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Helmut von Bracken 21 Mai 1899 in Saarn bei Mulheim an der Ruhr 16 Februar 1984 in Marburg an der Lahn war ein deutscher Psychologe Mediziner und Padagoge Autor und Publizist Er gilt als Nestor der deutschen Sonderschulpadagogik Helmut von Bracken 1977 Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Werk 3 Auszeichnungen Auswahl 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenDer alteste Sohn des evangelischen Pfarrers Rudolph von Bracken verlebte eine durch vaterliche Strenge gepragte Kindheit und Jugend der er im euphorischen Patriotismus der Epoche durch die Teilnahme am Ersten Weltkrieg Notabitur 1917 zu entgehen suchte Nach dem Krieg Kustenschutz Batterie in Flandern kehrte er desillusioniert ins Saarner Pfarrhaus zuruck wo dem inzwischen zum uberzeugten Sozialdemokraten gewandelten jungen Mann bald die Konflikte mit dem konservativen kaisertreuen Vater unertraglich wurden Daher schloss er sich den Wandervogeln an und absolvierte eine Ausbildung am Lehrerseminar in Greiz Wahrend der Tatigkeit als Hilfsschullehrer in Gera 1921 1927 studierte er Psychologie sowie Erziehungswissenschaften an den Universitaten Leipzig bei Felix Krueger Berlin bei Max Wertheimer und Kurt Lewin und Jena wo er 1925 bei Wilhelm Peters zum Dr phil promoviert wurde Es folgten 1928 eine Dozentur an der Technischen Hochschule Braunschweig und im Jahr 1930 die Habilitation fur Psychologie Neben seiner wissenschaftlichen Tatigkeit war von Bracken auch politisch stark engagiert und Mitglied in der USPD der SPD und in der Freien Lehrergewerkschaft Deutschlands FLGB sowie der daraus hervorgegangenen Allgemeinen Freien Lehrergewerkschaft Deutschlands AFLD 1 Beim AFDL Organ Der Volkslehrer 2 fungierte von Bracken von 1927 bis 1930 als Schriftleiter und von 1931 bis 1933 war er Mitglied des Buros des Internationalen Berufssekretariats der Lehrer IBSL 3 Am 1 Oktober 1930 wahlte der Landtag des Freistaats Braunschweig eine Koalitionsregierung aus DNVP und NSDAP in der die NSDAP zunachst mit Anton Franzen und dann mit Dietrich Klagges den Minister fur Inneres und Volksbildung stellte Am 25 April 1932 wurde Bracken durch Verfugung des Volksbildungsministers wegen seiner USDP und SPD Zugehorigkeit der Lehrauftrag an der TH Braunschweig entzogen Seine Venia Legendi durfte er behalten doch verzichtete er auf sie im August 1933 aufgrund vorangegangener Anfeindungen und der bevorstehenden offiziellen Entfernung aus dem Lehrkorper aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 4 Sein Buch Die Prugelstrafe in der Erziehung stand anlasslich der Bucherverbrennung in Braunschweig auf der dortigen Schwarzen Liste und wurde nach dem 10 Mai 1933 aus den Bibliotheksbestanden entfernt 5 Bracken ging in die Niederlande wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am psychologischen Institut der Universitat von Amsterdam tatig wurde Vermutlich in dieser Zeit wurde er auch Mitglied im Verband deutscher Lehreremigranten der Nachfolgeorganisation der AFDL 3 Als von Bracken mitbekam wie sich die Situation seiner judischen Kollegen im Dritten Reich verschlechterte raumte er seine niederlandische Forschungsstelle zu Gunsten bedurftigerer Exilanten und begann 1935 an der Bonner Friedrich Wilhelms Universitat ein Medizin Studium das er im Jahr 1940 mit der Promotion zum Dr med bei Hans Schafer abschloss 1939 war Bracken zum Kriegsdienst verpflichtet worden konnte aber 1940 in den Sanitatsdienst eintreten