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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zu den auch als Gebrauchsschrift bezeichneten Texten siehe Gebrauchsliteratur Eine Gebrauchsschrift Alltagsschrift Bedarfsschrift oder Verkehrsschrift 1 bezeichnet in der Palaografie eine handgeschriebene Schrift die in einer bestimmten Schriftkultur fur den Gebrauch im Alltag etwa fur Notizen oder Briefe weit verbreitet war oder ist Der Begriff der Gebrauchsschrift uberlappt teilweise mit dem Begriff der Geschaftsschrift der Schriften fur den geschaftlichen Einsatz bezeichnet Beide Begriffe werden vorrangig dort verwendet wo in der gleichen Sprach und Schriftkultur andere formalere Schriften fur andere Zwecke verwendet wurden etwa Buchschriften Urkundenschriften oder Kanzleischriften Demotische Schrift auf dem Holz Etikett einer MumieAltere romische Kursive 1 Jahrhundert n Chr Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Beispiele 3 Entwicklungen 4 Casual scripts in der Typografie 5 Andere Bedeutungen 6 EinzelnachweiseMerkmale Bearbeiten nbsp Schriftbeispiel der Palmer Methode die im ausgehenden 19 und 20 Jahrhundert in den USA eine weit verbreitete Gebrauchs und Geschaftsschrift wurde Sie hat allerdings einen konkreten Urheber und ist stark kanonisiert Somit ist sie weniger individuell und variationsreich als andere Gebrauchsschriften Gebrauchsschriften sind ublicherweise schnell zu schreiben schmucklos und funktional Sie haben beispielsweise keine Zierabschlusse wie etwa Serifen oder Quadrangeln Im Regelfall zahlen sie zu den Schreibschriften Kursiven aber nicht alle Gebrauchsschriften sind Schreibschriften und nicht alle Schreibschriften sind auch Gebrauchsschriften Kalligrafische Asthetik spielt fur Gebrauchsschriften kaum eine Rolle Fur sie ist wichtig dass sie im praktischen alltaglichen Einsatz einen brauchbaren Kompromiss zwischen leichter und zugiger Schreibbarkeit und Leserlichkeit darstellen Ligaturen sind haufige Merkmale von Gebrauchsschriften Sie beschleunigen das Schreiben Bei Innenligaturen werden Teile aus denen Buchstaben zusammengesetzt sind einzugig verbunden Bei Aussenligaturen werden aufeinanderfolgende Buchstaben einer Silbe oder eines Wortes verbunden Gebrauchsschriften haben typischerweise keinen einzelnen Urheber Sie haben in ihrer jeweiligen Schriftkultur eine lange Entwicklung durchgemacht und eine weite Verbreitung erfahren 2 Der Kanon einer solchen Schrift damit wird eine standardisierte Form der Buchstaben bezeichnet stellt lediglich eine Richtschnur dar Konkrete Handschriften weisen stets deutliche individuelle Merkmale des Schreibers auf 3 Beispiele BearbeitenBeispiele fur Gebrauchsschriften sind die hieratische Schrift im Unterschied zu den agyptischen Hieroglyphen die demotische Schrift die zunachst als Kanzleischrift aus dem Hieratischen abgeleitet wurde und dann zur Gebrauchsschrift in Agypten wurde die altere und die jungere romische Kursive im Unterschied zur Capitalis die gotische Kursive im Unterschied zur gotischen Minuskel die humanistische Kursive im Unterschied zur humanistischen Minuskel die im Maschrek verwendete Ruqʿa im Unterschied zu anderen Formen der arabischen Schrift die deutsche Kurrentschrift die lange Zeit im deutschsprachigen Raum die meistverwendete Gebrauchsschrift war wahrend fur besondere formalere Zwecke die lateinische Schreibschrift oder Druckschrift verwendet wurde Entwicklungen BearbeitenIn einer Gesellschaft mit relativ weit verbreiteter Schriftlichkeit 4 konnen aus formaleren Schriften kursive Gebrauchsschriften entstehen indem sie etwa durch Ligaturen und Vereinfachungen den Bedurfnissen rascheren und fliessenderen Schreibens folgen Umgekehrt konnen aus relativ schmucklosen Gebrauchsschriften durch den Prozess der Kalligraphisierung auch wieder neue Buchschriften entstehen Entwicklungen von Schrift uber langere Zeitraume pendeln manchmal mehrfach zwischen den verschiedenen Anspruchen Asthetik Leserlichkeit Schreibgeschwindigkeit hin