www.wikidata.de-de.nina.az
Die Oberhofenkirche 1436 1490 errichtet ist ein protestantisches Kirchengebaude in Goppingen und nach der kleinen benachbarten Heiligkreuzkapelle das zweitalteste Bauwerk der Kernstadt Sie ist heute eine der beiden evangelischen Innenstadt Kirchen und gehort in der Evangelischen Verbundkirchengemeinde Goppingen zum Kirchenbezirk Goppingen Oberhofenkirche Goppingen Inhaltsverzeichnis 1 Baugeschichte 2 Zeitgeschichte 3 Ausstattung 4 Glasmalerei 5 Glocken 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksBaugeschichte BearbeitenErste Pfarrkirche Goppingens 1275 erstmals urkundlich erwahnt war auf den Resten mehrerer Vorgangerbauten eine romische Villa rustica aus dem 2 3 Jahrhundert n Chr 1 vier kleinere Kirchen vorwiegend aus Holz 2 die ausserhalb der Stadtmauern gelegene spatgotische Hallenkirche die Graf Ulrich V von Wurttemberg von 1436 bis 1490 neu erbauen liess und in ein Chorherrenstift umwandelte Wohl bereits noch aus der Zeit um 1400 ist in Schwabisch Gmund ein Reliquienverzeichnis der Goppinger Oberhofenkirche uberliefert 3 1514 wurde in die Oberhofenkirche eine der zahlreichen sudwestdeutschen Pradikaturen gestiftet 4 5 Sie hat bei einer Gesamtlange von 49 50 Meter ein ursprunglich dreischiffig geplantes flachgedecktes Langhaus ein netzgewolbtes Querschiff einen uberhohten Polygonalchor und zwei Chorflankenturme die erst mit dem Wirken des Ulmer Munsterbaumeisters August von Beyer ab 1884 durch das Aufsetzen von Steinhelmen mit einer Gesamthohe von 50 Meter vollendet wurden Die Oberhofenkirche blieb nach der Reformation durch Wurttemberg wegen der verbliebenen Chorherren zunachst noch katholisch In der Stadt gab es mehrere Kapellen deren grosste die Johanneskapelle beim Schloss daher ab 1532 bis zum Neubau der Stadtkirche 1619 als Stadt und Dekanskirche diente Die Oberhofenkirche wurde nach Auflosung des Chorherrenstifts zum Jahresbeginn 1535 wegen ihrer Lage ausserhalb der Stadt und in einem Friedhof ohne Umbau zu einer Querkirche fast nur fur Bestattungsfeiern und gelegentlich als Ausweiche bei Baumassnahmen an der Renaissance Stadtkirche genutzt Eine Wiederbelebung des katholischen Stifts durch Jesuiten von 1636 bis 1649 unter osterreichischer Beherrschung des Amtes Goppingen durch Erzherzogin Claudia von Tirol infolge des Restitutionsedikts fand mit dem Westfalischen Frieden ein Ende Die danach wegen Einsturzgefahr notige Wiederherstellung der Kirche zog sich mit der vollstandigen Erneuerung der Chor und Langhaus Dachstuhle bis 1687 hin Nach vorubergehender profaner Nutzung in den napoleonischen Kriegen Lazarett Heulager und Pferdestall Telegraphenstation im Sudturm im fruhen 19 Jahrhundert begann 1854 durch burgerschaftliche Impulse die Restaurierung und neugotische Umgestaltung die um 1900 Architekt Heinrich Dolmetsch 6 abgeschlossen wurde Seit 1902 ist die Oberhofenkirche wieder Gemeindekirche und zweite Pfarrkirche Goppingens Innenrenovierungen erfolgten 1938 Architekt Hans Seytter Stuttgart 1983 Architekt Folker Mayer Ulm und bis 2013 Architekten Bauer amp Behringer Ebersbach eine Aussenrenovierung 2001 bis 2008 AeDis AG Hochdorf Ebersbach Neben der Oberhofenkirche befindet sich die Heiligkreuzkapelle der erhaltene Chor der ehemaligen Marienkapelle von 1410 die heute vor allem fur Ausstellungen und Andachten verwendet wird Zeitgeschichte Bearbeiten1938 endete die seit 1926 wahrende Dienstzeit des evangelischen Pfarrers Eugen Jackh 1877 1954 an der Oberhofenkirche Er hatte sich bereits vor dem 1 Mai 1933 einer Beflaggung der Oberhofenkirche mit Hakenkreuzfahne samt Hindenburg und Hitlerportrats widersetzt und musste