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Heinz Barwich 22 Juli 1911 in Lankwitz 10 April 1966 in Koln war ein deutscher Kernphysiker Er war der erste Direktor des Rossendorfer Zentralinstituts fur Kernforschung ZfK bei Dresden und spater Vizedirektor des Vereinigten Instituts fur Kernforschung in Dubna Er war nach dem Zweiten Weltkrieg massgeblich am sowjetischen Atombombenprojekt beteiligt Er war seinerzeit einer der international bekanntesten Physiker der DDR 1964 floh er in den Westen Heinz Barwich links im Gesprach mit Robert Havemann bei der Jahrestagung der Physikalischen Gesellschaft der DDR 1958Inhaltsverzeichnis 1 Studium und Promotion 2 Tatigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus 3 In der Sowjetunion 4 Ruckkehr in die DDR 5 Flucht in den Westen 6 Personliches 7 Ehrungen 8 Werke 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseStudium und Promotion BearbeitenBarwich ist geboren und aufgewachsen in Berlin Lankwitz In offiziellen Biographien der DDR heisst es er entstamme einer Arbeiterfamilie Tatsachlich war sein Vater Franz Barwich ein Aktivist der damaligen Arbeiterbewegung und einer der Theoretiker des Anarchosyndikalismus Er verfasste zahlreiche Schriften uber Anarchismus sowie uber die russischen Revolutionare Michail Bakunin und Pjotr Kropotkin und deren Ideologien 1 Als Sechzehnjahriger machte Barwich 1927 an der Oberrealschule das Abitur Danach absolvierte er ein Praktikum bei AEG in Berlin Er bekannte sich in den 1920er und 1930er Jahren zu linken Ideologien genoss daher spater besonderes Vertrauen in der UdSSR Im Jahr 1929 begann er ein Studium der Elektrotechnik an der TH Berlin Charlottenburg wobei er Vorlesungen der grossen Pioniere der modernen Physik wie Max Planck Albert Einstein und Werner Heisenberg besuchte um einige der bekanntesten zu nennen Sie durften der Grund fur seine Anderung des Studienganges 1930 gewesen sein als er bis 1933 ganz zu Mathematik und Naturwissenschaften wechselte Seine Diplomarbeit fertigte er bei Gustav Hertz uber die Messung des Planckschen Wirkungsquantums mit Hilfe des Fotoeffekts an bei ihm promovierte er auch 1936 uber Fragestellungen der Isotopentrennung nach der Diffusionsmethode die Hertz als Pionier auf diesem Gebiet damals bearbeitete 2 Tatigkeit in der Zeit des Nationalsozialismus BearbeitenBarwich folgte Hertz unmittelbar nach seiner Dissertation ins Siemens Forschungslabor II nach Berlin nachdem Hertz als Vierteljude seine Prufungserlaubnis entzogen worden war Dieses Schicksal ereilte in den 1930er Jahren viele judischstammige Wissenschaftler die dann den Weg in die Industrieforschung suchten Das Forschungslabor musste allerdings seine Arbeiten zur Kernphysik einstellen und sich mit kriegsrelevanten Fragestellungen der Ultraschall Technik speziell der Torpedo Zundung beschaftigen In den Jahren 1934 bis 1945 war Barwich als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungslabor der Firma Siemens amp Halske tatig das sich ab Kriegsbeginn 1939 mit Arbeiten fur die Marine zur Verbesserung von Torpedozundern befasste In der Sowjetunion BearbeitenDurch seine Beschaftigung mit Problemen des elementaren Trennvorganges in einer Pumpe und dem Ablauf der Prozesse in der Kaskade machte Barwich sich zum Mitstreiter der 1945 in die UdSSR nach Suchumi verbrachten Atomspezialisten um den Nobelpreistrager Gustav Hertz Manfred von Ardenne Max Steenbeck und andere Als einer der wenigen Atomspezialisten ging er 1945 jedoch freiwillig in die UdSSR wie er nachbetrachtend beschreibt Am 10 Juni 1945 entschloss ich mich in die Sowjetunion zu