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Julius Binder 12 Mai 1870 in Wurzburg 28 August 1939 in Starnberg war ein deutscher Rechtswissenschaftler der vor allem durch seine Beitrage zur Rechtsphilosophie bekannt ist Julius Binder Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Rechtsphilosophie 3 Engagement fur den Nationalsozialismus 4 Schriften 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenNach dem Jurastudium in Wurzburg mit Promotion 1894 und Habilitation 1898 wurde er Professor in Rostock 1900 Erlangen 1903 Wurzburg 1913 und Gottingen 1919 Er grundete den Internationalen Hegelbund mit und wurde zum Mitglied der Gottinger Akademie der Wissenschaften Nachdem er in fruheren Werken auf den Rechtsbegriff Immanuel Kants zuruckgegriffen hatte so noch in Rechtsbegriff und Rechtidee aus dem Jahre 1915 wurde er spater zu einem entschiedenen Kritiker der neukantischen Rechtsphilosophie insbesondere der Rechtsphilosophie Rudolf Stammlers Seit den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts vertrat Julius Binder ebenso wie spater Karl Larenz Gerhard Dulckeit und Walther Schonfeld einen neuhegelianischen rechtsphilosophischen Ansatz das System des sogenannten Objektiven Idealismus Binder war der akademische Lehrer des deutschen Rechtsphilosophen und Zivilrechtlers Karl Larenz Vor der nationalsozialistischen Machtergreifung hatte Binder noch mit u a Max Pohlenz Ludwig Prandtl Hermann Thiersch Hugo Willrich und Hermann Kees zu einer Gruppe von Gottinger Professoren gehort die am 8 und 11 Marz des Jahres anlasslich der bevorstehenden preussischen Gemeinderatswahlen im Gottinger Tageblatt veroffentlichte Wahlaufrufe fur die Kampffront Schwarz Weiss Rot unterschrieben hatten 1 Schon seit 1890 war er Mitglied des Corps Bavaria Wurzburg 2 Zum 1 Mai 1933 trat Binder der NSDAP bei Mitgliedsnummer 3 551 565 3 4 Er war auch Mitglied im Ausschuss fur Rechtsphilosophie in der Akademie fur Deutsches Recht unter Hans Frank Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Binders Schrift Der deutsche Volksstaat 1934 in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt 5 In der Deutschen Demokratischen Republik folgte auf diese Liste noch sein Der 28 Juni und die Kriegsschuldfrage 1929 6 Rechtsphilosophie BearbeitenBinder anderte seit 1911 wiederholt seinen rechtsphilosophischen Standpunkt wobei Horst Dreier vier Zeitabschnitte unterscheidet die jeweils mit einem von Binders Hauptwerke eingeleitet wurden Der juristische Positivismus in Rechtsnorm und Rechtspflicht 1912 der neukantianische Kritizismus in Rechtsbegriff und Rechtsidee 1915 der Objektive Idealismus in Philosophie des Rechts 1925 und der Absolute Idealismus in Grundlegung der Rechtsphilosophie 1935 Die nach seinem Schuler Karl Larenz entscheidende Wendung war dabei der Wandel vom Kritizismus zum Objektiven Idealismus Denn wahrend seine ersten beiden Standpunkte trotz ihrer Unterschiede noch im Positivismus verhaftet waren sind die letzten beiden im Metaphysischen zu verorten Die Werke skizzieren deshalb Binders schrittweise Entwicklung zum Totalitarismus Die Entwicklung erfolgte jedoch schleichend und zwischen den Hauptwerken gab es Zwischenzeitraume Engagement fur den Nationalsozialismus BearbeitenBinder gilt wie Karl Larenz Ernst Rudolf Huber oder Erik Wolf als ein Rechtsphilosoph der das nationalsozialistische Rechtssystem nicht nur nicht kritisierte sondern durch seine Arbeit aktiv zu unterstutzen versuchte 7 Schon seit seiner Hinwendung zum Idealismus im Jahr 1925 sympathisierte Binder mit totalitaren und volkischen Ideen In Philosophie des Rechts aus dem Jahr 1925 lehnte er bereits jedweden Individualismus ab und vertrat seinen spater charakteristischen Gemeinschaftsgedanken den Karl Larenz im selben Jahr