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Der Ingeborg Psalter frz Le Psautier d Ingeburge Musee Conde Ms 9 Olim 1695 ist ein Psalter der um das Jahr 1200 fur Ingeborg von Danemark die Ehefrau des franzosischen Konigs Philipp II Augustus angefertigt wurde Bei diesem prachtvollen Manuskript handelt es sich um eines der Hauptwerke der franzosischen Buchmalerei der fruhen Gotik Heute befindet es sich im Musee Conde in Chantilly Die Ausgiessung des Heiligen Geistes aus dem Ingeborg Psalter Chantilly Musee Conde Ms 9 fol 32v Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 1 1 Kalender 1 2 Miniaturen 1 2 1 Wurzel Jesse 1 2 2 Theophilus Legende 1 3 Psalter 2 Herstellung 3 Spatere Geschichte des Kodex 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDer Kodex besteht aus etwa 200 Pergamentseiten mit den Ausmassen 30 4 20 4 cm Der Einband aus Leder wurde im 19 Jahrhundert zusatzlich von einem inzwischen stark abgewetzten Einband aus violettem Samt umgeben in den Le psaultier fu Saint Loys eingestickt ist eine Kopie eines handschriftlichen Eintrags auf der letzten Kalenderseite 1 Das Buch ist sehr gut erhalten Die ersten funf Lagen enthalten einen Kalender und 27 Seiten mit Buchmalereien mit Goldgrund Die bemalten Seiten sind auf der Ruckseite jeweils leer gelassen Erst danach beginnt der eigentliche Psalter Jeder Psalm und jedes Gebet wird mit einer Initiale eingeleitet Der Text der 150 Psalmen folgt der lateinischen Vulgata und umfasst 167 Seiten Er ist in der sogenannten littera psalteralis einer um 1200 verwendeten Buchschrift geschrieben Die Buchstaben sind so einheitlich und kalligraphisch qualitatsvoll gestaltet dass nicht unterschieden werden kann zwischen verschiedenen Schreibern Liturgische Gebete schliessen das Buch ab Sie waren ursprunglich mit femininen Flexionsformen formuliert was an einigen Stellen von einem spateren mannlichen Benutzer geandert wurde 2 Kalender Bearbeiten Die zwolf Kalenderseiten enthalten jeweils einen Monat bei dem Feier Heiligen und Gedenktage eingetragen sind Es handelt sich um einen ewigen Kalender bei dem anstelle der Wochentage Buchstaben von A bis F eingetragen sind Als Uberschrift fur jeden Monat dient ein Hexameter der die Zahl der Tage nennt Das Kalendarium folgt dem damals ublichen Schema der Heiligenkalender Fur die Schrift wurden vier Farben neben schwarzer Tinte blau rot und gold verwendet wobei die mit D ies eg dies AEgyptiaci agyptische Tage bezeichneten Ungluckstage rot markiert sind Die mit Gold notierten Heiligenfeste sind von dem Maler der Medaillons in das bereits angelegte Schema nachgetragen Einige wenige nekrologische Eintrage s u wurden spater von Ingeborg oder ihrem Schreiber eingefugt 3 Auf jeder Seite befinden sich zwei Miniaturen in einem runden Rahmen auf Goldgrund das Tierkreiszeichen das jeweils neben dem Tag eingefugt ist an dem die Sonne in das entsprechende Sternbild eintritt und eine zum Monat passende Alltagszene beispielsweise die Schafschur im Juni und das Keltern des Weines im September Miniaturen Bearbeiten Die insgesamt 51 halb und ganzseitige Miniaturen im fruhgotischen Stil stehen weder inhaltlich noch formal im Zusammenhang zu den Texten sondern bilden eine fur sich abgeschlossene Bilderbibel die neben Szenen aus dem Leben Jesu auch vier alttestamentliche Szenen und einen Zyklus mit sechs Bildern die sich auf die Verehrung der Gottesmutter Maria beziehen enthalt Jede Bildseite ist von einem Rahmen umgeben der dort wo zwei oder drei Bilder auf einer Seite stehen diese voneinander trennt Der Goldgrund ist in einigen Bilder durch Punzenmuster verziert Sie zeigen 4 fol 10v oben und unten Abraham und die drei Manner Engel im