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Die Lex Frisionum lateinisch fur das Gesetz der Friesen ist eine Sammlung fruhmittelalterlicher Rechtsvorschriften aus dem 8 Jahrhundert In ihr werden Regeln aus dem uberlieferten friesischen Strafrecht gesammelt und mit oktroyierten aufgezwungenen frankischen Gesetzen in einer Ubersicht zusammengefasst Die Sprache der fruhesten Version der Lex Frisionum ist Latein Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau 3 Bedeutung 4 Beispiele 5 Literatur 6 WeblinksGeschichte BearbeitenIm fruhen Mittelalter siedelten die Friesen an der Nordseekuste in Friesland das damals von der Rheinmundung in den heutigen Niederlanden nordostwarts bis zur Elbe und von der Eider hinauf an die Vida in Danemark reichte Die Friesen waren in losen Stammesverbanden organisiert ohne eine dauerhafte zentrale Herrschaft Der frankische Herrscher Pippin der Mittlere eroberte 690 695 den westlichen Teil Frieslands bis Dorestad und Utrecht und ermoglichte damit den Beginn der Christianisierung der Friesen Die Christianisierung schritt auch dann weiter als in den folgenden Jahrzehnten die Franken immer wieder zwischenzeitlich die Herrschaft uber Friesland verloren Schliesslich eroberte Karl der Grosse 785 durch seinen Sieg uber die Sachsen endgultig Friesland einschliesslich der ostlichen Gebiete jedoch mit Ausnahme des nordlich der Eider liegenden Nordfrieslands Karl der Grosse schaffte alle Stammesherzogtumer im frankischen Reich ab bewilligte allerdings den einzelnen Stammen eine gewisse Eigenstandigkeit So waren die Freien unter den Friesen berechtigt ihren Podestaten selbst zu wahlen Im Rahmen dieser Neuordnung des Reiches veranlasste Karl eine Aufzeichnung aller Stammesgesetze so auch desjenigen der Friesen Das genaue Jahr der Aufzeichnung der Lex Frisionum ist nicht ganz geklart Als fruhester Zeitpunkt wird das Jahr 785 angegeben in dem Friesland von den Franken erobert wurde Als spatester Zeitpunkt wird 802 803 genannt als auf dem Reichstag zu Aachen die germanischen Stammesgesetze festgeschrieben wurden Ausserdem ordnete Karl der Grosse auf diesem Reichstag die Aufnahme spezieller Vorschriften fur den Klerus in die Gesetzesbucher an welche in der Lex Frisionum noch vollstandig fehlten Wie bei anderen uberlieferten Stammesgesetzen fehlt auch hier jeder Hinweis auf die Identitat der Autoren Es gibt keine originalen Aufzeichnungen der Lex Frisionum Der fruheste Hinweis auf sie findet sich bei Johannes Basilius Herold der 1557 alte germanische Stammesrechte aus der Zeit Karls des Grossen in einer Sammlung festhielt Antiquitates Germanicae Allerdings muss Herold eine altere Kopie zur Verfugung gestanden haben die verloren gegangen ist Aufbau BearbeitenDie Lex Frisionum ist ein Strafgesetzbuch das fur jede einzelne Tat ein genaues Strafmass festlegt welches in der Regel aus einer Geldsumme besteht Es ist davon auszugehen dass die Originalfassung der Lex Frisionum wie auch bei anderen germanischen Rechtstexten keinerlei Unterteilungen in Form von Kapiteln und Nummerierungen aufwies Viele der Regeln und Gesetze kommen zudem doppelt und mehrfach vor In der durch Herold uberlieferten Fassung wurde durch diesen selbst eine Einteilung vorgenommen die bis heute fur Referenzen auf den Text ublich ist Danach unterteilt sich die Lex Frisionum in zwei Abschnitte Der erste Abschnitt heisst Et haec est simpla compositio Und dies sind die einfachen Geldstrafen und ist in 22 Kapitel eingeteilt die jeweils einem eigenen Thema gewidmet sind von Totschlag uber Diebstahl und Hochzeit bis zu Entfuhrung Der zweite Abschnitt ist mit Additio Sapientum Erganzungen der Weisen uberschrieben und behandelt in elf Kapiteln Themen von Fehden bis zur Weihe eines Heiligtums Bedeutung BearbeitenDie Lex Frisionum ist die einzige Quelle aus dem fruhen Mittelalter Frieslands und daruber hinaus eine der wenigen schriftlichen Quellen aus dieser Epoche weltweit Die heidnischen Friesen besassen keine Schrift bzw setzten diese nicht ein so dass schriftliche Aufzeichnungen erst mit der Christianisierung einsetzten Die Lex Frisionum bietet daher einen knappen Einblick in die Begebenheiten einer ansonsten fur uns im Verborgenen liegenden Epoche Die Lex Frisionum galt fur nahezu ganz Friesland Allerdings werden in ihr verschiedene Regionen unterschieden Ausdrucklich gilt sie fur den zentralen Teil Frieslands ungefahr das Gebiet der heutigen Provinz Friesland in den Niederlanden Abweichende Regeln werden