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Die ehemalige Kommende Hohenrain des Ordens vom Hospital des Heiligen Johannes zu Jerusalem Johanniter in der Gemeinde Hohenrain im Kanton Luzern war eine der altesten Niederlassungen der Johanniter auf dem Gebiet der heutigen Schweiz Von der 1182 83 erstmals erwahnten Komturei Kommende sind Teilbauten aus dem spaten 12 und 13 Jahrhundert und damit die Struktur einer mittelalterlichen Ordensburg weitgehend erhalten geblieben In der Gegenwart ist die Kommende im Besitz des Kantons Luzern und gilt gemass Schweizerischem Kulturguterschutzinventar als Kulturgut von nationaler Bedeutung Johanniterkommende Hohenrain Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grundung im 12 Jahrhundert 1 2 Gebietszuwachs ab dem 13 Jahrhundert 1 3 Abhangigkeit ab dem 15 Jahrhundert 1 4 Auflosung im 19 Jahrhundert 2 Gebaude 2 1 Aufbau der Kommende 2 2 Turm Roten 2 3 Kirche St Johannes der Taufer 3 Heutige Nutzung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenGrundung im 12 Jahrhundert Bearbeiten Die fruheste Erwahnung finden die Johanniter als hospitalis sancti Johannis in Hohenrein Hospitaler des Heiligen Johannes in Hohenrain in einer Schenkungsurkunde von 1182 83 wonach den Johannitern zu Hohenrain von den Erben eines Ludwigs von Malters ein Gut in Schongau vermacht wurde Hieraus lasst sich schliessen dass die Johanniter bereits einige Jahre zuvor im heutigen Hohenrain eine Niederlassung gegrundet haben mussen Bereits vor Ende des 12 Jahrhunderts befand sich vermutlich am Ort der Kommende Hohenrain der Sitz der Herren von Hohenrain Wangen die im Dienste der Freiherren von Eschenbach standen Obschon zeitgenossische Quellen fehlen ist anzunehmen dass Rudolf von Hohenrain Wangen seinen Stammsitz wohl ein schlichter Wohnturm dem Johanniterorden vermacht hatte und selber in den Orden eingetreten war Die Familie von Hohenrain Wangen lebte wohl fortan im Gebiet des heutigen Kleinwangens 1 2 Gebietszuwachs ab dem 13 Jahrhundert Bearbeiten Die Kommende Hohenrain liegt auf einer Anhohe am damals wichtigen von Baden durch das Seetal fuhrenden Weg nach Luzern der weiter zur Gotthardroute fuhrte Neben dem Handel war das mittelalterliche Wegenetz auch fur das Pilgerwesen bedeutsam Die Kommende beherbergte Ordensbruder die sich auf den Kampf im Heiligen Land vorbereiteten und bot Obdach und Pflege fur Pilger Dafur erhielt der Orden Spenden und Almosen Da die geistlichen Ritterorden nicht den Gerichtsbarkeiten der Bischofe und Abte unterstanden die oftmals aus politischen Grunden mit dem Interdikt belegt wurden konnten die Ordensleute im Gegensatz zu den Priestern jederzeit die Sakramente spenden Dieser Umstand machte sie wiederum fur die Stiftung von Gutern seitens des Adels attraktiv Nachweislich erhielt die Kommende Hohenrain Spenden von den Grafen von Habsburg den Grafen von Kyburg den Freiherren von Eschenbach und den Herren von Lieli Durch die Zinspflicht der belehnten Guter wie etwa der Vergaben von Boden an freie Bauern erfolgten weitere Einnahmen Mit zunehmendem Reichtum konnten die Johanniter weitere umliegende Gebiete erwerben oder abgelegene Besitzungen gegen an das eigene Territorium angrenzenden Boden tauschen So besassen die Johanniter in Hohenrain im ausgehenden 13 Jahrhundert Guter in Hohenrain Kleinwangen Gunikon Ober und Unterebersol Ferren Ottenhusen und Ibenmoos sowie das Kirchenpatronat in Hohenrain Kleinwangen Romerswil Aesch Dietwil Abtwil und Seengen In diesem zusammenhangenden Gebiet hatte die Kommende Hohenrain die niedere Gerichtsbarkeit Twing inne 3 Abhangigkeit ab dem 15 Jahrhundert Bearbeiten Bereits im 14 Jahrhundert zeichnete sich der wirtschaftliche Niedergang der Johanniter ab Einerseits schrankten die Papste die Privilegien der geistlichen Ritterorden vermehrt ein und andererseits stiegen die Abgaben innerhalb des Ordens Die Verwaltung der eigenen Besitztumer in Hohenrain litt unter den verschwenderischen Lebensgewohnheiten den andauernden Rechtsstreitigkeiten und der fortwahrenden Abwesenheit der Komture die entweder im