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Psychologismus ist ein Lehrsystem dem zufolge die Logik und oder die Erkenntnistheorie auf empirische Gesetze der Psychologie reduziert werden konnen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Kontroverse um Logik und Denkpsychologie 3 Philosophie der Psychologie und Psychologie der Philosophie 4 Kritik 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGegen Ende des 19 Jahrhunderts haben sich sowohl Psychologen als auch Philosophen fur den Psychologismus ausgesprochen einerseits im Rahmen der experimentellen Psychologie andererseits der Lebensphilosophie Schon im 18 Jahrhundert hatte der Empirist David Hume den Gedanken der Kausalitat als blosse Denkgewohnheit aufgefasst Kausalitat ist kein objektives Naturgesetz sondern es ist lediglich der menschliche Verstand dazu gezwungen anzunehmen dass jede Wirkung eine Ursache habe Dieser Zwang zur Annahme entsteht nach Hume aus blosser Gewohnung daran dass der Mensch immer wieder gleichlaufende Ereignisse beobachtet Der ahnlich eingestellte Utilitarismus besonders John Stuart Mills mit seinem System der deduktiven und induktiven Logik eroffnete 1843 die Kontroverse um die psychologistische Position In der Logik gab es vor allem im 19 Jahrhundert Betrachtungsweisen z B bei Wilhelm Wundt Ch Sigwart Theodor Lipps B Erdmann die ebenfalls als Psychologismus bezeichnet werden Ausgangspunkt des Psychologismus dieser Art war die Bestimmung der Logik als Wissenschaft vom Denken bzw von den Formen des Denkens das dabei ausschliesslich als psychische Funktion und damit als Untersuchungsgegenstand der Psychologie betrachtet wurde Die Logik ware somit auf ein Teilgebiet der Psychologie oder zumindest als eine Abzweigung aus ihr reduziert Kontroverse um Logik und Denkpsychologie BearbeitenDie Kontroverse um den Psychologismus wird oft als ein Hauptthema in der Trennungsgeschichte von Philosophie und Psychologie gesehen Sie ist vor allem mit den Namen Edmund Husserl und Wilhelm Wundt sowie der Wurzburger Schule verbunden Die wichtigste Kontroverse wurde um die Beziehungen zwischen Denkpsychologie und Logik gefuhrt 1 Husserl war der Meinung dass logische Begriffe Wahrscheinlichkeit Notwendigkeit Grund und Folge eigenstandige und normative Kategorien sind Er kritisierte scharf die Psychologisierung der Logik Es kame hier nicht darauf an wie der Verstand ist und denkt sondern wie er im Denken verfahren sollte Bereits beim Aufbau einer psychologischen Theorie mussten ja die Regeln der Logik vorausgesetzt werden Wundt unterschied hier zwei Perspektiven 2 die Logik gilt normativ und universell aber die Gesetze der Logik sind auch psychologisch zu beschreiben ebenso wie jedes an ein Gehirn gebundenes psychisches Phanomen auch physiologisch beschrieben werden konnte Aber beschreiben heisst noch nicht dass es auf diese Weise auch erklarbar ist Husserl unterstellte Wundt eine extreme Form des Psychologismus wahrend Wundt darzulegen versuchte dass er den logischen Psychologismus rigoros ablehne und das logische Denken fur die universelle Bindung des Denkens halte Eine systematische Ubersicht und Kritik der Positionen die in den 1910er Jahren als psychologistisch galten lieferte Willy Moog mit seiner 1919 entstandenen Habilitationsschrift 3 Wie vielschichtig der Vorwurf des Psychologismus sein kann zeigt das Beispiel von Viktor Frankl der als scharfer Kritiker des Psychologismus hervortrat Er wehrte sich vor allem gegen Sigmund Freud und dessen Atheismus und die Versuche religiose Phanomene als illusionare Wunschbilder aufgrund des unerfullbaren Bedurfnisses nach Leidensfreiheit und Gluck zu erklaren Die psychoanalytische Forderung nach konsequenter Aufklarung des Menschen uber seine psychische und unbewusste Natur konne zu einer Manie der Entlarvung und Demaskierung fuhren Frankl lehnte die unbegrenzte Psychologisierung der innersten Uberzeugungen ab und verlangte ein Anhalten vor dem Echten dem Sinn und den Werten der Menschen Frankl sprach von einer Entwertung des Menschlichen durch Freud die in den Nihilismus und Zynismus