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Das Optische Institut war ein Hersteller optischer und astronomischer Instrumente der sich am Anfang des 19 Jahrhunderts von einer Glashutte fur optisches Glas in Benediktbeuern zu dem in der Welt unangefochten fuhrenden Unternehmen fur den Bau der grossten und leistungsstarksten Refraktoren mit Sitz in Munchen entwickelt hatte Die Glashutte des Optischen Instituts in BenediktbeuernDas Optische Institut in Munchen Mullerstrasse 40 mit Busten von Utzschneider und Fraunhofer an der Fassade Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Das Optische Institut in Benediktbeuern 3 Das Optische Institut in Munchen 4 Merz amp Mahler Nachfolger 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDer junge Artilleriehauptmann Georg Reichenbach hatte seit 1802 zusammen mit Joseph Liebherr in dessen Werkstatt in Munchen die von ihm entwickelte Kreisteilungsmaschine sowie erste mathematische und astronomische Instrumente hergestellt Durch den Hofastronom Ulrich Schiegg lernten sie den Unternehmer Joseph Utzschneider kennen der mit ihnen 1804 das mathematische und physikalische Institut der Herren Reichenbach Utzschneider und Liebherr grundete das spatere Mathematisch Feinmechanische Institut 1 2 Der Betrieb entwickelte sich erfolgversprechend war aber fur das erforderliche optische Glas auf Lieferungen aus England angewiesen das oft nicht in der benotigten Qualitat und Menge erhaltlich war 3 Nachdem sich Utzschneider davon uberzeugt hatte dass die Englander praktisch ein Monopol auf das Glas hatten stellte er 1806 den Schweizer Glasschmelzer Pierre Louis Guinand als Leiter der Hutte fur optisches Glas in dem kurz zuvor von ihm erworbenen sakularisierten Kloster Benediktbeuern ein 4 um das benotigte Kron und Flintglas zu schmelzen was ein komplexer und damals unzureichend verstandener Vorgang war bei dem viel Ausschuss erzeugt wurde Das Glas wurde an das Mathematisch Feinmechanische Institut geliefert wo es von dem im selben Jahr angestellten Joseph Fraunhofer unter der Aufsicht von Schiegg geschliffen und in die dort hergestellten Instrumente eingebaut wurde 5 Wohl aufgrund von Verstandigungsproblemen gelang es Guinand jedoch nicht in der Glashutte einen reibungslos funktionierenden Betrieb aufzubauen 1807 vereinbarte Utzschneider daher mit ihm dass er in Munchen fur das Mathematisch Feinmechanische Institut arbeiten und nur zum periodischen Glasschmelzen nach Benediktbeuern fahren sollte 6 Auf Weisung von Utzschneider wies er den seit 1807 in Benediktbeuern tatigen Fraunhofer in die Herstellung von Korn und Flintglas ein 7 Das Optische Institut in Benediktbeuern BearbeitenAuf Anregung von Fraunhofer wurde 1809 von Utzschneider Reichenbach und Fraunhofer das Optische Institut Utzschneider Reichenbach und Fraunhofer in Benediktbeuern gegrundet das in den von Utzschneider gepachteten Gebauden optisches Glas herstellte Bis auf die weiterhin von Guinand besorgte Glasschmelze wurde es von Fraunhofer geleitet Gleichzeitig wurde ein Vertrag zwischen dem Mathematischen und dem Optischen Institut geschlossen wonach das Mathematische Institut seine Glasschleifmaschinen dem Optischen Institut zur Verfugung stellte und von diesem mit Glas gemass einer Preisliste beliefert wurde 8 1811 wurde Fraunhofer die Leitung des gesamten Betriebes ubertragen Fraunhofer machte in Benediktbeuern zwischen 1809 und 1819 seine grossen Entdeckungen und vor allem ein streng geheimgehaltenes Verfahren zur Herstellung von schlierenfreiem Flintglas was