Heiligen Land kampften oder an den Ordenskapiteln weilten Aufgrund der politischen Nahe der Johanniter zum Hause Habsburg das auch die Schirmherrschaft uber die Kommende Hohenrain hatte verschlechterte sich die Beziehung der Johanniter in Hohenrain zur Stadt Luzern zusehends vor allem nach der Schlacht bei Sempach Schliesslich schloss die verschuldete Kommende Hohenrain im Jahre 1413 einen Burgrechtsvertrag mit der Stadt Luzern wonach sie fortan unter dem Schutz von Luzern stand Damit wurden die Johanniter in Hohenrain gegenuber Luzern steuerpflichtig Luzern konnte nun bei Abwesenheit des Komturs in Hohenrain einen Statthalter einsetzen und die Gerichtsbarkeit ausserhalb der Kommendenmauern ubernahm der von Luzern eingesetzte Vogt von Rothenburg Im Jahre 1472 kam die Johanniterkommende Reiden unter die Verwaltung von Hohenrain 1523 untersuchte der Luzerner Rat die Verwaltung der Kommende Hohenrain da der Komtur zu Hohenrain dem reformierten Bern gegen Bezahlung einige Guter abgetreten hatte In der Folge ubernahm Luzern die Verwaltung der Kommende ganzlich Wahrend des Ersten Kappelerkriegs stationierte Luzern starke Truppenteile in Hohenrain um einen moglichen Angriff Zurichs abzuwehren Nach dem Zweiten Kappelerkrieg banden die katholischen Orte die Ordenskommenden noch starker an sich und setzten Vogte als Verwalter ein Mit den Auflagen die Schulden zu tilgen die Gebaude instand zu halten und kunftig Luzerner Burger in den Orden aufzunehmen gab Luzern aber 1542 die Kommende Hohenrain dem Johanniterorden zuruck Diese Auflagen wurden allerdings nicht umgesetzt und die Zustande blieben stets desolat 1644 wurde der Luzerner Franz von Sonnenberg Komtur von Hohenrain Er wurde spater zum Grossprior der deutschen Johanniter ernannt 4 Auflosung im 19 Jahrhundert Bearbeiten Mit den grossen Umbruchen der Helvetischen Republik von 1798 und der damit verbundenen Auflosung der Feudalherrschaft verlor die Kommende Hohenrain ihre Gerichtsbarkeit und die Grundlasten die Abgaben welche die Bevolkerung bis anhin zu leisten hatte wurden aufgehoben Die Kommende wurde in diesem Jahr dem neu geschaffenen Distrikt Hochdorf zugeteilt und ab 1803 als eine eigenstandige Gemeinde im neuen Amt Hochdorf gefuhrt Mit der neuen staatlichen Ordnung von Napoleon Bonaparte verlor der Johanniterorden im Jahre 1803 seine gesamten Landereien Der Orden selbst wurde allerdings nicht aufgelost was Luzern daran hinderte die Kommende vollstandig zu ubernehmen 1806 bemachtigte sich Luzern aber der Kollatur in Hohenrain die es in der Folge 1879 den Gemeinden uberliess und kaufte Schulden der Kommende auf Am 1 August 1807 liquidierte Luzern schliesslich die Kommende Hohenrain aufgrund des verschuldeten Zustands und deren Verwaltung ging an die Luzernische Finanzkammer uber Der letzte Komtur wurde bis zu seinem Tode 1819 auf der Kommende belassen verfugte aber uber keinerlei Rechte mehr Hernach wurden Teile der Gebaulichkeiten zeitweilig als Amtshaus genutzt Nach der Internierung der Bourbaki Armee 1871 wurden internierte Soldaten nach Hohenrain gebracht und fanden in den Raumen der ehemaligen Johanniterkommende eine vorubergehende Unterkunft 5 Gebaude BearbeitenAufbau der Kommende Bearbeiten Die Kommende Hohenrain besteht im Kern aus dem Turm Roten und der Kirche St Johannes der Taufer Johanniterkirche Zwischen Turm und Kirche steht das Moserhaus nach dem gleichnamigen Gastwirt der im 19 Jahrhundert die dortige Burgschenke betreute Im Norden liegt das Torhaus Pachterhaus uber dem inneren Tor mit dem angebauten ehemaligen Pfarrhaus Im Suden befindet sich das Komturhaus das die ehemaligen Wohnraume der Komture beinhaltet Umschlossen war die Kommende mit einer Ringmauer die im Nordwesten am einzigen erhaltenen Rundturm noch sichtbar ist 6 Turm Roten Bearbeiten Als einfacher Wohnturm ist der Turm Roten wohl ab 1150 erbaut worden Spatestens um 1300 erfolgte eine vorkragende holzerne Aufstockung unter einem Walmdach Bis 1490 wurde der Turm wohl zur heutigen Form ausgebaut Derzeit befindet sich im Erdgeschoss eine Bibliothek im ersten Obergeschoss