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Verzweigung ist ein mathematischer Begriff der die Gebiete Algebra algebraische Geometrie algebraische Zahlentheorie und komplexe Analysis miteinander verbindet Inhaltsverzeichnis 1 Namengebendes Beispiel 2 Verzweigung im Kontext von Erweiterungen bewerteter Korper 2 1 Eigenschaften 3 Verzweigung im Kontext von Erweiterungen von Dedekindringen 3 1 Eigenschaften 3 2 Beispiel 4 Unverzweigte Schemamorphismen 4 1 Eigenschaften 5 Bedeutung 5 1 Algebraische Geometrie 6 Literatur 7 QuellenNamengebendes Beispiel BearbeitenEs sei n gt 1 displaystyle n gt 1 nbsp eine naturliche Zahl und f C C displaystyle f colon mathbb C to mathbb C nbsp die Funktion z w z n displaystyle z mapsto w z n nbsp Ist nun w 0 displaystyle w neq 0 nbsp und U displaystyle U nbsp eine hinreichend kleine Umgebung von w displaystyle w nbsp so besteht das Urbild von U displaystyle U nbsp aus n displaystyle n nbsp Zusammenhangskomponenten die durch eine Rotation um 2 p n displaystyle 2 pi n nbsp also Multiplikation mit einer n displaystyle n nbsp ten Einheitswurzel auseinander hervorgehen Bewegt sich w 0 displaystyle w to 0 nbsp so bewegen sich auch die Urbilder gegen 0 um dann fur w 0 0 displaystyle w 0 0 nbsp zu einem einzigen Urbild 0 displaystyle 0 nbsp zu verschmelzen 0 ist also gewissermassen der Verzweigungspunkt fur die n displaystyle n nbsp Zweige Man beachte dass die Zweige lokal bei 0 nicht getrennt sind auch wenn man die 0 entfernt Fur den Ubergang zu einer algebraischen Sichtweise sei nun g w displaystyle g w nbsp eine holomorphe Funktion die in einer Umgebung der 0 definiert ist Hat g displaystyle g nbsp bei 0 eine k displaystyle k nbsp fache Nullstelle so hat die zuruckgezogene Funktion f g g f z g z n displaystyle f g g circ f quad z mapsto g z n nbsp eine n k displaystyle nk nbsp fache Nullstelle Dieses Zuruckziehen lokal definierter holomorpher Funktionen entspricht einem Ringhomomorphismus f C w C z w z n displaystyle f colon mathbb C w to mathbb C z quad w mapsto z n nbsp Dabei bezeichnet C w displaystyle mathbb C w nbsp den Ring der Potenzreihen deren Konvergenzradius positiv ist Die Nullstellenordnung ist eine diskrete Bewertung auf den beteiligten Ringen und es gilt wie gesagt ord z 0 f g n ord w 0 g displaystyle operatorname ord z 0 f g n cdot operatorname ord w 0 g nbsp Diese Eigenschaft ist charakteristisch fur Verzweigungspunkte Verzweigung im Kontext von Erweiterungen bewerteter Korper BearbeitenEs sei K displaystyle K nbsp ein Korper mit einer diskreten Exponential Bewertung v K R displaystyle v colon K times to mathbb R nbsp Weiter seien O K x K v x 0 displaystyle mathcal O K x in K mid v x geq 0 nbsp bzw m K x K v x gt 0 displaystyle mathfrak m K x in K mid v x gt 0 nbsp der Bewertungsring bzw das Bewertungsideal von K displaystyle K nbsp p K displaystyle pi K nbsp eine Uniformisierende d h ein Erzeuger von m K displaystyle mathfrak m K nbsp und k O K m K displaystyle kappa mathcal O K mathfrak m K nbsp der Restklassenkorper Weiter sei L displaystyle L nbsp eine endliche Erweiterung von K displaystyle K nbsp mit diskreter Bewertung w L R displaystyle w colon L times to mathbb R nbsp die v displaystyle v nbsp fortsetzt d h w K v displaystyle w K v nbsp Schliesslich seien O L m L p L l displaystyle mathcal O L mathfrak m L pi L lambda nbsp analog zu oben Der Verzweigungsindex von L K displaystyle L K nbsp ist definiert als e w v v p K w p L w L v K