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Ramapithecus ist eine ausgestorbene Gattung der Primaten aus der Familie der Menschenaffen Hominiden Teile eines Oberkieferknochens und einige Zahne wurden 1932 von George Edward Lewis bei Haritalyangar im indischen Bereich der Siwaliks gefunden und 1934 erstmals wissenschaftlich beschrieben 1 Ramapithecusfossile Kieferbruchstucke von RamapithecusZeitliches AuftretenMiozan14 bis 8 Mio JahreFundorteAsienSystematikAltweltaffen Catarrhini Menschenartige Hominoidea Menschenaffen Hominidae PonginaeSugrivapitheciniRamapithecusWissenschaftlicher NameRamapithecusLewis 1934Typusart der Gattung ist Ramapithecus brevirostris Die zu Ramapithecus gestellten Fossilien ahneln sehr stark denen von Sivapithecus Inhaltsverzeichnis 1 Namensgebung 2 Erstbeschreibung 3 Merkmale und Datierung 4 Stellung im Stammbaum der Menschenaffen 4 1 Historischer Hintergrund 4 2 Heutige Namensvarianten 5 Siehe auch 6 Literatur 7 BelegeNamensgebung BearbeitenDie Bezeichnung der Gattung Ramapithecus verweist zum einen auf Rama eine Figur der indischen Mythologie und ist zum anderen abgeleitet vom griechischen Wort pi8hkos altgriechisch ausgesprochen pithekos Affe Das Epitheton der Typusart Ramapithecus brevirostris verweist auf die Rekonstruktion der Form des erhaltenen Gesichtsschadels abgeleitet von lateinisch brevis kurz und rostrum Schnauze Ramapithecus brevirostris bedeutet sinngemass folglich kurz schnauziger Rama Affe Erstbeschreibung BearbeitenHolotypus der Gattung und der Typusart Ramapithecus brevirostris ist ein teilweise bezahntes rechtes Oberkieferfragment Sammlungsnummer Y P M 13799 1 2 Merkmale und Datierung BearbeitenDie Ramapithecus zugeschriebenen Fossilien wurden auf ein Alter von 14 bis 8 Millionen Jahren datiert 3 und weisen einige Ahnlichkeiten mit dem menschlichen Gebiss auf So sind die Kauflachen der Molaren und Pramolaren abgeflacht und weniger spitz als bei vielen Menschenaffen die Eckzahne sind klein und stumpf die Kiefer ist verkurzt mit der Folge einer relativ kurzen flachen Schnauze und die Zahnbogen verlaufen angedeutet parabolisch und nicht wie zum Beispiel bei den rezenten Schimpansen U formig Aufgrund der nur bruchstuckhaft uberlieferten Fossilien gibt es fur Ramapithecus und Sivapithecus allenfalls grobe Schatzwerte fur deren Hirnvolumen denen zufolge es Dryopithecus und ahnlich grossen Schimpansen entspreche also vermutlich deutlich weniger als 400 cm betragen hat 4 Stellung im Stammbaum der Menschenaffen BearbeitenAufgrund der Merkmale der Bezahnung und insbesondere aufgrund der Rekonstruktion einer relativ kurzen flachen Schnauze durch Elwyn L Simons wurde Ramapithecus 1961 in einer damals vielbeachteten Studie als unmittelbarer Vorfahr der zu Gattung Homo fuhrenden Hominini und als Missing Link interpretiert 5 Historischer Hintergrund Bearbeiten 1944 publizierte Theodosius Dobzhansky den Aufsatz On species and races of living and fossil man in dem er die Hypothese aufstellte dass es zu jeder Zeit nur eine einzige allerdings variationsreiche Art der Hominini gegeben habe 6 1950 griff Ernst Mayr beim Cold Spring Harbour Symposium on Quantitative Biology Dobzhanskys Annahmen auf und spitzte sie in seinem Vortrag uber Taxonomic categories in fossil hominids 7 dahingehend zu dass die Vielzahl der bislang vergebenen Artnamen reduziert werden musse Mayr uberzeugte die Palaoanthropologen davon alle inzwischen entdeckten mutmasslichen Vorfahren des Menschen der Gattung Homo zuzuordnen Dies hatte zum Beispiel zur Folge dass die damals als Pithecanthropus erectus bezeichneten Fossilien in Homo erectus der aufgerichtete Mensch umbenannt und der aufrechte Gang als wesentliches Merkmal der Gattung Homo ausgewiesen wurde Ferner eigneten sich die Palaoanthropologen damals die Sichtweise an dass es hervorgegangen aus den Australopithecinen zu jeder Zeit nur eine Art der Gattung Homo gegeben habe die sich gemass den ebenfalls von Ernst Mayr