wie folgt zusammenfasste In Binders Rechtsphilosophie verschafft sich zum ersten Male das neue deutsche Gemeinschaftserlebnis die Erfahrung der Lebenswirklichkeit Volk in der Rechtsphilosophie einen Ausdruck Binder kampft hier gegen den Individualismus der das Recht und den Staat nur vom einzelnen her sieht sie entweder liberalistisch auf den Schutz der als Willkur verstandenen Freiheit des Einzelnen oder demokratisch und marxistisch auf den kollektiven Nutzen die Wohlfahrt aller das grosste Gluck der grossten Zahl begrundet Demgegenuber stellt er den Gemeinschaftsgedanken in den Mittelpunkt seiner Rechtsphilosophie und sucht das Volk die Nation als den entscheidenden Trager der politischen und rechtlichen Ordnung zu begreifen Karl Larenz 1935 8 Als sein erster wesentlicher Beitrag im und fur das NS Regime gilt die zweite Auflage seines Buches Der deutsche Volksstaat 1934 in der er seine Philosophie ausdrucklich im nationalsozialistischen Sinne modifizierte Wahrend die Forderung nach dem volksleitenden Fuhrer in der ersten Auflage von 1929 wohl noch eher monarchistisch gemeint war bezog sie Binder in der zweiten Auflage ausdrucklich auf Adolf Hitler In Grundlegung der Rechtsphilosophie von 1935 gab er dem Regime ihre weitere rechtsphilosophische Grundlage Aus dem Gemeinschaftsgedanken schlussfolgerte Binder die Ablehnung des Liberalismus die Abschaffung der Parlamentarischen Demokratie und die Verfolgung sowie Ausweisung von Fremdvolkischen zwecks der Schaffung einer echten biologistischen Volksgemeinschaft In System der Rechtsphilosophie von 1937 versuchte er erstmals den Begriff vom Fuhrerstaat rechtsphilosophisch begrifflich zu fassen und stellte diesen dem Rechtsstaat gegenuber Es handelte sich um Binders Beitrag zur juristischen Debatte um den Rechtsstaatsbegriff im Nationalsozialismus wobei er jenem Lager angehorte welches den Begriff Rechtsstaat nicht im nationalsozialistischen Sinn umdeuten wollte Wie die meisten nationalsozialistischen Rechtsphilosophen positionierte sich Binder bei der Frage nach dem Ursprung und Geltungsgrund von Recht insoweit dass alles Recht nur die Ausserung des spezifischen Gemeinschaftslebens ist also jedes Recht volkisch bedingt sei Er stand damit dem Konkreten Ordnungs und Gestaltungsdenken von Carl Schmitt nahe und schlussfolgerte wie dieser dass es keine allgemeine Rechtsgleichheit geben konne eben weil jedes Volk als eigene Ordnung sein eigenes Recht schafft Damit rechtfertigte Binder unter anderem die diskriminierende rechtliche Sonderbehandlung der Juden Das Kriterium nach dem sich die Frage nach dem Wahren Schonen und Guten beantwortet ist uberhaupt nicht fur alle Menschen dasselbe sondern ist verschieden je nach der rassisch und volkisch bestimmten Eigenart der Menschen Und so gibt es auch kein fur alle Menschen in gleicher Weise geltendes Recht sondern Recht ist nur was einem bestimmten aus einer bestimmten Rasse hervorgetretenem Volke vermoge seiner Eigenart als richtige Ordnung seines Gemeinschaftslebens erscheint Julius Binder 1938 9 Binder blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1939 Anhanger des Nationalsozialismus Trotzdem ausserte er haufiger Kritik an dessen rechtsphilosophisch wackligem Fundament wobei sich diese wohl weniger an das Hitlerregime selbst als an die Juristenlandschaft richtete Eine Kritik richtete sich an die Gemeinschaftsdefinition Nach Erlass der Nurnberger Gesetze vom 15 September 1935 bemuhten sich die Rechtsgelehrten den rassisch bestimmten Volks und Gemeinschaftsbegriff dieser Gesetze juristisch zu definieren Das wollte aber aus mehreren Grunden nicht ganz gelingen Zum einen wurden die wesentlichen ideologischen Begriffe des Nationalsozialismus immer nur mythisch umschrieben aber nie eindeutig festgelegt zum