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Die Michaeliskirche in Tallinn estnisch Tallinna Rootsi Mihkli kirik ist eine evangelisch lutherische Kirche in der Ritterstrasse estnisch Ruutli tanav in der Tallinner Altstadt Sie gehort der estlandschwedischen Gemeinde estnisch Tallinna Rootsi Mihkli kogudus wird aber auch von den deutschsprachigen und finnischen lutherischen Gemeinden mitgenutzt Dank ihrer guten Akustik wird sie auch fur Konzerte verwendet Michaeliskirche Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Bau und Ausstattung 2 1 Altar 2 2 Kanzel 2 3 Ehemalige Ausstattung 3 Orgeln 4 Kirchenmuseum 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAn der Stelle der heutigen Kirche befand sich im Mittelalter ein Heilig Geist Hospital der Johanniter fur das mehrere Kaufmannshauser zusammengefasst worden waren Nach Einfuhrung der Reformation in der Stadt 1525 wurden die Bauten als neues Siechenhaus 1526 bis 1531 neu aufgefuhrt nbsp Die Klosterkirche des Michaelisklosters heute Kathedrale der Verklarung des HerrnAnsiedlungen von Schweden 1 sind in Tallinn seit dem Mittelalter bezeugt aber erst nach Einfuhrung der Reformation als die Predigt in der jeweiligen Muttersprache in den Mittelpunkt des Gottesdienstes ruckte ist 1531 der erste schwedische Priester erwahnt der in jenem Jahr starb Einer seiner Nachfolger Hermannus Gronau 2 ein Schuler Luthers predigte ab 1553 in der Kirche des Zisterzienserinnenklosters St Michael das in ein Damenstift fur adlige junge Madchen umgewandelt wurde Als Estland 1561 unter die schwedische Krone kam vervielfachte sich die schwedische Bevolkerung innerhalb kurzer Zeit Am Tallinner Dom auf dem Domberg der damals eine eigene Stadt bildete wurde eine zweite schwedische Gemeinde gegrundet Im Jahr 1631 liess Gustav II Adolf im ehemaligen Michaeliskloster das erste Gymnasium Estlands einrichten das heutige Gustav Adolf Gymnasium 3 Die Klosterkirche wurde nunmehr offiziell der schwedischen Gemeinde ubereignet zu der auch die Soldaten der Garnison gehorten Durch die schwedische Niederlage im Grossen Nordischen Krieg fiel Tallinn 1710 an das Russische Reich Durch Abwanderung vieler Schweden schrumpfte die Gemeinde in der Folgezeit 1716 ubereignete der russische Gouverneur Alexander Menschikow die bisherige schwedische lutherische Kirche im Michaeliskloster der russisch orthodoxen Kirche deren einzige Kirche in Tallinn sie bis zur Fertigstellung der Alexander Newski Kathedrale im Jahr 1900 war Seit 1923 und wieder seit 1993 gehort die ehemalige Klosterkirche als Kathedrale der Verklarung des Herrn der Estnischen Apostolischen Orthodoxen Kirche 4 Der enteigneten schwedischen Gemeinde wurde nach mehrjahrigem Prozess 1731 das Johanniter Hospital uberlassen 5 dessen grosse Halle nach einem Umbau des Komplexes am Michaelistag 1733 als neue Michaeliskirche eingeweiht wurde Die Gemeinde erhielt auch ihre Kirchenausstattung zuruck die in der neuen Kirche aufgestellt wurde 3 nbsp Innenraum der Kirche 2015 Die erste estnischen Unabhangigkeit brachte ab 1920 auch kulturelle Autonomie fur die Minderheiten Die schwedische Gemeinde wuchs wieder auf etwa 1200 Mitglieder In den gemeindlichen Raumen grundeten die Estlandschweden eine schwedische Volksschule und einen Kulturverein und gaben eine Zeitschrift heraus Durch die russische und deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg seit 1941 kam das Gemeindeleben zum Erliegen Das Pastorat das die Schule und das Archiv der schwedischen Gemeinde beherbergte wurde durch den russischen Bombenangriff auf Tallinn am 9 Marz 1944 zerstort In der schwerbeschadigten Kirche durfte nun auch die verbliebene deutsche Gemeinde der nahegelegenen Nikolaikirche ihre Gottesdienste feiern Bis auf etwa zweihundert Menschen verliessen die meisten Gemeindeglieder am 20 September 1944 das Land 3 In der Sowjetzeit wurde die Kirche enteignet da die verbliebenen Estlandschweden keine Zulassung als Kirchengemeinde erhielten Das Inventar wurde an verschiedene Museen verteilt teilweise aber auch gestohlen die Bucher verbrannt Fast funfzig Jahre lang war die Kirche als Sporthalle zweckentfremdet 5 In dieser Zeit fanden keinerlei Renovierungsarbeiten an dem Gebaude statt nbsp Eingangstur