sich auf ortliches NS Betreiben und wegen mangelnden Ruckhalts seitens der Kirchenleitung 1938 aus dem Dienst in Goppingen verabschieden 7 In diese Zeit fiel auch die Beauftragung des Kunstmalers Walter Kohler mit der Fenstergestaltung im Chor der Oberhofenkirche Ausstattung Bearbeiten nbsp Quader aus der Oberhofenkirche mit Fresko aus der Zeit um 1400 Teil einer Anbetung der drei Konige heute im Archaologischen Landesmuseum Baden WurttembergIm Innern beherbergt sie ein bedeutendes spatgotisches Chorgestuhl und prunkvolle Barock Epitaphien die teilweise um 1770 von der Stadtkirche hierher verbracht wurden An der Chornordwand sind bauzeitliche Fresken zu finden beim Sudportal die um 1470 geschaffene Darstellung der Kirchenstiftung zwei edle Frauen die ein Kirchenmodell prasentieren mit dem einzig erhaltenen Bild der unzerstorten Burg Hohenstaufen das erst 1938 freigelegt wurde Daneben in der Zillenhardt Kapelle befinden sich die Grabdenkmaler der Stifterfamilie von der Burg Zillenhart bei Schlat Die barocke Stuckdecke des Langhauses von 1686 entstand bei Sicherungsmassnahmen wegen Baufalligkeit Das Holzkruzifix im Chor stammt von 1510 Ihm zugeordnet schuf Walter Kohler 1938 die Glasgemalde im mittleren Chorfenster zusatzlich im Nord und Sud Querschiff die Masswerkverglasung 1983 nach Abschluss archaologischer Grabungen 8 im Innenraum vervollstandigte sein Sohn Wolf Dieter Kohler links und rechts das Gesamtkunstwerk Die kunstlerischen Kanzelgestaltungen von 1883 Jakob Grunenwald sechs Kanzel Gemalde Leinwand Moses Christus vier Evangelisten 9 und 1938 Helmuth Uhrig drei Kanzel Holzreliefs Verkundigung an die Hirten Kreuzigung Dornenkronung 10 11 waren nach der Aussenrenovierung 2001 2008 12 im Rahmen der bis 2013 dauernden Innenrenovierung durch moderne Prinzipalien ohne kunstlerischen Anspruch abgelost worden Glasmalerei BearbeitenMit 45 Jahren Zeitabstand schufen Vater und Sohn Kohler die drei Chorfenster Die Konzeption und kunstlerische wie biblische Beziehung dieser beiden Spatwerke zueinander bilden den gemeinschaftlichen Hohepunkt des Schaffens der Kunstlerfamilie Das Chorscheitelfenster 1938 Einbau 1940 Ausbau Sicherung 1947 Wiedereinbau thematisiert auf dem Weg Christi vom Leidenden zum Weltenherrscher auch den Kampf gegen das Bose gegen den Bosen Beim Abendmahl Judas im gelben Gewand der Wolf im Schafspelz vor dem der Hahn warnt und sagt Seid wachsam Die Staatsmacht die unbeabsichtigt das Kreuz erhoht Dies 1938 auszudrucken war bemerkenswert und mutig Alte christliche Ikonografie wird bei Walter Kohler nachdem ab 1933 sein bis dahin reifer Expressionismus als angeblich Entartete Kunst ihn und seine junge Familie in grosse Gefahr gebracht hatte zu seiner Sprache der Kunst auf dieser Klaviatur spielt er virtuos wie ein Blick in sein Gesamtwerk zeigt und sein Sohn Wolf Dieter ging spater diesen Weg weiter So ist gerade das Chormittelfenster in seiner biblischen Bildsprache auch auf dem Hintergrund der Zeitgeschichte zu lesen Leiden Leid und Tod in der Mitte flankiert Wolf Dieter Kohler im linken Fenster mit Gottes Schopferwirken und Friedensbund und im rechten Fenster mit Zeichen und Visionen von Heil und Vollendung 13 Im Einzelnen Walter Kohler 1938 Mittleres Chorfenster Zweiter Glaubensartikel Der Weg Christi von unten nach oben 1 Kreis Links Einzug Jesu in Jerusalem Darunter ein Wolf im Schafspelz daruber 2 Hande mit kostlicher Narde Joh 12 3 LUT Links vom Hauptbild das Laub der Salweide als Zeichen des Fruhlings Rechts Das Abendmahl Darunter der krahende Hahn daruber Brot und Kelch Rechts der Weinstock als Christussymbol 2 Kreis Links Der Judaskuss