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Eine Buchschrift oder Leseschrift bezeichnet in der Palaografie eine handgeschriebene Schrift mit formalem statischem Charakter die fur das Schreiben von Buchern Schriftrollen Kodizes Prachtbande und ahnlichen hochwertigen Schriftwerken verwendet wurde Buchseite in einer Textura mit Lombarden 14 JahrhundertBuchschriften zeichnen sich durch besonders gute Leserlichkeit Prazision und kalligrafische Asthetik aus Sie sind zeitaufwandig beim Schreiben und erfordern disziplinierte kalligrafisch ausgebildete Schreiber Buchschriften sind somit keine Gebrauchsschriften Sie sind im Regelfall keine Schreibschriften aber es gibt auch Ausnahmen wie die Buchkursiven und die arabischen Buchschriften Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 1 1 Entwicklungen 1 2 Fortleben in der Typografie 2 Beispiele 2 1 Nichtlateinische Schriften 2 2 Lateinische Schriften 2 2 1 Capitalis 2 2 2 Fruhmittelalterliche Schriften 2 2 3 Karolingische und humanistische Minuskel 2 2 4 Gebrochene Buchschriften 2 2 5 Buchkursiven 3 Andere Bedeutungen 4 Siehe auch 5 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenWegen der grossen Vielfalt lasst sich nur wenig Allgemeines uber die Merkmale von Buchschriften sagen Buchschriften konnen an den Strichenden Zierabschlusse wie Serifen oder Quadrangel haben die in Gebrauchsschriften zu zeitaufwandig und muhsam waren Sie konnen reich an Ligaturen sein die sie oft von Kursiven ubernommen haben oder nur wenige Ligaturen einsetzen Schwunge sind in Buchschriften bewusst eingesetzte kalligrafische Elemente anders als Schwunge in Gebrauchsschriften die typischerweise dem schnellen dynamischen Schreiben geschuldet sind Bei der Gestaltung der Schrift kommen unter anderem Initialen ubergrosse reich verzierte Anfangsbuchstaben von Kapiteln oder Abschnitten und Lombarden kleinere nicht ausgeschmuckte dafur aber oft farblich abgesetzte Initialen im Fliesstext zum Einsatz Diese gehoren allerdings mehr zur Buchgestaltung als zur eigentlichen Buchschrift Entwicklungen Bearbeiten Schriften entstehen nur sehr selten ohne Vorlaufer Buchschriften haben meist andere Buchschriften als Vorganger oder es gehen ihnen epigrafische Schriften voraus die anfanglich ohne grosse Veranderungen fur das Schreiben auf Buchbeschreibstoffen ubernommen werden 1 Einmal aufgekommene Buchschriften erleben mit fortschreitender Zeit oft weitere Entwicklungen Sie werden auch haufig in andere Sprachkulturen ubernommen und dort manchmal adaptiert Gebrauchsschriften entstehen in der Regel aus Buchschriften oder aus anderen Gebrauchsschriften 1 Gelegentlich gibt es auch umgekehrte Entwicklungen und aus Gebrauchsschriften entstehen durch den Prozess der Kalligraphisierung neue Buchschriften Fortleben in der Typografie Bearbeiten Im europaischen Mittelalter kamen Buchschriften vor allem in Skriptorien von Klostern sowie an den Hofen von Herrschern zum Einsatz Eine Blutezeit hatte die westliche Kalligrafie in Form von lateinischer griechischer und kyrillischer Buchschrift im Hochmittelalter als ein hoher Bedarf an Bibelabschriften bestand Mit der Erfindung des Buchdrucks im 15 Jahrhundert dienten die schonsten handgeschriebenen Buchschriften des Spatmittelalters als Vorlagen fur die Satzschriften Aus gebrochenen Buchschriften wie der Textura und Rotunda sowie sogenannten unechten Buchschriften wie der Bastarda wurden Satzschriften die sich weiterentwickelten etwa zur Schwabacher oder Fraktur Aus der in der gleichen Zeit aufgekommenen humanistischen Minuskel die auf altere ungebrochene Schriften zuruckgreift entstand die Antiqua die bis heute meistverwendete Schrift fur das lateinische Alphabet Beispiele BearbeitenNichtlateinische Schriften Bearbeiten nbsp Maghrebinische Schrift 11 Jahrhundert nbsp NaschiDie spathieratische Buchschrift im Alten Agypten Die hebraische Quadratschrift Buch Pahlavi zum Schreiben von Mittelpersisch im Sassanidenreich Die maghrebinische Schrift eine ab dem 10 Jh in Nordwestafrika und al Andalus gebrauchte arabische Buchschriftart Naschi eine kalligrafische Form der arabischen Schrift ab dem 10 Jh Nastaliq die bis heute meistgebrauchte Schrift Persiens der Legende nach im 14 15 Jhd geschaffen griechische Buchschriften