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Das Jazzfest Berlin bis 1980 Berliner Jazztage zahlt zu den altesten und angesehensten Jazz Veranstaltungen Europas Als Berliner Jazztage 1964 von Joachim Ernst Berendt und Ralf Schulte Bahrenberg gegrundet mit Unterstutzung von George Wein geniesst das Festival den Ruf eines progressiven und zugleich traditionsbewussten Jazzereignisses europaischer Pragung Es findet jeweils im Herbst statt und wird von den Berliner Festspielen ausgerichtet Haus der Berliner Festspiele Hauptveranstaltungsort fur das Jazzfest Berlin seit 2001 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Popularisierung des Jazz durch das Fernsehen 1 2 Unruhige 1970er Jahre 1 3 Wechselnde Leitungen ab den 1990er Jahren 2 Kunstlerische Leiter 3 Dokumentarfilm 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Berliner Philharmonie Buhne der Berliner Jazztage 1964 1993 1 Das Jazzfest Berlin entstand als Bestandteil der Berliner Festwochen deren Intendant Nicolas Nabokov an Berendt herantrat im Rahmen der Festwochen 1964 ein Jazzfestival zu organisieren Ein Hohepunkt war der erstmalige Auftritt des zweiten Miles Davis Quintetts mit Ron Carter Tony Williams Herbie Hancock Wayne Shorter mit der Live Aufnahme Miles in Berlin vom 25 September Ursprunglich sollte dies ein einmaliges Ereignis bleiben Jazz Salons hatten die Festwochen schon 1959 und 1961 organisiert wobei Berendt am Rande beteiligt war Berendt Schulte Bahrenberg und Wein traten danach direkt an den Berliner Senat heran und erreichten eine Fortsetzung als eigenstandige Veranstaltung ab 1965 wobei das Jazzfest in den November verlegt wurde und unabhangig von den Festwochen agierte Trager wurde nun eine neu gegrundete Festspielgesellschaft bestehend aus Berendt Schulte Bahring und Wein die gunstige Bedingungen durchsetzen konnten wie etwa die Ausschuttung eines Gewinnuberschusses Popularisierung des Jazz durch das Fernsehen Bearbeiten Der erste Veranstaltungsort der Berliner Jazztage war die gerade fertiggestellte von Hans Scharoun entworfene Berliner Philharmonie Berendt konnte die Fernseh und Rundfunkanstalten der ARD das ZDF das Land Berlin und den Bund fur die Finanzierung eines international konzipierten Jazz Festivals gewinnen Zu den ersten Berliner Jazztagen mit dem Thema Schwarz Weiss Afrika Europa schickte Martin Luther King ein Geleitwort in dem er die Kraft der Jazzmusik als Starkung der US amerikanischen Civil Rights Movement hervorhob 2 Wichtige amerikanische Musiker die sich eine Weile zuruckgezogen hatten wie Ornette Coleman Charles Mingus und Gil Evans wahlten die Berliner Jazztage fur ihre Ruckkehr auf der Buhne 3 Der Jazzkritiker Nat Hentoff ausserte die Jazztage seien Europe s if not the World s leading Jazz Festival 3 Berendt orientierte jedes Festival an bestimmten Themen 1965 beispielsweise die Begegnung mit Japan und 1966 Jazz und Barock wobei der Schweizer Jazzpianist George Gruntz erstmals eingebunden war Dabei legte Berendt Wert auf eine moglichst breite Palette der vorgestellten Jazzstile und die Nutzung des Festivals fur Experimente Sie sollten nicht einfach nur wie auf den US amerikanischen Festivals bekannte Jazzmusiker prasentieren die man auch sonst auf Touren in Jazzclubs und Konzerten horen konnte 4 In den ersten Jahren wurden aber trotz anderer programmatischer