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Dieser Artikel befasst sich mit dem Philosophen und Theologen Johannes von Paris Zu anderen Personen und Bedeutungen siehe Jean de Paris Johannes von Paris auch genannt Johannes der Taube oder Johannes Quidort bzw Jean Quidort um 1255 60 in Paris 22 September 1306 in Bordeaux war ein Philosoph und Theologe der Spatscholastik und der Pariser Thomistenschule Er lebte an der Pariser Universitat und wurde franzosisch Jean Le Sourd im mittelalterlichen Latein Johannes De Soardis und auch Surdus oder Monoculus genannt Bekannt machte ihn insbesondere sein klares Eintreten fur die Selbstandigkeit der weltlichen Macht gegenuber dem papstlichen Suprematieanspruch als es zwischen Konig Philipp IV Frankreich und Papst Bonifaz VIII zum Konflikt kam Die Entwicklung seiner dualistischen Herrschafts Konzeption macht ihn zu einem Vorlaufer von Marsilius von Padua und Wilhelm von Ockham Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Dualistische Zweigewaltenlehre 3 Ausgaben und Ubersetzungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenUm 1255 1260 in Paris geboren war Johannes seit mindestens 1290 seinem Eintritt in den Dominikanerorden Magister artium entspricht etwa dem heutigen Assistenz Professor Nachdem er 1286 fur einige seiner theologischen Positionen verdammt worden war konnte er sich aber spater erklaren und war rehabilitiert In den 1290er Jahren schrieb er eine Reihe theologischer Werke und Predigten in denen er unter anderem die Lehre seines Ordensbruders Thomas von Aquin gegen Wilhelm de la Mare aus der Bonaventuraschule verteidigt und sich gegen die Lehren des Arnold von Villanova wendet Schon in seinen engagierten Schriften zur Verteidigung der Lehre des Thomas von Aquin gegen franziskanische Kritiker zeigt Quidort sich als streitbarer Mann In dieser Zeit entstanden auch einige philosophische und naturwissenschaftliche Traktate Quodlibetum Nach 1300 lebte Quidort im beruhmten Dominikanerkonvent St Jacques zu Paris Seine politische Hauptschrift De potestate regia et papali Uber konigliche und papstliche Gewalt entstand wohl Ende 1302 Anfang 1303 zumindest offenbar bevor die Bulle Unam sanctam in Paris bekannt wurde In diesem Werk bestimmt er das Verhaltnis von geistlicher und weltlicher Gewalt indem er die zwei Schwerter des Neuen Testaments vgl Lk 22 38 als beide von Gott eingesetzt und damit als gleichwertige Machte nebeneinander begreift Mit dieser Negation des papstlichen Anspruchs auf Oberherrschaft uber den franzosischen Konig und seiner Unterschrift unter die Forderung des koniglichen Hofes nach einem Konzil zur Beilegung des Streits gerat Quidort besonders in Gegensatz zur Kurie und zu Heinrich von Cremona Jakob von Viterbo und Aegidius Romanus Letzterer war Erzbischof von Bourges und wurde Quidorts spaterer Gegner im Streit um die Transsubstantiationlehre 1304 wurde Quidort auch Magister der Theologie Wegen seiner eigenwilligen Abendmahlslehre die er in Determinatio 1304 zum Ausdruck gebracht hatte wurde er vom Bischof von Paris und einer Theologenkommission 1305 zensuriert und aus der Universitat ausgeschlossen Seine Impanationslehre Erklarungsmodell fur die Gegenwart Christi in der Eucharistie erlautert er in der Schrift De transsubstantiatione panis et vini in sacramento altaris Darin leugnet er die gultige Transsubstantiationslehre der Kirche zwar nicht will sie aber auch nicht als Glaubenswahrheit ansehen Quidort wollte seine Position gegenuber Papst Clemens V 1305 1314 verteidigen und reiste dazu nach Bordeaux wo die Kurie gerade weilte Doch noch vor der endgultigen Entscheidung verstarb Quidort Dualistische Zweigewaltenlehre BearbeitenMit der Wende von Bonifaz VIII zu Clemens V endeten die uberhohten papstlichen Machtanspruche und eine Abhangigkeit des Papstes vom franzosischen Konig der nun in Avignon residierte begann Diese Auseinandersetzung wurde durch eine teilweise polemisch gefuhrte literarisch theologische Debatte begleitet Dabei standen sich zwei Arten der Zweigewaltenlehre gegenuber Die hierokratische in der die weltliche Gewalt praktisch in der geistlichen aufgeht und sich das Konigtum dem Papst unterzuordnen hat und die dualistische die auch Quidort vertrat Mittels des Aristotelismus des Thomas von Aquin stellt Quidort die Unabhangigkeit der Staatsgewalt heraus meist in den Worten von Thomas selbst aus dessen Furstenspiegel er ganze Abschnitte ubernommen hat Ausgehend von der Gleichursprunglichkeit der beiden Gewalten geistliche Papst und weltliche Konig folgert Quidort ihre prinzipielle Gleichrangigkeit Beide seien aus einer hoheren Gewalt Gott abgeleitet und wegen dieses gleichen Ursprungs konnten beide Spharen eine je eigene Struktur besitzen Das Priestertum rechnet er dabei der Heilsgeschichte und der Sphare der spiritualia zu Die Konigsherrschaft das regnum wurzelt dagegen in den ontologischen Voraussetzungen des Menschseins Das Priesteramt welches