gehen Ich war 33 Jahre alt verheiratet hatte drei kleine Kinder das vierte wurde erwartet Auch ich war arbeitslos So fiel mir der Entschluss nicht schwer 3 Von 1945 bis 1955 war Barwich als Atomphysiker und Spezialist fur Isotopentrennung im Dienste der UdSSR tatig Er war mit weiteren deutschen Wissenschaftlern zeitweise in den Instituten im Uralgebiet und in Agudsera sudlich von Suchumi Abchasien untergebracht 4 Nach dem ersten erfolgreichen Atombombenversuch wurde ihm 1951 zusammen mit Gustav Hertz und Juri Krutkow der Stalin Preis der UdSSR zweiten Grades verliehen Ruckkehr in die DDR BearbeitenNach seiner Ruckkehr aus der Sowjetunion in die DDR war Barwich als Berater der Deutschen Akademie der Wissenschaften DAW tatig Von 1955 bis 1964 war er mit Unterbrechung Direktor des bei Dresden gelegenen Rossendorfer Zentralinstituts fur Kernforschung ZfK das 1956 zum Aufbau der Nuklearforschung in der DDR gegrundet wurde Seine Mitarbeiter waren damals Professor Kurt Schwabe und der Atomspion Klaus Fuchs Zugleich war er Professor mit Lehrauftrag fur Kerntechnik an der Technischen Hochschule Dresden 5 Von 1961 bis 1964 war er Vizedirektor des Vereinigten Instituts fur Kernforschung in Dubna dessen Beraterteam er als Vertreter der DDR bereits angehorte Er zahlte damals zu den fuhrenden Kernphysikern Ostdeutschlands Barwich war nach eigenen Aussagen nie Mitglied einer Partei gewesen weder in der KPD noch in der NSDAP oder SED Wahrend seiner Forschungstatigkeit in der DDR war er Mitglied des Nationalrates der Nationalen Front Vizeprasident des Deutschen Friedensrates Mitbegrunder des Forschungsrates und Mitglied des Rates fur die friedliche Nutzung der Atomenergie bei der Regierung der DDR 6 Flucht in den Westen BearbeitenDennoch floh er 1964 wahrend der 3 Genfer Atomkonferenz uberraschend in den Westen 7 Er sagte dazu der Mauerbau habe ihm den Rest jedes Vertrauens in das neostalinistische System Ulbrichts geraubt Seinen Absprung in den Westen bereitete er in Kontakt mit der CIA vor die ihm Hilfe bei der Flucht seiner Familie zusicherte Wahrend der Flucht wurden sein Sohn Peter und seine Tochter Beate von den DDR Grenzern abgefuhrt und darauf zu mehrjahrigen Haftstrafen verurteilt Spater wurden sie von der BRD freigekauft Barwich selbst reiste von der Konferenz in die Bundesrepublik wo er politisches Asyl in den USA beantragte Wahrend seines Aufenthaltes 1964 bis 1965 in den USA stellte er sich einer Befragung durch den Unterausschuss des US Senats fur innere Sicherheit Im Marz 1965 kehrte er in die Bundesrepublik Deutschland zuruck Er starb am 10 April 1966 in Koln Postum erschien im Folgejahr seine Autobiografie Das rote Atom 1967 1969 1970 und 1984 aufgelegt Personliches BearbeitenBarwich war zweimal verheiratet Seine erste Ehe wurde 1955 nach Ruckkehr in die DDR geschieden 1960 heiratete er Elfi Heinrich die damals als Fachdolmetscherin im ZfK tatig war und spater Fachbereichsleiterin an der Volkshochschule Koln wurde Aus seiner ersten Ehe gingen vier Kinder hervor ein Sohn und drei Tochter Ehrungen BearbeitenIm Jahr 1951 erhielt er in der UdSSR den Stalin Preis Er bekam zudem den Nationalpreis der DDR II Klasse fur Wissenschaft und Technik Auch heute wird seiner Person mit Hochachtung gedacht so im Helmholtz Zentrum Dresden Rossendorf anlasslich seines 100 Geburtstags 8 Werke BearbeitenDie Zukunft gehort dem Sozialismus Mit Brunolf Baade hrsg von der Nationalen Front des Demokratischen Deutschland Nationalrat Buro des Prasidiums 1957 Das Zentralinstitut fur Kernphysik am Beginn seiner Arbeit Mit Josef Schintlmeister und Fritz