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Die steinzeitliche Siedlung von Grossgartach einem Teilort der Gemeinde Leingarten im Landkreis Heilbronn war eine durch die Neolithische Revolution in der Mitte des 6 Jahrtausends v Chr entstandene Siedlung der Jungsteinzeit Neolithikum mit grossen Langhausern die vermutlich bis in die zweite Halfte des 5 Jahrtausends v Chr existierte Die aufgefundene Keramik gehort hauptsachlich in die bandkeramische Kultur und in den nachfolgenden Kulturenkomplex Hinkelstein Grossgartach Rossen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Forschungsgeschichte 2 1 Ausgrabungen unter Alfred Schliz 2 2 Neuere Erkenntnisse 3 Literatur 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenFundstucke aus dem Mesolithikum Mittelsteinzeit bezeugen Lagerplatze der Jager und Sammler am Heuchelberg Im Fruhneolithikum auch Altneolithikum genannt von ca 5500 bis etwa 4900 v Chr vollzog sich im Heilbronner Raum die sogenannte Neolithische Revolution Ackerbau und Viehzucht ermoglichten jetzt ein sesshaftes Leben in dauerhaften Wohnstatten Das Klima war etwas warmer und feuchter als heute und das Siedlungsgebiet mit lichtem Eichenmischwald auf Lossflachen bot gunstige Bedingungen Emmer Einkorn Gerste Erbsen Linsen Mohn und Flachs wurden angebaut Rinder Schweine Schafe und Ziegen hielt man als Nutztiere 1 Pferde und Geflugel offenbar nicht Erlegtes Wild trug nur mit etwa 1 zur Ernahrung bei 2 Man stellte Tongefasse her und geschliffene Steinbeile Die Ornamente auf den Gefassen gaben der bauerlichen Kultur dieser Zeit den Namen Linearbandkeramik Das durch Nahrungsmittelproduktion und Vorratshaltung bewirkte neolithische Wirtschaftswunder brachte eine Bevolkerungsexplosion und damit einhergehend auch Konflikte selbst kriegerische Uberfalle wie in Talheim 3 Entlang des Neckars und auf den leicht geneigten Hangen seiner Seitentaler reihten sich kleine Weiler rund dreihundert Siedlungen sind aus dieser Zeit bekannt Die Hauser aus Holz und Lehm sind etwa 5 bis 8 m breit und bis zu 30 m lang sie dienten einer sieben bis neunkopfigen Familie als Wohn Schlaf und Arbeitsstatte Die Zahl der aufgefundenen Graber ist sehr gering Friedhofe sind im Heilbronner Raum nicht bekannt In Grossgartach wurden einzelne Graber geborgen Die Toten wurden in der Regel auf der Seite liegend mit angezogenen Armen und Beinen in Hockerstellung bestattet Als Grabbeigaben erhielten sie Keramikgefasse Gerate aus Stein Knochen oder Geweih sowie Schmuck aus Muschelschalen oder Schneckenhausern 1 Aus dem Mittelneolithikum von ca 4900 bis etwa 4300 v Chr sind im Raum Heilbronn nur noch knapp zweihundert Siedlungen bekannt Die bandkeramische Kultur hatte sich in der ersten Halfte des 5 Jahrtausends v Chr in regionale Gruppen aufgeteilt die nach Fundorten benannt sind Hinkelstein Gruppe Grossgartacher Kultur und Rossener Kultur sie werden als Kulturensequenz zusammengefasst Eine reiche Verzierung der Gefasse mit eingestochenen Mustern ist fur sie charakteristisch 1 Im Jungneolithikum zwischen ca 4300 bis etwa 3500 v Chr entstanden auch im Raum Heilbronn in geschutzten Hochlagen kompakte Weiler der Schnurkeramiker mit kleinen Hausern Die Zahl der Siedlungen mit den grossen Langhausern in den Lossgebieten des Heilbronner Raums verringerte sich auf rund siebzig 1 Unter einer Grube mit der Asche von verbrannten Toten aus der Hallstattzeit entdeckte man ein rechteckiges Hockergrab westlich der Heuchelberger Warte in einem Grabhugel der Schnurkeramiker Das Skelett lag auf der linken Seite in Nord Sud Richtung Als Beigabe hatte der Tote eine schnurkeramische Vase und zwei flache Steinbeile 2 Forschungsgeschichte BearbeitenAusgrabungen unter Alfred Schliz Bearbeiten 1898 wurde dem Heilbronner Arzt