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Simon Dubnow vollstandiger Name Semjon Markowitsch Dubnow geboren am 10 September 1860 in Mstislawl gestorben am 8 Dezember 1941 in Riga war ein russischer Historiker und Theoretiker des Judentums Anfang des 20 Jahrhunderts war er auch Politiker Simon DubnowDer junge Simon Dubnow Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Philosophie 3 Kritik an der judischen Geschichtsschreibung 4 Zitate 5 Ehrungen 6 Schriften 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseLeben BearbeitenSimon Dubnow kam 1860 als Sohn eines Holzhandlers in einem weissrussischen Schtetl zur Welt 1880 ging er ohne eine Aufenthaltsgenehmigung 1 zu besitzen nach Sankt Petersburg und Odessa spater nach Wilna 2 wo er fur verschiedene judische Zeitungen schrieb 1881 ubersetzte er die Volkstumliche Geschichte der Juden von Heinrich Graetz ins Russische jedoch wurde die Einleitung vom Zensor verboten und musste spater als getrennte Publikation im Ausland erscheinen Er wandte sich dann in seiner Arbeit dem Chassidismus der grossen Erweckungsbewegung unter den Ostjuden zu Dubnow heiratete 1884 Ida Frejdlin 1860 1934 sie bekamen drei Kinder Sofja 1885 Olga 1886 und Jakow 1887 3 1898 begann er sein Hauptwerk Weltgeschichte des judischen Volkes dessen ersten Teil er 1914 in Sankt Petersburg veroffentlichte Dubnow engagierte sich bis in seine letzten Lebensjahre auch politisch fur judische Minderheitenrechte Nach dem Pogrom von Kischinjow 1903 befurwortete er die aktive Selbstverteidigung der Juden vor der Duma Wahl 1906 4 warb er fur die Teilnahme judischer Parteien 1906 grundete er die Folkspartei die bis 1918 existierte aber insgesamt bedeutungslos blieb Die Februarrevolution 1917 begrusste er als langersehnte Befreiung aus der Diskriminierung wahrend der Oktoberrevolution warnte er seine judischen Landsleute davor ihr Schicksal mit dem der Bolschewiken zu verbinden Noch bis 1922 ertrug er in Petrograd Hunger Kalte den Burgerkrieg und roten Terror und wirkte fur die Erneuerung judischen Lebens in Russland dann kam er zu der Einsicht dass er dort keine Zukunft haben wurde 5 Am 23 April 1922 reiste er uber Estland und Riga in die litauische Stadt Kaunas an deren Universitat ihm ein Lehrstuhl in Aussicht gestellt worden war aber als Jude wurde er schliesslich doch nicht berufen Er zog nach Berlin weiter wobei er seine Bibliothek zurucklassen musste Obwohl er bereits 62 Jahre alt war folgte nun das fruchtbarste Jahrzehnt seines Schaffens Von 1925 bis 1929 erschien sein Hauptwerk die zehnbandige Weltgeschichte des judischen Volkes 1931 folgte die Geschichte des Chassidismus in zwei Banden Alle Bucher veroffentlichte er zuerst auf Deutsch kurz darauf auch auf Russisch Hebraisch Jiddisch und Englisch In Berlin bildete er neben Jakow Tejtel dem Vorsitzenden des Vereins russischer Juden das Zentrum der russisch judischen Diaspora Zu seinen vielen Bekannten gehorten Chaim Nachman Bialik der spater zum israelischen Nationaldichter wurde und Meir Dizengoff spater der erste Burgermeister von Tel Aviv Mit Einstein besprach er das Projekt einer judischen Universitat fur Europa Bei seinen Kontakten zeigte er keine Vorurteile er traf Anarchisten Menschewiken und Monarchisten Zuletzt arbeitete er an seiner Autobiografie fur die Jahre 1880 bis 1893 Im Mai 