Thummler Akademie Verlag 1958 Lehrbuch der Kernphysik Bd 3 Angewandte Kernphysik Mit Gustav Hertz Teubner in Verwaltung 1963 Das Rote Atom Als deutscher Wissenschaftler im Geheimkreis der russischen Kernphysik Mit Elfi Barwich Munchen Bern Scherz Verlag 1967 weitere Ausgaben Europ Buch und Phonoklub 1969 Fischer Bucherei 1970 und Fischer Taschenbuch Frankfurt 1984 Die Trennung von Gasgemischen durch Diffusion in stromenden Quecksilberdampf Springer Verlag Berlin 1936 zugl Dissertation Technische Hochschule Berlin Literatur BearbeitenPaul Maddrell The Scientist Who Came in from the Cold Heinz Barwich s Flight from the GDR In Intelligence and National Security Vol 20 Nr 4 2005 S 608 630 Paul Maddrell Spying on Science Western Intelligence in Divided Germany 1945 1961 Oxford 2006 ISBN 0 19 926750 2 Pavel V Oleynikov German Scientists in the Soviet Atomic Project In The Nonproliferation Review Vol 7 Nr 2 2000 S 1 30 PDF 144 kB Eckhard Hampe Zur Geschichte der Kerntechnik in der DDR von 1955 bis 1962 Die Politik der Staatspartei zur Nutzung der Kernenergie PDF 1 7 MB Hrsg vom Hannah Arendt Institut fur Totalitarismusforschung e V an der TU Dresden Dresden 1996 Wolfgang Horlamus Deutsche Ingenieure und Wissenschaftler zwischen Gleichschaltung Weltkrieg und kaltem Krieg 1933 1948 Dissertation Humboldt Universitat Berlin Grin Verlag Munchen 1990 ISBN 978 3 640 11426 9 Heinz Barwich im Munzinger Archiv Artikelanfang frei abrufbar Peter Notzold Barwich Heinz In Wer war wer in der DDR 5 Ausgabe Band 1 Ch Links Berlin 2010 ISBN 978 3 86153 561 4 Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED Diktatur Biographische Datenbanken Barwich Heinz Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Heinz Barwich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Heinz Barwich in Worldcat Pressemitteilung des ZfK vom 20 Juli 2011 zum 100 Geburtstag von Kernphysiker Heinz BarwichEinzelnachweise Bearbeiten Anarcho Syndikalismus In Der Kommunistische Aufbau des Syndikalismus Reprint Reihe Mad Verlag Hamburg 1973 Die Trennung von Gasgemischen durch Diffusion in stromenden Quecksilberdampf Springer Verlag Berlin 1936 Dissertation Technische Hochschule Berlin Das Rote Atom Als deutscher Wissenschaftler im Geheimkreis der russischen Kernphysik Munchen Bern Scherz Verlag 1967 Seiten 19 und 22 Hardwin Jungclaussen Frei in drei Diktaturen Wie ich mein Leben erlebte und wie ich mein Gluck fand Autobiografie trafo Verlagsgruppe Dr Wolfgang Weist trafo Literaturverlag Reihe Autobiographien Band 48 Berlin 2015 S 86 ISBN 978 3 86465 050 5 Dorit Petschel 175 Jahre TU Dresden Band 3 Die Professoren der TU Dresden 1828 2003 Hrsg im Auftrag der Gesellschaft von Freunden und Forderern der TU Dresden e V von Reiner Pommerin Bohlau Koln u a 2003 ISBN 3 412 02503 8 Professor Heinz Barwich uber die Atomforschung in den Ostblockstaaten In Der Spiegel vom 27 Oktober 1965 Nr 44 1965 United States Delegation to the International Conference on the Peaceful Uses of Atomic Energy Third International Conference on the Peaceful Uses of Atomic Energy Geneva 31 August 9 September 1964 United Nations New York N Y 1964 100 Geburtstag von Kernphysiker Heinz Barwich Pressemitteilung des Helmholtz Zentrums Dresden vom 20 Juli 2011 Normdaten Person GND 118652974 lobid OGND AKS LCCN n85802647 VIAF 59527839 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Barwich HeinzKURZBESCHREIBUNG deutscher KernphysikerGEBURTSDATUM 22 Juli 1911GEBURTSORT LankwitzSTERBEDATUM 10 April 1966STERBEORT Koln Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heinz Barwich amp oldid 232258804