Moglicherweise zur Erreichung dieses Wechsels und um sich dem Dienst mit der Waffe zu entziehen war er Anfang 1940 in die NSDAP eingetreten 5 Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte er als Oberstabsarzt bei der Kriegsmarine Nach dem Krieg verdiente er in den Jahren 1946 bis 1954 den Lebensunterhalt seiner Familie mit Hilfe einer Allgemeinarzt Praxis in Braunschweig war dort auch als ausserplanmassiger Professor fur die Technische Hochschule tatig In dieser Zeit knupfte er viele internationale Kontakte und erhielt u a eine Gastprofessur an der Harvard University wo er den bereits vor dem Krieg begonnenen wissenschaftlichen Austausch mit auslandischen Psychologen wie Gordon Allport vertiefte Bracken war in der Nachkriegszeit mehrfach angezeigt worden unter anderem wegen der Anwesenheit bei Erschiessungen und wegen der Misshandlung von Soldaten Alle Verfahren wurden jedoch fallengelassen und ihm keine Verfehlung nachgewiesen Er selber musste allerdings 1955 und 1959 Wiedergutmachungsantrage zuruckziehen weil ihm mitgeteilt worden war dass diesen aufgrund seiner NSDAP Mitgliedschaft kein Erfolg beschieden sein werde 5 Im Jahr 1954 wechselte Bracken als ausserordentlicher Professor nach Hessen an das Padagogische Institut Jugenheim in der Nahe von Darmstadt von wo aus er ab 1955 die ersten Lehrgange zur Ausbildung von Sonderschullehrern in Marburg leitete 1958 kam er als Honorarprofessor an die Philipps Universitat Marburg und uberfuhrte die dortigen Sonderschul Lehrgange in das neu gegrundete Universitats Institut fur Sonderschulpadagogik dessen erster Direktor er 1963 wurde gleichzeitig erhielt er die ordentliche Professur Auch nach seiner Emeritierung im Jahr 1967 blieb er weiterhin wissenschaftlich aktiv besuchte internationale Kongresse veroffentlichte zahlreiche Zeitschriftenartikel sowie Bucher und hielt Vorlesungen Erst wenige Tage vor seinem Tod durch Schlaganfall im 85 Lebensjahr nahm er noch eine Doktorprufung ab Politisch seit den 1920er Jahren fur die SPD engagiert war er 1955 Mitglied der Grossen Programmkommission des Godesberger Programms Bracken heiratete 1922 Martha Schirmer 1929 wurde Tochter Suse geboren die in die Fussstapfen des Vaters trat indem sie selbst Psychologie studierte und lange in Bremen als Therapeutin praktizierte Nach der Scheidung 1963 heiratete er Karola Karthaus 1922 Volksschullehrerin und spatere Sprachheilpadagogin sowie leidenschaftliche Hobbysangerin Dieser Ehe entstammt der Jazz Musiker Bandleader und Komponist Rick von Bracken 1964 Werk BearbeitenBracken arbeitete interdisziplinar in den Bereichen Arbeitspsychologie Ermudungsforschung Humangenetik Zwillingsforschung Personlichkeitspsychologie Sozialpsychologie Vorurteilsforschung Psychologie des Alterns Psychologie der Erziehung sowie Psychologie behinderter Kinder und gilt als ein Nestor der deutschen Sonderschulpadagogik Er war Begrunder und Herausgeber der wissenschaftlichen Zeitschriften Psychologische Beitrage und Heilpadagogische Forschung Buchautor deutscher Ubersetzer mehrerer Werke des US Personlichkeits Psychologen Gordon Allport und erster Direktor des Instituts fur Sonderschulpadagogik an der Philipps Universitat Marburg Auszeichnungen Auswahl BearbeitenBracken erhielt etliche Auszeichnungen und Ehrungen darunter Bundesverdienstkreuz am Bande Hugo Munsterberg Medaille deren erster Trager er 1981 wurde Fellow der britischen Royal Society Aufnahme in die internationale Ausgabe der britischen Personal Enzyklopadie