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Als Sportlerfluchten aus der DDR werden Fluchten von Sportlern aus der DDR in das westliche Ausland bezeichnet Im DDR Recht galten diese darin als Ungesetzlicher Grenzubertritt genannten Fluchten als strafbare Handlungen Von der Stasi wurden die von 1952 bis 1989 gezahlten mindestens 615 in den Westen geflohenen Sportler der DDR auch Sportverrater genannt Inhaltsverzeichnis 1 Motive 2 Fluchtarten 3 Repression durch die Staatssicherheit 4 Geflohene Sportler 4 1 Fussballspieler 4 2 Radsportler 4 3 Leichtathleten 4 4 Weitere Sportler 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseMotive BearbeitenKaderathleten genossen in der DDR ein privilegiertes Leben und gute Trainingsbedingungen Dennoch entschieden sich zahlreiche Sportler dazu die DDR zu verlassen Die Grunde hierfur waren vielfaltig Einige von ihnen lehnten die in der DDR vorherrschenden politischen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhaltnisse ab Sportlern die sich kritisch ausserten oder deren ablehnende Haltung gegenuber dem System der DDR bekannt war wurden Entwicklungsmoglichkeiten im Leistungssport genommen Ebenso war der hohe Erwartungs und Erfolgsdruck ein Grund die DDR verlassen zu wollen So wurde von Seiten der Verantwortlichen oftmals bei Nichterreichung der vorgegebenen Ziele die Reduzierung bzw Einstellung der staatlichen Unterstutzung angedroht 1 Fluchtarten BearbeitenBereits vor dem Mauerbau verliessen zahlreiche Sportler Sportfunktionare und mediziner die DDR 2 Mitunter zog es ganze Mannschaften in den Westen wie beispielsweise im Falle des SG Dresden Friedrichstadt unter dem spateren Bundestrainer Helmut Schon oder dem als SC Union 06 Berlin in West Berlin neugegrundeten SC Union Oberschoneweide Nach der endgultigen Schliessung der innerdeutschen Grenze blieben Fluchten jedoch Einzelaktionen Die einfachste Moglichkeit die DDR zu verlassen bestand bei Wettkampfen im westlichen Ausland Hier hatten die Sportler die Chance sich vor wahrend oder nach Wettkampfen relativ unbehelligt abzusetzen Oft geschah dies mit Hilfe von auslandischen Funktionaren oder westdeutschen Sportlern Aus Angst vor moglichen Repressionen durch das MfS wurden derartige Unterstutzungen zumeist verschwiegen und erst nach der Wende bekannt Infolge dieser Fluchten nahm die DDR auf Wettkampfe im westlichen Ausland nur Sportler mit die als hinreichend verlasslich galten Reisekader Um eine mogliche Flucht zu erschweren wurden DDR Sportlern beim Aufenthalt in der Bundesrepublik die personlichen Dokumente entzogen 3 Sportler die mangels Leistungsfahigkeit oder Linientreue nicht zum Reisekader zahlten waren auf die klassischen Fluchtwege beschrankt So durchschwamm der ehemalige DDR Meister uber 400 Meter Freistilschwimmen Axel Mitbauer die Ostsee Richtung Westen 4 Repression durch die Staatssicherheit BearbeitenFur die Staatsfuhrung der DDR waren Fluchten prominenter Sportler bzw ehemaliger Sportler besonders unangenehm da diese als Diplomaten im Trainingsanzug helfen sollten das internationale Ansehen der DDR zu steigern Daher versuchte das MfS ab Anfang der 1970er Jahre moglichen Republikfluchten von Sportlern durch ein umfassendes Uberwachungssystem und operative Personenkontrollen praventiv entgegenzuwirken So existierte ein Zentraler Operativer Vorgang ZOV Sportverrater mit dem 63 Sportler bearbeitet wurden 5 Der Sicherungsbereich Sport