1933 erfuhr er aus auslandischen Zeitungen dass seine Weltgeschichte in Deutschland zu den verbotenen und verbrannten Buchern gehorte Am 23 August 1933 fluchtete Dubnow im Alter von 73 nach Riga 6 Dort erschienen die russische Ausgabe seiner Weltgeschichte und die beiden ersten Bande seiner Memoiren 1940 konnte er den dritten Teil von Buch des Lebens uber die Jahre 1922 bis 1933 im nunmehr sowjetisch besetzten Riga abschliessen Sein politisches Engagement fur judische Minderheitenrechte hatte er in die Vorbereitung des Judischen Weltkongresses investiert 7 Riga wurde vom 29 Juni bis zum 1 Juli 1941 von der Wehrmacht eingenommen am 23 Oktober wurden die Rigaer Juden in ein Ghetto gesperrt Am 29 November begannen Massentotungen Es existieren einige Zeugenberichte und Legenden uber den Tod des Gelehrten Wiktor Kelner 8 Simon Dubnow wurde am 8 Dezember im Wald von Rumbula umgebracht sei es durch einen lettischen Polizisten oder den Gestapo Kommandanten Johann Siebert der als Student seine Vorlesungen in Heidelberg gehort hatte 9 Das Tagebuch das Dubnow bis in die letzten Lebenstage fuhrte und das vorlaufig von lettischen Freunden gerettet wurde ist nicht wieder aufgetaucht Philosophie BearbeitenDer Grundgedanke seiner Uberlegungen war das leidenschaftliche Pladoyer fur das judische Selbstbewusstsein einer Nation Er meinte damit einen geistigen Nationalismus der mit der Erfullung der allgemeinen burgerlichen Pflichten der Juden in ihren jeweiligen Diaspora Staaten harmonieren solle Der Kern seiner Forderungen zielte dabei stets auf die rechtliche Emanzipation und Autonomie in Selbstverwaltung Sprache und Erziehung Kritik an der judischen Geschichtsschreibung BearbeitenIn der Geschichtsschreibung seiner Vorganger vornehmlich Heinrich Graetz und Leopold Zunz sah Dubnow die Behandlung der Geistes und Leidensgeschichte des Judentums uberwiegen Er sah eine notige Innovation der judischen Historiographie im Aufweisen des nationalen Charakters seiner Meinung nach fehlgedeuteter Ereignisse Trotzdem verfolgte Dubnow wie er in der Einleitung seines zehnbandigen Geschichtswerkes behauptete keine tendenziosen Absichten in Hinsicht auf die Herausarbeitung nationaler Tendenzen des Geschichtsinhaltes Zitate Bearbeiten Die ersten Tage meiner literarischen Tatigkeit fielen mit der ersten Pogromwelle in Russland 1881 die letzten mit der vollstandigen Zerschlagung des judischen Zentrums in Polen 1939 zusammen Offensichtlich ist es mir beschieden die Vorhersage zu verwirklichen Im Sturme hast du angefangen im Sturme sollst du enden D F Strauss letzter Eintrag in Dubnows Autobiografie 10 Die Revolution sc Oktoberrevolution ertrinkt im Schmutz niedrigster Masseninstinkte 1905 zertrampelten die extremen Rechten die Revolution und jetzt die extremen Linken Aber uns Juden wird man die Beteiligung judischer Revolutionare am Terror der Bolschewiki nicht vergessen Die Kampfgenossen Lenins die Trotzkis Sinowjews Urizkis und andere stellen ihn selbst noch in den Schatten Den Smolny nennt man insgeheim Judenzentrum Spater wird man laut daruber reden und die Judophobie wird sich in allen Schichten der russischen Gesellschaft tief verwurzeln Sie werden nicht verzeihen Der Boden fur Antisemitismus ist bereitet Dubnow Buch des Lebens Erinnerungen und Gedanken Materialien zur Geschichte meiner Zeit