Alfred Schliz 1849 1915 damals Vorsitzender des Historischen Vereins Heilbronn ein Serpentinbeil zum Kauf angeboten An der aufgesuchten Fundstelle im Stumpfworschig bei Grossgartach begann 1899 seine 13 Jahre andauernde Grabungstatigkeit Der Ingenieur Albrecht Bonnet mit Erfahrung durch die Ausgrabungen auf dem Michaelsberg bei Untergrombach unterstutzte ihn Unterhalb der Humusschicht eines Ackers entdeckten sie zwischen 80 und 120 cm tief Grundrisse eines 5 35 5 80 m grossen Gebaudes so glaubten sie Vom Eingang im Nordwesten kam man entlang einer Lehmwand und einer Aschengrube uber eine absteigende Rampe ihrer Meinung nach in den Kuchenraum mit einer tiefen Herdgrube die mit Bruchstucken von Mahlsteinen und Tierknochen gefullt war Wenig oberhalb dieser Ebene befand sich so schien es seitlich der Wohn und Schlafraum mit Lehmbanken an den Schmalseiten Nach der Vorstellung von Alfred Schliz wurden die Wohnhauser im Neolithikum zum Schutz vor der Witterung in den Untergrund gebaut In seiner 1901 publizierten Monographie Das steinzeitliche Dorf Grossgartach s Literatur prasentiert er seine gewonnenen Erkenntnisse archaologisch interessierten Kreisen 3 Die Keramikfunde in den Fluren von Grossgartach gehoren hauptsachlich zur bandkeramischen Kultur Im Wesentlichen war es einfaches Gebrauchsgeschirr fast nicht verziert und von grober Machart Ein Gefass in der Lage Muhlpfad und Keramikscherben im Stumpfworschig III zahlt man zur Hinkelstein Gruppe die im Heilbronner Raum unter anderem auch durch Funde in Bockingen Lauffen und Ilsfeld gut bezeugt ist Die Hauptfundstellen fur die Grossgartacher Kultur waren die Platze Stumpfworschig I Wasen III und Heilbronner Bild Keramik der Rossener Kultur entdeckte man hauptsachlich im Wasen I und II Die Wohnplatze mit Keramikfunden aus verschiedenen Epochen waren nicht zur gleichen Zeit besiedelt Form und Verzierung der Tongefasse entwickelten sich in vielen Generationen und ihre Verschiedenartigkeit beweist den langen Zeitraum der Besiedlung 2 Etwa 90 Fundstellen hat Alfred Schliz untersucht und meist auch ergraben Eine Grundrissgestaltung die nicht der seines vermuteten Wohnhauses entsprach ordnete er unterschiedlichen Gebaudetypen zu Gesindehausern Feldscheunen Kleinbauten Vorratshausern und Junggesellenbuden fur die Hirten Fur ihn standen auf den Fundplatzen Einzelgehofte oder kleine Weiler die insgesamt ein steinzeitliches Haufendorf bildeten Ein zum Dorf gehorendes Graberfeld entdeckte er nicht nur einzelne Skelettfunde in den Lagen Wasen und Fuchsloch Spuren einer gewaltsamen Vertreibung der Siedler oder einer Zerstorung des Dorfes durch einen Brand bemerkte er nicht Im Westen am Massenbacher Krautweg verhinderte die Landesgrenze zwischen Wurttemberg und Baden Grabungen im badischen Schluchtern 3 Neuere Erkenntnisse Bearbeiten 1990 1991 wurde in Bad Friedrichshall Kochendorf eine 8 ha grosse Flache komplett archaologisch untersucht In bandkeramischer Zeit und im nachfolgenden Mittelneolithikum stand hier eine Siedlung die einen Vergleich mit der Siedlung von Grossgartach erlaubt In Kochendorf zeigte sich eine mehrgliedrige Palisadenanlage die Schliz in Grossgartach mit seiner Grabungsmethode nicht erkannt hat Er hatte sich auf die fundreichen Mittelbereiche einer oberflachlich erkennbaren Fundstelle konzentriert und konnte nach der Bonnet Schlizschen Grabungsmethode bei der die begrenzte Stelle von oben nach unten schichtweise durchsucht wurde die haufigen Grubenuberschneidungen nicht erkennen Losskeile zwischen zwei sich uberschneidenden Gruben deutete er als Lehmbanke und tiefe Gruben waren fur ihn Herdgruben Auch Befunduberschneidungen blieben unerkannt Schliz schienen Scherben der Bandkeramik und solche vom Grossgartacher Typ zeitgleich