die Abbildungsqualitat von Linsen entscheidend verbesserte 9 Auf diese Weise gelang ihm sehr bald eine bedeutende Qualitatssteigerung bei der Glas und Linsenherstellung So war es ab 1811 moglich immer grossere Objektive fur Fernrohre herzustellen und ein breit gefachertes Angebot fur verschiedene Fernrohrarten als auch Mikroskope Lupen und Opernglasern bereitzustellen Fraunhofer erhielt in Benediktbeuern Besuch von Carl Friedrich Gauss dem damaligen Direktor der Sternwarte Gottingen und anderen Wissenschaftlern aber auch von Konig Maximilian I Joseph und Graf Montgelas 10 Fur die Astronomie bedeutsam war Fraunhofers Verbesserung des einige Jahre zuvor in England erfundenen achromatischen Linsenpaares Anstatt die beiden Linsen durch Verkittung zusammenzufugen setzte Fraunhofer sie mit einem Luftspalt hintereinander Dies erleichterte die Korrektur von optischen Abbildungsfehlern 1812 schied Liebherr aus dem Mathematischen Institut aus da er eigene andere Instrumente herstellen wollte und Guinand kehrte 1814 in die Schweiz zuruck 11 12 Ebenfalls 1814 fuhrten unterschiedliche Geschaftsauffassungen zur Trennung von Reichenbach und Utzschneider Wahrend Utzschneider die industrielle Serienfertigung anstrebte verfolgte Reichenbach die Einzelanfertigung moglichst perfekter und hochwertiger Spitzenprodukte Auf Wunsch von Reichenbach schied Utzschneider 1814 aus dem Mathematischen und Reichenbach aus dem Optischen Institut aus 13 14 Nach der Trennung von Reichenbach grundete Utzschneider 1816 das Mathematisch mechanische Institut von Utzschneider Liebherr et Werner womit die Trennung vollendet war 15 Das Optische Institut in Benediktbeuern Optisches Institut Utzschneider und Fraunhofer belieferte beide aber die Werkstatt von Utzschneider Liebherr und Werner hatte den ersten Zugriff auf das produzierte Glas und produzierte deshalb die bessere Qualitat 16 17 Das Optische Institut in Munchen Bearbeiten nbsp Fraunhofer Heliometer der Sternwarte Konigsberg Montierung mit Nachfuhr Uhrwerk auf Holzstativ nbsp Refraktor Merz 160 1790 18 G amp S Merz Munchen Sternwarte von Artur Kraus in Pardubice zwischen 1912 und 1930 Jetzt in Sternwarte Upice 1818 musste Utzschneider wegen finanzieller Probleme Benediktbeuern an den Staat verkaufen 19 nur die Kunstglashutte verblieb in seinem Besitz Das Optische Institut zog deshalb 1819 nach Munchen 20 wo es in Utzschneiders grossem Neubau auf dem zugeschutteten Kapuzinergraben am Ort des spateren Cafe Luitpold etwa 40 Mitarbeiter beschaftigte 21 und mit dem Mathematisch mechanischen Institut von Utzschneider Liebherr et Werner verschmolz 22 Liebherr schied 1823 aus um eine eigene kleine Werkstatt zu eroffnen 23 Das Optische Institut Utzschneider und Fraunhofer entwickelte sich zu dem in der Welt unangefochten fuhrenden Unternehmen fur den Bau der grossten und leistungsstarksten Refraktoren Es lieferte zum Beispiel 1824 das Fernrohr fur die Sternwarte Dorpat mit dem Struve in den folgenden Jahren seine Beobachtungen von Doppelsternen durchfuhrte 24 25 Der Ruf des Optischen Instituts wurde allerdings uberwiegend der Expertise Fraunhofers bei der Herstellung der Linsen zugeschrieben 26 Nach dem fruhen Tod Fraunhofers im Jahr 1826 war der 63 Jahre alte Utzschneider deshalb gezwungen in den folgenden funf Jahren in Benediktbeuern selbst Glas zu schmelzen was er seit zwanzig Jahren nicht mehr gemacht hatte 27 Es gelang ihm aber den allseits vorhergesagten Umsatzeinbruch weitgehend zu vermeiden 28 Bald nach Fraunhofers Tod beforderte er Georg Merz der 1808 