zwischen Gott und den Menschen vermittelt tritt fur Quidort erst durch die Erscheinung Christi in sein eigentliches Recht Dagegen gabe es das Naturrecht der Konige also die politische Herrschaft seit dem ersten Auftreten der Menschen Die Notwendigkeit politischer Organisation ist also ganz nach Aristoteles eine Folge aus den naturlichen menschlichen Veranlagungen als gesellschaftliches und politisches Lebewesen animal sociale et politicum Quidort fuhrte auch ein kaum widerlegbares historisches Argument an dass auch Frankreich als Missionsland bereits vor der Christianisierung politisch verfasst war Das Konigtum also alter als die papstliche Gewalt sei Die Legitimitat der weltlichen Macht konne deshalb nicht vom Priestertum herruhren Da beide Gewalten unterschiedliche Strukturen haben kann Quidort die Weltkirche als Einheit denken den damals sich herausbildenden Nationalstaaten Frankreich aber ein eigenes Daseinsrecht auch jenseits des Weltkaisertums zubilligen Gott habe offenbar eine Weltkirche gewollt so Quidort aber eben keinen Weltstaat Die Menschen fuhlten auch keinen naturlichen Trieb und keine Verpflichtung aus gottlichem Recht sich auf einen hochsten Weltherrscher hin ordnen zu lassen 1 Die Vielfalt bei gleichzeitiger Einheit ergibt sich aus der aristotelischen Philosophie Die Seelen sind uber die menschliche Wesensform miteinander verbunden und besitzen die gleiche Seinsqualitat die somit auch die Einheit der Menschen begrundet Die offenbaren korperlichen Unterschiede beispielsweise durch verschiedene Klimazonen fuhren zu sozialen Unterschieden die auch verschiedene politische Systeme erklarten Das kirchliche Eigentum gilt Quidort dabei als Gemeineigentum das von einer einheitlichen Gewalt verwaltet werden musse Uber das Eigentum der Laien sei aber jeder sein eigener Herr da es durch eigene Anstrengung erworben wurde Jeder Mensch ist also sein eigener Verwalter weder Furst noch Papst durfen in dieses Eigentumsrecht eingreifen Die weltliche Macht ist insbesondere dazu da die zwangslaufig entstehenden Konflikte zwischen privaten Eigentumern im Sinne einer gerechten Entscheidung beizulegen Diese Unterscheidung zwischen Eigentumsrecht und Herrschaft ist eine der wichtigsten Leistungen von Quidorts Theorie Die Person die Herrschaft uber andere Menschen hat wird durch die Zustimmung der Menschen per consensum hominum eingesetzt beim Konig wie auch beim Papst durch einen Wahlakt electio Da beide durch den Menschen bestimmt sind konnen diese fur Quidort auch bei Amtsverfehlungen enthoben werden Dazu bleiben beiden Spharen Eingriffsrechte in die andere wenn die normalen Korrektionsmoglichkeiten nicht greifen und die gute Gesellschaft bonum commune auf dem Spiel steht So formuliert Quidort konsequent Es ist dem Fursten erlaubt den Missbrauch des geistlichen Schwerts so zuruckzuweisen wie er es vermag auch durch sein materielles Schwert denn sonst truge er sein Schwert ohne Grund 2 Die Drohung gegenuber Bonifatius VIII ist hier deutlich herauszuhoren oder wie Jurgen Miethke schreibt hat Quidort damit eine Gewaltaktion wie das Attentat von Anagni 1303 nicht nur vorweg gebilligt sondern theoretisch begrundet ja anscheinend sogar gefordert 3 Quidorts Schlussfolgerungen zeigen dass auch eine gemassigte Theorie via media wie er sie anstrebte zur Begrundung radikaler politischer Massnahmen in der Lage war Ausgaben und Ubersetzungen BearbeitenFritz Bleienstein Johannes Quidort von Paris uber konigliche und papstliche Gewalt De regia potestate et papali Stuttgart 1969 Literatur BearbeitenHeiner Bielefeldt Von der papstlichen Universalherrschaft zur autonomen Burgerrepublik Aegidius Romanus Johannes Quidort von Paris Dante Alighieri und Marsilius von Padua im Vergleich In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur Rechtsgeschichte Kanonistische Abteilung Band 73 1987 S 70 130 Christof Dahm Johannes von Paris In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 3 Bautz Herzberg 1992 ISBN 3 88309 035 2 Sp 512 515 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Jurgen Miethke Arnold Buhler Hrsg Das Publikum politischer Theorie im 14 Jahrhundert Munchen 1992 Jurgen Miethke Politische Theorien im Mittelalter In Hans Joachim Lieber Hrsg Politische Theorien von der Antike bis zur Gegenwart Bonn 1993 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Johannes von Paris im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literaturverweise von der Universitat RostockEinzelnachweise Bearbeiten Miethke 1993 S 105 Quidort zit nach Miethke 1993 S 106 Miethke 1993 S 106 Normdaten Person GND 119080664 lobid OGND AKS LCCN n91040018 VIAF 1244097 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Johannes von ParisALTERNATIVNAMEN QuidortKURZBESCHREIBUNG Theologe der SpatscholastikGEBURTSDATUM um 1255GEBURTSORT ParisSTERBEDATUM 22 September 1306STERBEORT Bordeaux Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johannes von Paris amp oldid 235974495