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Momente sind in Naturwissenschaften und Technik Kenngrossen einer Verteilung welche die Lage und Form dieser Verteilung beschreiben Sie werden durch Integration uber die mit einem potenzierten Abstand gewichteten Verteilung berechnet Die Aufgabe aus vorgegebenen Momenten Lage und Form der Verteilung zu ermitteln heisst Momentenproblem Momente verschiedener Art spielen wichtige Rollen in der Stochastik technischen Mechanik und Bildverarbeitung Inhaltsverzeichnis 1 Formen und Auspragungen 1 1 Geschichte und Entwicklung 1 2 Kontinuierliche und diskrete Verteilungen 1 3 Momente in mehreren Dimensionen 1 4 Wechsel des Bezugspunktes und zentrierte Momente 1 5 Momente von Vektorfeldern 1 6 Trigonometrische Momente 2 Momentenproblem 3 Beispiele aus der Mechanik 3 1 Das Kraft oder Drehmoment 3 2 Flachenmoment 3 3 Massentragheitsmoment 4 EinzelnachweiseFormen und Auspragungen BearbeitenGeschichte und Entwicklung Bearbeiten Das Konzept von Momenten hat seinen Ursprung in der Betrachtung von Kraftegleichgewichten bei Waagen Franciscus Maurolicus 1494 1575 verwendete den Begriff Momentum explizit um die Starke der drehenden Kraft zu beschreiben mit der an einem Hebelarm befestigte Gewichte auf eine Waage wirken Galileo Galilei zeigte dann 1638 dass die Starke eines solchen Moments des Gewichts dem Flacheninhalt des aus Abstand und Gewichtskraft gebildeten Rechtecks entspricht Auf Grundlage von diesem Konzept entwickelte sich der heutige abstraktere Begriff 1 Kontinuierliche und diskrete Verteilungen Bearbeiten Fur die Definition eines Momentes bei diskreten Verteilungen lasst sich als Beispiel eine Verteilung von Massenpunkten auf einer Linie betrachten Bezeichnet x i displaystyle x i nbsp den Abstand von einem Bezugspunkt und a i displaystyle alpha i nbsp die Masse der i ten Punktmasse so ist das n te Moment der i ten Punktmasse das Produkt aus Masse und der n ten Potenz des Abstandes x i n a i displaystyle x i n cdot alpha i nbsp Der Exponent n displaystyle n nbsp ist dabei eine naturliche Zahl und wird Ordnung oder Grad des Momentes genannt Um das Moment m displaystyle m nbsp der gesamten Massenverteilung zu erhalten werden die Momente aller Punktmassen addiert m n i x i n a i displaystyle m n sum i x i n alpha i nbsp Das nullte Moment ist die Gesamtmasse Das erste Moment beschreibt die Lage der Verteilung Wenn das erste Moment durch die Gesamtmasse geteilt wird was einer Normierung der Verteilung auf Eins entspricht erhalt man den Abstand des Massenmittelpunktes vom Bezugspunkt Das Moment zweiter Ordnung ist das Massentragheitsmoment siehe unten 2 Auf gleiche Art und Weise lasst sich ein Moment fur kontinuierlichen Verteilungen definieren Hier besteht die Verteilung nicht aus einzelnen Massepunkten sondern einem Korper mit kontinuierlicher Massenverteilung Diese Verteilung wird durch ihre Dichtefunktion Masse pro Langeneinheit r x displaystyle rho x nbsp charakterisiert Die Momente der Verteilung erhalt man durch Integration m n R x n r x d x displaystyle m n int mathbb R x n rho x mathrm d x nbsp Mithilfe des Lebesgue Integrals lassen sich beide Definitionen zusammenfassen um Momente fur allgemeinere durch ein Mass m displaystyle mu nbsp gegebene Verteilungen zu definieren m n R x n d m x displaystyle m n int mathbb R x n mathrm d mu x nbsp Anstelle von Massenverteilungen lassen sich Verteilungen beliebiger anderer Grossen beispielsweise Wahrscheinlichkeiten betrachten Ist X displaystyle X nbsp eine Zufallsvariable mit Wahrscheinlichkeitsverteilung m displaystyle mu nbsp so ist das