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Eine zentrale Hinrichtungsstatte war ein fur bestimmte administrative Gebietseinheiten ortlich fur zustandig erklarter Standort zum Vollzug der Todesstrafe Die zentralisierte Vornahme von Hinrichtungen entsprang dem Gedanken einer Vereinfachung des Strafvollzugs und der Forderung nach einer weitestgehend geheimen Durchfuhrung der Vollstreckungshandlung Die gesetzlich angedrohte Todesstrafe wurde insbesondere im nationalsozialistischen Deutschland und in der DDR in zentralen Hinrichtungsstatten vollzogen Inhaltsverzeichnis 1 Deutsches Reich 1933 1945 1 1 Einrichtung ab 1936 1 2 Standorte im Jahr 1944 2 Deutsche Demokratische Republik 2 1 Standort Dresden 1952 1956 2 2 Standort Leipzig 1956 1987 2 2 1 Erinnerungsort 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseDeutsches Reich 1933 1945 BearbeitenEinrichtung ab 1936 Bearbeiten Im NS Staat wurden zentrale Hinrichtungsstatten flachendeckend ab 1936 eingerichtet Eine zentrale Hinrichtungsstatte gab es bis dahin nur in zwei Landern namlich in Thuringen und Hessen samtliche Todesurteile Thuringens wurden im Gerichtsgefangnis Weimar durch das Fallbeil vollstreckt Todesurteile in Hessen ebenfalls mit dem Fallbeil im Strafgefangnis Butzbach In den ubrigen Landern wurde die Vollstreckung von Todesurteilen bis 1936 an dem Ort durchgefuhrt der dem aburteilenden Gericht am nachsten lag Zur Methode der Hinrichtung hielt das jeweils zur damaligen Zeit gultige Strafgesetzbuch lediglich fest 13 sie sei durch Enthauptung zu vollstrecken Einzelheiten waren nicht naher bestimmt Die Mehrzahl der nordlichen Lander des Deutschen Reiches etwa Preussen gebrauchte bis Mitte der 1930er Jahre das Handbeil andere Lander etwa Bayern und Sachsen Fallbeilgerate Die Vollstreckung der Todesurteile fand im umschlossenen Raum einer Strafanstalt statt womit lediglich ein mehr oder weniger gegen Sicht geschutzter Platz bezeichnet wurde Dies bedeutete dass Hinrichtungen in den meisten deutschen Landern unter freiem Himmel im Hof einer Strafanstalt der meist nicht hinreichend gegen Einsicht geschutzt war stattfanden Im Zuge der nationalsozialistischen Gleichschaltung wurde die Todesstrafe nicht mehr in der Nahe des aburteilenden Gerichts vollzogen sondern in der jeweilig zustandigen zentralen Hinrichtungsstatte Die Einrichtung zentraler Hinrichtungsstatten im ganzen Reich war zudem eng mit der Einfuhrung maschineller Enthauptungsgerate Fallbeil verbunden Auf Vorschlag von Reichsjustizminister Franz Gurtner bestimmte ein Fuhrererlass vom 14 Oktober 1936 Ist die Todesstrafe durch Enthaupten zu vollziehen so ist das Fallbeil anzuwenden 1 Da nicht jede deutsche Strafanstalt uber ein Fallbeilgerat verfugte musste dieses haufig erst an den Ort der Vollstreckung gebracht werden Die Gerate mussten wegen des Gewichtes rund 500 kg und der sperrigen Abmessungen zum Teil uber vier Meter Hohe in Kisten zerlegt aufbewahrt und transportiert werden Transport und Aufbau waren aufwendig zeitraubend und kostspielig und erforderten daruber hinaus die Beteiligung zahlreicher Arbeitskrafte Da der Aufbau des Fallbeilgerates im Hof einer Strafanstalt vor Blicken nicht zu verbergen war wurden einige wenige mit stationaren Fallbeilgeraten in allseitig umschlossenen uberdachten Raumen versehene Vollzugsstandorte als zentrale Hinrichtungsstatten ausgewahlt Einige Fallbeilgerate waren jedoch fur den Einbau in uberdachten Raumen zu hoch zudem auch veraltet und unzuverlassig Man beschaffte daher neuere modernere und vor allem kleinere Enthauptungsmaschinen Aus den 240 Strafanstalten des Deutschen Reiches wurden 1936 elf zu standigen Vollzugsorten der Todesstrafe bestimmt und dazu schrittweise bis Ende 1938 mit Hinrichtungstrakten und fest eingebauten Fallbeilgeraten ausgestattet Die zum Tod Verurteilten wurden in oftmals aufwendigen und ausgedehnten Transporten zu den zustandigen zentralen