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Peter Adolf Thiessen 6 April 1899 in Schweidnitz Provinz Schlesien 5 Marz 1990 in Ost Berlin war ein deutscher Chemiker Er wirkte unter anderem von 1935 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges als Direktor des Kaiser Wilhelm Instituts fur physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin Dahlem und von 1956 bis 1964 als Direktor des Instituts fur physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften der DDR in Berlin Von 1937 bis 1945 war Thiessen Leiter der Sparte Chemie des von Hermann Goring geleiteten Reichsforschungsrats Nach dem Zweiten Weltkrieg war er bis 1956 in der UdSSR zur Mitarbeit am Atombombenprojekt verpflichtet worden Von 1957 bis 1965 war er Vorsitzender darauf Ehrenvorsitzender des Forschungsrates der DDR Von 1960 bis 1963 gehorte er als Parteiloser dem Staatsrat der DDR an Peter Adolf Thiessen 1961 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Zeit des Nationalsozialismus 3 In der UdSSR 4 In der DDR 5 Auszeichnungen 6 Familie 7 Werke Auswahl 8 Literatur 9 Einzelnachweise 10 WeblinksLeben und Wirken BearbeitenNach dem Studium der Chemie an der Albert Ludwigs Universitat Freiburg der Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald und an der Universitat Gottingen promovierte Peter Adolf Thiessen dort 1923 bei Nobelpreistrager Richard Zsigmondy mit einer Dissertation zum Thema Kritische Untersuchungen am kolloidalen Gold 1 Von 1922 bis 1928 Mitgliedsnummer 3 096 und erneut ab 1933 war er Mitglied der NSDAP Mitgliedsnummer 3 184 595 Er gehorte mit Rudolf Mentzel an der Universitat Gottingen zu den fruhen nationalsozialistischen Aktivisten die sich bereits Anfang der 1920er Jahre der NSDAP und der SA anschlossen Nach seiner Habilitation wirkte er in den Jahren 1926 bis 1932 als Dozent und von 1932 bis 1935 als ausserordentlicher Professor fur anorganische Chemie an den Universitaten in Gottingen Frankfurt am Main und Munster Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten1935 wurde er als ordentlicher Professor an die Westfalische Wilhelms Universitat in Munster berufen nahm aber bereits im gleichen Jahr einen Ruf als Direktor des Kaiser Wilhelm Instituts fur physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin Dahlem an 1934 bis 1937 war er gleichzeitig Berater des Reichserziehungsministeriums unter Minister Bernhard Rust 1937 wurde Thiessen Leiter der Sparte Chemie des Reichsforschungsrats RFR 2 In dieser Funktion war er dort der einflussreichste Mann in der Forschungsforderung im Bereich Chemie Hinzu kamen seine engen und langjahrigen Beziehungen zu Professor Rudolf Mentzel damals SS Brigadefuhrer Prasident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und ab Juni 1942 Vizeprasident im RFR mit dem er gemeinsam die Haber Villa in Berlin Dahlem bewohnte 3 Von 1939 bis 1942 war Thiessen Mitglied des Senats der Kaiser Wilhelm Gesellschaft 1939 wurde er Ordentliches Mitglied der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1945 wurde er wegen seiner Rolle in der NS Zeit aus der Akademie ausgeschlossen 4 Seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus insbesondere die Ausrichtung des Instituts auf die Giftgas Forschung wie beispielsweise die Wunderwaffe Chlortrifluorid N Stoff wird aus heutiger Sicht kritisch gesehen In der UdSSR BearbeitenAm Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Thiessen zusammen mit anderen deutschen Wissenschaftlern in die UdSSR zur Arbeit am sowjetischen Atombombenprojekt gebracht Am 27 April 1945 fuhr Thiessen so wird berichtet in einem gepanzerten Wagen in Begleitung eines sowjetischen Majors der zugleich ein fuhrender Chemiker war im Privatinstitut von Manfred von Ardenne vor Zusammen mit Thiessen wurden von Ardenne Gustav Hertz und Max Volmer in die Sowjetunion transportiert Volmer blieb zunachst in Moskau wo er im Forschungsinstitut Nr 9 eingesetzt wurde wahrend die anderen deutschen Wissenschaftler dann nach Georgien zur Arbeit am sowjetischen Atombombenprojekt beordert wurden Von Ardenne wurde Leiter des Instituts A in Sinop bei Suchumi heute die Hauptstadt von Abchasien Hertz wurde Leiter des Instituts G in Agudsera ebenfalls bei Suchumi 1945 1950 arbeitete Thiessen mit seiner Gruppe im Objekt A dem vom NKWD gebauten Sanatorium Sinop bei Suchumi unter der