Darunter die Silberlinge daruber der schreiende Hirsch als Symbol Christi Links Dornen Rechts Jesus vor Pilatus Darunter die Staatsgewalt die mit der Faust auf eine Waagschale schlagt und dadurch das in der anderen Schale liegende Kreuz erhoht Daruber das Lamm mit dem Kreuz Rechts der bittere Wermut 3 Kreis Links Die Kreuzigung Darunter der besiegte Drache daruber ein Engel mit der Palme Links Die Bitterstoff Pflanze Hopfen als Passions Sinnbild Rechts Die Auferstehung Darunter der besiegte Tod als Skelett mit Sense daruber ein Engel mit Krone Rechts Lorbeer das Zeichen fur neues Leben in Christo In den Zwickeln zwischen den Kreisen die vier Evangelisten Uber den Kreisen vier Engel je einer mit Waage wo das Kreuz schwerer wiegt als das Gesetz mit Kreuz mit Flammenschwert und mit Posaune In den Dreipassen daruber Alpha und Omega Im Funfpass Majestas Domini der Weltenherrscher in der Mandorla Buchinschrift Alpha und Omega vier Engel Wolf Dieter Kohler 1983 Linkes Chorfenster Erster Glaubensartikel Gottes Schopferwirken Friedensbund und Verheissung von oben nach unten Im Masswerk wolkenverhullt Gottes Geist uber der Urflut Schopferhand Sonne Mond Sterne Erschaffung des Menschen Gottes Friedensbund und Noahs Opfer Kundschafter mit den Fruchten aus dem Land der Verheissung Anbetung des Lammes Offb 4 1 11 LUT Rechtes Chorfenster Dritter Glaubensartikel Wirken des Geistes Gottes von unten nach oben Pfingstpredigt des Petrus Heilung des Lahmen Bekehrung des Paulus Auferweckung der Tabita Berufung der Heiden Cornelius und Lydia Vereinigung Braut Brautigam Baum und Wasser des Lebens als Symbol der Vollendung im Masswerk himmlisches JerusalemGlocken BearbeitenDie Ausstattung der Oberhofenkirche mit Glocken litt im 17 bis 19 Jahrhundert offensichtlich unter der eingeschrankten Nutzung der Kirche Nach dem Bau der Stadtkirche dem Ende des Dreissigjahrigen Krieges und dem in Oberhofen 1650 auf herzogliche Anordnung trotz Einsturzgefahr noch gefeierten Dankfest und gottesdienst Ursprung des seitherigen Goppinger Maientags wurde 1653 die grosste Glocke an die Stadtkirche abgegeben Es verblieb nur ein reduziertes Gelaut fur die Bestattungen zumal die Turme seit starken Blitzschaden 1561 63 uber 300 Jahre lang ohnehin nur mit Notdachern versehen waren und der Sudturm zuletzt fur eine Telegraphenstation genutzt wurde Seit der Wiedergewinnung der Oberhofenkirche als Gemeindekirche 1902 ist das jetzige Gelaut von 1950 bereits das dritte innerhalb von 35 Jahren Zweimal fiel es der Kriegswirtschaft als so genannte Metallspende des deutschen Volkes fur die Rustungsindustrie zum Opfer Drei der vier bei der Stuttgarter Glockengiesserei Heinrich Kurtz gegossenen neuen Glocken konnten bereits 1950 im Nordturm in Dienst genommen werden 14 Sie haben die Tone f1 g1 b1 und damit das alte Gloria Motiv Ehre sei Gott in der Hohe zum Inhalt Ihre Inschriften lauten f1 Herr Gott du bist unsere Zuflucht fur und fur Ps 90 LUT Gewicht 950 kg g1 Der Herr lasst sich horen bis an der Welt Enden Jes 62 11 LUT Im Gedenken an Joh Gg Boehringer geb 16 1 1803 gest 24 9 1859 dem Grunder des Werkes Gebr Boehringer in Goppingen gestiftet von seinen Nachkommen 680 kg b1 Verleih uns Frieden gnadiglich Zur Erinnerung an Dr Albert Schuler 1877 1943 Maria Schuler 400 kg Literatur BearbeitenEugen Jackh Die Oberhofenkirche zu Goppingen Stuttgart 1954 1956 posthum herausgegeben mit Nachwort von Otto Remppis Kleine Kunstfuhrer fur Baden und Wurttemberg Heft 1 Silberburg Verlag Stuttgart 1956 Oberhofenkirche Goppingen Festschrift zur Wiedereinweihung am 11 Dezember 1983 Hg Evangelische Oberhofenkirchengemeinde Goppingen 1983 