displaystyle e w v frac v pi K w pi L w L times v K times nbsp Ist er gleich 1 so heisst die Erweiterung unverzweigt Sein Gegenstuck ist der Tragheitsgrad f w v l k displaystyle f w v lambda kappa nbsp Eigenschaften Bearbeiten Ist die Erweiterung L K displaystyle L K nbsp separabel und durchlauft w displaystyle w nbsp alle moglichen Fortsetzungen von v displaystyle v nbsp so gilt die fundamentale Gleichung 1 w v e w v f w v L K displaystyle sum w v e w v f w v L K nbsp dd Ist K displaystyle K nbsp daruber hinaus vollstandig so ist w displaystyle w nbsp eindeutig bestimmt 2 alsw x 1 L K v N L K x displaystyle w x frac 1 L K v N L K x nbsp dd und es gilt 3 e w v f w v L K displaystyle e w v f w v L K nbsp dd Es seien nun K displaystyle K nbsp vollstandig und L K displaystyle L K nbsp galoissch und ausserdem sei l k displaystyle lambda kappa nbsp separabel Diese Voraussetzungen sind beispielsweise fur lokale Korper erfullt Dann ist l k displaystyle lambda kappa nbsp sogar galoissch und es gibt eine kurze exakte Sequenz 4 1 I G a l L K G a l l k 1 displaystyle 1 to I to mathrm Gal L K to mathrm Gal lambda kappa to 1 nbsp dd dabei bezeichnet man den Kern I displaystyle I nbsp als Tragheitsgruppe Ihr Fixkorper T displaystyle T nbsp ist die maximale unverzweigte Teilerweiterung 5 von L K displaystyle L K nbsp und im Fall endlicher Erweiterungen gilt L T I e T K f displaystyle L T I e quad T K f nbsp dd Insbesondere gilt Ist L K displaystyle L K nbsp unverzweigt so istG a l L K G a l l k displaystyle mathrm Gal L K cong mathrm Gal lambda kappa nbsp dd Ist K n r displaystyle K mathrm nr nbsp die maximale unverzweigte Erweiterung in einem separablen Abschluss K s e p displaystyle K mathrm sep nbsp von K displaystyle K nbsp so gilt entsprechendG a l K n r K G a l k s e p k displaystyle mathrm Gal K mathrm nr K cong mathrm Gal kappa mathrm sep kappa nbsp dd Im Fall lokaler Korper ist letztere Gruppe kanonisch isomorph zu Z displaystyle hat mathbb Z nbsp hat also eine besonders einfache Struktur Da die Galoisgruppe G a l k s e p k displaystyle mathrm Gal kappa mathrm sep kappa nbsp im Frobenius Automorphismusx x q displaystyle x mapsto x q nbsp mit q k displaystyle q kappa nbsp dd einen kanonischen Erzeuger besitzt gibt es auch in G a l K n r K displaystyle mathrm Gal K mathrm nr K nbsp ein kanonisches Element das ebenfalls als Frobenius Automorphismus bezeichnet wird Verzweigung im Kontext von Erweiterungen von Dedekindringen BearbeitenEs sei A displaystyle A nbsp ein Dedekindring mit Quotientenkorper K displaystyle K nbsp L displaystyle L nbsp eine endliche separable Erweiterung von K displaystyle K nbsp und B displaystyle B nbsp der ganze Abschluss von A displaystyle A nbsp in L displaystyle L nbsp B displaystyle B nbsp ist wieder ein Dedekindring 6 Einer der wichtigsten Spezialfalle ist A Z displaystyle A mathbb Z nbsp K Q displaystyle K mathbb Q nbsp L displaystyle L nbsp ein Zahlkorper und B displaystyle B nbsp sein Ganzheitsring Weiter sei p displaystyle mathfrak p nbsp ein maximales Ideal von A displaystyle A nbsp Dann lasst sich p B displaystyle mathfrak p B nbsp auf eindeutige Weise als Produkt von Potenzen verschiedener Primidealen von B displaystyle B nbsp schreiben p B P 1 e 1 P k e k displaystyle mathfrak p B mathfrak P 1 e 1 cdots mathfrak P k e k nbsp Die Zahlen e i displaystyle e i nbsp heissen Verzweigungsindizes die Grade der Restklassenkorpererweiterungen f i B P i A p displaystyle f i B mathfrak