umfasste insgesamt mindestens 100 000 Spitzensportler und deren Freunde und Familienangehorige zu deren Uberwachung das MfS rund 3 000 Inoffizielle Mitarbeiter einsetzte Nach erfolgreicher Flucht versuchten die Behorden oftmals die betreffenden Personen mit Hilfe ihrer Freunde und Verwandten zur Ruckkehr zu bewegen die dazu seitens des MfS massiv unter Druck gesetzt wurden Hatte diese Methode keinen Erfolg oder kehrten die Fluchtigen nicht freiwillig zuruck mussten sie und ihre in der DDR verbliebenen Angehorigen befurchten Opfer von Vergeltungsmassnahmen zu werden Dazu gehorten bis in die Privatsphare reichende Bespitzelungen Manipulationen und Diffamierungen mit denen unter anderem systematisch eine Entfremdung aller Beteiligter erreicht werden sollte Diese sogenannten Zersetzungsmassnahmen erfolgten auch ausserhalb der DDR und konnten fur die sich abgesetzten Sportler unter Umstanden lebensbedrohlich sein In der DDR wurden die Fluchtlinge in den Medien oftmals als Verrater an den Idealen des Sozialismus stigmatisiert oder als Opfer gewissenloser Menschenhandler dargestellt Daruber hinaus waren die staatlichen Stellen bemuht die betreffenden Personen aus der offentlichen Wahrnehmung verschwinden zu lassen Dies konnte die nachtragliche Loschung der Namen aus Wettkampflisten und Statistiken sowie die Retuschierung von Mannschaftsfotos nach sich ziehen 6 Mitarbeiter in den Sportredaktionen die diese Weisung umzusetzen hatten erfuhren dadurch haufig als erstes von den Fluchtversuchen 7 Geflohene Sportler BearbeitenNach Zahlungen der DDR Staatssicherheit im Abschlussbericht des ZOV Sportverrater vom Dezember 1989 zur Bespitzelung abtrunniger Athleten durch die Staatssicherheit flohen von 1952 bis 1989 mindestens 615 Sportler aus der DDR Trainer und Arzte in den Westen 8 9 Fussballspieler Bearbeiten Horst Assmy 1959 Lutz Eigendorf 1979 Rolf Fritzsche 1959 Falko Gotz 1983 Klaus Heydenreich 1961 Andre Kohler 1989 Jens Konig 1989 Axel Kruse 1989 Marco Koller 1989 Frank Lippmann 1986 Matthias Morack 1989 Norbert Nachtweih 1976 Jurgen Pahl 1976 Emil Poklitar 1961 Michael Polywka 1966 Dirk Schlegel 1983 Rolf Starost 1961 Thomas Weiss 1989nach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn geflohenJorg Berger 1979 Jurgen Sparwasser 1988 Gerd Weber 1989 nachdem 1981 ein erster Versuch als Aktiver gescheitert warRadsportler Bearbeiten Jurgen Kissner 1964 Bahnradsport Klaus Lewandowski 1960 Bahnradsport Gunter Oldenburg 1960 Querfeldeinradsport Horst Oldenburg 1960 Bahn und Strassenradsport Kurt Plitt 1953 Strassenradsport Karl Heinz Riemann 1960 Strassenradsport Hartmut Scholz 1965 Bahnradsport Stefan Schropfer 1980 Bahn und Strassenradsport Harry Seidel 1962 Bahn und Strassenradsport Horst Tuller 1957 Bahn und Strassenradsport Dieter Wiedemann 1964 Strassenradsport Leichtathleten Bearbeiten Karin Balzer zur Ruckkehr gezwungen 10 Jurgen May 1967 Renate Neufeld 1977 11 Wolfgang Schmidt Ausreise nach gescheitertem Fluchtversuch Manfred Steinbachnach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn geflohenInes Geipel 1989Weitere Sportler Bearbeiten Jens Peter Berndt Schwimmer 1985 uber die USA in die Bundesrepublik 12 Bodo Bockenauer Eiskunstlaufer Ralph Borghard Eiskunstlaufer Ernst Degner Motorradrennfahrer Ute Gahler Rennrodlerin 1964 Guido Hiller Eishockeyspieler in die DDR zuruckgekehrt Frank Hoffmeister Schwimmer Fred Kammerer Ringer Hans Koch