und her Zum Beispiel ist aus der formalen romischen Buchschrift Capitalis quadrata vermutlich uber den Zwischenschritt der Capitalis rustica die altere und daraus die jungere romische Kursive fur den Alltagsgebrauch entstanden Aus letzterer wurde im 5 Jahrhundert durch Kalligraphisierung die Halbunziale und im 8 Jahrhundert die karolingische Minuskel entwickelt eine formale Buchschrift die keine Kursive mehr darstellt Aus dieser entstand zusammen mit den Grossbuchstaben der Capitalis im Renaissance Humanismus die humanistische Kursive und aus dieser lateinische Schreibschriften die sich fur rascheres Schreiben im Alltag eigneten Kalligrafisch ambitionierte Schreibmeister entwickelten diese Schreibschriften wiederum ins Formale und Dekorative weiter hin zu feinmotorisch herausfordernden Schriften die neue asthetische Anspruche ihrer Zeit befriedigten aber dafur kaum alltagstauglich sind wahrend sich im Alltag informellere Schreibschriften etablierten Schrift Formale Schrift GebrauchsschriftCapitalis quadrata nbsp Capitalis rustica nbsp Altere romische Kursive nbsp Jungere romische Kursive nbsp Halbunziale nbsp Karolingische Minuskel nbsp Humanistische Kursive nbsp Formale lateinische Schreibschrift nbsp Informelle lateinische Schreibschrift nbsp Casual scripts in der Typografie Bearbeiten nbsp Beispiel der Satzschrift Freestyle Script nbsp Beispiel der Satzschrift Wiesbaden SwingSeit dem Anfang des 20 Jahrhunderts wurden in der Typografie auch Satzschriften entwickelt die das Schriftbild alltaglicher ungekunstelter Handschrift wiedergeben wenngleich sie bei langeren Texten also nicht als Akzidenzschrift fur nur sehr kurze Texte eingesetzt aufgrund ihrer perfekten Gleichformigkeit dennoch in gewisser Weise formal wirken Diese Schriften werden auf Englisch auch casual scripts genannt um sie von kalligrafischen formalen Schreibschriften formal scripts zu unterscheiden Beispiele dafur sind die Schriften Brush Script Mistral oder Wiesbaden Swing DIN 16518 fasst formale und informelle Schreibschrift Satzschriften in der Schriftklasse der Schreibschriften zusammen Andere Bedeutungen BearbeitenDer Begriff Gebrauchsschrift wird auch verwendet um eine Schrift zu bezeichnen die in einer Zeit und Region im ublichen Gebrauch ist unabhangig von ihren sonstigen Eigenschaften zum Beispiel Devanagari in Gegenden Indiens in der Typografie eine Satzschrift zu bezeichnen die in einer bestimmten Zeit und Region in grosser Masse fur den Gebrauch in Drucksachen verwendet wurde siehe auch Brotschrift in der Bildhauerei Schriften zu bezeichnen die dort nicht unter den Begriff der Kalligrafie fallen in der Wissenschaftsgeschichte ein Fachbuch zu bezeichnen das in einer bestimmten Zeit und Region als Standardwerk in weitem Gebrauch stand im Urheberrecht ein Sprachwerk zu bezeichnen das wegen seiner geringen Individualitat keinen Werkcharakter aufweist etwa eine Gebrauchsanweisung oder ein Formular Der Begriff Geschaftsschrift wird auch verwendet um bestimmte stenografische Schriften zu bezeichnen Der Begriff Verkehrsschrift wird auch verwendet um in der Stenografie die Unterstufe der Deutschen Einheitskurzschrift zu bezeichnen Satzschriften zu bezeichnen die sich gut zur Orientierung im offentlichen Raum etwa im Strassenverkehr eignen siehe Liste von Verkehrsschriften Einzelnachweise Bearbeiten Leopold Nettelhorst Schrift muss passen Schriftwahl und Schriftausdruck in der Werbung Wirtschaft und Werbung 1959 S 16 books google com Alexandra Wiebelt Symmetrie bei Schriftsystemen Ein Lesbarkeitsproblem Walter de Gruyter amp Co KG 2015 ISBN 978 3 11 091972 1 S 22 books google com Christian Rohr Historische Hilfswissenschaften Eine Einfuhrung UTB 2015 ISBN 978 3 8252 3755 4 S 142 books google com Ahasver von Brandt Werkzeug des Historikers eine Einfuhrung in die historischen Hilfswissenschaften W Kohlhammer Verlag 2007 ISBN 978 3 17 019413 7 S 74 books google com Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gebrauchsschrift amp oldid 236539149