P i A mathfrak p nbsp Tragheitsgrade Ist e i 1 displaystyle e i 1 nbsp und die Erweiterung der Restklassenkorper separabel so heisst P i displaystyle mathfrak P i nbsp unverzweigt Im Fall von Zahlkorpern und Funktionenkorpern uber endlichen Korpern ist die Restklassenkorperweiterung stets separabel Ist f i 1 displaystyle f i 1 nbsp so heisst P i displaystyle mathfrak P i nbsp rein verzweigt Sind alle P i displaystyle mathfrak P i nbsp unverzweigt so heisst p displaystyle mathfrak p nbsp unverzweigt p displaystyle mathfrak p nbsp zerfallt dann in ein Produkt verschiedener Primideale Sind alle Primideale ungleich null von K displaystyle K nbsp unverzweigt so heisst die Erweiterung L K displaystyle L K nbsp unverzweigt Eigenschaften Bearbeiten Ein Primideal P displaystyle mathfrak P nbsp von L displaystyle L nbsp uber einem Primideal p displaystyle mathfrak p nbsp von K displaystyle K nbsp ist genau dann unverzweigt in dem hier definierten Sinne wenn die Erweiterung L K displaystyle L K nbsp mit den durch P displaystyle mathfrak P nbsp bzw p displaystyle mathfrak p nbsp definierten Bewertungen unverzweigt im bewertungstheoretischen Sinne ist Es gilt die fundamentale Gleichung 7 L K i 1 k e i f i displaystyle L K sum i 1 k e i f i nbsp dd Es gibt stets nur endlich viele verzweigte Primideale in K displaystyle K nbsp 8 Ein Primideal in K displaystyle K nbsp ist genau dann verzweigt wenn es die Diskriminante teilt 9 ein Primideal in L displaystyle L nbsp ist genau dann verzweigt wenn es die Differente teilt 10 Die einzige unverzweigte Erweiterung von Q displaystyle mathbb Q nbsp ist Q displaystyle mathbb Q nbsp selbst 11 Ist L K displaystyle L K nbsp eine Galoiserweiterung globaler Korper und p displaystyle mathfrak p nbsp unverzweigt so gibt es analog zum lokalen Fall fur jedes Primideal P displaystyle mathfrak P nbsp uber p displaystyle mathfrak p nbsp einen Frobenius Automorphismus f P G a l L K displaystyle varphi mathfrak P in mathrm Gal L K nbsp der die Zerlegungsgruppe von P displaystyle mathfrak P nbsp erzeugt Er ist die Grundlage fur das Artinsymbol der Klassenkorpertheorie 12 Beispiel Bearbeiten Ein verhaltnismassig einfacher Dedekindring ist der Ring der Eisensteinzahlen Betrachtet man sie wie ublich als Erweiterung der ganzen Zahlen dann ist hier genau das von der Primzahl 3 im Ring der ganzen Zahlen erzeugte Primideal verzweigt Unverzweigte Schemamorphismen BearbeitenEs seien X displaystyle X nbsp und Y displaystyle Y nbsp Schemata und f X Y displaystyle f colon X to Y nbsp ein Morphismus lokal endlicher Prasentation Dann heisst f displaystyle f nbsp unverzweigt falls eine der folgenden aquivalenten Bedingungen erfullt ist 13 W X Y 1 0 displaystyle Omega X Y 1 0 nbsp Fur einen und damit fur jeden Morphismus g Y Z displaystyle g colon Y to Z nbsp istf W Y Z 1 W X Z 1 displaystyle f colon Omega Y Z 1 to Omega X Z 1 nbsp dd surjektiv Die Fasern von f displaystyle f nbsp uber Punkten y Y displaystyle y in Y nbsp sind disjunkte Vereinigungen von Spektren endlicher separabler Korpererweiterungen von k y displaystyle kappa y nbsp Die Diagonale X X Y X displaystyle X to X times Y X nbsp ist eine offene Einbettung Ist T displaystyle T nbsp ein affines Schema und T 0 displaystyle T 0 nbsp ein abgeschlossenes Unterschema das durch eine nilpotente Idealgarbe definiert wird so ist die induzierte AbbildungH o m Y T X H o m Y T 0 X displaystyle mathrm Hom Y T X to mathrm Hom Y T 0 X nbsp dd injektiv