der Michaeliskirche1990 wurde die estlandschwedische Gemeinde als Svenska S t Mikaels forsamlingen i Tallinn neu gegrundet Die Gottesdienste fanden zunachst gastweise in der in den 1970er Jahren aus dem ehemals estlandschwedischen Dorf Sutlepa ins Estlandische Freilichtmuseum umgesetzten holzernen Kapelle statt ehe am 15 Mai 1992 in Anwesenheit des Konigspaares Carl XVI Gustaf und Silvia von Schweden die Michaeliskirche der Gemeinde zuruckgegeben wurde 5 Am 15 November 1992 konnte in der damals noch als Sporthalle verwendeten Michaeliskirche der erste Gottesdienst gefeiert werden Nach der Ruckgabe des durch jahrzehntelange Vernachlassigung verfallenen Gebaudes im folgenden Jahr wurde die Kirche mit Hilfe der Stiftung des Kirchenfonds der Skt Michaeliskirche und des Vereins Freunde der Skt Michaeliskirche in Tallinn bis 2000 renoviert 3 Mitte der 1990er Jahre wurden die Kirche und die teilweise zuruckgekehrte originale Kirchenausstattung in die estnische Denkmalliste aufgenommen Bau und Ausstattung BearbeitenDer Gebaudekomplex besteht aus einem eingeschossigen Hauptgebaude mit hohem zweiteiligem Walmdach und einem etwas niedrigeren zweigeschossigen Nebengebaude mit separatem Dach Fur die Nutzung als Kirche mit den dazugehorigen Wohnungen fur Pastor und Kuster und einen Schulraum wurde der Komplex im 17 Jahrhundert umgebaut Der ungewohnlich niedrige Kirchsaal im Hauptgebaude ist eine 36 15 Meter grosse zweischiffige von kuppelartigen Gewolben gedeckte spatgotische Halle die ursprunglich Krankensaal des Siechenhauses war Da er nicht als Kirche gebaut wurde ist er auch nicht geostet Der Altar steht an der Nordseite des sudlichsten Mittelpfeilers In den Nischen an der Aussenmauer in denen heute Skulpturen der Kreuzwegstationen aufgestellt sind befanden sich Lagerstatten fur die Kranken An den Seitenwanden hangen verschiedene Gemalde aus dem 18 bis 20 Jahrhundert die Altarbilder in entweder zerstorten oder spater aufgegebenen Kirchen in Estland und Schwesten waren nbsp Altar und OrgelAltar Bearbeiten Zur Ausstattung gehort ein barocker Altar den Joachim Armbrust 1697 fur die damalige schwedische Pfarrkirche im Michaelkloster herstellte Das Altargemalde zeigt das letzte Abendmahl Jesu Der Aufbau ist von einem Pelikan gekront der in der christlichen Ikonographie als Symbol fur Jesus Christus gilt Nach der Beschlagnahme dieser Kirche wurde das Altarretabel 1716 in die vom Krieg verwustete Johanneskirche in Tartu verbracht von wo aus es 1733 in die neue Michaeliskirche kam Das Altargemalde das das letzte Abendmahl Jesu darstellt stiftete der deutschsprachigen Inschrift zufolge 1794 der Burgermeister Johann Friedrich Pauly Es ersetzte das ursprungliche Altarbild das verloren ging Nach der Auflosung der Gemeinde in den 1940er Jahren wurde der holzerne Rahmen des Altars in der Pferdemuhle eingelagert wahrend das Altarbild verkauft wurde 5 Das Retabel wurde mit einem Loch statt mit einem Bild in der Mitte 1971 der Kirche von Marjamaa uberlassen deren Altar im Zweiten Weltkrieg zerstort worden war 6 Das Altarbild befand sich bis zur Ruckgabe 2001 in Privatbesitz 7 Nach der Renovierung kehrte das jetzt wieder vollstandige Retabel im Jahr 2001 in die Michaeliskirche zuruck Kanzel Bearbeiten nbsp Kanzel 2013 Die Kanzel wird Christian Ackermann zugeschrieben der u a auch die Kanzel im Tallinner Dom schuf und als sein letztes um 1707 geschaffenes Werk bezeichnet Allerdings renovierte er hier nur eine altere Kanzel des Schnitzers Ludert Heissmann von 1632 und ersetzte dabei die alteren als Hochreliefs gearbeiteten Figuren an der Brustung durch die Schnitzfiguren von Jesus als Salvator Mundi und vier Aposteln ausserdem schuf er die Tragerfigur des Mose mit den Gesetzestafeln Das Bildprogramm wird dadurch gestort dass uber der Kanzeltur und auf dem Schalldeckel ein zweites Mal der Salvator und einige Apostel erscheinen Moglicherweise sind es die 1632 von Heissmann geschnitzten Figuren die Ackermann umsetzte 8 Auch die Kanzel befand sich zwischenzeitlich in der Kirche von Marjamaa ehe sie 1979 im Magazin des Kunstmuseums eingelagert wurde 5 Die Stutzfigur wurde 1983 aus dem Museum gestohlen Die Diebe entfernten die farbige Fassung vermutlich um die Statue so leichter