in dem Unternehmen als einfacher Arbeiter angefangen und sich zum Werkfuhrer hochgearbeitet hatte zum fur den gesamten Betrieb verantwortlichen Werkstattleiter 29 Sein Stellvertreter wurde Joseph Mahler 30 Auf Empfehlung von Heinrich Christian Schumacher stellte er 1827 Thomas Clausen ein der jedoch nicht seinen Erwartungen entsprach 31 Auch Carl August von Steinheil hatte sich mit Unterstutzung seines wissenschaftlichen Mentors Friedrich Wilhelm Bessel vergeblich beworben 32 Nachdem Utzschneider 1825 seinen grossen Neubau verkauft hatte 33 musste das Optische Institut 1830 in die Mullerstr 40 umziehen 34 Wahrend man zunachst an Dritte nur komplette Instrumente verkauft hatte begann Utzschneider ab etwa 1832 auch gefasste und ungefasste Objektive Lupen und andere Bauteile anzubieten 35 Ein wichtiger Abnehmer wurde die Firma A Repsold amp Sohne in Hamburg 36 Sogar englische Unternehmen wie Troughton amp Simms Ross und T Cooke amp Sons wurden Kunden von Merz 37 da eine zwischen 1793 und 1845 in England erhobene Glasverbrauchssteuer die Entwicklung von Linsen aus Flintglas verhinderte 38 Merz amp Mahler Nachfolger Bearbeiten1839 verausserte Utzschneider das Optische Institut an Merz und Mahler Sie kauften bald auch das Anwesen in der Mullerstrasse und erwarben 1843 noch die ehemalige Utzschneidersche Glasschleife an der Ecke Blumen Frauenstrasse aus dem Nachlass Utzschneiders 39 Merz und Mahler vollendeten unter anderem das von Fraunhofer begonnene Konigsberger Heliometer 1835 installierten sie den Refraktor der Sternwarte Bogenhausen mit einem 10 Zoll Objektiv und 1839 den Refractor von 21 Fuss Lange und 14 Zoll Offnung der Pulkowa Sternwarte Es folgten Auftrage u a fur die Sternwarten von Bonn Kiew Washington D C Cincinnati fur das Harvard College Observatorium und aus Moskau Madrid und Rom 40 41 Als Mahler 1845 starb fuhrte Merz das Unternehmen zunachst allein weiter unterstutzt von seinem langjahrigen Mechaniker Rudolph Weiss 1809 1882 42 Da sein alterer Sohn Ludwig 1817 1858 eine Universitatskarriere anstrebte nahm er zunachst seinen jungeren Sohn Sigmund 1824 1908 in das Unternehmen auf 1847 auch Ludwig Das Unternehmen firmierte nun als Merz amp Sohne 43 Das Unternehmen nahm 1851 an der Londoner Weltausstellung teil 44 45 Nach dem Tod des Vaters 1867 verlegte Sigmund die Werkstatte in das Ruckgebaude an der Blumenstrasse baute das Anwesen Mullerstrasse zum Wohngebaude um und liess die Busten von Utzschneider und Fraunhofer an der Fassade anbringen Die Glasschleiferei wurde 1875 eingestellt nachdem man in der Blumenstrasse eine Dampfmaschine zum Linsenschleifen installiert hatte 39 Bis in die 1870er Jahre war das Unternehmen fuhrend bei der Herstellung grosser Fernrohre baute aber auch Mikroskope 46 und konzentrierte sich zunehmend auf Militaroptik und kleinere Astro Spektroskope 40 Die Optische Glashutte in Benediktbeuern wurde 1883 geschlossen 39 1882 ubergab Sigmund Merz das Geschaft seinen Vettern Jakob Merz 1833 1906 und Matthias Merz 1826 1883 Nachdem Matthias bereits 1883 gestorben war fuhrte Jakob es zwanzig Jahre lang allein weiter 39 1903 verkaufte Jakob Merz das Unternehmen an Paul Zschokke 1853 1932 der von 1874 bis 1897 bei der Firma C A Steinheil amp Sohne tatig gewesen war 39 Die Familie Merz verausserte 1907 das Anwesen an der Mullerstrasse Zschokke musste deshalb mit dem Unternehmen nach Pasing in die heutige August Exter Strasse 21 umziehen Mit dem Tod von Paul Zschokke 1932 endete die Geschichte der G amp S Merz GmbH und des ehemaligen Optischen