Hintergrund jeweils Sara fol 11r oben Abraham und Isaak auf dem Weg zur Opferung unten Bindung Isaaks fol 12v oben Mose vor dem brennenden Dornbusch unten Mose auf dem Berg Sinai fol 13r oben Anbetung des Goldenen Kalbs unten Mose zerschmettert die Gesetzestafeln fol 14v ganzseitig Wurzel Jesse fol 15r oben links Verkundigung des Herrn oben recht Maria bei Elisabeth unten Christi Geburt fol 16v oben Verkundigung an die Hirten unten Darstellung Jesu im Tempel fol 17r oben Die Heiligen drei Konige bei Herodes unten Anbetung der Heiligen drei Konige fol 18v oben Kindermord in Bethlehem unten Flucht nach Agypten eine moglicherweise nach dem Vorbild des Psalters gestaltete Darstellung dieser Szene bei der nicht Maria sondern Joseph das Jesuskind tragt findet sich auf auf rechten Fenster im Chor der Kathedrale von Laon 5 fol 19r oben Taufe Jesu bei der die Taube ein Salbgefass im Schnabel halt unten Versuchung Jesu fol 20v ganzsseitig Verklarung des Herrn fol 21r oben und unten Jesus und die Ehebrecherin fol 22v oben Auferweckung des Lazarus unten Einzug in Jerusalem fol 23r oben Abendmahl Jesu Judas hockt unter dem Tisch greift in die Schussel und fuhrt gleichzeitig eine Hostie zum Mund wahrend Jesus den ubrigen am Tisch aufgereihten Jungern Hostie und Kelch reicht unten Fusswaschung fol 24v oben und unten Jesus im Garten Getsemane fol 25r oben Judaskuss unten Jesus vor Pontius Pilatus fol 26v oben Geisselung unten Kreuztragung fol 27r oben Kreuzigung rechts und links von der Kreuzigungsgruppe Ecclesia und Synagoge unten Kreuzabnahme fol 28v oben Waschung und Salbung des Leichnams unten Die Frauen am leeren Grab fol 29r oben Christus in der Vorholle wo er Adam und Eva und die Heiligen drei Konige erlost unten Jesus erscheint Maria Magdalena Noli me tangere fol 30v oben Emmaus unten Maria Magdalena berichtet den Jungern von der Auferstehung Christi fol 31r oben Der unglaubige Thomas unten Himmelfahrt Christi fol 32v ganzseitig Pfingsten fol 33r ganzseitig Jungstes Gericht fol 34r oben Marienkronung unten Marientod fol 35v oben Theophilus schliesst einen Pakt mit dem Teufel unten Maria erscheint dem reuigen Theophilus vor einem Altar fol 36r oben Maria entreisst dem Teufel den Vertrag unten Maria gibt Theophilus den Vertrag zuruck Wahrend die in einigen Bildern wiedergegebenen Zitate lateinisch sind sind die nachtraglich in Goldschrift uber bzw unter dem Rahmen der einzelnen Bilder angebrachten Kommentare franzosisch Sie werden demselben Schreiber zugeschrieben der auch die Heiligentage im Kalender in Goldschrift einfugte Wurzel Jesse Bearbeiten Die Wurzel Jesse eine Darstellung des Stammbaums Jesu als Lebensbaum ist auf die Hauptfiguren verkurzt Uber dem auf einem Bett liegenden Isai sind im Mittelstamm Konig David mit einer Fidel und sein Sohn Konig Salomo als Dichter des Hohenlieds mit einer Harfe abgebildet Danach folgen gleich Maria und als oberster in einer von den Asten gebildeten Mandorla der thronende Jesus in der Majestas Domini umgeben von sieben Tauben die die aus der Vulgatafassung von Jes 11 2 3 EU abgeleiteten sieben Gaben des Heiligen Geistes symbolisieren und zwei Engeln Gerahmt wird der Lebensbaum von vier Propheten auf der linken Seite Amos Daniel und Maleachi jeweils mit Spruchbandern die einen auf Jesus Christus bezogenen Vers enthalten auf der rechten Seite befinden sich ausser dem Propheten Ezechiel eine Sibylle beide mit Spruchband sowie ein am Choschen als Hohepriester zu erkennenden Mann 6 mit Lilienzweig Neben jedem Kopf dieser sechs Personen ist eine Taube als Symbol des Heiligen Geistes abgebildet Anders als bei den biblischen Propheten und dem Priester ist der Kopf der Sibylle aber nicht