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Als Estlandschweden oder Kustenschweden estnisch eestirootslased oder rannarootslased schwedisch aibofolk oder eibofolke bezeichnet man diejenigen ethnischen Schweden die bis 1944 an der estnischen Westkuste und auf den estnischen Ostseeinseln Aiboland beheimatet waren Die Estlandschwedin Maria Murman 9 Marz 1911 3 Februar 2004 spielt auf einer Kastenzither kannel und singt die alte Melodie Du hemmets jord Du Heimaterde auf ihrer Heimatinsel Ormso in Estland 1993 Inhaltsverzeichnis 1 Besiedelung 2 Kultur 3 Autonomie 4 Zweiter Weltkrieg 5 Heutiges Estland 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksBesiedelung Bearbeiten nbsp Karte Aibolands von 1930 Rot markiert sind die estlandschwedischen Siedlungen Spatestens Ende des 13 Jahrhunderts siedelten sich im Zuge der Christianisierung des Nord Baltikums Skandinavier an der Westkuste und auf den Inseln des heutigen Estland an 1294 wird die Volksgruppe in einem Dokument des Bischofs von Saare Laane deutsch Osel Wiek erstmals erwahnt Ab 1561 kam Estland unter schwedische Herrschaft Haupterwerbsquelle der freien Schweden waren bis in die Neuzeit der Fischfang sowie Viehzucht und Landwirtschaft Dazu kamen vor allem auf der Insel Ruhnu die Jagd auf Robben und in jungerer Zeit die Tatigkeit als Matrosen oder Kapitane Regionale Schwerpunkte der Besiedelung waren der heutige Kreis Laane mit den Zentren Noarootsi schwedisch Nucko und Haapsalu schwedisch Hapsal sowie die Inseln Ruhnu schwedisch Runo Vormsi schwedisch Ormso Osmussaar schwedisch Odensholm Naissaar schwedisch Nargo und Pakri schwedisch Rago Auf Saaremaa schwedisch Osel ging die schwedische Bevolkerung bereits im 17 Jahrhundert zuruck auf Hiiumaa schwedisch Dago fuhrten im 18 Jahrhundert Streitigkeiten mit den neuen russischen Oberherren zu einer Auswanderungswelle 1782 grundeten Umsiedler in der heutigen Sudukraine die Siedlung Gammalsvenskby Werbiwka Staroschwedske deutsch Altschwedendorf Dort leben auch heute noch Einwohner estlandschwedischer Herkunft Die Kustenschweden waren meist einfache Leute Das schwedische Bildungsburgertum bekannte sich oftmals zum Deutschtum der damals fuhrenden Kulturschicht in Estland Kultur BearbeitenDie Sprache der Kustenschweden blieb bis in die Neuzeit erhalten Sie war ein altertumlich anmutender schwedischer Dialekt das Estlandschwedische der aber auch von anderen Schweden verstanden wurde Skandinavische Traditionen hatten sich bei den Kustenschweden uber die Jahrhunderte bewahrt Besondere Brauche betrafen vor allem das Weihnachtsfest und Hochzeiten Auch die althergebrachten Volkstrachten blieben bis in die Neuzeit in Gebrauch Bis Anfang des 20 Jahrhunderts war die Streichleier talharpa ein beliebtes Begleitinstrument von Volkstanzen und ein Bestandteil der Hochzeitszeremonie Autonomie BearbeitenMit der Russifizierung Est und Livlands Ende des 19 Jahrhunderts wuchs die nationale Selbstbesinnung der Kustenschweden 1909 wurde der Schwedische Bildungsverein estnisch Rootsi Hariduse Selts schwedisch Svenska Odlingens Vanner i Estland gegrundet Wahrend der Unabhangigkeit Estlands von 1918 bis 1940 blieben die meisten Schweden im Land Das Minderheitengesetz von 1925 eines der fortschrittlichsten der damaligen Zeit sicherte ihnen weitgehende kulturelle und politische Rechte zu Die Kustenschweden betrieben 19 Volksschulen sowie ein Gymnasium in Haapsalu und gaben die Zeitung Kustbon heraus Der Schwedische Volksbund estnisch Rootsi Rahvaliit war im estnischen Parlament vertreten In der Zwischenkriegszeit bekannten sich etwa neuntausend Personen zur schwedischen Minderheit Zweiter Weltkrieg BearbeitenMit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und der drohenden sowjetischen Besetzung Estlands verschlechterten sich die Lebensbedingungen dramatisch 1940 verboten die sowjetischen Behorden den Schwedischen Bildungsverein und begannen mit der Umsiedlung der Schweden von den Inseln 1943 und 1944 fluchteten mit Hilfe des Roten Kreuzes fast alle Angehorigen der schwedischen Volksgruppe in Estland nach Schweden Die jahrhundertealte Kultur der Kustenschweden war damit erloschen Siehe auch BaltenauslieferungHeutiges Estland BearbeitenBei einer Volkszahlung im Jahr 1989 zahlte man noch knapp 300 Schweden in Estland 1 Mit der Wiedererlangung der Unabhangigkeit 1991 wurde in Estland an die Traditionen der Vorkriegszeit angeknupft Die Einrichtung eines Museums der Kustenschweden 1992 in Haapsalu die Wiedergrundung des Schwedischen Bildungsvereins 2005 sowie zahlreiche Besuche unter anderem des schwedischen Konigs Gemeinde Schul und Kirchenpartnerschaften tragen dazu bei In der Sowjetzeit verstaatlichter Grundbesitz wurde restituiert darunter auch die Michaeliskirche in Tallinn Die Ortsschilder im Kreis Laane sind teilweise zweisprachig estnisch und schwedisch beschriftet Literatur BearbeitenKarl Friedrich Wilhelm Russwurm Eibofolke oder die Schweden an der Kuste Esthlands und auf Runo eine ethnographische Untersuchung mit Urkunden Tabellen und lithographirten Beilagen Reval 1855 E Text Einzelnachweise Bearbeiten Estonian Institute Estonian Swedes Memento vom 22 Juli 2012 im Internet Archive englisch Weblinks BearbeitenLaanemaa Muuseum in Haapsalu estnisch und englisch Museum der Kustenschweden in Haapsalu estnisch und schwedisch Internetseite der Schwedischen St Michaels Kirchengemeinde in Tallinn estnisch schwedisch deutsch mit dem Bericht Estonian Swedes englisch Sigrid Rausing Minority report the plight of Estonia s ethnic Swedes In New Statesman 19 Dezember 2014 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Estlandschweden amp oldid 234982891