n displaystyle n nbsp te Moment der Erwartungswert von X n displaystyle X n nbsp Das zentrierte zweite Moment siehe unten ist die Varianz Die Variable x displaystyle x nbsp die sich als Abweichung oder Abstand interpretieren lasst kann statt aus R displaystyle mathbb R nbsp auch aus R d displaystyle mathbb R d nbsp oder C displaystyle mathbb C nbsp gewahlt werden 3 Momente in mehreren Dimensionen Bearbeiten Bei Momenten in mehreren Dimensionen mussen die Komponenten in Richtung der Basisvektoren einzeln potenziert werden So ergibt sich in zwei Dimensionen fur das Moment p q ter Ordnung m p q x p y q d m x y displaystyle m p q int x p y q mathrm d mu x y nbsp Ein solches Moment ist somit abhangig von der Wahl der Basis sowie den einzelnen Potenzen p und q Beispielsweise bei der Berechnung von Flachenmomenten r 1 displaystyle rho 1 nbsp werden in kartesischen Koordinaten axiale und gemischte Momente unterschieden Bei axialen Momenten sind die Potenzen bis auf eine Richtung Null z B p 2 q 0 Bei gemischten Momenten auch Kreuz oder Verbundmomente genannt tragen Faktoren unterschiedlicher Richtungen bei z B p 1 q 1 4 5 Gemischte Momente sind die Deviationsmomente eines Tragheitstensors oder die Kovarianz von Zufallsvariablen Bei den polaren Momenten werden nicht Achsabstande sondern der Abstand r displaystyle r nbsp zum Ursprung also die Radialkomponente in Polarkoordinaten potenziert Wechsel des Bezugspunktes und zentrierte Momente Bearbeiten Momente vom Grad grosser als Null sind im Allgemeinen von der Lage des Bezugspunktes abhangig Zwei Momente lassen sich nur sinnvoll addieren wenn sie sich auf den gleichen Punkt beziehen Aus dem Moment m 1 displaystyle m 1 nbsp ersten Grades das sich auf den Ursprung des Koordinatensystems bezieht kann wie folgt ein Moment m 1 displaystyle m 1 nbsp bezogen auf x displaystyle x nbsp berechnet werden wobei m 0 displaystyle m 0 nbsp das nullte Moment ist m 1 R x x r x d x R x r x d x x R r x d x m 1 x m 0 displaystyle m 1 int mathbb R x x rho x mathrm d x int mathbb R x rho x mathrm d x x int mathbb R rho x mathrm d x m 1 x m 0 nbsp Der zusatzliche Term x m 0 displaystyle x m 0 nbsp wird auch als Versatzmoment bezeichnet Allgemein lasst sich mit dem binomischen Lehrsatz fur die Umrechnung von einem Moment m n displaystyle m n nbsp vom Grad n in ein Moment m n displaystyle m n nbsp bezogen auf den um x displaystyle x nbsp verschobenen Ursprung zeigen dass m n m n k 0 n 1 n k x n k m k displaystyle m n m n sum k 0 n 1 binom n k x n k m k nbsp Fur ein Moment zweiten Grades ist diese Relation als Steinerscher Satz und in der Stochastik als Verschiebungssatz bekannt Wenn alle Momente m m displaystyle m m nbsp vom Grad m lt n displaystyle m lt n nbsp Null sind so ist das Moment m n displaystyle m n nbsp unabhangig von der Wahl des Bezugspunktes So ist beispielsweise ein Drehmoment von einem Kraftepaar unabhangig von der Wahl des Bezugspunktes da die Summe aller Krafte Null ist Um Vergleichbarkeit herzustellen wird der Bezugspunkt haufig so gewahlt dass das erste Moment Null ist Ein solches Moment wird zentral oder zentriert genannt Es bezieht sich dann auf den Mittelpunkt der Verteilung beispielsweise den Erwartungswert oder Schwerpunkt Das n te zentrierte Moment berechnet sich durch m n R x m 1 m 0 n r x d x displaystyle bar m n int mathbb R left x frac m 1 m 0 right n rho x mathrm d x nbsp wobei m 0 displaystyle m 0 nbsp das nullte Moment und m 1 displaystyle m 1 nbsp das erste nicht zentrierte Moment bedeutet Momente von Vektorfeldern Bearbeiten nbsp Vektorielle Berechnung eines Moments Die Richtung