Bd 2 1903 1922 S 248Ehrungen BearbeitenZu seinem siebzigsten Geburtstag wurde Dubnow 1930 eine Festschrift gewidmet Das Evrejskij naucnyj institut Judisches wissenschaftliches Institut in Berlin feierte im Oktober diesen Anlass mit einer Festveranstaltung in Zusammenarbeit mit der Judischen Gemeinde Berlin Vortrage hielten u a Eduard Bernstein Ismar Elbogen Alfred Klee Dir Joachimson Elieser Jehuda Finkel 11 Leon Bramson fur ORT I L Kan Sojuz Russkich Evreev v Germanii SRE 12 Ravodovic Taube Julius Bruckus fur OZE Mark Wischnitzer V I Lackij Jacob Lestschinsky Salman Schasar Z Rubasev Elias Tcherikower Augusta Weldler Steinberg In Leipzig wurde 1995 das damalige Simon Dubnow Institut fur judische Geschichte und Kultur e V an der Universitat Leipzig zu Ehren seines Lebenswerks nach Dubnow benannt Das heutige Leibniz Institut fur judische Geschichte und Kultur Simon Dubnow ist ein interdisziplinar ausgerichtetes Institut zur Erforschung judischer Lebenswelten in Mittel und Osteuropa von der Neuzeit bis in die Gegenwart In einem Lebenslauf des Namensgebers schreibt das Institut Als Historiker war Dubnow insofern ein Pionier als er ein geschichtstheoretisches Modell entwickelte auf dessen Grundlage er die judische mit der allgemeinen Geschichte verband 13 Schriften BearbeitenDie judische Geschichte Ein geschichtsphilosophischer Versuch Autorisierte Ubersetzung aus dem Russischen von Israel Friedlander Berlin Calvary 1898 Die neueste Geschichte des judischen Volkes 3 Bande Ubersetzung Alexander Eliasberg Judischer Verlag Berlin 1920 1923 Weltgeschichte des judischen Volkes Autorisierte Ubersetzung aus dem Russischen von Aaron Steinberg 10 Bande Judischer Verlag Berlin 1925 1929 Orientalische Periode Band 1 Die alteste Geschichte des judischen Volkes Von der Entstehung des Volkes Israel bis zum Ende der persischen Herrschaft in Judaa 1925 Band 2 Die alte Geschichte des judischen Volkes Von Beginn der griech Herrschaft in Judaa bis zur Zerstorung Jerusalems durch die Romer 1925 Band 3 Vom Untergang Judaas bis zum Zerfall der autonomen Zentren im Morgenlande 1926 dd Europaische Periode Band 4 Das fruhere Mittelalter Von den Anfangen der abendlandischen Diaspora bis zum Ende der Kreuzzuge 1926 Band 5 Das spate Mittelalter Vom XIII bis zum XV Jahrhundert 1927 dd Die Neuzeit Band 6 Erste Periode Das XVI und die erste Halfte des XVII Jahrhunderts 1927 Band 7 Zweite Periode Die zweite Halfte des XVII und das XVIII Jahrhundert 1928 dd Die Neueste Geschichte Band 8 Das Zeitalter der ersten Emanzipation 1789 1815 1928 Band 9 Das Zeitalter der ersten Reaktion und der zweiten Emanzipation 1815 1881 1929 Band 10 Das Zeitalter der zweiten Reaktion 1880 1914 Nebst Epilog 1914 1928 1929 dd Geschichte des Chassidismus 2 Bde Ubersetzung aus dem Hebraischen Aaron Steinberg Berlin 1931 Mein Leben Hrsg von Elias Hurwicz Judische Buchvereinigung Berlin 1937 Aus dem Russischen ubersetzt von Elias Hurwicz und Bernhard Hirschberg Schrader Buch des Lebens Erinnerungen und Gedanken Materialien zur Geschichte meiner Zeit Hrsg von Verena Dohrn Aus dem Russischen verschiedene Ubersetzerinnen Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen Band 1 1860 1903 2004 ISBN 3 525 36950 6 Band 2 1903 1922 2005 ISBN 3 525 36951 4 Band 3 1922 1933 2005 ISBN 3 525 36952 2 History of the Jews in Russia and