Instituts 39 Literatur BearbeitenIvo Schneider Joseph von Utzschneider Vision und Wirklichkeit eines neuen Bayern Beitrage zur Geschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 3 Friedrich Pustet Regensburg 2014 ISBN 978 3 7917 2630 4 Digitalisat http vorlage digitalisat test 1 3Dhttp 3A 2F 2Fpublikationen badw de 2Fde 2F041883076 verkleinert pdf GB 3D IA 3D MDZ 3D 0A SZ 3D doppelseitig 3D LT 3D PUR 3D Alto Bracher Fraunhofers Erben Ein Stuck unbekannte Munchener Stadtgeschichte In Kultur amp Technik Heft 3 Zeitschrift des Deutschen Museums Deutsches Museum und C H Beck Munchen 1988 ISSN 0344 5690 S 185 Digitalisat PDF S 52 31 MB Jurgen Kost Wissenschaftlicher Instrumentenbau der Firma Merz in Munchen 1838 1932 Diss Hamburg 2014 PDF 53 7 MB Liste der Firmierungen Inhaber und Gravuren des Optischen Instituts 47 Einzelnachweise Bearbeiten Soweit nicht anders erwahnt beruhen die Angaben auf Ivo Schneider Joseph von Utzschneider Vision und Wirklichkeit eines neuen Bayern Alto Bracher Fraunhofers Erben Ein Stuck unbekannte Munchener Stadtgeschichte Jurgen Kost Wissenschaftlicher Instrumentenbau der Firma Merz in Munchen 1838 1932 Ivo Schneider S 283 Ivo Schneider S 287 Ivo Schneider S 202 294 Ivo Schneider S 298 Ivo Schneider S 297 Ivo Schneider S 298 Ivo Schneider S 304 Das Schmelzverfahren wird detailliert beschrieben in Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 32 Ivo Schneider S 334 Ivo Schneider S 420 Guinand arbeitete dann in Les Brenets wieder in seiner alten Glashutte wo er mit der Zeit zum Vorreiter der ausserdeutschen Glashutten wurde Ivo Schneider S 310 315 Reichenbach nahm im August 1815 Traugott Ertel als Gesellschafter in sein Mathematisches Institut auf wo er bisher als Meister tatig war Im November 1815 kaufte Reichenbach das Haus Liebherrs und zog mit dem Mathematischen Institut dort ein Ivo Schneider S 328 329 Ivo Schneider S 336 Ivo Schneider S 317 Ivo Schneider S 308 Anm 160 mm Offnung 1790 mm Brennweite Ivo Schneider S 203 213 Ivo Schneider S 339 340 Ivo Schneider S 364 365 Alto Bracher Fraunhofers Erben S 187 PDF S 54 Ivo Schneider S 340 Ivo Schneider S 374 375 Die Preislisten geben einen guten Eindruck vom Lieferumfang des Optischen Instituts Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 471 Ivo Schneider S 441 Ivo Schneider S 429 Ivo Schneider S 392 Ivo Schneider S 359 Ivo Schneider S 403 Ivo Schneider S 403 427 Alto Bracher Fraunhofers Erben S 187 PDF S 54 Ivo Schneider S 419 Ivo Schneider S 420 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 87 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 91 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 99 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 16 a b c d e f Alto Bracher Fraunhofers Erben S 189 PDF S 56 a b S Merz Kurzer Lebensabriss von Georg Merz In Astronomische Nachrichten Bd 70 1868 S 361 Das Instrumentenverzeichnis 1826 1932 in Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 229 enthalt eine Dokumentation der ausgelieferten Instrumente Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 19 108 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 109 111 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 125 Royal Commission Hrsg Official Catalogue of the Great Exhibition London 1851 S 273 Volltext in der Google Buchsuche Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 125 Jurgen Kost Firma Merz in Munchen 1838 1932 S 464 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Optisches Institut Benediktbeuern amp oldid 236282172