des Moments zeigt senkrecht aus der Papierebene heraus In der Physik gibt es haufig vektorwertige Grossen Sie haben neben ihrem Betrag auch eine Richtung Einer Verteilung einer vektorwertigen Grosse im Raum also einem Vektorfeld r r displaystyle vec rho vec r nbsp lassen sich ebenfalls Momente zuordnen Eine solche Grosse ist beispielsweise das Drehmoment r displaystyle vec rho nbsp ist hierbei die Kraft Verteilung das magnetische Moment r displaystyle vec rho nbsp ist hierbei die Stromdichte Verteilung oder der Drehimpuls fruher auch Impulsmoment genannt r displaystyle vec rho nbsp ist hierbei die Impuls Verteilung Fur ein Vektorfeld r r displaystyle vec rho vec r nbsp ist das Moment erster Ordnung ein Vektor der durch das Integral uber das Kreuzprodukt r r r displaystyle vec r times vec rho vec r nbsp gegeben ist m 1 r r r d 3 r displaystyle vec m 1 int vec r times vec rho vec r mathrm d 3 r nbsp Wenn die Komponente eines Moments bezuglich einer bestimmten Richtung zu berechnen ist sind immer nur die Anteile der Vektoren des Vektorfelds zu verwenden die orthogonal zu dieser Richtung sind Wahlt man ein kartesisches Koordinatensystem so ist beispielsweise die z Komponente des Moments durch die Dichten r x r displaystyle rho x vec r nbsp und r y r displaystyle rho y vec r nbsp zu berechnen Trigonometrische Momente Bearbeiten Hat m displaystyle mu nbsp lediglich eine Winkelabhangigkeit so lasst sich ein trigonometrisches Moment definieren 6 Dazu wahlt man x e i 8 displaystyle x e mathrm i theta nbsp aus den komplexen Zahlen und erhalt m n 0 2 p e i 8 n d m 8 displaystyle m n int 0 2 pi e mathrm i theta n mathrm d mu theta nbsp Momentenproblem Bearbeiten Hauptartikel Momentenproblem Das Momentenproblem ist ein klassisches Problem der Analysis Statt aus einer Verteilung die Momente zu berechnen sollen aus einer gegebenen Folge von Momenten m n displaystyle m n nbsp Ruckschlusse auf eine mogliche Verteilung m displaystyle mu nbsp gezogen werden Beispiele aus der Mechanik BearbeitenDas Kraft oder Drehmoment Bearbeiten Das Drehmoment ist das Produkt aus Kraft und Hebelarm Es ist das in der Technik am haufigsten vorkommende Moment Das Wort Moment wird daher vielfach als Abkurzung oder als Synonym fur Drehmoment gebraucht 7 8 9 Fur spezielle Drehmomente werden zusammengesetzte Begriffe mit Namensteil moment aber ohne Dreh gebraucht Beispiele sind Antriebsmoment Lastmoment Biegemoment und Torsionsmoment Wirken mehrere Krafte so lassen sich diese zu einem Drehmoment oder einer resultierenden Kraft mit resultierendem Hebelarm zusammenfassen 10 Auch linear Linienkraft oder flachig Flachendruck verteilte Krafte lassen sich so zusammenfassen Flachenmoment Bearbeiten Ebenfalls haufig verwendete Momente sind die Flachenmomente Um ein Flachenmoment der Flache A R 2 displaystyle A subset mathbb R 2 nbsp zu bestimmen wahlt man fur r displaystyle rho nbsp die charakteristische Funktion der Flache r R 2 0 1 r 1 falls r A 0 sonst displaystyle rho colon mathbb R 2 to 0 1 r mapsto begin cases 1 amp text falls r in A 0 amp text sonst end cases nbsp Das nullte Flachenmoment ist der Flacheninhalt Teilt man die Momente durch den Flacheninhalt erhalt man als erstes Flachenmoment den Schwerpunkt der Flache Das zentrierte Flachenmoment zweiten Grades ist das Flachentragheitsmoment das als Kenngrosse fur Querschnitte von Balken bei deren Festigkeits und Verformungsberechnung dient 11 nbsp Das Dreieck in der xy EbeneAls Beispiel wird ein Dreieck in der xy Koordinatenebene betrachtet das durch die Geraden x 4 y 0 und y x 2 begrenzt ist Der Flacheninhalt ist