Biomasse besteht hauptsächlich aus Zucker oder Zuckerpolymeren. Daher hat Zucker als nachwachsender Rohstoff eine große Bedeutung. Er wird vor allem als Disaccharid Saccharose aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen. Das Zuckerpolymer Stärke (ein Polysaccharid) besteht aus dem Monomer Glucose (ein Monosaccharid) und wird beispielsweise aus Getreide, Mais und Stärkekartoffeln gewonnen. Ein weiteres häufig vorkommendes Glucosepolymer ist Cellulose, die vor allem aus Holz gewonnen wird. Eine wichtige Verwendung ist die energetische Verwertung, wie die Herstellung von Bioethanol und anderen Biokraftstoffen aus Zucker oder Stärke oder die thermische Verwendung von Cellulose als Bestandteil von Brennholz.
Eine zunehmende Bedeutung hat Zucker als Rohstoff der chemischen Industrie (Industriezucker). Zum einen dienen sie in der Biotechnologie als Energie- und Kohlenstoffquelle in Fermentationsansätzen zur Herstellung von organischen Lösungsmitteln, verschiedenen Rohstoffen (z. B. zur Herstellung von Bioplastik) und anderem. In chemischen Verfahren werden Zucker als Rohstoff zur Herstellung von Tensiden, Polyolen und anderen Produkten eingesetzt.
Chemie und Herstellung Bearbeiten
Zucker bestehen aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff und werden auch als Kohlenhydrate bezeichnet. 3 bis 7 Kohlenstoffatome bilden das Rückgrat eines Einfachzuckers (Triose, Tetrose, Pentose, Hexose, Heptose). Im linearen Zuckermolekül tragen alle Kohlenstoffatome bis auf eines eine Hydroxygruppe (-OH) und mindestens ein Wasserstoffatom. Das verbleibende Kohlenstoffatom trägt mit einer Carbonylgruppe eine oxidierte Hydroxygruppe. Über diese funktionelle Gruppe kann bei größeren Zuckermolekülen (ab Pentose) die Bildung der typischen Ringstruktur (Halbacetal-Struktur) stattfinden.
Die Einfachzucker wiederum können über unterschiedliche glycosidische Bindungen (α oder β) zwischen verschiedenen Kohlenstoffatomen eines Zuckers (in Stärke z. B. zwischen C-Atom 1 und 4) auf vielfältige Weise miteinander verknüpft werden.
Somit sind zahlreiche verschiedene Einfach- und Vielfachzucker denkbar. In der Natur kommen die meisten nur selten, einige wenige dagegen häufig vor. Darüber hinaus ist die Gewinnung von Zuckergemischen durch den Formose-Prozess auch auf Basis fossiler Rohstoffe möglich.
Zucker kann biotechnologisch und chemisch zu einer großen Vielfalt von Produkten umgesetzt werden. Die dabei eingesetzten chemische Reaktionen sind unter anderem Hydrolyse, Dehydratisierung, Isomerisierung, Aldolkondensation, Hydrierung und Oxidation. Häufiges Ziel ist zum einen die Reduktion der Funktionalität der Zucker, um diese besser in industriellen Folgeprozessen einsetzen zu können, etwa als Polyol. Eine weitere Zielrichtung sind Folgeprodukte, die einen geringeren Oxidationsgrad und damit einen höheren Energiegehalt als Zucker aufweisen. Diese Produkte können gegebenenfalls als Treibstoffe, aber auch als Grund- oder Zwischenprodukte der Chemischen Industrie eingesetzt werden. Es wird auch versucht, chirale Zucker für den Einsatz als Chiral-pool-Komponente zu erschließen.
Der Aufbau der häufigsten bzw. als nachwachsender Rohstoff bedeutendsten Zucker, ihre Herkunft und ihre Verwendung sind im Folgenden erläutert.
Einfachzucker Bearbeiten
Zucker liegen in der Natur selten als Monomer vor. Daher erfolgt die Gewinnung der Einfachzucker meist aus Di- oder Polysacchariden.
Glucose Bearbeiten
Der häufigste Zucker ist Glucose (C6H12O6, auch Traubenzucker oder Dextrose). Die wichtigsten höheren Saccharide bestehen aus Glucose (die Polysaccharide Stärke, Cellulose) bzw. enthalten Glucose (das Disaccharid Saccharose aus Glucose und Fructose). Die Gewinnung kann aus Stärke erfolgen, die ein Polymer aus Glucose darstellt.
Produkte aus verschiedenen Einfachzuckern Bearbeiten
Einige Produkte aus Einfachzuckern basieren auf chemischen Veränderungen, die theoretisch in analoger Form bei allen Einfachzuckern möglich sind. Meist wird jedoch wegen der guten Verfügbarkeit Glucose eingesetzt.
Zweifach- und Mehrfachzucker Bearbeiten
Durch glycosidische Verknüpfung von zwei gleichen oder unterschiedlichen Monosacchariden erhält man ein Disaccharid.