formulierten Mechanismen der Synthetischen Evolutionstheorie langsam und graduell hin zu Homo sapiens entwickelt habe 8 Diese Argumentation beeinflusste auch Elwyn Simons und dessen ehemaligen Schuler David Pilbeam die die Hypothese der Synthetischen Evolutionstheorie von einem langsamen und graduellen Formenwandel in die Vergangenheit projizierten Obwohl Mitte der 1960er Jahre nur ein einziges Fossil das Typusexemplar Y P M 13799 vorlag interpretierten sie die von ihnen kurz und flach rekonstruierte Schnauze von Ramapithecus brevirostris 1965 dahingehend dass dies ein Merkmal des aufrechten Ganges sei da ein abgerundeter Schadel leichter auf einer senkrecht stehenden Wirbelsaule zu tragen sei als ein Schadel mit weit vorspringender Schnauze Der aufrechte Gang habe uberdies den Handen den Gebrauch von Werkzeugen ermoglicht weswegen alle Fossilien mit derartigen Merkmalen in die unmittelbare Vorfahrenschaft des Menschen gestellt werden konnten 9 10 Sie machten sich hierbei zugleich eine Hypothese von Charles Darwin zu eigen der 1871 die Verkleinerung der Eckzahne als Folge des Gebrauchs von Steinwerkzeugen interpretiert hatte 11 was wiederum eine bipede Lebensweise voraussetze Auf diese Weise wurde ein Geschopf das zunachst als die fruheste Hominidenart angesehen wurde als kulturelles Lebewesen gedeutet das heisst als primitive Version der heutigen Menschen und nicht als ein kulturloser Affe Da die Sedimente aus denen das Fossil Y P M 13799 geborgen worden war zweifelsfrei ein hohes Alter hatten gelangten Simons und Pilbeam zu dem Schluss dass die ersten Menschen mindestens vor funfzehn vielleicht sogar vor dreissig Millionen Jahren auftraten und dieser Ansicht schloss sich die grosse Mehrheit der Anthropologen an Daruber hinaus sorgte der Glaube an einen so alten Ursprung der Menschheit fur einen beruhigenden Abstand zwischen dem Menschen und der ubrigen Natur was viele mit Genugtuung aufnahmen 12 Bereits 1967 weckte eine anhand molekularbiologischer Modelle berechnete Zeitskala fur die Evolution der Primaten erste Zweifel an dieser Alterszuweisung da sich diesen Berechnungen zufolge die zu den Menschen fuhrende Linie erst vor 5 Millionen Jahren 13 spater korrigiert auf 7 Mio Jahre 14 von der zu den Schimpansen fuhrenden Linie getrennt habe Nachdem Pilbeam 1976 einen weiteren intakten aber nahezu V formigen Kiefer von Ramapithecus entdeckt hatte zeigte sich zudem dass die Kieferfragmente des ersten Fossils ungenau falschlicherweise abgerundet rekonstruiert worden waren 15 und 1982 wurde Ramapithecus von Pilbeam endgultig aus der Vorfahrenlinie der Hominini ausgeschlossen 16 Heutige Namensvarianten Bearbeiten Der Status von Ramapithecus als eigenstandige Gattung ist heute umstritten Moglicherweise ist die Gattung identisch mit Sivapithecus 17 Einige Forscher deuten Ramapithecus als die weibliche Form von Sivapithecus 3 Sollten Sivapithecus mannliche und Ramapithecus weibliche Individuen der gleichen Art reprasentieren hatte die Gattungsbezeichnung Sivapithecus Vorrang da sie bereits 1910 von Guy Ellcock Pilgrim benannt worden war 18 Da nach der Benennung von Ramapithecus brevirostris erkannt wurde dass ein bereits 1915 von Guy Ellcock Pilgrim als Dryopithecus punjabicus benanntes Oberkieferfragment eher zur Gattung Ramapithecus als zur Gattung Dryopithecus gehort und mit den Ramapithecus brevirostris genannten Fossilien nahezu identisch ist wurde die Art Ramapithecus brevirostris entsprechend den Regeln der Taxonomie umbenannt in Ramapithecus punjabicus Von jenen Forschern die Ramapithecus und Sivapithecus als mannliche und weibliche Varianten der gleichen Art interpretieren werden die Fossilien daher in ihren Fachpublikationen heute auch als Sivapithecus punjabicus bezeichnet 19 Ebenfalls umstritten ist die Stellung dieser Gattung en im Stammbaum der Menschenaffen Manche Forscher betrachten sie als Vorfahr der heute lebenden Menschenaffen Hominidae andere als deren Schwestertaxon Wieder