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Die Orgellandschaft Luneburg bezeichnet die Orgeln im ehemaligen Furstentum Luneburg das weitgehend den heutigen Landkreisen Celle Gifhorn Harburg Luchow Dannenberg Luneburg und Uelzen dem Heidekreis sowie der Stadt Wolfsburg entspricht Der Begriff Orgellandschaft allein nimmt Bezug auf die historisch bedingten regionalen Eigenheiten der Orgeln Orgel der Stadtkirche CelleEtwa 30 historische Orgeln vor 1900 sind in dieser Orgellandschaft vollstandig oder in Teilen seit der Mitte des 16 Jahrhunderts erhalten Neben Restaurierungen und Rekonstruktionen historischer Instrumente treten verschiedene uberregional bedeutende Neubauten unterschiedlichster Stilrichtungen Schwerpunkt des Artikels bilden die Orgelwerke die noch ganz oder teilweise erhalten sind Nahere Details finden sich in der Liste von Orgeln in Luneburg Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte des Orgelbaus 1 1 Bis zur Spatgotik 1 2 Renaissance und Fruhbarock 1 3 Barock bis Klassizismus 1 4 Romantik 1 5 20 und 21 Jahrhundert 2 Literatur 3 Diskografie 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte des Orgelbaus BearbeitenBis zur Spatgotik Bearbeiten Im 14 Jahrhundert sind Orgeln in grosseren Stadtkirchen wie Hildesheim und Celle bezeugt In St Johannis Luneburg ist im Jahr 1374 Orgelspiel nachgewiesen und wird die Vergutung von Organisten bei Hochzeitsfeiern geregelt Der Bau einer Chororgel wurde dort 1479 in Auftrag gegeben St Michaelis verfugte bereits 1474 uber eine kleine Chororgel Ab dem 15 Jahrhundert verbreitete sich die Orgel auch in kleineren Stadten in der Provinz 1 Andreas Smedeker gilt als einer der bedeutendsten norddeutschen Orgelbauer der Spatgotik Von seinen Orgeln im Dom zu Bardowick St Peter und Paul 1487 in Luneburg St Lamberti 1491 und St Nicolai 1503 ist nichts erhalten Seine Orgel in St Lamberti wurde bereits im Jahr 1519 durch ein neues Werk von Caspar Bubeling ersetzt das das fruheste Beispiel des norddeutschen Orgeltyps mit Hauptwerk flankierendem Pedalwerk Ruckpositiv und Brustwerk ist 2 Renaissance und Fruhbarock Bearbeiten nbsp Grosse Orgel von St Johannis LuneburgIm 16 Jahrhundert wurde die hohe brabanter Orgelbaukunst in ganz Nordeuropa exportiert Die norddeutschen Handelsstadte rivalisierten offensichtlich untereinander um die klangvollsten und reprasentativsten Orgeln infolgedessen Luneburg im 16 und 17 Jahrhundert grosse Orgelwerke erhielt Die Bruder Cornelius und Michael Slegel aus Zwolle erbauten 1568 in St Andreas Hildesheim eine Orgel die spater verloren ging Die alteste noch erhaltene Orgel der Region befindet sich in Luneburg St Johannis und geht in ihrem Grundbestand auf Hendrik Niehoff s Hertogenbosch und Jasper Johansen zuruck Niehoff entwickelte das Blockwerk der Gotik zur Springlade weiter und fuhrte an vielen Orten das Werkprinzip in den Orgelbau ein Das Luneburger Renaissance Instrument war noch weitgehend als Blockwerk konzipiert Noch original prasentieren sich die reich verzierten Manualgehause von Adriaan Schalken 3 und einige Register aus dem 16 Jahrhundert Im Prospekt tragen einige Pfeifen goldene Masken und finden sich Spiegelpfeifen mit zusammengeloteten Fussen Nachdem die Orgel kleinere Umbauten erfahren hatte fuhrte Michael Praetorius in seiner Organographia Syntagma musicum Band 2 1619 die damalige Disposition an III P 27 4 Im Barock nahmen Friedrich Stellwagen 1652 und Matthias Dropa 1715 Erweiterungsumbauten vor Von der Orgel in der Celler Schlosskapelle ist der Prospekt eines unbekannten Meisters aus dem 16 Jahrhundert erhalten Beim Abriss der Luneburger Lambertikirche 1859 ging das Orgelwerk von Christian Bockelmann 1610 das mit 60 Registern auf drei Manualen zu seiner Zeit eine der grossten Orgeln uberhaupt war verloren 5 Barock bis Klassizismus Bearbeiten nbsp Christian Vater Orgel in Gifhorn 1748 Hoch und Spatbarock werden massgeblich durch Arp Schnitger und seine Hamburger Schule gepragt Als fuhrender Orgelbauer Nordeuropas entwickelte er das Werkprinzip weiter und wirkte stilbildend teilweise bis in den modernen Orgelbau hinein Der Hamburger Prospekt wurde die klassische Form im nordeuropaischen Orgelbau das