Ausserdem schenkte Schliz dem Fund von verziegeltem Lehm keine Beachtung In Grossgartach waren wie in Kochendorf alle Hauser in Pfostenbauweise errichtet und das Rutengeflecht der Aussenwande mit Huttenlehm bestrichen der nach einem Brand ziegelhart Jahrtausende uberdauert die Gebaude in Grossgartach wurden ebenfalls durch einen Brand zerstort Die von Schliz beschriebenen eingetieften Grubenhauser gab es nicht und auch die dargestellten Innenbauten sind in Kochendorf nicht bekannt 3 Im Winter 1994 1995 fuhrte das Landesamt fur Denkmalpflege Baden Wurttemberg im Stumpfworschig erstmals seit Schliz in Grossgartach wieder archaologische Untersuchungen durch Die Ausgraber stiessen auf Siedlungsgruben aus bandkeramischer und mittelneolithischer Zeit sowie auf Spuren der Ausgrabungen von Alfred Schliz Die Auswertung der von ihm notierten Fundstellen und die Fundverteilung der neuen Grabungen ergaben dass es bei Grossgartach mindestens zwei voneinander unabhangige neolithische Siedlungen gab 3 2012 erkannten die Stadtischen Museen Heilbronn dass die bei den Erschliessungsarbeiten des Bauabschnitts Kappmannsgrund II am sudlichen Ortsrand von Grossgartach geborgenen bandkeramischen Fundstucke nicht zur bekannten archaologischen Fundstelle Kappmannsgrund gehoren sondern nach einer etwa 200 m breiten weitgehend fundfreien Lucke eine eigene Fundstelle bilden Sie war sicherlich ein Teil der westlich der Nordheimer Strasse gelegenen Besiedlung im Flurstuck Klingelweg die spatestens am Ende der altesten Bandkeramik ca 5400 v Chr abbricht In der Baugrube des ersten Gebaudes nach dem Zwischenraum Sudetenstrasse 9 stammen die Funde ebenfalls nur aus der altesten bandkeramischen Kultur und nicht aus den nachfolgenden Stilphasen wie in der Fundstelle Kappmannsgrund Auf der Wandscherbe eines feinkeramischen Kumpfes befindet sich die Protome eines Ziegenkopfs Der Kopf dieser ausserst seltenen Tierkopfprotome ist dreieckig mit einer gerundeten Kinnpartie und sitzt auf der Spitze einer A Spirale eines Verzierungsrests Die Horner sind abgebrochen und die Schnauze ist beschadigt Es handelt sich um eine Protome aus der jungeren Halfte der altesten Linearbandkeramik 5450 5500 v Chr Zwei ahnliche Stucke wurden in Bad Nauheim Niedermorlen gefunden 4 Literatur BearbeitenSusanne Friederich Jungsteinzeit im Heilbronner Raum Von Grossgartach zum Plattenwald In Andreas Pfeiffer Hrsg Schliz ein Schliemann im Unterland 100 Jahre Archaologie im Heilbronner Raum museo 14 Stadtische Museen Heilbronn Heilbronn 1999 ISBN 978 3 428 11204 3 S 128 145 Ludwig Lidl Das steinzeitliche Dorf Grossgartach In Heimatverein Leingarten Hrsg Heimatbuch Leingarten Leingarten 1982 S 21 28 Alfred Schliz Das steinzeitliche Dorf Grossgartach Seine Kultur und die spatere vorgeschichtliche Besiedlung der Gegend Enke Stuttgart 1901 Alfred Schliz Das steinzeitliche Dorf Grossgartach seine Keramik und die spatere Besiedlung der Gegend In Fundberichte aus Schwaben 8 1900 S 47 59 Hans Christoph Strien Ein Ziegenkopfprotom der altesten Bandkeramik aus Grossgartach In Christhard Schrenk Peter Wanner Hrsg heilbronnica 5 Beitrage zur Stadt und Regionalgeschichte Stadtarchiv Heilbronn 2013 S 419 424 ISBN 978 3 940646 12 5Einzelnachweise Bearbeiten a b c d Andrea Neth Erste Siedlungsspuren und Altsiedelraume In Der Landkreis Heilbronn Bd 1 2010 a b c Ludwig Lidl Das steinzeitliche Dorf Grossgartach In Heimatbuch Leingarten 1982 a b c d e Susanne Friederich Jungsteinzeit im Heilbronner Raum In Schliz ein Schliemann im Unterland museo 14 1999 Hans Christoph Strien Ziegenkopfprotom s Literatur 49 152222222222 9 1125 Koordinaten 49 9 8 N 9 6 45 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steinzeitliche Siedlung von Grossgartach amp oldid 198831607