verkaufen zu konnen 2014 kam die nun holzsichtige Figur wieder zum Vorschein als ein Kunsthandler sie schatzen lassen wollte 5 Sie wurde als die vermisste Mose Figur erkannt und an ihrem alten Platz unter der Kanzel in der Michaeliskirche erneut aufgestellt Die ursprungliche Fassung wurde nicht wiederhergestellt 9 Ehemalige Ausstattung Bearbeiten Wahrend die Kanzel in die Kirche zuruckkehrte befindet sich das moglicherweise ebenfalls von Ackermann um 1680 fur die Michaeliskirche geschaffene Baptisterium das aus Taufbecken Deckel mit einer Darstellung der Taufe Jesu in der Laterne und einer achteckigen Umfassung der Taufkammer besteht 10 im Museum in der Nikolaikirche nbsp Taufanlage von Christian AckermannIn der Kirche befanden sich vor 1944 mehrere Votivschiffe die von Soldaten der Roten Armee gestohlen wurden Eins dieser Schiffe die Maria Christina von 1747 wurde 1952 zuruckgegeben und zunachst im Stadtmuseum Kiek in de Kok ausgestellt und befindet sich seit 1981 im Estnischen Seefahrtsmuseum im ehemaligen Kanonenturm Dicke Margarethe In der Kirche befindet sich eine 1996 angefertigte Kopie 5 Orgeln BearbeitenDie erste Orgel der Michaeliskirche baute 1813 Johann Andreas Stein Er verwendete dafur Pfeifen und eine Windlade aus dem 17 Jahrhundert bei denen es sich vermutlich um die altesten erhaltenen Orgelteile in Estland handelt Diese Orgel wurde 1850 von Gustav Normann umgebaut und 1895 in die Dellingshausen Kapelle in Kasmu umgesetzt 11 Die Stein Orgel wurde durch eine Mitte des 19 Jahrhunderts von Carl August Tanton gebaute Orgel ersetzt Dieses Instrument wurde nach Auflosung der Kirchengemeinde in den 1940er Jahren abgebaut auseinandergenommen und die Pfeifen in andere Orgeln eingebaut Nach der Neugrundung der Gemeinde und Renovierung der Kirche erhielt diese 2000 eine in den 1950er Jahren von Akermann amp Lund fur die Kirche in Taby geschaffene Orgel 12 geschenkt die neben dem Altar aufgebaut ist 13 Kirchenmuseum BearbeitenIm mittelalterlichen Keller befindet sich seit 2006 das Kirchenmuseum 14 uber die Geschichte der Estlandschweden Es zeigt Einrichtungsstucke schwedischer Kirchen wie die von Elert Thiele geschaffene Kanzel der Kirche von Hullo auf Vormsi schwedisch Ormso aber auch Modelle der Schiffe mit denen die Schweden im Zweiten Weltkrieg aus Estland flohen 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Michaeliskirche Tallinn Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Homepage der schwedischen Kirchengemeinde Abgerufen am 26 Juni 2023 1216 Tallinna Uue seegi hooned 16 18 saj Tallinn neue Siechenhaus 16 18 Jahrhundert In register muinas ee Abgerufen am 26 Juni 2023 estnisch Schwedische St Michaeliskirche In visitestonia com Abgerufen am 26 Juni 2023 Einzelnachweise Bearbeiten Estlandschweden In Homepage der schwedischen Kirchengemeinde Abgerufen am 26 Juni 2023 Zu ihm siehe Hugo Richard Paucker Ehstlands Geistlichkeit in geordneter Zeit und Reihefolge Reval 1859 S 371 a b c d Geschichte In Homepage der schwedischen Kirchengemeinde Abgerufen am 26 Juni 2023 Geschichte der Kirche In rundfunk evangelisch de 17 Mai 2017 abgerufen am 26 Juni 2023 a b c d e f g h Svenska S t Mikaelskyrkan i Tallinn Estland Abgerufen am 27 Juni 2023 schwedisch 6005 Altar J Armbrust 17 18 saj puit polukroomia In register muinas ee Abgerufen am 26 Juni 2023 estnisch 27199 Altarimaal Puha ohtusoomaaeg 18 saj oli louend In register muinas ee Abgerufen am 26 Juni 2023 estnisch Pulpit of Tallinn s Swedish St Michael s Church Abgerufen am 26 Juni 2023 Moses without polychromy Abgerufen am 26 Juni 2023 Did Christian Ackermann make the baptismal chamber of Tallinn s Swedish St Michael s Church Abgerufen am 26 Juni 2023 Orgel in Kasmu In Orgeldatabank Abgerufen am 26 Juni 2023 niederlandisch Tallinn Estland Harju maakond Svenska Sankt Mikaelskyrkan Rootsi Mihkli Kirik In Orgeldatabank Abgerufen am 26 Juni 2023 Orgel In Homepage der schwedischen Kirchengemeinde Abgerufen am 26 Juni 2023 Kirchenmuseum der estlandischen Schweden In Homepage der schwedischen Kirchengemeinde Abgerufen am 26 Juni 2023 59 434985 24 742322 Koordinaten 59 26 5 9 N 24 44 32 4 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Michaeliskirche Tallinn amp oldid 235551530