vollstandig ausgebaute Pedal mit kraftigen Zungenstimmen die Regel Schnitgers Lehrmeister war Berendt Hus der im Jahr 1653 zusammen mit Hermann Kroger die Orgel der Celler Stadtkirche St Marien erbaute Hinter dem alten Gehause rekonstruierte Rowan West 1999 ein viermanualiges Werk in der traditionellen Bauweise Schnitgers Ein zusatzliches Hinterwerk erweitert die Klangmoglichkeiten Von Schnitger selbst befindet sich heute eine Orgel in Lenzen St Katharinen Das Werk wurde ursprunglich fur Hamburg St Georg gebaut 1707 1708 wobei Schnitger zehn Register der Vorgangerorgel von Hans Scherer dem Jungeren ubernahm Im Jahr 1747 uberfuhrte Johann Dietrich Busch das Instrument nach Lenzen wo 1751 der Turm einsturzte und das Werk erheblichen Schaden davontrug Einige Register von Scherer und Schnitger blieben jedoch bis heute bewahrt 6 Der Schnitger Schuler Matthias Dropa baute fur St Michaelis in Luneburg 1708 ein Werk von dem noch der Prospekt und funf Register original sind Nahezu vollstandig erhalten ist das kleine Werk in der Klosterkirche Marienthal Krevese das von Anton Heinrich Gansen aus dem Jahr 1721 stammt In Ruhstadt schuf Joachim Wagner 1738 eine Dorforgel deren Gehause und uber die Halfte der Register erhalten sind Dropas Schuler Johann Matthias Hagelstein hatte in Luneburg seine Werkstatt und baute 1723 in Gartow seine einzige Orgel Wahrend im 17 Jahrhundert ein Ruckpositiv die Regel war verfugt das Gartower Instrument uber ein Oberwerk Es blieb vor grossen Veranderungen bewahrt Hagelstein hatte sich bei diesem Projekt allerdings finanziell ubernommen sodass er in den Konkurs ging 7 Seine Werkstatt wurde von Johann Georg Stein fortgefuhrt der aus Thuringen stammte und sich zunachst in Uelzen niedergelassen hatte Ein grosser Orgelneubau in der St Marienkirche 1752 1756 hatte ihn weithin bekannt gemacht Wahrend von diesem Werk nur das Gehause erhalten ist blieb Steins Orgel in Trebel fast vollstandig unversehrt 1775 1777 8 Ein anderer bekannter Schuler Schnitgers war der hannoversche Hoforgelbauer Christian Vater der 1748 in der Gifhorner St Nicolai Kirche ein zweimanualiges Werk schuf das sich weitgehend im originalen Zustand befindet 9 Ab der Mitte des 18 Jahrhunderts geriet die Orgel von ihrer einstigen Vorreiterrolle an den Rand des musikalischen Geschehens 10 Aus der Zeit des Klassizismus sind kaum Werke erhalten Wilhelm Heinrich Bethmann baute 1801 02 in Dannenberg Elbe St Johannes der Taufer ein Werk mit 29 Stimmen das 1968 bis 1974 einem Neubau hinter dem historischen Prospekt durch die Werkstatt Karl Schuke zum Opfer fiel Romantik Bearbeiten nbsp Neugotischer Furwangler Prospekt in Bardowick 1867 Die Zeit der Romantik war mit einem eingreifenden Wandel in der Orgelbauasthetik verbunden In Luneburg wie auch anderenorts wurde das traditionelle Werkprinzip aufgegeben Stattdessen hielt vielfach der flachenmassige Verbundprospekt Einzug Bei den Registern wichen die Aliquot und Zungenstimmen grundtonigen Registern vorzugsweise in 8 Fuss Tonlage Gegen Ende des 19 Jahrhunderts wurde die pneumatische Orgeltraktur eingefuhrt Wahrend der Zeit der Romantik traten in der Luneburger Orgellandschaft kleinere Orgelmeister von regionaler Bedeutung auf So baute Friedrich Altdorf 1856 in Kirchweyhe eine kleine Dorforgel Allerdings wirkten von Hannover aus bekannte Orgelbauer wie zunachst Ernst Wilhelm Meyer und spater Philipp Furtwangler und Sohne Von Hoforgelbauer Ernst W Meyer stammt die fruhromantische Orgel in Bergen an der Dumme 1842 die weitgehend erhalten ist Seine Sohne Karl Wilhelm und vor allem Eduard Meyer bauten etliche Orgeln in der Region so in Celle St Ludwig 1841 Eduard Meyer schuf zweimanualige Werke in Walsrode Stadtkirche 1849 Handorf St Marien 1854 Lemgow Hohe Kirche 1856 Drennhausen St Marien 1856 und in Ebstorf Klosterkirche 1865 1866 Von Philipp Furtwangler stammen die Werke im Bardowicker Dom 1867 in Egestorf St Stephanus 1867 und Gerdau St Michaelis 1874 von der Nachfolgefirma P Furtwangler amp Hammer die Instrumente in Luneburg St Nicolai 1899 dreimanualig mit pneumatischer Traktur und in Wustrow St Laurentius 1915 20 und 21 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Chororgel