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Der Liedberger Sandstein ist ein miozaner quarzitischer Sandstein der am Niederrhein seit der Romerzeit als Naturwerkstein verwendet wurde Der Sandstein wurde an der Quarzitkuppe Liedberg einem durch die Erosion isolierten etwa 30 Meter hohen Bergrucken in Liedberg heute Stadtteil von Korschenbroich in der Niederrheinischen Bucht abgebaut Liedberger SandsteinHaupteigenschaftenGruppe SedimentitUntergruppe QuarzsandsteinVorkommen Liedberg bei KorschenbroichFarbe weissgrauVerwendung Werkstein SkulpturenHandelsnamen Liedberger QuarzitAbbaussituation ruhender AbbauEinteilung in Hart und Weichgestein WeichgesteinAlter MiozanReferenzbeispiel Schloss Liedberg St Andreas Korschenbroich Besondere Kennzeichen Einlagerung von unverfestigten Gesteinspartien Inhaltsverzeichnis 1 Geologie 2 Geschichte des Abbaus 3 Verwendung 4 Literatur 5 AnmerkungenGeologie Bearbeiten nbsp Der Liedberg von SudwestenAusgangsmaterial zur Bildung der Liedberg Sandsteine war unverfestigter quarzreicher Sand der im Miozan im Kustenbereich eines Flachmeeres vor dem sudlich davor gelegenen Festland in der heutigen Niederrheinischen Bucht abgelagert wurde Die tropischen Klimaverhaltnisse am Ende des Tertiars bedingten durch eindringendes Niederschlagswasser eine oberflachennahe Losung von Quarz aus den miozanzeitlichen Sanden In tieferen Bodenschichten wurden anschliessend die kieselsaurehaltigen Losungen wieder ausgefallt und fuhrten zu einer zum Teil schichtweisen partiellen Verkieselung der Sandablagerungen Derartige Bildungen werden als Tertiarquarzite bezeichnet und sind lokal in Verbreitungsgebieten alterer Sandablagerungen zu finden Uberlagert werden die Sandsteine durch drei bis zwolf Meter machtige Kieseloolith Ablagerungen des hochsten Miozan 1 Aufgrund der hoheren Verwitterungsresistenz hielten die verkieselten Gesteinspartien der Erosion im Verlauf der Erdgeschichte stand und bildeten Hartlinge aus Heute steht der 700 Meter lange und 300 bis 400 Meter breite Zeugenberg unter Naturschutz 2 und ist aufgrund seiner geowissenschaftlichen Bedeutung als geologisch schutzenswertes Objekt eingetragen 3 Die oberste schwach gebundene Sandsteinschicht ist 2 5 bis 3 5 Meter machtig und nicht fur Bauzwecke geeignet und wurde in der alteren Literatur deshalb als Falscher Stein bezeichnet Unterlagert wird diese Schicht durch die so genannte Hausteinlage die bis zu 6 m machtig ausgebildet ist und Gegenstand des Abbaus war der zum Teil unter Tage erfolgte Der weisslichgraue mehr oder weniger verfestigte Sandstein ist partiell durch hellgelbe Lagen geringerer Festigkeit durchzogen Im Liegenden der Hausteinlage ist ein bis zu 1 5 Meter machtiger stark verkieselter graulichweisser Sandstein Klinkert zu finden der aufgrund seiner Sprodigkeit lediglich fur den Strassenbau Verwendung fand 4 Die darunter liegenden unverkieselten weissen Quarzsande wurden in den vergangenen Jahrhunderten als Stubensand genutzt Geschichte des Abbaus Bearbeiten nbsp Muhlenturm LiedbergArchaologische Funde am Fuss des Liedbergs deuten auf Werkzeuge aus der fruhen Altsteinzeit mit denen Bruchstucke aus quarzitischem Sandstein bearbeitet wurden Weiterhin wurden Faustkeile und Klingen gefunden die eindeutig in die spatere Altsteinzeit datiert werden konnen Es handelt sich dabei um Gerate des Neandertalmenschen der vor mehr als 30 000 Jahren lebte 5 Ein systematischer Abbau des Quarzits erfolgte unter den Romern die im benachbarten Neuss lateinisch Novaesium ein steinernes Legionslager betrieben und Material zum Bau von Profan und Kultbauten benotigten Wegen des gunstigeren Schifftransports uber den Rhein wurden in Neuss jedoch vorwiegend Tuffsteine und Grauwacken von Mittelrhein und Mosel verwendet Der Liedberg Quarzit kam vermehrt bei den Siedlungen und Landhausern Villa rustica im Umland zum Einsatz bei denen das harte Baumaterial fur solide und haltbare