andere wie etwa Richard Leakey 20 stellen sie in die Nahe der Orang Utans demnach ware sie erst nach der Aufteilung der Menschenaffen in eine asiatische Orang Utan und eine afrikanische Linie Gorillas Schimpansen und Menschen anzusiedeln Klarheit uber Ramapithecus werden wohl erst zusatzliche Funde bringen Siehe auch BearbeitenShihuiba ProconsulLiteratur BearbeitenRoger Lewin Rama s Ape Kapitel 5 und 6 in ders Bones of Contention Controversies in the Search for Human Origins Touchstone 1988 ISBN 0 671 66837 4 S 85 127 Peter Andrews und J E Cronin The relationships of Sivapithecus and Ramapithecus and the evolution of the orang utan In Nature Band 297 1982 S 541 546 doi 10 1038 297541a0 Nachgedruckt in Kapitel 32 Russell L Ciochon John G Fleagle Hrsg Primate Evolution and Human Origins Aldine de Gruyter New York 1987 ISBN 0 202 01175 5 S 238 243 Belege Bearbeiten a b G Edward Lewis Preliminary notice of new man like apes from India In American Journal of Science Serie 5 Band 27 1934 S 161 181 doi 10 2475 ajs s5 27 159 161 Elwyn L Simons On the mandible of Ramapithecus In PNAS Band 51 Nr 3 1964 S 528 535 doi 10 1073 pnas 51 3 528 Volltext mit zahlreichen Abbildungen a b Fiorenzo Facchini Die Ursprunge der Menschheit Konrad Theiss Verlag 2006 S 63 David R Begun Planet of Live Apes In Scientific american August 2003 S 80 Elwyn L Simons The phyletic position of Ramapithecus In Postilla Band 57 1961 S 1 9 Zugleich Kapitel 27 in Russell L Ciochon und John G Fleagle Hrsg Primate Evolution and Human Origins Routledge New York 1987 ISBN 978 0 20201175 2 Theodosius Dobzhansky On species and races of living and fossil man In American Journal of Physical Anthropology Band 2 Nr 3 1944 S 251 265 doi 10 1002 ajinpa 1330020303 Ernst Mayr Taxonomic categories in fossil hominids In Cold Spring Harbor Symposia on Quantitative Biology 1950 Band 15 1950 S 109 118 doi 10 1101 SQB 1950 015 01 013 Exzerpt Ian Tattersall The Strange Case of the Rickety Cossack and Other Cautionary Tales from Human Evolution Palgrave Macmillan New York 2015 S 72 ISBN 978 1 137 27889 0 David R Pilbeam und Elwyn L Simons Some problems of hominid classification In American Scientist Band 53 Nr 2 1965 S 237 259 jstor org Elwyn L Simons David Pilbeam Preliminary Revision of the Dryopithecinae Pongidae Anthropoidea In Folia Primatologica Band 3 1965 S 81 152 doi 10 1159 000155026 Charles Darwin The descent of man and selection in relation to sex Band 1 1871 Verlag von John Murray S 144 Volltext Den Zusammenhang von Bipedie und Werkzeuggebrauch hatte Darwin ebenfalls betont S 142 Richard Leakey Die ersten Spuren Uber den Ursprung des Menschen Goldmann Munchen 1999 S 25 ISBN 3 442 15031 0 Vincent M Sarich Allan C Wilson Immunological time scale for hominid evolution In Science Band 158 1967 S 1200 1203 doi 10 1126 science 158 3805 1200 Aylwyn Scally und Richard Durbin Revising the human mutation rate implications for understanding human evolution In Nature Reviews Genetics Band 13 2012 S 745 753 doi 10 1038 nrg3295 David Pilbeam et al New hominoid primates from the Siwaliks of Pakistan and their bearing on hominoid evolution In Nature Band 270 1977 S 689 695 doi 10 1038 270689a0 Susan Lipson und David Pilbeam Ramapithecus and hominid evolution In Journal of Human Evolution Band 11 Nr 6 1982 S 545 546 IN3 547 548 doi 10 1016 S0047 2484 82 80108 5 Peter Andrews und Ibrahim Tekkaya A revision of the Turkish Miocene hominoid Sivapithecus meteai In Palaeontology Band 23 Nr 1 1980 S 85 95 Volltext PDF Guy Ellcock Pilgrim Notices of new Mammalian genera and species from the Tertieries of India Calcutta In Records of the Geological Survey of India Band 40 1910 S 63 71 calphotos berkeley edu diverse Abbildungen von Sivapithecus punjabicus Ramapithecus punjabicus Ramapithecus brevirostris Richard Leakey Die ersten Spuren Uber den Ursprung des Menschen S 28 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ramapithecus amp oldid 230819909