen auctoritas besondere Bedeutung zu da Gott den Bischof von Rom als den hochsten uber alle Bischofe einsetzte Das Neue an der Aussage des Gelasius war dass er die staatliche potestas und die bischofliche auctoritas auf eine Ebene stellte Die bischofliche auctoritas wurde dabei uber die geistliche Macht die Menschen hinsichtlich ihrer Sunden binden und losen zu konnen definiert Entscheidend fur die Position des Gelasius ist die Tatsache dass es sich bei seiner Zweigewaltenlehre noch um ein dezidiert defensives Konzept handelt Er fordert in seinem Brief die eigenstandige Verantwortlichkeit der Kirche fur ihren Bereich ohne in die weltliche Ordnung eingreifen zu wollen Die Bezeichnung Zweischwerterlehre ist fur das Schreiben des Gelasius noch nicht zutreffend Diese Bezeichnung beruht auf der allegorischen Exegese von Lk 22 38 EU aus der Fruhphase des Investiturstreits im 11 Jh Dort heisst es uber die Apostel Sie sprachen aber Herr siehe hier sind zwei Schwerter Er aber sprach zu ihnen Es ist genug lat At illi dixerunt Domine ecce gladii duo hic at ille dixit eis satis est Diese Stelle wurde dann von Anhangern Kaiser Heinrichs IV und Anhangern Papst Gregors VII ganz unterschiedlich interpretiert Gelasius hingegen arbeitet nicht mit dieser biblischen Begrundung Weitere Entwicklung Bearbeiten nbsp Illustration aus dem Dresdner Sachsenspiegel Faksimile Karl von Amiras 1902 Die Zweischwerterlehre beschrieb etwa 600 Jahre lang das Verhaltnis zwischen Staat und Kirche In Abbildungen aus dieser Zeit wurde sie haufig dargestellt wie die Abbildungen im Sachsenspiegel 13 Jahrhundert zeigen Uber das genaue Verhaltnis der zwei Schwerter untereinander sagte sie zunachst nichts aus In der Fruhphase des Investiturstreites etwa konnte Konig Heinrich IV die Zweischwerterlehre anfuhren um seine im weltlichen Bereich unbeschrankte Position zu betonen Auf papstlicher Seite verwies man darauf dass sich bei Lukas die Apostel im Besitz der Schwerter befinden ferner wurde die Lehre weiter auf den Papst zugespitzt unter Verweis auf Matthaus Mt 26 52 EU wo Jesus Petrus anweist sein Schwert in die Scheide zu stecken Der Papst verfuge daher als Nachfolger des Apostels Petrus uber das weltliche Schwert gladius materialis und das geistliche gladius spiritualis uberlasse das weltliche aber freiwillig und widerruflich dem Kaiser Eine erste Ausformulierung dieser Interpretation findet sich im Dictatus Papae von 1075 und spater auch bei Bernhard von Clairvaux In dieser Form wurde die Zweischwerterlehre ein bis in das 14 Jahrhundert oft wiederholtes Argument fur den Vorrang der papstlichen gegenuber der kaiserlichen Gewalt Besondere Zuspitzung erfuhr dies durch Papst Bonifatius VIII der 1302 in der Bulle Unam Sanctam nicht die tatsachliche weltliche Macht fur sich forderte wohl aber die Unterordnung der Monarchen was in diesem Fall gegen den franzosischen Konig gerichtet war Das weltliche Schwert unterstehe dem geistlichen es werde vom Papst eingesetzt und geduldet oder anders ausgedruckt Das geistliche Schwert werde von der Kirche gefuhrt und das weltliche fur die Kirche Daruber hinaus solle die geistliche uber die weltliche Gewalt Recht sprechen wobei sie selbst nur Gott verpflichtet sei Da der politische Einfluss des Papstes mit dem Tod des Bonifatius endete schwand die faktische Bedeutung der Zweischwerterlehre zum Ausgang des Mittelalters Das grundsatzliche Problem einer politisch tatigen Kirche und der Verbindungen zwischen Thron und Altar bestand allerdings im Weiteren fort Im Anschluss an die Zweischwerterlehre interpretierte der Protestantismus im Ruckgriff auf Schriften und Aussagen Martin Luthers diese neu im Sinne einer Zwei Reiche Lehre die spater mithalf Die Zwei Schwerter Lehre gehort zu den geistesgeschichtlichen Grundlagen auf denen sich der moderne sakulare Staat entwickeln konnte 1 Literatur BearbeitenErich Caspar Geschichte des Papsttums Von den Anfangen bis zur Hohe der Weltherrschaft Band 2 Das Papsttum unter byzantinischer Herrschaft Mohr Tubingen 1933 S 33 ff 62 ff Frederick C Copleston Geschichte der Philosophie im Mittelalter Beck Munchen 1976 ISBN 3 406 06179 6 Werner Goez Zwei Schwerter Lehre In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 9 LexMA Verlag Munchen 1998 ISBN 3 89659 909 7 Sp 725 f Wilhelm Levison Die mittelalterliche Lehre von den beiden Schwertern Ein Vortrag In Deutsches Archiv fur Erforschung des Mittelalters Bd 9 1952 S 14 42 Digitalisat Rudolf Schieffer Zweigewaltenlehre Gelasianische In Lexikon des Mittelalters LexMA Band 9 LexMA Verlag Munchen 1998 ISBN 3 89659 909 7 Sp 720 Walter Ullmann Gelasius I 492 496 Das Papsttum an der Wende der Spatantike zum Mittelalter Papste und Papsttum Bd 18 Hiersemann Stuttgart 1981 ISBN 3 7772 8135 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Zwei Schwerter Theorie Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienAnmerkungen Bearbeiten Vgl hierzu insbesondere Lukas Wick Islam und Verfassungsstaat Theologische Versohnung mit der politischen Moderne Diss ERGON Verlag Wurzburg 2009 Kap 2 3 Reformation und Sakularisierung S 25 ff mit der zentralen Aussage dass der moderne Staat als Sakularstaat nicht zufallig gerade im historischen Kontext des Christentums entstand etwa uber Mt 22 21 Gebt dem Kaiser was des Kaisers und Gott was Gottes ist S 29 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zwei Schwerter Theorie amp oldid 235071774