fuhre Philosophie der Psychologie und Psychologie der Philosophie BearbeitenDas Verhaltnis zwischen Philosophie und Psychologie scheint haufig als einseitige Abhangigkeit verstanden zu werden so wie es der wissenschaftsgeschichtlichen Entwicklung und der Trennungsgeschichte entspricht Der Begriff Philosophie der Psychologie ist gelaufig eine Psychologie der Philosophie ist unter diesem Namen unublich Psychologische Probleme des Philosophierens und noch mehr psychologische Kommentare zur Person und zum Werk einzelner Philosophen konnen Widerspruch den Vorwurf eines fehlgeleiteten Psychologisierens und des Psychologismus provozieren Philosophische Ideen sind zweifellos auch als Uberzeugungssysteme psychologisch analysierbar und im Kontext der psychosozialen Biographie und der Religion des Autors zu interpretieren Wahrscheinlich wird es bei Philosophen und Psychologen ein breites Meinungsspektrum geben wie fruchtbar diese Grenzuberschreitungen sein konnen Dass gerade phanomenologische Denker wie Edmund Husserl und Max Scheler den Psychologismus Vorwurf ausserten ist naheliegend weil die phanomenologische Methode in ihrem Prozess und in ihren Ergebnissen in ihrer behaupteten Freiheit von Theorien und Vorurteilen zumindest Anlasse fur kritische psychologische Kommentare bietet Dies kann in wissenspsychologischer bzw denkpsychologischer Hinsicht u a zu kognitiven Stilen Konzeptbildung Urteilstendenzen usw geschehen oder inhaltlich z B hinsichtlich der oft einseitigen Vorannahmen und Menschenbilder Was sollte gegen eine nicht nur systematische bzw historische sondern auch psychologisch biographische Perspektive auf das Werk von Philosophen und deren Kontroversen einzuwenden sein sofern eine nur destruktive Nichts anderes als Deutung vermieden wird Auch Philosophen konnen von vorgefassten Uberzeugungen und nachhaltigen der Selbstreflexion nur teilweise zuganglichen Einstellungen beeinflusst sein so wie es fur die empirisch forschenden Humanwissenschaftler behauptet wird Damit sind hier nicht allein die Tradition und der eigene Platz in dieser Tradition gemeint oder die Abhangigkeiten vom zeitgeschichtlichen Kontext sondern auch individuell biographisch und kulturell ethnozentrisch bedingte Annahmen uber den Menschen Kritik BearbeitenZeitgenossische Gegner des Psychologismus waren vor allem die Neukantianer durch den von ihnen behaupteten Apriorismus Noch heftiger geriet die Gegenargumentation Gottlob Freges der den Unterschied von subjektivem Vollzug des Denkens und objektivem Gehalt des Gedankens herausstellte daher sein Logizismus Siehe auch BearbeitenSubjektivismusLiteratur BearbeitenJacquette Dale Ed Philosophy psychology and psychologism Kluwer Academic Publ Dordrecht 2003 ISBN 1 4020 1337 X Viktor E Frankl Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn Eine Auswahl aus dem Gesamtwerk Piper Munchen 1979 2002 16 Aufl ISBN 3 492 20289 6 Dieter Munch Die mannigfaltigen Beziehungen zwischen Philosophie und Psychologie Das Verhaltnis Edmund Husserls zur Wurzburger Schule in philosophie psychologie und institutionengeschichtlicher Perspektive In Jurgen Jahnke Jochen Fahrenberg Reiner Stegie Eberhard Bauer Hrsg Psychologiegeschichte Beziehungen zu Philosophie und Grenzgebieten Profil Munchen 1998 S 319 345 ISBN 3 89019 461 3 Nicole D Schmidt Philosophie und Psychologie Trennungsgeschichte Dogmen und Perspektiven Rowohlt Reinbek 1995 ISBN 3 499 55556 5 Nicole C Karafyllis Willy Moog 1888 1935 Ein Philosophenleben Freiburg Karl Alber 2015 insb Kap 3 7 bis 3 10 ISBN 978 3 495 48697 9Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Psychologismus Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Martin Kusch Psychologism In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Edmund Husserl Philosophie als strenge Wissenschaft Logos Bd 1 1910 1911 S 289 341 Wilhelm Wundt Psychologismus und Logizismus Kleine Schriften Band 1 Engelmann Leipzig 1910 S 511 634 Willy Moog Logik Psychologie und Psychologismus Halle Niemeyer 1920 Moog Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Psychologismus amp oldid 234834768