Hinrichtungsstatten uberstellt wenn das aburteilende Gericht nicht zugleich auch Standort einer Hinrichtungsstatte war nbsp Zentrale Hinrichtungsstatten und Vollstreckungsbezirke im Deutschen Reich 1944 Mit Kriegsbeginn im September 1939 ergingen aufgrund einer verscharften Strafgesetzgebung und der nationalsozialistischen Radikalisierung der Gerichte im Deutschen Reich Todesurteile in stetig steigender Zahl Bis Ende 1944 wurden zehn Scharfrichterkommandos zusammengestellt die die in so genannten Vollstreckungs oder Scharfrichterbezirken zusammengefassten Vollstreckungsorte zu betreuen hatten Sie hatten im Auftrag der Reichsjustizverwaltung die bis Kriegsende 1945 die Anzahl der zentralen Hinrichtungsstatten unter Kriegsbedingungen Treib und Rohstoffmangel Uberlastung des Aufsichtspersonals an einer Stelle Mangel an Transportkapazitaten Gefahrdung durch Luftangriffe auf 22 erhohte die zum Tod Verurteilten zu enthaupten oder zu erhangen Die Hinrichtung mittels Hangen war zwar durch das Gesetz uber Verhangung und Vollzug der Todesstrafe vom 29 Marz 1933 zugelassen worden wurde jedoch bis 1942 nicht angewandt Als zum Ende des Jahres 1942 die ersten Todesurteile im Kerngebiet des Deutschen Reiches durch Erhangen zu vollziehen waren erhielten bis Mitte 1943 nahezu alle zentralen Hinrichtungsstatten einen Galgen der im selben Raum wie das Fallbeilgerat installiert wurde Die Erschiessung war nur fur die Vollstreckung kriegsgerichtlicher Todesurteile aber auch als Notvollstreckungslosung fur den Fall des Versagens oder Defekts der Richtgerate in den zentralen Hinrichtungsstatten und oder bei Nichtverfugbarkeit der Scharfrichterkommandos vorgesehen Als die Wehrmacht mit der Vollstreckung der eigenen kriegsgerichtlichen Todesurteile uberlastet war legte das Oberkommando der Wehrmacht zusammen mit dem Reichsministerium der Justiz 1943 fest kriegsgerichtliche Todesurteile innerhalb des Reichsgebietes in den zentralen Hinrichtungsstatten der Reichsjustizverwaltung durch Enthaupten oder Hangen durchfuhren zu lassen Die gezielte Verfolgung von Juden Zigeunern Polen und Russen wurde ab 1943 mehr und mehr der SS uberlassen Standorte im Jahr 1944 Bearbeiten Im Dezember 1944 dienten die nachstehenden zentralen Hinrichtungsstatten im Deutschen Reich neben dem Vollzug von Freiheitsstrafen auch dem Vollzug der Todesstrafe durch Enthauptung oder Hangen Vollstreckungsbezirk Vollzugsanstalt en zustandiger Scharfrichter mit Wohnort inI Strafgefangnis Posen Gottlob Bordt PosenII Untersuchungsgefangnis Konigsberg Untersuchungshaftanstalt Danzig Karl Henschke KonigsbergIII Strafgefangnis Breslau Haftanstalt Kattowitz August Koster KattowitzIV Strafgefangnis Berlin Plotzensee Zuchthaus Brandenburg Gorden Wilhelm Rottger BerlinV Untersuchungshaftanstalt Hamburg Stadt ab Mitte Dez 1944 Zuchthaus Dreibergen Strafgefangnis Wolfenbuttel Friedrich Hehr HannoverVI Untersuchungsgefangnis Dresden Gerichtsgefangnis Weimar Zuchthaus Halle Saale Alfred Roselieb Halle Saale VII Strafgefangnis Koln Klingelputz Untersuchungshaftanstalt Dortmund Zuchthaus Frankfurt a M Preungesheim Johann Muhl KolnVIII Strafgefangnis Munchen Stadelheim Untersuchungsgefangnis Stuttgart Zuchthaus Bruchsal Johann Reichhart MunchenIX Untersuchungshaftanstalt Prag Pankratz Alois Weiss PragX Untersuchungshaftanstalt Wien I Untersuchungshaftanstalt Graz Fritz Ulicky WienDeutsche Demokratische Republik BearbeitenIn der DDR wurden die Todesurteile bis 1952 dezentral in der Hoheit der Lander vollstreckt Fur Sachsen beispielsweise sind insgesamt funf Hinrichtungsorte verburgt Dresden Zwickau Waldheim Luckau und Coswig Anhalt Mit Abschaffung der Lander und Grundung von Bezirken nach sowjetischem Vorbild wurde eine zentrale Hinrichtungsstatte fur die gesamte DDR eingerichtet 2 Siehe auch Liste von in der DDR hingerichteten Personen Standort Dresden 1952 1956 Bearbeiten In der DDR war ab 1952 eine zentrale Hinrichtungsstatte