an einigen Stellen fur zwei benachbarte Gebiete gemacht das Gebiet zwischen den Flussen Zwin und Vlie im Suden der Niederlande bzw im Norden Belgiens sowie das Gebiet zwischen den Flussen Lauwers und Weser also ungefahr das Gebiet der heutigen niederlandischen Provinz Groningen und Ost Frieslands in Nordwestdeutschland Dies belegt eine sehr fruhe Teilung der friesischen Gebiete welche bis heute Bestand hat Der Geltungsbereich erstreckte sich nicht auf das heutige Nordfriesland das zur Zeit der Abfassung des Gesetzes erst am Beginn seiner friesischen Besiedlung stand und ausserhalb des frankischen Herrschaftsgebietes lag Grosser Wert wird in der Lex Frisionum auf den Status der betroffenen Personen gelegt nach dem sich dann auch die Hohe der Strafe bemisst Vier verschiedene Stande kommen vor die Edlen nobilis die Freien liber die Diener oder Halbfreien litus die Sklaven servus Ein Klerus oder ein anderer heiliger Stand wird nicht genannt Erstaunlicherweise wird in der Lex Frisionum kein Unterschied bei der Totung einer Frau und der eines Mannes gemacht Dies ist deshalb ungewohnlich weil in anderen germanischen Gesetzestexten normalerweise einer Frau ein hoherer Wert als einem Mann zugesprochen wurde da sie durch ihre Fahigkeit Kinder zu bekommen fur die Sippe oder den Stamm von grosserer Bedeutung war Anders in der Lex Frisionum die damit Parallelen zu angelsachsischen Gesetzestexten aufweist Von zentraler Bedeutung ist das Wergeld eine Summe die fur die Totung oder Verwundung eines Opfers an dessen Angehorige gezahlt werden muss Genau wird festgelegt wie viel welcher Teil der Familie erhalt In der Lex Frisionum sind viele Hinweise auf die fruhe christliche Religion enthalten Das Schworen auf christliche Reliquien die Sonntagsruhe oder das Verbot Sklaven an Heiden zu verkaufen Aber auf der anderen Seite enthalt sie auch ungewohnlich fur Dokumente aus dieser Zeit noch Hinweise auf die alten heidnischen Gebrauche Zu den grausamsten Abschnitten gehort hier sicherlich das Recht der Eltern ein neugeborenes Kind zu toten Des Weiteren werden drakonische Strafen fur die Entweihung eines Tempels genannt Beispiele BearbeitenAnmerkung 1 Solidus entsprach vermutlich 3 9 Gramm Gold I 1 Si nobilis nobilem occiderit LXXX solidos componat de qua mulcta duae partes ad heredem occisi tertia ad propinquos eius proximos pertineat Ubersetzung Wenn ein Edler einen anderen Edlen totet hat er 80 Solidus zu zahlen Von dieser Wiedergutmachung gehoren zwei Teile den Nachkommen des Opfers und ein Teil der ubrigen Familie XIX Si quis patrem suum occiderit perdat hereditatem quae ad eum pertinere debebat Ubersetzung Wenn jemand seinen Vater totet verliert er alle Erbschaften die sonst ihm gehoren wurden Add XI 1 Qui fanum effregerit et ibi aliquid de sacris tulerit ducitur ad mare et in sabulo quod accessus maris operire solte finduntur aures eius et castratur et immolatur Diis quorum templa violavit Ubersetzung Wenn jemand in ein Heiligtum einbricht und heilige Gegenstande stiehlt soll er zur See gebracht werden und auf dem Sandstrand der von der Flut bedeckt sein wird werden seine Ohren abgeschnitten und kastriert wird er dem Gott geopfert dessen Tempel er entweihte Literatur BearbeitenErnst Theodor Gaupp Lex Frisionum Breslau 1832 auch online erhaltlich Willy Krogmann Entstehung und Eigenart der Lex Frisionum Philologia frisica 62 1963 76 103 Harald Siems Studien zur Lex Frisionum Ebelsbach am Main 1980 Bearbeitung einer Promotionsschrift Munchen 1979 Karl August Eckhardt und Albrecht Eckhardt Lex Frisionum Informationen und Ubersetzung auf Deutsch Hannover 1982 ISBN 3775251340 auch online erhaltlich Dirk Jan Henstra The evolution of the money standard in medieval Frisia A treatise on the history of the systems of money of account in the former Frisia c 600 c 1500 Englisch Promotionsschrift Reichsuniversitat Groningen 2000 ISBN 9036712025 auch online erhaltlichWeblinks BearbeitenLex Frisionum Ubersetzung und Informationen englisch niederlandisch Lex Frisionum In Latein und deutscher Ubersetzung bei MGH Digital Die lex Frisionum in der Bibliotheca legum regni Francorum manuscripta Handschriftendatenbank zum weltlichen Recht im Frankenreich Karl Ubl Universitat zu Koln Lex Frisionum im LegIT Projekt Digitale Erfassung und Erschliessung des volkssprachigen Wortschatzes der kontinentalwestgermanischen Leges barbarorum in einer Datenbank Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lex Frisionum amp oldid 225268070