von einem Heiligenschein umgeben 7 Theophilus Legende Bearbeiten Die Theophilus Legende die auf den letzten vier deutlich schlichter gehaltenen Bildern im Zusammenhang des Marienzyklus wiedergegeben ist erzahlt von dem Archidiakon Theophilus von Adana der 537 aus Bescheidenheit die Wahl zum Bischof ausschlagt Dann aber setzt der stattdessen gewahlte Bischof Theophilus ab worauf dieser aber einen Teufelspakt schliesst um nun doch Bischof zu werden Kaum ist er Bischof wird er von Reue ergriffen Nach vierzigtagigem Fasten erscheint ihm die Gottesmutter am Altar Durch ihre Furbitte bei Gott erhalt er Absolution Die Geschichte ist in dem Legendenbuch von Hrotsvit von Gandersheim aus dem 10 Jahrhundert enthalten und war das gesamte Mittelalter hindurch beliebt wie auch das niederdeutsche Theophilus Spiel aus dem 15 Jahrhundert zeigt Besonders in Frankreich im 13 Jahrhundert wurde die Legende haufig in Kirchen abgebildet 8 beispielsweise in dem auf 1215 datierten linken Fenster der Ostwand der Kathedrale von Laon 9 Psalter Bearbeiten Der eigentlich Psalter beginnt mit einer ganzseitigen B Initiale fur Beatus vir den Beginn des 1 Psalms Sie zeigt die Salbung Davids durch den Propheten Samuel Auch einige weitere Initialen der Psalmen zeigen Szenen aus dem Leben der Konigs und Psalmdichters David 10 sind jedoch deutlich kleiner Die ubrigen Initialen sind rein ornamental Zudem wird jeder einzelne Vers durch einen abwechselnd blau und golden geschriebenen Buchstaben eingeleitet Herstellung BearbeitenDer Name des Malers der Miniaturen im Psalter ist nicht bekannt daher wird er in Fachkreisen mit dem Notnamen Meister des Ingeborg Psalters bezeichnet Seine dreidimensionale Darstellung der Figuren und deren ausdrucksvolle Gestik heben sein Werk aus der Epoche hervor und weisen bereits auf Stil Elemente die dann die Fruhgotik pragen werden 11 Florian Deuchler nimmt an dass zwei Maler an der Herstellung der Miniaturen beteiligt waren von denen der altere sich noch mehr an der byzantischen Kunst orientierte wahrend erst der jungere dem er das u a Pfingstbild zuschreibt sich uber den strengen romanischen Stil hinausentwickelte 12 Die im Kalender aufgefuhrten Heiligen und in der Litanei im Gebetsteil sind teilweise im nordfranzosischen oder flandrischen Raum besonders in Vermandois und Noyon zu verorten etwa Amand von Maastricht oder die heilige Genoveva von Paris Auffallig ist auch die herausragende Rolle der Maria Magdalena in den Miniaturen die auf den Magdalenenkult in Soissons hinweisen konnt Eine Herkunft aus dem nordostlichen Frankreich scheint dabei wahrscheinlich auch wenn sich aus der Auswahl der Heiligen keine eindeutige kirchengeographische Einordnung ergibt 13 nbsp Grabplatte der Ingeborg von Danemark in Saint Jean sur l Isle bei CorbeilIngeborg war die Tochter des danischen Konigs Waldemar I Es wird angenommen dass Waldemar I bereits um 1170 fur seinen Sohn Knut VI ein ahnliches Andachtsbuch den Kopenhagener Psalter in Nordengland anfertigen liess 14 Die Zuordnung des Psalters an Ingeborg wird belegt durch vier spatere Eintragungen im Kalender die Sterbedaten von Ingeborgs Eltern Waldemar I 12 Mai 1182 und Sophia von Minsk 5 Mai 1198 und von Ingeborgs Hofdame Eleonore von Vermandois 13 Juni 1213 sowie der Tag der fur Philipp siegreichen Schlacht bei Bouvines am 27 Juli 1214 15 Ingeborg wurde am 15 August 1193 nach nur kurzen Verhandlungen mit Philipp II Augustus verheiratet der ein politisches Bundnis mit ihrem Bruder Knut VI wunschte Ingeborg aber aus unbekannten Grunden schon nach der Hochzeitsnacht verstiess Erst nach Scheitern des Scheidungsverfahrens holte er sie 1213 wieder an den Hof Florian Deuchler halt es daher