Leitung von Baron von Ardenne Seine Gruppe entwickelte Metall Nickel Filter zur Gasdiffusion bei der Isotopenanreicherung und trug zur Losung des Problems der Korrosion an den Aggregaten bei Die neue Art der Filter wurde dann im Werk Elektrostal bei Moskau hergestellt Von Oktober 1948 bis Marz 1949 wurde er zusammen mit Heinz Barwich nach Nowouralsk Swerdlowsk 44 in die von den Deutschen so genannte Kefirstadt abkommandiert Dort schlossen sie erfolgreich die Entwicklung neuer Filter und Antikorrosionstechniken an den Aggregaten zur Gasdiffusion fur die Kernspaltungsvorbereitung ab Auf einer Sitzung des Technischen Rats traf er uberraschend auch den sowjetischen Geheimdienstchef Lawrenti Beria bei dem er sich uber den mangelnden Kontakt mit sowjetischen Wissenschaftlern beklagte Fur seine Arbeit an der Filterentwicklung erhielt Thiessen 1951 den Stalinpreis ersten Grades die hochste Auszeichnung der UdSSR fur Zivilburger Nach dem ersten sowjetischen Atombombenversuch wurde Thiessen im Juni 1952 mit weiteren Wissenschaftlern vom Geheimprojekt abgezogen und von Suchumi nach Moskau verlegt Dort arbeitete er unter Quarantane im Institut fur physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften In der Zeit entwickelte er neue Verfahren im Bereich der Tribologie Schmierungstechniken zur Optimierung von Reibungs und Verschleissvorgangen Die deutschen Forscher konnten erst 1956 nach erfolgreicher Durchfuhrung des sowjetischen Projekts und einer gewissen Karenzzeit in ihre Heimat zuruckkehren 5 In der DDR BearbeitenDas Prasidium der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin DAW hob die 1945 getroffene Entscheidung uber seinen Ausschluss aus der Akademie im Jahre 1955 wieder auf 1956 kehrte Thiessen aus der UdSSR zuruck in die Deutsche Demokratische Republik DDR und war von 1957 bis 1964 Direktor des Instituts fur physikalische Chemie der DAW sein Nachfolger wurde Wolfgang Schirmer 6 Von August 1957 bis 1965 war er Vorsitzender darauf Ehrenvorsitzender des Forschungsrates der DDR Von September 1960 bis November 1963 gehorte er als parteiloses Mitglied dem Staatsrat der DDR an Er war Mitglied des Wissenschaftlichen Rates fur die friedliche Anwendung der Atomenergie Auszeichnungen BearbeitenIn der NS Zeit erhielt Thiessen fur seine Forschungsarbeit und seine Verdienste fur das NS Regime das Goldene Parteiabzeichen der NSDAP Im Jahr 1958 erhielt er fur seine Verdienste in der UdSSR und der DDR den Nationalpreis der DDR sowie ein Jahr spater das Banner der Arbeit und den Vaterlandischen Verdienstorden in Gold zu dem ihm 1969 auch die Ehrenspange verliehen wurde Daruber hinaus wurde er mit dem Stalinpreis 1951 dem Grossen Stern der Volkerfreundschaft dem Karl Marx Orden sowie dem Staatspreis der UdSSR dem Lenin Orden und dem Rotbannerorden der Arbeit ausgezeichnet Als externes auswartiges Mitglied wurde er in die Akademie der Wissenschaften der UdSSR aufgenommen Die Akademie der Wissenschaften der DDR verlieh ihm 1981 die Helmholtz Medaille und 1988 ihre Ehrenspange Familie BearbeitenThiessen hat 1923 seine erste Frau Margarete geborene Genck 1893 1968 geheiratet Gemeinsam hatten sie drei Kinder Dorothea 1924 verheiratete Dorothea Florek Klaus Thiessen 1927 der spater Physiker wurde und Karsten Peter Thiessen 1936 der Chemiker wurde Nachdem seine erste Frau gestorben war heiratete er etwa 1970 Christine Thiessen geborene Stempel Werke Auswahl BearbeitenDas kolloide Gold mit R Zsigmondy Akademie Verlagsgesellschaft Leipzig 1925 Kolloidforschung in Einzeldarstellung Band 1 Thermisch mechanische Materialtrennung Reihe Der Chemie Ingenieur Band I Teil 3 Leipzig 1933 als Mitautor Grundlagen der Tribochemie Berlin 1967 als Mitautor Blick ins nachste Jahrzehnt Entwicklungswege der Wissenschaften Jena 1968Literatur BearbeitenHeinz und Elfi Barwich Das Rote Atom Als deutscher Wissenschaftler im Geheimkreis der russischen Kernphysik Munchen Bern Scherz Verlag 1967 mit vielen Details zu Peter A Thiessen Florian Schmaltz Peter Adolf Thiessen und Richard Kuhn und die Chemiewaffenforschung im NS Regime In Helmut Maier Hrsg Gemeinschaftsforschung Bevollmachtigte und der Wissenstransfer Die Rolle der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im System kriegsrelevanter Forschung des Nationalsozialismus Reihe Geschichte der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im