Geher Axel Mitbauer Schwimmer Karl Heinz Munk Skispringer Adelheid Nentwig Basketballerin in die DDR zuruckgekehrt Hans Joachim Neuling Ruderer Gunter Perleberg Kanute Udo Pfeffer Nordischer Kombinierer Ralph Pohland Nordischer Kombinierer Dieter Rauscher Gewichtheber Stefan Steinbock Eishockeyspieler in die DDR zuruckgekehrt Wolfgang Thune Turner 1975 Claus Tuchscherer Skispringer in die DDR zuruckgekehrt anschliessend ausgereist 13 Helmut Uhlig Basketballer Hans Zierold Schwimmer 1958 Gunter Zoller Eiskunstlaufer 1972 14 nach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn geflohenHans Georg Aschenbach Skispringer 1988 Aschenbach deckte nach seiner Flucht das staatliche Zwangsdoping im DDR Leistungssport auf Friedrich Wilhelm Ulrich Ruderer mittlerweile Trainer im Kaderbereich Renate Vogel Schwimmerin 1979Literatur BearbeitenJutta Braun Jedermann an jedem Ort einmal in der Woche Sport Triumph und Trugbild des DDR Sports In Thomas Grossbolting Hrsg Friedensstaat Leseland Sportnation DDR Legenden auf dem Prufstand Berlin 2009 ISBN 978 3 86153 543 0 S 184f Jutta Braun Rene Wiese Claudia de la Garza ZOV Sportverrater Spitzenathleten auf der Flucht Begleitbuch zur Ausstellung Eine Ausstellung des Zentrums Deutsche Sportgeschichte Berlin Brandenburg e V ZdS in Zusammenarbeit mit der Kunstlerin Laura Soria und der Ausstellungsagentur exhibeo Zentrum Deutsche Sportgeschichte Berlin Brandenburg Berlin 2011 ISBN 978 3 00 035054 2 Jorg Berger Regina Carstensen Meine zwei Halbzeiten Ein Leben in Ost und West rororo Verlag Reinbek bei Hamburg 2009 ISBN 978 3 498 00654 9 Weblinks BearbeitenAusstellung ZOV Sportverrater Spitzenathleten auf der Flucht Bundeszentrale fur politische Bildung Sportler zwischen Ost und West Stiftung Aufarbeitung Sportverrater Fluchthilfe im deutsch deutschen Sport Audio und Videomitschnitte eines Podiumsgesprachs mit Zeitzeugen und dem Zentrum Deutsche Sportgeschichte Einzelnachweise Bearbeiten Du musst Siegen In Der Spiegel 25 August 1969 Fur eine Aufzahlung siehe bspw Fluchtlinge In Die Zeit 1 Marz 1968 Vgl Friedliche Revolution Sportverrater Memento vom 4 Marz 2016 imInternet Archive Der Freischwimmer In Frankfurter Allgemeine Zeitung Fahrstuhl in die Freiheit In Der Spiegel 29 2011 S 99 Sportecho ignoriert Berndt Kein Listenplatz In Suddeutsche Zeitung 9 August 1988 Flucht vorm Genickbruch In Der Tagesspiegel 4 August 2010 Eine Frage der Generationen In Berliner Zeitung 6 August 2010 Felix Lill DDR Mauerkinder und Sportverrater Vor 50 Jahren wurde die Berliner Mauer gebaut sie trennte Ost und West auch im Sport Viele Karrieren zerbrachen an ihr andere wurden erst ermoglicht nicht alle Sportler litten unter der Mauer In DiePresse com 21 August 2011 abgerufen am 25 Juli 2017 Vgl Schreiben von Manfred Ewald an Egon Krenz vom 1 Oktober 1985 SAMPO DY 30 IV 2 2 039 247 DDR Schluck Pillen oder kehr Fabriken aus In Der Spiegel 12 1979 zuletzt eingesehen am 14 Marz 2012 Jutta Braun Sportfreund Mielke Das Ministerium fur Staatssicherheit und der Kalte Krieg im Sport In Carlos Collado Seidel Hrsg Geheimdienste Diplomatie und Krieg Das Raderwerk der Internationalen Beziehungen Berlin 2013 S 108 Mir wurde klar Fur die Bonzen bist du nur ein Stuck Material In Welt Online 25 Februar 2006 Stasi Die Quelle ist zuverlassig In Der Spiegel 46 1999 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sportlerflucht aus der DDR amp oldid 235122690