Who s Who Schulen in Friedberg Hessen Giessen und Herbstein tragen seinen Namen Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenPersonlichkeitserfassung auf Grund von Personlichkeitsbeschreibungen Untersuchungen zum Problem des Personalbogens Jenaer Arbeiten zur Jugend und Erziehungspsychologie Heft 1 Beltz Langensalza 1925 S 3 50 Die Prugelstrafe in der Erziehung Am anderen Ufer Dresden 1926 Verbundenheit und Ordnung im Binnenleben von Zwillingspaaren in Zeitschrift fur pad Psychologie 1936 Nr 37 S 65 81 Altersveranderungen der geistigen Leistungsfahigkeit und der seelischen Innenwelt in Zeitschrift fur Altersforschung 1939 I S 256 266 Zur Sozialpsychologie der Autoritat in Psychologische Rundschau 1950 I S 94 102 Wandlungen der menschlichen Personlichkeit im mittleren und hoheren Alter in Studium Generale 1952 Nr 5 S 306 315 Mit H P David Hg Perspectives in Personality Theory Basic Books New York 1957 Tavistock London 1958 Huber Bern 1959 Eudeba Buenos Aires 1963 Professor Dr Dr Kurt Lucken sechzig Jahre in Zeitschrift fur Heilpadagogik 11 1960 6 S 348 Zur Methodologie der Heilpadagogik in Heilpadagogische Forschung 1964 65 Nr 1 S 3 12 Humangenetische Psychologie in P E Becker Hrsg Humangenetik Band 1 Thieme Stuttgart 1969 S 409 561 Hrsg Erziehung und Unterricht behinderter Kinder Akademische Verlagsgesellschaft Frankfurt am Main 1968 Vorurteile gegen behinderte Kinder ihre Familien und Schulen Marhold Berlin 1976 Literatur BearbeitenLudwig J Pongratz Werner Traxel und Ernst G Wehner Hrsg Helmut von Bracken in Psychologie in Selbstdarstellungen Band 2 Verlag Hans Huber Bern Stuttgart Wien 1979 Lothar Tent Zum Gedenken an Helmut von Bracken in Heilpadagogische Forschung 11 1984 2 S 127 142 Michael Wettern Daniel Wesselhoft Opfer nationalsozialistischer Verfolgung an der Technischen Hochschule Braunschweig 1930 bis 1945 Georg Olms Verlag Hildesheim 2010 ISBN 978 3 487 14359 0 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Helmut von Bracken im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Literaturliste im Online Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin Helmut von Bracken bei GoogleBooks Bracken Helmut von bei GoogleBooks Bracken Helmut von Hessische Biografie Stand 27 April 2020 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Zur Geschichte der beiden Lehrerorganisationen siehe Rainer Bolling Lehrerschaft Schulpolitik und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik Der Volkslehrer im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek a b Hildegard Feidel Mertz Hermann Schnorbach Lehrer in der Emigration Der Verband deutscher Lehreremigranten 1933 39 im Traditionszusammenhang der demokratischen Lehrerbewegung Beltz Verlag Weinheim und Basel 1981 ISBN 3 407 54114 7 S 227 228 Michael Wettern Daniel Wesselhoft Opfer nationalsozialistischer Verfolgung an der Technischen Hochschule Braunschweig 1930 bis 1945 S 93 a b c Michael Wettern Daniel Wesselhoft Opfer nationalsozialistischer Verfolgung an der Technischen Hochschule Braunschweig 1930 bis 1945 S 94Normdaten Person GND 118514164 lobid OGND AKS LCCN n81007977 VIAF 56751535 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Bracken Helmut vonKURZBESCHREIBUNG deutscher Psychologe Mediziner und Padagoge Autor und PublizistGEBURTSDATUM 21 Mai 1899GEBURTSORT Saarn bei Mulheim an der RuhrSTERBEDATUM 16 Februar 1984STERBEORT Marburg an der Lahn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Helmut von Bracken amp oldid 234580769