Anspruche auch Jamsessions prasentiert es kam zu erheblichen Langen und zu turbulenten Beschwerden des Publikums 5 1967 nutzte Berendt das Festival um unter dem Motto Jazz Meets the World das erste Weltmusikfest des Jazz zu gestalten Der Multiinstrumentalist Don Cherry fuhrte seine Symphony for Improvisers auf ein Bossa Nova als auch ein Jazz meets India Konzert wurden gegeben und in Noon in Tunesia spielten eine Gruppe von Beduinen Musiker mit George Gruntz Sahib Shihab Jean Luc Ponty Eberhard Weber und Daniel Humair 1968 spaltete Don Cherrys Free Jazz in Eternal Rhythm das Publikum 6 mit der Live Aufnahme des gleichnamigen Albums vom Festival doch die Kritiker waren uberwiegend begeistert Berendt hielt Cherry fur einen der herausragendsten Vertreter von Weltmusik 1968 kam es nach Ausladung von Peter Brotzmann zur Grundung des Total Music Meeting als Gegenveranstaltung die ganz auf freie Musik und vorwiegend europaische Musiker setzte Berendt beanspruchte bei den Berliner Jazztagen den ganzen Jazz zu prasentieren auch Popjazz und Rockjazz Schulte Bahrenberg als Organisator des Festivals bestatigte dass diese Idee einer umfassenden Darstellung des Jazz ein Grund fur die guten Kartenverkaufe gewesen sei ein wenig Avantgarde jedoch nicht zu viel sondern fur jeden etwas 7 Berendt sah das Jazzfestival auch wegen der besonderen Lage Berlins als Mittel im Ost West Konflikt entspannend zu wirken und lud osteuropaische Musiker ein Symptomatisch dafur war auch sein Kompositionsauftrag an Oliver Nelson 1970 Berlin Dialogues for Orchestra Unruhige 1970er Jahre Bearbeiten 1972 griff Siegfried Schmidt Joos massiv Berendts Leitung des Jazzfests und dessen einflussreiche Rolle im Jazz in Deutschland an 8 Berendt und Schulte Bahrenberg wehrten sich unter anderem im Programmheft des Jazzfestes von 1972 trotzdem liess sich Berendts Position als Leiter des Jazzfestes nicht mehr halten 9 Berendts Nachfolger wurde George Gruntz der zwischen 1972 und 1994 mit der kunstlerischen Leitung betraut war Gleich beim ersten Festival von Gruntz 1973 das eigentlich gut lief Miles Davis kam zum funften Mal auf das Festival kam es zum Eklat als das kritische Berliner Publikum die Duke Ellington Band auspfiff ahnlich wie einige Jahre 1969 zuvor Sarah Vaughan da dem 68er Publikum ihr Ballkleid nicht gefiel das sie an Opernsanger erinnerte und ihr Repertoire aus Standards 10 Die Ellington Band hatte zuvor ein anstrengendes Konzertprogramm in Osteuropa absolviert und war ubermudet Paul Gonsalves nickte nach Take the A Train auf der Buhne ein Ellington musste bald darauf abbrechen und wurde mit Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert das Programm setzte der anwesende George Wein an seiner Stelle am Klavier fort Wie Gruntz dazu bemerkte konnte das Jazzfest dank seiner finanziellen Mittel fruhzeitig Musiker buchen und deren Agenten nutzten dies um zuvor Touren der Jazzmusiker in Europa zu organisieren Das Verhalten des Publikums verschaffte dem Festival aber in den Augen vieler US amerikanischer Jazzstars einen schlechten Ruf und Gruntz hatte vorubergehend Probleme bei deren Engagement 11 Gruntz legte zunehmend den Schwerpunkt auf Fusion und Jazz als Weltmusik 1978 kam es zu einem Eklat als Miriam Makeba und Abdullah Ibrahim Dollar Brand sich vor dem Konzert nicht ausreichend abgesprochen hatten