Fundamentmauern gebraucht wurde 6 Auch die am linken Niederrhein angesiedelten germanischen Stamme der Ubier ubernahmen im Verlauf der Romanisierung diese romische Technik des Fundamentbaus 6 Durch Liedberg verlief eine alte Romerstrasse die von Neuss am Rhein bis nach Linne an der Maas in die heutigen Niederlande fuhrte Uber diese Verbindung und vermutlich mit kleinen Booten uber die Niers 7 wurde das Baumaterial nach Westen und Nordwesten transportiert nbsp Schloss Liedberg Restaurierung 2014 Beim Abbau des Sandsteins setzten die Romer eine spezielle Technik ein um einzelne Sandsteinblocke zu gewinnen Zunachst wurden in einem spitzen Winkel rillenformige Vertiefungen in den Stein getrieben Mit Keilen konnte dann der Sandsteinblock in der benotigten Grosse herausgetrennt werden In der Region gefundene romische Sandsteine weisen deshalb teilweise typische Keiltaschen auf mit denen die Zeitepoche ihrer Herstellung bestimmt werden kann 6 Die bei Bauwerken aus dem Hochmittelalter gefundenen Werksteine aus Liedberger Sandstein zum Beispiel im Monchengladbacher Munster stammen ursprunglich aus der antiken Romerzeit und sind als sogenannte Spolien bzw Sekundarrohstoffe zweitverwendet worden 7 Erste Nachweise fur einen nachantiken Abbau des Liedberg Quarzits im Spatmittelalter ergeben sich aus dem Bau des Liedberger Muhlenturms der als Bergfried aus Sandsteinquadern errichtet wurde 8 Sandstein war der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Handwerker und Gewerbetreibende in den Ort zog und Liedberg zu einem uberregional wichtigen Brennpunkt gewerblichen Schaffens machte 9 Die Sandgewinnung in Liedberg wurde ab 1400 ein bedeutender Wirtschaftsfaktor Der uberaus reine und dadurch wertvolle Quarzsand wurde fur die Glasherstellung abgebaut 10 Ab 1700 wurde der Liedberger Sand als Stubensand fur die Hauser im Umland gewonnen Die Liedberger Sankbuurȩ 11 kamen in dieser Zeit zu einem erheblichen Wohlstand Im Jahre 1861 soll die Sandgewinnung 36 Arbeiter und 203 Familienangehorige in Liedberg ernahrt haben 12 Uber die Jahrhunderte fand der Abbau sowohl in Steinbruchen am Sudhang des Liedbergs statt als auch im Untertagebau in Schachten und Stollen die unterhalb des Schlosses in den Berg getrieben wurden Der eigentliche gewerbliche Sandsteinabbau wurde etwa Mitte des 19 Jahrhunderts aus Rentabilitatsgrunden beendet in dieser Zeit wurden die letzten Verpachtungen beurkundet 10 Der Sandsteinabbau hat jedoch noch bis in das 20 Jahrhundert angehalten Die Liedberger Pfarrkirche St Georg wurde aus Sandstein gebaut und wurde 1915 eingeweiht Die Arbeit in den Stollen war jedoch auch mit Gefahren verbunden im 19 Jahrhundert mussten 28 Tote durch Einsturze beklagt werden 12 Am 22 Juni 1930 wurden drei junge Pfadfinder einer 16 kopfigen Gruppe aus Dusseldorf in einem stillgelegten aber offenen Stollen unterhalb des Schlosses durch herabfallende Steinbrocken verschuttet Ein Leichnam konnte von der herbeigerufenen Feuerwehr geborgen werden Die Bergung der Leichen der beiden anderen Verschutteten war wegen der Lebensgefahr fur die Retter nicht moglich Das Ungluck fand eine grosse Anteilnahme in der Bevolkerung und im ganzen Rheinland Heute ist der Eingang zum Felsenkeller verschlossen und ein Kreuz mit den Namen der drei Pfadfinder erinnert an den Ungluckstag nbsp Mauersockel am Nikolauskloster nbsp Toreinfahrt Nikolauskloster nbsp Schlossmauer Liedberg nbsp Trockenmauer in Liedberg nbsp Dorpel zur Haustur nbsp Teile einer Wasserrinne aus SandsteinVerwendung BearbeitenDer Liedberger Sandstein wurde in der Altsteinzeit dazu verwendet Werkzeuge und Waffen herzustellen wie Faustkeile Klingen Schaber sowie Axte und Pfeilspitzen 13 Die Romer waren nach ihrer Besiedlung an der linken Rheinseite die ersten die ab dem 1 Jahrhundert n Chr den Liedberg Quarzit systematisch abbauten und ihn fur die Fundamente ihrer Ansiedlungen und Landhauser benotigten Im Umkreis