im Gebaude des ehemaligen koniglich sachsischen Landgerichts in Dresden in Betrieb Diese war wahrend der nationalsozialistischen Diktatur als zentrale Hinrichtungsstatte fur die sachsischen Gerichtsbezirke eingerichtet worden und wurde bis 1955 genutzt Die zum Tode Verurteilten wurden mit einem aus dem Dritten Reich stammenden Fallbeil das kurz vor Kriegsende beseitigt danach jedoch wieder geborgen und hergerichtet worden war enthauptet Die Leichen der Hingerichteten wurden unter grosster Geheimhaltung zum nahe gelegenen Krematorium Tolkewitz gebracht und dort anonym verbrannt Die Asche der Hingerichteten wurde im Anschluss in einem unbepflanzten Teil des Urnenhains in der Sammelstelle C Feld III vergraben 3 1957 wurde das Dresdner Gerichtsgebaude schliesslich von der TU Dresden ubernommen Standort Leipzig 1956 1987 Bearbeiten nbsp Eingang zur zentralen Hinrichtungsstatte Leipzig nbsp Gedenktafel am Eingang1956 beschloss man die zentrale Hinrichtungsstatte nach Leipzig zu verlegen Von 1960 bis 1981 befand sie sich dort in der Justizvollzugsanstalt im Gebaude des ehemaligen Koniglichen Landgerichts Im Erdgeschoss der Arndtstrasse 48 wurden insgesamt 64 Menschen hingerichtet Zunachst geschah dies weiterhin mit dem Fallbeil ab 1968 durch Erschiessen unerwarteter Nahschuss in das Hinterhaupt des Verurteilten Als Schutze bei Hinrichtungen fungierte von 1969 bis 1981 der Hauptmann Hermann Lorenz Die Erschiessung fand in demselben Raum statt in dem vormals die Verurteilten enthauptet worden waren Dort fand am 26 Juni 1981 auch die letzte Hinrichtung in der DDR statt Werner Teske bevor der Staatsrat am 17 Juli 1987 die Abschaffung der Todesstrafe verkundete die schliesslich nach Volkskammerbeschluss im Dezember 1987 in das Strafgesetzbuch der DDR einfloss Die Leichen der Hingerichteten wurden unter grosster Geheimhaltung zum nahe gelegenen Sudfriedhof gebracht und anonym verbrannt In den Krematoriumsbuchern stehen keine Namen sondern lediglich der Vermerk Anatomie Die Asche wurde anonym bestattet Erinnerungsort Bearbeiten Eine vom Leipziger Kunstler Gerd E Nawroth gestaltete Tafel an der Hausmauer erinnert seit 2008 an die seit dem Auszug der Justizvollzugsanstalt im Jahr 2001 unter Denkmalschutz gestellte ehemalige Hinrichtungsstatte Derzeit sind die Raume nur zu ausgewahlten Anlassen zuganglich Ziel sind jedoch museale Erschliessung und Gestaltung eines dauerhaften Erinnerungsortes In Zukunft soll der historische Ort regelmassig fur Interessenten zuganglich sein Das Burgerkomitee Leipzig e V arbeitet im Auftrag des Sachsischen Staatsministeriums der Justiz an einem Konzept fur den Erhalt der fruheren Hinrichtungsstatte und deren Nutzung als justizgeschichtlichem Erinnerungsort Im Juni 2016 teilte die Stiftung Sachsischer Gedenkstatten mit dass die Neugestaltung der Raume beginnen konne 4 Literatur BearbeitenThomas Waltenbacher Zentrale Hinrichtungsstatten Der Vollzug der Todesstrafe in Deutschland von 1937 1945 Scharfrichter im Dritten Reich Zwilling Berlin Berlin 2008 ISBN 978 3 00 024265 6 Richard J Evans Rituale der Vergeltung Die Todesstrafe in der deutschen Geschichte 1532 1987 Kindler Berlin 2001 ISBN 3 463 40400 1 Weblinks BearbeitenJustiz im Nationalsozialismus Wanderausstellung vom 19 Januar bis 23 Februar 2005 Hingerichtet in Munchen Stadelheim PDF Datei 2 1 MB NS Dokumentationszentrum Munchen Das Zuchthaus Brandenburg auf dem Gorden Ansgar Haase DPA Todesstrafe in der DDR Der Scharfrichter kam von hinten Stern 5 Juli 2007 abgerufen am 7 April 2023 Hinrichtungsstatte in LeipzigEinzelnachweise Bearbeiten www gdw berlin de http www runde ecke leipzig de index php id 399 abgerufen am 9 April 2021 Hinrichtungen Grosses weisses Kuvert Der Spiegel Zugriff am 12 August 2015 Pressemitteilung auf der Seite der Stiftung abgerufen am 6 Juli 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zentrale Hinrichtungsstatte amp oldid 238413148