eine getaferte Stube im zweiten Obergeschoss der historische Rittersaal mit Fresken und Bildern zur Geschichte des Johanniterordens und im Dachgeschoss eine gotische Stube mit gewolbter Holzdecke die mit Inschriften aus dem 16 Jahrhundert versehen ist Kirche St Johannes der Taufer Bearbeiten Die Johanniterkirche wohl aus dem Ende des 12 Jahrhunderts auf einer karolingischen Saalkirche beruhend fand 1230 erstmals Erwahnung 1694 wurde die Kirche im barocken Stil umgebaut und 1899 1900 mit Stuckaturen im Rokokostil versehen 1963 trat die Kirchgemeinde die Johanniterkirche die noch bis zum Jahr 1965 die Pfarrkirche von Hohenrain blieb mit Pfarrhaus und Umgebung an den Kanton Luzern ab Der barocke Innenausbau mit der Kanzel sowie den aus dem 18 Jahrhundert stammenden drei Altaren mit ihren Marien und Heiligenstatuen aus Stuckmarmor ist bis in die Gegenwart unverandert erhalten In einem der Altare steht als Reliquie die Darstellung eines Johanneshaupts dessen Original aus dem 15 Jahrhundert sich in der Kapelle Ottenhusen befindet Heutige Nutzung BearbeitenAb 1847 dienten die historischen Gebaude als Kantonale Taubstummenanstalt und ab 1942 auch als Erziehungsheim 1961 erfolgte ein erster 1980 ein zweiter Erweiterungsbau Die 1966 in Kantonale Sonderschulen umbenannte Institution nutzt bis in die Gegenwart unter dem Namen Heilpadagogisches Zentrum HPZ einen Teil der ehemaligen Johanniterkommende Hohenrain Das HPZ ist fur die Verwaltung und Vermietung der historischen Raumlichkeiten zustandig Der Turm Roten beheimatet zudem die Schul und Gemeindebibliothek Am sudwestlichen Abhang der Kommende Hohenrain gedeiht ein Rebberg Von der Mitte des 14 Jahrhunderts bis 1860 wurde in Hohenrain Weinbau betrieben 1975 wurde diese Tradition von der seit 1969 ansassigen Kantonalen Landwirtschafts und Maschinenschule die in der Gegenwart den Namen Berufsbildungszentrum BBZ tragt wieder belebt und seitdem wird Wein unter der Bezeichnung Johanniterkommende Hohenrain hergestellt Seit dem Jahr 2000 unterhalt der Verein Turm Roten im Dachgeschoss des namensgebenden Gebaudes eine teilweise wechselnde Ausstellung mit jeweils lokalem Themenbezug welche der Offentlichkeit an ausgewahlten Tagen zur Besichtigung offensteht Siehe auch BearbeitenListe der Kulturguter in Hohenrain Liste ehemaliger JohanniterkommendenLiteratur BearbeitenPeter Ziegler Hohenrain Kommende In Historisches Lexikon der Schweiz Gottfried Boesch Hohenrain im Mittelalter Geschichte der Malteser Komturei Hohenrain von der Grundung bis zur nachreformatorischen Zeit Beilage zum Jahresbericht der kant hohern Lehranstalten 1949 50 1950 Gemeinde Hohenrain Hrsg 800 Jahre Hohenrain 1182 1982 Festschrift 1982 Louis Carlen Hrsg Geschichte und Recht geistlicher Ritterorden besonders in der Schweiz In Freiburger Veroffentlichungen aus dem Gebiet von Kirche und Staat Band 30 Universitatsverlag Freiburg 1990 ISBN 3 7278 0702 4 Peter Ziegler Geschichte der Schweizerischen Kommende des Johanniterordens Herausgegeben von der Schweizerischen Kommende des Johanniterordens 1999 Stefan Jaggi Johanniter und Deutscher Orden im Luzerner Seetal In Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern 25 2007 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Johanniterkommende Hohenrain Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Verein Turm Roten Hohenrain Berufsbildungszentrum BBZ Hohenrain Heilpadagogisches Zentrum HPZ HohenrainEinzelnachweise Bearbeiten Ziegler Hohenrain Kommende Boesch Hohenrain im MA S 15 22 Boesch Hohenrain im MA S 23 51 Boesch Hohenrain im MA S 53 105 Ziegler Hohenrain Kommende Johanniterkommende Hohenrain Website des Vereins Turm Roten Ehemalige Johanniterkommenden im schweizerischen Raum Basel Biberstein Biel Bubikon Contone La Chaux Compesieres Freiburg Hohenrain Klingnau Leuggern Kusnacht Munchenbuchsee Reiden Rheinfelden Salgesch Thunstetten Tobel Wadenswil 47 17943 8 318478 Koordinaten 47 10 45 9 N 8 19 6 5 O CH1903 666693 225759 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johanniterkommende Hohenrain amp oldid 235105085