Saccharose Bearbeiten
Das häufigste Disaccharid ist die Saccharose (Haushaltszucker). Sie besteht aus Glucose und Fructose. Die Gewinnung erfolgt aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben.
Produkte aus verschiedenen Zwei- und Mehrfachzuckern Bearbeiten
Für manche Anwendungen werden Di- oder Oligosaccharide benötigt.
Vielfachzucker Bearbeiten
Verschiedene Polysaccharide kommen in der Natur häufig vor und dienen beispielsweise als Energiespeicher (Stärke) oder verleihen Pflanzen ihre Struktur (Cellulose in Pflanzenfasern oder Holz).
Stärke Bearbeiten
Die Stärke ist ein Polymer aus Glucose. Sie besteht aus Amylose, bei der zahlreiche Glucosemoleküle ausschließlich α-1,4-glykosidisch verknüpft ist. Ein weiter Bestandteil ist Amylopektin, das weitgehend wie Amylose aufgebaut ist, jedoch zusätzlich eine geringe Zahl von α-1,6-glykosidische Bindungen zu anderen Amylose- oder Amylopektin-Molekülen enthält. Die Amylase hat eine lineare, spiralige Form, das Amylopektin ist zudem verzweigt. Daher liegt die Stärke nicht, wie z. B. Cellulose, als hochgeordnete Struktur vor und ist daher gut für Enzyme (Amylasen) zugänglich. Daher dient Stärke in Pflanzen als leicht mobilisierbare Energiereserve und liegt in den Zellen körnchenförmig vor. Auch in biotechnologischen Anwendungen kommen Amylasen zum Einsatz, um Stärke in Mono- und Oligomere zu zerlegen und so z. B. zunächst wasserlöslich zu machen.
Cellulose Bearbeiten
Die Cellulose ist ein Polymer aus Glucose. Durch die β-1,4-glykosidische Verknüpfung bedingt, ist die Cellulose linear. Durch die parallele Anordnung zahlreicher Cellulosemoleküle entstehen Fibrillen mit teilweise kristallinen Bereichen. Diese besondere Struktur findet sich beispielsweise in Pflanzenfasern und verleiht ihnen eine hohe Reißfestigkeit. Holz besteht zu einem großen Teil aus Cellulose, die zusätzlich mit Lignin inkrustiert ist (Lignocellulose).
Zucker als Bestandteil von Biomasse Bearbeiten
Zucker macht meist den größten Anteil von Biomasse aus. Beispielsweise bestehen Pflanzenfasern vor allem aus Cellulose, und auch Holz besteht zu 70 bis 80 % aus den Polysacchariden Cellulose und Hemicellulose. Bei der stofflichen Nutzung von Pflanzenfasern und Nutzholz oder bei der energetischen Nutzung von Stroh, Holz etc. durch Verbrennung werden somit vor allem Zucker eingesetzt.
Siehe auch Bearbeiten
Literatur Bearbeiten
- Lubert Stryer: Biochemie. 7. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/ Berlin/ Oxford u. a. 2007, ISBN 978-3-8274-2988-9.
Weblinks Bearbeiten
- Uta Bilow: Rohöl war gestern – Zucker ist morgen. bei: faz.net, 27. Juni 2007.
Einzelnachweise Bearbeiten
- Nachwachsende Rohstoffe: Zucker in den Tank – spektrumdirekt. www.wissenschaft-online.de, abgerufen am 25. Oktober 2009.
- Wolfgang Heer: Industriezucker – Anforderungsprofil und Märkte, Mitteilung der Südzucker AG 2016, abgerufen am 31. Dez. 2022
- (Nicht mehr online verfügbar.) www.profil.iva.de, archiviert vom 16. Mai 2021; abgerufen am 24. Oktober 2009. am Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- Alternative Energien: Neuer Sprit aus Stärke und Zellulose – Nachrichten Wissenschaft – WELT ONLINE. www.welt.de, abgerufen am 25. Oktober 2009.
- Garabed Antranikian (Hrsg.): Angewandte Mikrobiologie. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg 2006, ISBN 3-540-24083-7.
- Archiv - Veröffentlichungen - BMEL-Forschung. In: bmel-forschung.de. Abgerufen am 23. Januar 2017. FoRep 1/2009: Pflanzen als Nachwachsende Rohstoffe, Seiten 23–25
- Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.: Zucker als Rohstoff für die Polyurethan-Herstellung. Informationsdienst Wissenschaft, 21. November 2005, abgerufen am 25. Oktober 2009.
- Acrylglas aus Zucker: Forscher entwickeln neue umweltfreundliche Methode zur Acrylglas-Herstellung. www.scinexx.de, abgerufen am 24. Oktober 2009.
- Fats and oils as oleochemical raw materials, von Karlheinz Hill. (PDF; 60 kB) (Nicht mehr online verfügbar.) surfactantspectator.com, ehemals im ; abgerufen am 25. Oktober 2009. (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)