m 0 0 d x d y x 0 y 0 r x y 0 4 d x 0 x 2 d y 4 displaystyle m 0 0 int infty infty mathrm d x int infty infty mathrm d y x 0 y 0 rho x y int 0 4 mathrm d x int 0 x 2 mathrm d y 4 nbsp Die x Koordinate des Schwerpunkts ist S x m 1 0 m 0 0 1 4 d x d y x 1 y 0 r x y 1 4 0 4 d x 0 x 2 d y x 8 3 displaystyle S x frac m 1 0 m 0 0 frac 1 4 int infty infty mathrm d x int infty infty mathrm d y x 1 y 0 rho x y frac 1 4 int 0 4 mathrm d x int 0 x 2 mathrm d y x frac 8 3 nbsp Das axiale Flachentragheitsmoment um die y Achse berechnet sich aus dem Quadrat des x Abstandes zum Schwerpunkt I y m 2 0 0 4 d x 0 x 2 d y x S x 2 32 9 displaystyle I y bar m 2 0 int 0 4 mathrm d x int 0 x 2 mathrm d y x S x 2 frac 32 9 nbsp Massentragheitsmoment Bearbeiten nbsp ZylinderDas Massen Tragheitsmoment J displaystyle J nbsp eines Korpers ist auf eine bestimmte Rotationsachse bezogen Es gibt an wie stark sich der Korper einer Drehbeschleunigung widersetzt Das Tragheitsmoment ist ein Moment zweiten Gerades in Zylinderkoordinaten bei dem der Abstand zur Rotationsachse r displaystyle r nbsp quadriert wird Es berechnet sich durch Integration uber eine Massenverteilung d m r d V displaystyle mathrm d mu rho mathrm d V nbsp wobei r displaystyle rho nbsp die Massendichte Masse pro Volumen des Volumenelementes d V displaystyle mathrm d V nbsp ist Als Beispiel wird ein homogener Zylinder mit konstanter Dichte r 0 displaystyle rho 0 nbsp Radius R displaystyle R nbsp Hohe h displaystyle h nbsp und der Masse m Z r 0 p R 2 h displaystyle m Z rho 0 pi R 2 h nbsp betrachtet Das Tragheitsmoment dieses Zylinders fur eine Rotation um die z Achse ist dann gegeben durch das Integral J R 3 d V r 2 r r ϕ z r 0 0 2 p d ϕ 0 h d z 0 R d r r 3 r 0 p h R 4 2 1 2 m Z R 2 displaystyle J int mathbb R 3 mathrm d V r 2 rho r phi z rho 0 int 0 2 pi mathrm d phi int 0 h mathrm d z int 0 R mathrm d r r 3 frac rho 0 pi hR 4 2 frac 1 2 m Z R 2 nbsp Einzelnachweise Bearbeiten John J Roche The Mathematics of Measurement A Critical History Springer 1998 ISBN 0 387 91581 8 S 98 ff eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Vladimir I Smirnov Lehrgang der hoheren Mathematik Teil 2 Harri Deutsch Verlag 1990 ISBN 3 8171 1298 X S 198 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Palle E T Jorgensen Keri A Kornelson Karen L Shuman Iterated Function Systems Moments and Transformations of Infinite Matrices Memoirs of the American Mathematical Society American Mathematical Society 2011 ISBN 0 8218 8248 1 S 2 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Volker Lapple Einfuhrung in die Festigkeitslehre Springer 2011 ISBN 3 8348 1605 1 S 171 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Analysis of Binary Images University of Edinburgh N I Fisher Statistical Analysis of Circular Data Cambridge University Press 1995 ISBN 0 521 56890 0 S 41 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Wolfgang Demtroder Experimentalphysik 1 Mechanik und Warme Springer DE 2008 ISBN 978 3 540 79295 6 S 67 google com abgerufen am 20 Juli 2013 Lev D Landau Mechanik Harri Deutsch Verlag 1997 ISBN 978 3 8171 1326 2 S 133 google com abgerufen am 20 Juli 2013 Dubbel Taschenbuch fur den Maschinenbau Kapitel B Mechanik Kinematik Abschnitte 1 1 und 3 1 Lothar Papula Mathematik fur Ingenieure und Naturwissenschaftler 1 2007 ISBN 978 3 8348 0224 8 S 536 Statisches Moment einer Kraft Wolfgang Brauch Hans Joachim Dreyer Wolfhart Haacke Mathematik fur Ingenieure 11 Auflage Teubner 2006 ISBN 3 8351 0073 4 S 372 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Moment Integration amp oldid 233916777