Poland Ubersetzung aus dem Russischen Israel Friedlaender 3 Bande The Jewish Publication Society of America Philadelphia 1916 1920 Siehe auch BearbeitenWoschod Jewreiskaja starinaLiteratur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Ismar Elbogen Josef Meisl Mark Wischnitzer Hrsg Festschrift zu S Dubnows 70 Geburtstag Judischer Verlag Berlin 1930 Dubnow Simon In Lexikon deutsch judischer Autoren Band 6 Dore Fein Hrsg vom Archiv Bibliographia Judaica Saur Munchen 1998 ISBN 3 598 22686 1 S 17 25 Anke Hilbrenner Diaspora Nationalismus Zur Geschichtskonstruktion Simon Dubnows Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 Kapitel Simon Dubnows Berliner Tagebuch In Karl Schlogel Das Russische Berlin Ostbahnhof Europas Pantheon Munchen 2007 ISBN 978 3 570 55022 9 S 287 307 Viktor E Kelner Simon Dubnow Eine Biographie Aus dem Russischen von Martin Arndt St Petersburg 2008 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2010 ISBN 978 3 525 30010 7 14 Grit Jilek Nation ohne Territorium Uber die Organisierung der judischen Diaspora bei Simon Dubnow Nomos Baden Baden 2013 ISBN 978 3 8329 7738 2 Makss Kaufmans Churbn Lettland Ebreju iznicinasana Latvija Samir Riga 2014 ISBN 978 9934 8494 0 4 S 213 218 lettisch Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Simon Dubnow Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Simon Dubnow im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Wer war Simon Dubnow Biografie auf der Website des Dubnow Instituts in LeipzigEinzelnachweise Bearbeiten Anm Der Aufenthalt von Juden in Sankt Petersburg und einigen anderen Regionen des russischen Reiches war reglementiert und wurde nur unter bestimmten Umstanden genehmigt so z B fur ein Studium Die russische Verfassungspraxis war allerdings wesentlich durch Bestechung gepragt Art Simon Dubnow In Grigorijs Smirins Outstanding Jewish personalities in Latvia Nacionalais Apgads Riga 2003 ISBN 9984 26 114 X S 14 Viktor E Kelner Simon Dubnow 2010 Foto und Legende nach S 288 siehe auch en 1906 Russian legislative election Schlogel Das Russische Berlin S 290 Margers Vestermanis Juden in Riga Auf den Spuren des Lebens und Wirkens einer ermordeten Minderheit 3 verbesserte und erweiterte Ausgabe in deutscher Sprache Edition Temmen Bremen 1995 ISBN 3 86108 263 2 S 58 Jilek Grit Nation ohne Territorium Uber die Organisierung der judischen Diaspora bei Simon Dubnow 1 Auflage Nomos Baden Baden 2013 ISBN 978 3 8329 7738 2 Viktor E Kelner Simon Dubnow 2010 S 524 Schlogel Das Russische Berlin S 287 Aufbau New York 5 Januar 1945 S 1 Lehrer und Schuler Wie Simon Dubnow ermordet wurde zitiert nach Schlogel Das Russische Berlin S 287 der Altere lebte 1879 1965 ein Rosch Jeschiwa Union der russischen Juden in Deutschland Wer war Simon Dubnow Dubnow Institut Abgerufen am 11 Juli 2021 FAZ vom 24 Januar 2011 S 7 Ausgepragtes Gespur fur GefahrNormdaten Person GND 118942859 lobid OGND AKS LCCN n80008165 NDL 00540207 VIAF 41590 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Dubnow SimonALTERNATIVNAMEN Dubnov Simon Dubnov Semyon Markovich russisch KURZBESCHREIBUNG russischer Historiker und Theoretiker des JudentumsGEBURTSDATUM 10 September 1860GEBURTSORT MstislawlSTERBEDATUM 8 Dezember 1941STERBEORT Riga Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Simon Dubnow amp oldid 235431880