Der Morphismus f displaystyle f nbsp heisst unverzweigt im Punkt x X displaystyle x in X nbsp wenn es eine offene Umgebung U displaystyle U nbsp von x displaystyle x nbsp in X displaystyle X nbsp gibt so dass f U displaystyle f U nbsp unverzweigt ist Unverzweigtheit in einem Punkt x displaystyle x nbsp kann auch anders charakterisiert werden es sei y f x displaystyle y f x nbsp 14 W X Y x 1 0 displaystyle Omega X Y x 1 0 nbsp Die Diagonale X X Y X displaystyle X to X times Y X nbsp ist ein lokaler Isomorphismus bei x displaystyle x nbsp O X x m y O X x displaystyle mathcal O X x mathfrak m y mathcal O X x nbsp ist ein Korper der eine endliche separable Erweiterung von k y displaystyle kappa y nbsp ist Die Unverzweigtheit von f displaystyle f nbsp im Punkt x displaystyle x nbsp hangt nur von der Faser f 1 y displaystyle f 1 y nbsp ab Eigenschaften Bearbeiten Unverzweigte Morphismen sind lokal quasiendlich 15 Ist Y displaystyle Y nbsp zusammenhangend und f X Y displaystyle f colon X to Y nbsp unverzweigt und separiert so entsprechen die Schnitte von f displaystyle f nbsp eineindeutig den Zusammenhangskomponenten von X displaystyle X nbsp die durch f displaystyle f nbsp isomorph auf Y displaystyle Y nbsp abgebildet werden 16 Bedeutung BearbeitenAlgebraische Geometrie Bearbeiten Ist X displaystyle X nbsp ein Schema uber einem diskret bewerteten Korper K displaystyle K nbsp mit Bewertungsring V displaystyle V nbsp so werden haufig Modelle von X displaystyle X nbsp uber V displaystyle V nbsp betrachtet d h Schemata X displaystyle mathcal X nbsp uber V displaystyle V nbsp mit X X V K displaystyle X cong mathcal X otimes V K nbsp Ist nun L K displaystyle L K nbsp eine unverzweigte Erweiterung und W displaystyle W nbsp der Bewertungsring von L displaystyle L nbsp so ist der Morphismus S p e c W S p e c V displaystyle mathrm Spec W to mathrm Spec V nbsp und damit auch der Morphismus X W X V W X displaystyle mathcal X W mathcal X otimes V W to mathcal X nbsp etale und surjektiv folglich ubertragen sich viele Eigenschaften von X displaystyle mathcal X nbsp auf das Modell X W displaystyle mathcal X W nbsp von X L displaystyle X L nbsp Literatur BearbeitenJurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 A Grothendieck J Dieudonne Elements de geometrie algebrique Publications mathematiques de l IHES 4 8 11 17 20 24 28 32 1960 1967 Quellen Bearbeiten Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz II 8 5 S 173 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Theorem II 6 2 S 150 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz II 6 8 S 157 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz II 9 9 S 181 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz II 9 11 S 182 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz I 8 1 S 47 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz I 8 2 S 48 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz I 8 4 S 52 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Korollar III 2 12 S 213 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Theorem III 2 6 S 210 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Satz III 2 18 S 218 Jurgen Neukirch Algebraische Zahlentheorie Springer Verlag Berlin 1992 ISBN 3 540 54273 6 Aufgabe I 9 2 S 61 sowie Abschnitt VI 7 S 424ff EGA IV 17 4 2 17 2 2 17 1 1 17 3 1 EGA IV 17 4 1 EGA IV 17 4 3 EGA IV 17 4 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verzweigung Algebra amp oldid 238873320