von Liedberg konnen etwa 400 romische villae rusticae nachgewiesen werden die mit den Ackerflachen insbesondere zur Versorgung des in Neuss vorhandenen Militarlagers dienten 13 Die Romer verwendeten das Material auch fur die Herstellung von Kultobjekten wie fur die Jupiterstatue von Schloss Dyck und die Jupitersaule in Odenkirchen Ein romischer Sarkophag in Bedburdyck ist ebenfalls noch gut erhalten 14 Im Mittelalter wurden etliche Bauten mit Liedberger Sandstein gebaut Hierzu gehoren beispielsweise das Monchengladbacher Munster St Andreas in Korschenbroich der Liedberger Muhlenturm und Schloss Liedberg Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Naturwerkstoff nicht nur beim Bau von Gebauden und Kirchen verwendet sondern auch fur Wegekreuze Kreuzwegstationen Fussfalle und Grabsteine So wurden etliche nutzliche Gerate und Gebrauchsgegenstande aus dem Sandstein hergestellt die heute noch im Umkreis von Liedberg zu sehen sind und von Liebhabern gepflegt werden nbsp Kreuzwegstation Liedberg nbsp Grabstein von 1673 in Bedburdyck nbsp Radabweiser nbsp Wassertrog als Blumenkubel nbsp Regenwasserabfluss nbsp SchleifsteineLiteratur BearbeitenKlaus Grewe Auf Sand gebaut Die Geschichte des Liedberger Stein und Sandabbaues In Rheinisches Landesmuseum Bonn Rheinische Ausgrabungen 76 Rheinland Verlag Koln 1977 Harald Frater Geologische Streifzuge Dusseldorf und die Kreise Neuss und Mettmann Bachem Koln 2003 ISBN 3 7616 1642 2 Ralf Frommen Detlef Lingen Lorenz Meyer Liedberg Ein Hugel schreibt Geschichte Korschenbroich 2005 ISBN 3 00 017713 2 Dieter Hupka Zur Verwendung des Liedberg Quarzits und quarzitischen Sandsteins als Baumaterial in romischer und mittelalterlicher Zeit In Jahrbuch fur den Kreis Neuss Kreisheimatbund Neuss Dormagen 2014 S 11 19 Anmerkungen Bearbeiten Geologisches Landesamt Geologie am Niederrhein 4 Auflage Krefeld 1988 ISBN 978 3 86029 909 8 S 34 Naturschutzgebiet Quarzitkuppe Liedberg im Fachinformationssystem des Landesamtes fur Natur Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein Westfalen abgerufen am 26 Februar 2017 Harald Frater Geologische Streifzuge Dusseldorf und die Kreise Neuss und Mettmann Bachem Koln 2003 ISBN 3 7616 1642 2 S 139f Jakob Noeggerath Das Gebirge in Rheinland Westphalen nach mineralogischem und chemischem Bezuge Band 4 Bonn 1824 S 374ff Hans Georg Kirchhoff Amt Korschenbroich Geschichte der Gemeinden Korschenbroich und Pesch Verlag B Kuhlen Monchengladbach 1974 S 11 a b c Dieter Hupka Zur Verwendung des Liedberg Quarzits und quarzitischen Sandsteins als Baumaterial in romischer und mittelalterlicher Zeit In Jahrbuch fur den Kreis Neuss Kreisheimatbund Neuss Dormagen 2014 S 8 10 a b Dieter Hupka Zur Verwendung des Liedberg Quarzits und quarzitischen Sandsteins als Baumaterial in romischer und mittelalterlicher Zeit In Jahrbuch fur den Kreis Neuss Kreisheimatbund Neuss Dormagen 2014 S 13 Dieter Hupka Zur Verwendung des Liedberg Quarzits und quarzitischen Sandsteins als Baumaterial in romischer und mittelalterlicher Zeit In Jahrbuch fur den Kreis Neuss Kreisheimatbund Neuss Dormagen 2014 S 15 Jakob Bremer Liedberg bis zur Pfarrerhebung Aufsatz um 1959 S 8 a b Klaus Grewe Auf Sand gebaut Die Geschichte des Liedberger Stein und Sandabbaues In Rheinisches Landesmuseum Bonn Rheinische Ausgrabungen 76 Rheinland Verlag Koln 1977 S 156 Anmerkung Sankbuurȩ ripuarisch bedeutet Sandbauern a b Klaus Grewe Auf Sand gebaut Die Geschichte des Liedberger Stein und Sandabbaues In Rheinisches Landesmuseum Bonn Rheinische Ausgrabungen 76 Rheinland Verlag Koln 1977 S 158 a b Ralf Frommen Detlef Lingen Lorenz Meyer Liedberg Ein Hugel schreibt Geschichte Korschenbroich 2005 ISBN 3 00 017713 2 S 72 Ralf Frommen Detlef Lingen Lorenz Meyer Liedberg Ein Hugel schreibt Geschichte Korschenbroich 2005 ISBN 3 00 017713 2 S 73 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liedberger Sandstein amp oldid 236075654