in St Johannis Luneburg von Kuhn 2010 Einer der bekanntesten Vertreter der Orgelbewegung war Paul Ott Gottingen der grossere Werke mit neobarocker Disposition in der Christuskirche Wolfsburg 1951 und in St Marien Winsen 1960 schuf Sein Schuler Rudolf Janke entwickelte Otts Stil weiter mass der Intonation aber einen weitaus hoheren Stellenwert zu und ist vor allem durch seine konsequente Restaurierungspraxis historischer Orgeln in Norddeutschland bekannt geworden Eine dreimanualige Orgel baute er in der Peter und Paul Kirche Schneverdingen 1976 Ein anderer Ott Schuler Jurgen Ahrend rekonstruierte 1985 86 die Renaissance Orgel der St Georg Christophorus Jodokus Kirche Stellichte von der nur noch das historische Gehause von Marten de Mare Bremen aus dem Jahr 1610 erhalten war Beachtenswerte Neubauten vielfach hinter barocken Prospekten schufen die Gebr Hillebrand Altwarmbuchen wie in der Klosterkirche von Kloster Lune 1969 Prospekt von 1645 St Marien in Luchow Plate 1980 81 Prospekt 16 Jh und die Orgel von St Marien Scharnebeck 1994 95 Prospekt von 1754 In St Petri Bad Bodenteich verfugt der Hillebrand Orgelneubau 1996 uber ein romantisches Schwellwerk In Anlehnung an klassisch franzosischen Orgelbau erklingt das Werk von Patrick Collon in St Petri Grossburgwedel 1996 Die grosste Orgel der Orgellandschaft Luneburg wurde im Jahr 2001 von Hermann Eule Orgelbau Bautzen in St Marien Uelzen mit 53 Registern hinter dem Prospekt von Johann Georg Stein 1756 fertiggestellt Dieselbe Firma erbaute 2005 06 in St Johannis Luchow ein grosses Werk mit Klangfarben der deutschen Romantik und Moderne In der ungewohnlichen Gestalt eines Kubus und klanglich in franzosisch symphonischer Tradition prasentiert sich die Chororgel von St Johannis Luneburg von Orgelbau Kuhn 2010 die als Erganzung zur grossen historischen Orgel konzipiert wurde Alexander Schuke Potsdam Orgelbau schuf im Dom zu Bardowick hinter dem neugotisch gestalteten Prospekt von P Furtwangler ein neues Werk mit 46 Registern das den Bauprinzipien des mitteldeutschen Barock verpflichtet ist 11 Literatur BearbeitenHans Martin Balz Gottliche Musik Orgeln in Deutschland Konrad Theiss Stuttgart 2008 ISBN 3 8062 2062 X 230 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde Cornelius H Edskes Harald Vogel Arp Schnitger und sein Werk 241 Veroffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde 2 Auflage Hauschild Bremen 2013 ISBN 978 3 89757 525 7 Gustav Fock Arp Schnitger und seine Schule Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Nord und Ostseekustengebiet Barenreiter Kassel 1974 ISBN 3 7618 0261 7 Michael Praetorius Syntagma musicum Band II De Organographia Barenreiter Kassel et al 1985 ISBN 3 7618 0183 1 Faksimile von Wolfenbuttel 1619 Maarten Albert Vente Die Brabanter Orgel Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance H J Paris Amsterdam 1963 Harald Vogel Gunter Lade Nicola Borger Keweloh Orgeln in Niedersachsen Hauschild Bremen 1997 ISBN 3 931785 50 5 Diskografie BearbeitenOrgellandschaften Folge 1 Eine musikalische Reise zu 16 Orgeln der Region Luneburger Heide Wendland Luneburg Celle 2010 NOMINE e V LC 08973 Orgeln in Bergen an der Dumme Bergen bei Celle Celle Egestorf Gartow Gifhorn Grossburgwedel Luchow Luneburg Plate Trebel Uelzen Walsrode Winsen Luhe Weblinks BearbeitenNomine e V Historische Orgeln in der Region LuneburgEinzelnachweise Bearbeiten Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 20 Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 99 f Vente Die Brabanter Orgel Zur Geschichte der Orgelkunst in Belgien und Holland im Zeitalter der Gotik und der Renaissance 1963 S 196 Praetorius Organographia 1618 S 170 f online abgerufen am 8 Mai 2019 Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 100 Edskes Vogel Arp Schnitger und sein Werk 2013 S 206 Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 224 Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 256f Martin Balz Gottliche Musik Orgeln in Deutschland 2008 S 58 f Vogel Orgeln in Niedersachsen 1997 S 25 f Orgel im Dom zu Bardowick abgerufen am 8 Mai 2019 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Orgellandschaft Luneburg amp oldid 237828883