fur unwahrlich dass der Psalter im Auftrag des Konigs als Hochzeitsgeschenk geschaffen wurde Stattdessen vermutet er Ingeborg selbst oder ihre Freundin Eleonore von Vermandois die selbst ein heute als Morgan Psalter bekanntes um 1194 geschaffenes Andachtsbuch besass das grosse stilistische Ahnlichkeiten mit dem etwas jungeren Ingeborg Psalter aufweist als Auftragsgeberin Moglich ware auch dass Bischof Stephan von Tournai der Lehrer der danischen Theologen Peter und Anders Sunesen die die Hochzeit der danischen Prinzessin mit dem franzosischen Konig aushandelten im Auftrag des danischen Konigs die Herstellung der Handschrift beaufsichtigte 16 Spatere Geschichte des Kodex BearbeitenNach Ingeborgs Tod befand sich das Buch zunachst im Besitz der Konige 1418 wird es im Inventar des Chateau de Vincennes aufgefuhrt 1420 aber als vermisst angegeben Erst im 17 Jahrhundert tauchte der Kodex wieder in England auf und gelangte 1649 an die Familie Mesmer Eine im selben Jahr auf der ersten Seite niedergeschriebene Geschichte die den Verbleib des Kodex wahrend dieser drei Jahrhunderte erklaren soll gilt als Falschung 17 Ausgaben BearbeitenPsautier d Ingeburge de Danemark ADEVA Graz 1985 ISBN 3 201 01274 2 2 Bde Literatur BearbeitenReiner Haussherr Der Ingeborgpsalter Bemerkungen zu Datierungs und Stilfragen In Francois Avril Hrsg The Year 1200 A Symposium Metropolitan Museum of Art New York 1975 ISBN 0 87099 092 6 S 231 250 Mojmir S Frinta Punchmarks in the Ingeborg Psalter In Francois Avril Hrsg The year 1200 A symposium Metropolitan Museum of Art New York 1975 ISBN 0 87099 092 6 S 251 260 Florens Deuchler The artists of the Ingeborg Psalter In International Center of Medieval Art Hrsg Gesta Jg 9 1970 Heft 2 S 57 58 ISSN 0016 920X Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter De Gruyter Berlin 1967 Allison A Merrill A study of the Ingeborg Psalter Atelier Dissertation Columbia University 1994 Alte Wurzeln neue Bluten In Sonntagsblatt fur Steiermark Festbeilage Weihnachten 2006 IVWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Abbildungen aus dem Ingeborg Psalter Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien DigitalisatEinzelnachweise Bearbeiten Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 1 Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 5 Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 16f Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 3f Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 40 Deuchler deutet diesen Mann als Josef von Nazaret der Vergleich mit der Darstellung des Aaron auf der Sinai Szene lasst aber nur die Deutung als Hohepriester zu Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 32f Emile Male Religious Art in France The Thirteenth Century Princeton University Press 1984 S 262 und 266 Michael Watt Cothren The Iconography Of Theophilus Windows In The First Half Of The Thirteenth Century Thirteenth Century In Speculum Volume 59 Issue 2 S 308 341 S 335f Ingeborg Psalter J Paul Getty Museum Master of the Ingeborg Psalter 2009 englisch Online Florian Deuchler Der Ingeborgpsalter S 118 121 ders The artists of the Ingeborg Psalter Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 97f und 113 Patricia Stirnemann The Copenhagen Psalter reconsidered as a coronation present for Canute VI In The Illuminated Psalter Studies in the Content Purpose and Placement of its Images Turnhout Brepols 2004 S 323 328 Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 6 Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 114f und 147f Florens Deuchler Der Ingeborgpsalter S 7 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ingeborg Psalter amp oldid 227482018