anderen unterlag die gesamte Bewegung der autoritaren Fuhrerwillkur sodass sich kaum eindeutig definierbare bestandige Leitgedanken aus der nationalsozialistischen Weltanschauung formulieren liessen Diesen Umstand kritisierte Binder in seinem Aufsatz Die Bedeutung der Rechtsphilosophie fur die Erneuerung des Privatrechts aus dem Jahr 1938 indem er schrieb eine wirkliche Definition der Gemeinschaft habe ich nirgends gefunden Ebenso laute Kritik ausserte er gegenuber dem Konzept der Gliedpersonlichkeitsstellung die besonders von Theodor Maunz aber auch von Ernst Rudolf Huber Ulrich Scheuner und Roland Freisler beworben wurde Hiernach durfe das Individuum keine eigene subjektive Freiheitssphare gegenuber dem Staat mehr haben sondern sei nur ein Glied des Volksganzen Das Recht biete also nicht mehr Rechten und Pflichten sondern nur noch Pflichten an die sich der Einzelne zu halten hat um die Volksgemeinschaft zu erhalten Binder kritisierte 1938 eine solche Gemeinschaft als formlosen Brei in dem er der Einzelne versinkt und zugrunde geht und verwies auf die nach hegelschen Gedanken dialektische Synthese zwischen dem Recht der Einzelpersonlichkeit und der Gemeinschaft Schriften Bearbeiten nbsp Binders Grab auf dem Stadtfriedhof Gottingen Das Problem der juristischen Personlichkeit Leipzig 1907 Rechtsbegriff und Rechtsidee Leipzig 1915 Philosophie der Rechts Berlin 1925 Der 28 Juni und die Kriegsschuldfrage H Beyer amp Sohne Langensalza 1929 Der deutsche Volksstaat Mohr Tubingen 1934 Grundlegung zur Rechtsphilosophie Tubingen 1935 System der Rechtsphilosophie Berlin 1937 Die Bedeutung der Rechtsphilosophie fur die Erneuerung des Privatrechts in Hedemann Justus W Hrsg Zur Erneuerung des Burgerlichen Rechts Munchen Berlin 1938 S 18 36 Literatur BearbeitenRalf Dreier Julius Binder 1870 1939 Ein Rechtsphilosoph zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus In Fritz Loos Hrsg Rechtswissenschaft in Gottingen Gottingen 1987 S 435 455 Karl Larenz Binder Julius In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 243 f Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Julius Binder Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Julius Binder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Eintrag zu Julius Binder im Catalogus Professorum RostochiensiumVorlage CPR Wartung unnotige Verwendung von Parameter 2Einzelnachweise Bearbeiten Cornelia Wegeler wir sagen ab der internationalen Gelehrtenrepublik Bohlau Verlag Wien u a 1996 S 128 Kosener Corpslisten 1960 138 512 Bundesarchiv R 9361 VIII KARTEI 2550507 Heinrich Becker Hrsg Die Universitat Gottingen unter dem Nationalsozialismus Das verdrangte Kapitel ihrer 250jahrigen Geschichte K G Saur Munchen u a 1987 S 97 Liste der auszusondernden Literatur Liste der auszusondernden Literatur Arthur Kaufmann Rechtsphilosophie und Nationalsozialismus In Hubert Rottleuthner Recht Rechtsphilosophie und Nationalsozialismus Vortrage aus der Tagung der deutschen Sektion der internationalen Vereinigung fur Rechts und Sozialphilosophie in der Bundesrepublik Deutschland vom 11 und 12 Oktober 1982 in Berlin West Steiner Wiesbaden 1983 S 1 19 Karl Larenz Rechts und Staatsphilosophie der Gegenwart 2 Auflage Berlin 1935 S 100 Julius Binder Die Bedeutung der Rechtsphilosophie fur die Erneuerung des Privatrechts in Hans Frank Hrsg Zur Erneuerung des Burgerlichen Rechts Munchen und Berlin 1938 18ff 20 Normdaten Person GND 118663275 lobid OGND AKS LCCN n84059629 VIAF 64801210 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Binder JuliusKURZBESCHREIBUNG deutscher RechtsphilosophGEBURTSDATUM 12 Mai 1870GEBURTSORT WurzburgSTERBEDATUM 28 August 1939STERBEORT Gottingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Julius Binder Philosoph amp oldid 238740482