kyrillische BuchschriftenLateinische Schriften Bearbeiten Hauptartikel Lateinische Palaografie Bei den lateinischen Buchschriften werden Majuskeln Minuskeln und Buchkursiven unterschieden Sie beginnen historisch mit den Schriften der Romischen Antike entwickeln sich im Mittelalter weiter und erfahren letzte neue Impulse in der Renaissance Mit dem aufgekommenen Buchdruck kommt die Produktion handgeschriebener Bucher mittelalterlichen Buchtyps zum Ende des 16 Jahrhunderts zum Erliegen 2 Seither entwickelt sich die lateinische Schrift nur noch in den Bereichen der Typografie und in der Gebrauchsschrift weiter also ausserhalb des Bereichs der Buchschriften Capitalis Bearbeiten Aus der epigrafischen Majuskel Capitalis monumentalis der Romer entstand die Buchschrift Capitalis quadrata und aus ihr die etwas zugiger zu schreibende Capitalis rustica nbsp Capitalis quadrata nbsp Capitalis rusticaFruhmittelalterliche Schriften Bearbeiten In der romischen Spatantike entstanden aus der Capitalis kursive Schriften fur den Alltag die schneller zu schreiben waren Unter diesen waren die ersten Minuskeln die statt eines Zweizeilenschemas ein Vierzeilenschema mit Ober und Unterlangen verwendeten Im Fruhmittelalter entwickelten sich aus diesen wiederum neue formalisierte Buchschriften Beispiele sind die westgotische Schrift die Unziale die Halbunziale die irische und die angelsachsische Schrift sowie die langobardische Schrift nbsp Westgotische Schrift nbsp Unziale nbsp Halbunziale nbsp Irische Schrift nbsp Angelsachsische SchriftKarolingische und humanistische Minuskel Bearbeiten Unter Karl dem Grossen wurde die vielen damals verbreiteten aus Kalligraphisierungen der Minuskelkursive entstandenen Buchschriften zu einer neuen gemeinsamen Buchschrift konsolidiert der karolingischen Minuskel Diese besonders klare und gut leserliche Schrift blieb das ganze Hochmittelalter der Standard bis die gebrochenen Schriften der Gotik sie verdrangten Die italienischen Humanisten der Renaissance hielten die karolingische Minuskel irrtumlich fur eine Schrift der Antike Sie wiederbelebten und entwickelten sie weiter zur humanistischen Minuskel und mischten sie dabei mit den Grossbuchstaben der Capitalis woraus die bis heute ubliche Praxis der Mischung von Gross und Kleinbuchstaben in der Schrift stammt nbsp Karolingische Minuskel nbsp Humanistische MinuskelGebrochene Buchschriften Bearbeiten In der Gotik kamen gebrochene Schriften in Mode Man nennt sie so wegen der ganzen oder teilweisen Brechung der Rundungen etwa der unteren Rundung beim Buchstaben u oder der oberen Rundung beim Buchstaben n Dieser Formenwandel stellt eine ahnliche Entwicklung wie der Wechsel von Rund zu Spitzbogen in der Architektur dar Beispiele gebrochener Buchschriften die im europaischen Mittelalter und Spatmittelalter in weiter Verwendung waren sind die gotische Minuskel die Textura und die Rotunda nbsp Gotische Minuskel nbsp Textura nbsp RotundaBuchkursiven Bearbeiten Der Begriff der Buchkursive bezeichnet Buchschriften die auch die Merkmale einer Kursive aufweisen Uber eine genaue Definition welche Schriften als gotische Buchkursiven Bastarden oder Hybrida bezeichnet werden herrscht unter Fachleuten Uneinigkeit Einige Autoren verwenden manche dieser Begriffe als Synonyme andere nicht Schwierigkeiten bereitet unter anderem dass es hier ein breites Ubergangsfeld zwischen Gebrauchs und Buchschriften gibt nbsp BastardaAndere Bedeutungen BearbeitenIn der Typografie werden mit Buchschrift manchmal Satzschriften bezeichnet in denen Bucher gerne gesetzt werden zum Beispiel die Garamond mit Leseschrift Satzschriften bezeichnet mit denen Mengentext gesetzt wird im Unterschied zu Akzidenzschriften Sie werden auch Werkschriften und historisch auch Brotschriften genannt Siehe auch BearbeitenKanzleischrift DruckschriftEinzelnachweise Bearbeiten a b Ahasver von Brandt Werkzeug des Historikers eine Einfuhrung in die historischen Hilfswissenschaften W Kohlhammer Verlag Stuttgart 2007 ISBN 978 3 17 019413 7 S 71 books google com Karin Schneider Palaographie und Handschriftenkunde fur Germanisten eine Einfuhrung Max Niemeyer Verlag Tubingen 1999 ISBN 3 484 64009 X S 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Buchschrift amp oldid 229139780