und kein abendfullendes Programm prasentieren konnten 12 Es kam zu Unruhen und Randalen im Publikum und Sitzblockaden Die Festspielleitung konnte darauf schnell reagieren und lud die rund 2200 Zuschauer in der Philharmonie kostenlos in das zweite Abendkonzert von Makeba und Ibrahim ein Carla Bley komponierte anschliessend fur das Festival 1979 mit Anspielung auf das Verhalten des Publikums Boo to you too Wie Gruntz in seinen Erinnerungen bemerkte war die Zeit der Buhrufer damals aber vorbei und er musste fur Carla Bleys Auffuhrung extra solche engagieren 1980 spitzte sich zwischen Schulte Bahrenberg und Gruntz der Konflikt zu 13 Nach einem Gerichtsprozess mussten sich die Berliner Jazztage ab 1981 Jazzfest nennen und die Leitung ubernahm stattdessen die Berliner Festspiele GmbH Aus der Sicht von Gruntz war Schulte Bahrenberg der letzte verbliebene Vertreter der ursprunglichen Festspielgesellschaft der die im ursprunglichen Grundungsvertrag festgeschriebene Gewinnausschuttung vollstandig fur eine publikumsorientierte Einladung bekannter Jazzmusiker verwenden wollte Gruntz dagegen wollte das Budget ausschopfen um damit Experimente zu fordern angeblich ganz im Sinne von Berendts ursprunglichen Programmideen fur das Festival 14 In den 1980er Jahren wurde das Jazzfest beliebter seine Prasentationen waren auf anregende wenn nicht aufregende Weise neu uberraschend und obendrein von einer oft ganz ausserordentlichen Qualitat einer von deren Existenz man so gut wie nichts wusste 15 Wechselnde Leitungen ab den 1990er Jahren Bearbeiten nbsp Haus der Kulturen der Welt Hauptveranstaltungsort des Jazzfestes Berlin 1994 2000 1 Seit den 1990er Jahren geriet das Festival wieder in die Kritik gegenuber Gruntz wurde der Vorwurf erhoben dass die Programmausrichtung stagniere Albert Mangelsdorff legte als kunstlerischer Leiter von 1995 bis 2000 den Schwerpunkt auf die europaischen Entwicklungen Wahrend Mangelsdorff die Qualitat des Festivals wieder anheben konnte wurde Peter Schulze der Vorwurf der Beliebigkeit gemacht 16 Der Hauptveranstaltungsort wechselte 2001 vom Haus der Kulturen der Welt ins Haus der Berliner Festspiele 1 Bespielt werden ausserdem die Jazzclubs Quasimodo und A Trane sowie die Akademie der Kunste am Hanseatenweg Die ARD ubertragt einen Teil der Konzerte und finanziert auch einen Teil des Etats 17 Mit einem funftagigen Programm mit Kunstlern wie Lizz Wright Joe Sample Steve Swallow und Charles Lloyd beendete Nils Landgren im November 2011 die Leitung des Festivals 18 Von 2012 bis 2014 war der Jazzjournalist und Musikkritiker Bert Noglik kunstlerischer Leiter des Jazzfest Berlin 2015 folgte ihm der britische Jazzjournalist Richard Williams 19 Williams legte Wert darauf neuen Entwicklungen im Jazz ein Forum zu geben 20 Ab 2018 gestaltet die Konzertmanagerin Nadin Deventer das musikalische Programm 2021 wurde das Jazzfest Berlin mit dem Europe Jazz Network Award for Adventurous Programming fur seine anspruchsvolle Programmgestaltung ausgezeichnet Es ist eines der altesten Jazzfestivals in Europa und hat es dennoch geschafft sich zu erneuern und musikalische sowie kulturelle Grenzen zu durchbrechen eine jungere Generation von Veranstalterinnen und Kunstlerinnen einzubeziehen mit neuen Veranstaltungsraumen zu experimentieren und innovative Projekte in Auftrag zu geben 21 