Manfred Reyle Oberhofenkirche Goppingen Reihe Kleiner Kunstfuhrer Band 1621 Regensburg 1986 Margit Haas Stadtkirche und Oberhofenkirche Goppingen hg Verein zur Erhaltung der Oberhofenkirche Goppingen Stuttgart 2005 Archiv und Museen der Stadt Goppingen Hg Goppinger Geschichten Von Menschen Ereignissen und Bauwerken Veroffentlichungen des Stadtarchivs Goppingen Band 44 Goppingen 2005 Einzelnachweise Bearbeiten Christian Klam Der Siegelring von Oberhofen in Neue Wurttembergische Zeitung NWZ Sudwest Presse vom 5 Januar 2013 Oberhofenkirche Goppingen Archaologie Geschichte Denkmalpflege Ausstellung des Landesdenkmalamtes Baden Wurttemberg und des Stadtarchivs Goppingen Dokumentation und Begleitprogramm Goppingen 1986 Dieter Kauss Ein Reliquienverzeichnis von Oberhofen als Zeugnis spatmittelalterlicher Frommigkeit in Hohenstaufen Veroffentlichungen des Geschichts und Altertumsvereins Goppingen e V 9 Folge Jubilaumsgabe anlasslich des 50jahrigen Bestehens Goppingen 1975 S 73 80 Digitalisat der Transkription Matthias Figel Der reformatorische Predigtgottesdienst Eine liturgiegeschichtliche Untersuchung zu den Ursprungen und Anfangen des evangelischen Gottesdienstes in Wurttemberg Epfendorf Neckar 2013 S 189 195 Liste Die Pradikaturen in Wurttemberg vor der Reformation Ulrich Zimmermann Die Predigtkirche und die Querkirche Protestantischer Kirchenbau in Wurttemberg Eine Studie zur Geschichte und Theologie des Kirchenraums und zur Entstehung zweier Kirchenbautypen Neulingen 2023 S 79 81 Kapitel 7 2 Die Pradikaturen und ihre Haufung im Raum Wurttemberg ISBN 978 3 949763 29 8 Ellen Pietrus Heinrich Dolmetsch Die Kirchenrestaurierungen des wurttembergischen Baumeisters Stuttgart 2008 Seite 241 244 Marcus Zecha Hakenkreuz an Kirchen will mir unertraglich scheinen Eugen Jackh in Mutige Christen im NS Staat Hg Marcus Zecha und Stadtarchiv und Museen der Stadt Goppingen Goppingen 2002 siehe 1 Hartmut Schafer Die archaologischen Untersuchungen in der Oberhofenkirche Goppingen in Stadt Kirche Adel Goppingen von der Stauferzeit bis ins spate Mittelalter Band 45 des Geschichts und Altertumsvereins hg von Walter Ziegler Goppingen 2006 S 170 Petra Scheible Schober und Jurgen Helmbrecht Jakob Grunenwald 1821 1896 Ein schwabischer Genremaler hg Karl Heinz Ruess Veroffentlichungen des Stadtarchivs Goppingen Band 35 Goppingen Weissenhorn 1996 Seite 137 f jetzt im Bestand des Stadt Museums Goppingen Ingrid Helber Hg Helmuth Uhrig 1906 1979 Ein christlicher Kunstler aus Wurttemberg Horb a N 2006 mit Werkverzeichnis Seit Juni 2020 in der Kunstsammlung Uhrig 2 des Klosters Kirchberg siehe Barbel Altendorf Jehle Christlich und modern in Ev Gemeindeblatt fur Wurttemberg Nr 29 2020 Stuttgart 2020 S 26 Walter M Keller Die Urkirche des Filstals Goppingens Oberhofenkirche in neuem Glanze in Schwabische Heimat Zeitschrift des Schwabischen Heimatbundes Heft 2010 2 Stuttgart 2010 Seite 165 170 Gesamtansicht des Chores und der Fenster siehe Oberhofenkirche Goppingen Weihnachten 2011 Eugen Jackh Die Oberhofenkirche zu Goppingen Stuttgart 1954 1956 posthum herausgegeben mit Nachwort von Otto Remppis Kleine Kunstfuhrer fur Baden und Wurttemberg Heft 1 Silberburg Verlag Stuttgart 1956 S 28Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Oberhofenkirche Goppingen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Website der Evangelischen Stadtkirchengemeinde Oberhofen48 705664 9 658546 Koordinaten 48 42 20 4 N 9 39 30 8 O Normdaten Geografikum GND 4288943 1 lobid OGND AKS LCCN n93047121 VIAF 138524163 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Oberhofenkirche Goppingen amp oldid 237035001