Nationalsozialismus Band 17 Wallstein Gottingen 2007 ISBN 3 8353 0182 9 S 303 351 Florian Schmaltz Kampfstoff Forschung im Nationalsozialismus Zur Kooperation von Kaiser Wilhelm Instituten Militar und Industrie Wallstein Gottingen 2005 ISBN 3 89244 880 9 Carola Sachse Hrsg Bernhard Strebel Jens Christian Wagner Zwangsarbeit fur Forschungseinrichtungen der Kaiser Wilhelm Gesellschaft 1939 1945 Ein Uberblick Forschungsprogramm Geschichte der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im Nationalsozialismus Vorabdrucke Research program History of the Kaiser Wilhelm Society in the National Socialist era Heft 11 hrsg im Auftrag der Prasidentenkommission der Max Planck Gesellschaft zur Forderung der Wissenschaften e V Berlin Forschungsprogramm Geschichte der Kaiser Wilhelm Ges im Nationalsozialismus 2003 Christina Eibl Der Physikochemiker Peter Adolf Thiessen als Wissenschaftsorganisator 1899 1990 Eine biographische Studie Historisches Institut der Universitat Stuttgart Abteilung fur Geschichte der Naturwissenschaften und Technik Stuttgart 1999 Thiessen Peter Adolf In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Ralph Jessen Akademische Elite und Kommunistische Diktatur Die Ostdeutsche Hochschullehrerschaft in der Ulbricht Ara Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 135 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 3 525 35797 4 Bernhard vom Brocke Hubert Laitko Hrsg Die Kaiser Wilhelm Max Planck Gesellschaft und ihre Institute Studien zu ihrer Geschichte Das Harnack Prinzip Walter de Gruyter Berlin 1996 ISBN 3 11 015483 8 Kurzbiographie zu Peter Adolf Thiessen auf Seite 502 Dieter Hoffmann Thiessen Peter Adolf In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 2 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Thiessen Peter Adolf In Werner Hartkopf Die Berliner Akademie der Wissenschaften Ihre Mitglieder und Preistrager 1700 1990 Akademie Verlag Berlin 1992 ISBN 3 05 002153 5 S 360 Lothar Kolditz Peter Adolf Thiessen Zur 100 Wiederkehr seines Geburtstages PDF 89 kB In Sitzungsberichte der Leibniz Sozietat Band 30 Trafo Verlag Berlin 1999 ISBN 3 89626 210 6 S 156 158 Klaus H Feder Michael Gietzelt Peter Adolf Thiessen Ein Wissenschaftler in funf verschiedenen Gesellschaftsordnungen und seine Auszeichnungen Militaria Sonderheft Patzwall Melbeck 2012 38 S Alexander Kipnis Thiessen Peter A In Neue Deutsche Biographie NDB Band 26 Duncker amp Humblot Berlin 2016 ISBN 978 3 428 11207 4 S 141 Digitalisat Einzelnachweise Bearbeiten Das kolloide Gold Akademie Verlagsgesellschaft Leipzig 1925 Kolloidforschung in Einzeldarstellung Band 1 Prof Dr Peter Adolf Thiessen bei GEPRIS Historisch Deutsche Forschungsgemeinschaft abgerufen am 2 Mai 2023 deutsch Bernhard Strebel Jens Christian Wagner PDF 635 kB Forschungsprogramm Geschichte der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im Nationalsozialismus Berlin 2003 S 46 Anmerkung 181 Biographische Angaben aus dem Handbuch Wer war wer in der DDR Pawel W Olejnikow German Scientists in the Soviet Atomic Project The Nonproliferation Review Volume 7 Number 2 1 30 2000 Olejnikow war Gruppenleiter im Institut fur technische Physik des Russischen Nuklearzentrums in Sneschinsk Tscheljabinsk 70 W Schirmer Prof Dr Dr h c mult Peter Adolf Thiessen 90 Jahre alt In Zeitschrift fur physikalische Chemie Leipzig Band 270 Nr 3 1989 S 449 450 online PDF abgerufen am 25 Juni 2021 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Peter Adolf Thiessen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Peter Adolf Thiessen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Gedenkfotos der am sowjetischen Atomprojekt beteiligten deutschen Wissenschaftler darunter auch von Thiessen auf der Homepage des Sochumi Instituts der Physik und Technologie SIPT das teilweise nach Tiflis Georgien transferiert wurde Geschichte der Kaiser Wilhelm Gesellschaft im Nationalsozialismus PDF Datei 620 kB Nachlass Bundesarchiv NY 4313Normdaten Person GND 118895095 lobid OGND AKS LCCN n82088725 VIAF 59882409 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Thiessen Peter AdolfKURZBESCHREIBUNG deutscher ChemikerGEBURTSDATUM 6 April 1899GEBURTSORT SchweidnitzSTERBEDATUM 5 Marz 1990STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Peter Adolf Thiessen amp oldid 236787790