Kunstlerische Leiter Bearbeiten1964 1971 Joachim Ernst Berendt 1972 1994 George Gruntz 1995 2000 Albert Mangelsdorff 2001 Nils Landgren 2002 John Corbett 2003 2007 Peter Schulze 2008 2011 Nils Landgren 2012 2014 Bert Noglik 2015 2017 Richard Williams Seit 2018 Nadin DeventerDokumentarfilm BearbeitenMeilensteine 40 Jahre JazzFest Berlin Dokumentarfilm Deutschland 2004 43 30 Min Buch und Regie N N Produktion arte Erstsendung 7 November 2004 bei arte Filmdaten 10 Siehe auch BearbeitenJazz in DeutschlandWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Jazzfest Berlin Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Offizielle Festival PrasenzEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Archiv Jazzfest Berlin Spielstatten In Berliner Festspiele abgerufen am 2 August 2017 J E Berendt Das Leben ein Klang Wege zwischen Jazz und Nada Brahma Droemer Knaur Munchen 1996 ISBN 3 426 26933 3 S 325 a b J E Berendt Das Leben ein Klang Munchen 1996 S 326 Andrew Wright Hurley The return of Jazz Joachim Ernst Berendt and West German Cultural Change Berghahn Books New York 2009 ISBN 978 0 85745 162 0 S 82 Hurley zitiert aus Berendts Programmheft fur das erste Jazzfestival siehe Zitat Siegfried Schmidt Joos Festival des Pianos Arten und Unarten bei den Berliner Jazztagen 1965 In Die Zeit Nr 47 1965 Hurley S 214 Andrew Hurley Joachim Ernst Berendt Jazz U Musik Pop Jazz und die Ambivalenz In Wolfram Knauer Hrsg Jazz Goes Pop Goes Jazz Der Jazz und sein gespaltenes Verhaltnis zur Popularmusik Darmstadter Beitrage zur Jazzforschung Band 9 Wolke Hofheim am Taunus 2006 S 37 59 Siegfried Schmidt Joos Affaren Etwas abgezapft In Der Spiegel Nr 41 1972 abgerufen am 10 Mai 2021 George Gruntz mit Gerd Haffmans Als Weisser Neger geboren Ein Leben fur den Jazz Corvus Verlag bei Zweitausendeins 2002 ISBN 3 9522460 1 8 S 89ff Gruntz war danach schon vor dem Spiegel Artikel in Verhandlungen um eine Nachfolge zogerte aber noch a b Josef Engels Blick zuruck ins Horn Memento vom 11 August 2013 im Webarchiv archive today In Berliner Morgenpost 3 November 2004 zum 40 jahrigen Jubilaum des Jazzfestes Sarah Vaughan wurde damals sogar mit Klopapierrollen beworfen Gruntz Als Weisser Neger geboren S 94 Gruntz Als weisser Neger geboren S 126 Letztes Scharmutzel In Der Spiegel Nr 46 1980 online Gruntz Als weisser Neger geboren S 133 Manfred Sack Berliner Jazztage 1980 Musik fur Augen und Ohren In Die Zeit Nr 46 1980 Jens Balzer Jazz ist anders In Berliner Zeitung 5 November 2007 Jens Balzer Ruhrei in Wilmersdorf In Berliner Zeitung 7 November 2003 Kai Muller Berliner Jazzfest Schwede fur Berlin In Der Tagesspiegel 19 Januar 2001 Christian Broecking Kirche Sklaverei und Funk In Suddeutsche Zeitung 8 November 2011 Titel in der Druckausgabe Das Hohelied der Freiheit pem Der britische Journalist Richard Williams wird neuer JazzFest Leiter Memento vom 8 Oktober 2014 im Webarchiv archive today In Berliner Morgenpost 18 Oktober 2014 Alexander Gumz Neuer Jazzfest Chef Ein Brite der zu begeistern weiss Memento vom 2 August 2017 im Webarchiv archive today In Berliner Morgenpost 17 Oktober 2015 Jazzfest Berlin mit Award for Adventurous Programming des Europe Jazz Network ausgezeichnet In Jazzzeitung 14 April 2021 abgerufen am 17 April 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jazzfest Berlin amp oldid 238859626