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Die Forschungsgeschichte Urartus beschreibt die Schritte um die Siedlungen das Leben und die Geschichte des Reiches von Urartu mit seiner Hauptstadt Tuschpa Tuspa das heutige Van in der Turkei am Vansee zu erforschen Inhaltsverzeichnis 1 Forschungsgeschichte 1 1 Erste Forscher in Van 1 2 Erforschung der Kelischin Stele 1 3 Schatzgraberei und die erste Grabung auf Toprakkale 1 4 Erste Keilschriftforschungen 1 5 Belck und Lehmann Haupt 1 6 Zwischen den Weltkriegen 1 7 In der Nachkriegszeit 1 8 Forschungen nach dem Golfkrieg 2 Literatur 3 EinzelnachweiseForschungsgeschichte BearbeitenErste Forscher in Van Bearbeiten 1827 15 Jahre vor der Erforschung Mesopotamiens in Ninive 1842 und Khorsabad 1843 reiste der 28 jahrige Friedrich Eduard Schulz im Auftrag der franzosischen Societe asiatique in das Gebiet Vans Angeregt wurde diese literarische Reise durch die Schilderungen Moses von Choren einem armenischen Geschichtsschreiber des 5 Jahrhunderts der die Legende der assyrischen Konigin Schamiram Samiram niederschrieb die er wahrscheinlich aus mundlicher Uberlieferung kannte In dieser Legende wird die Anlage einer neuen Stadt ostlich des Salzsees und sudlich des Ararat Tals beschrieben Carl Ritter ein Geograph vermutete dass die Ruinen dieser Stadt ostlich des Vansees zu finden seien Schulz konnte dies bestatigen Er fand zahlreiche Inschriften teils in assyrisch teils in einer bis dahin unbekannten Sprache verfasst Durch seine 42 Abklatsche dieser Inschriften und die Beschreibung des Van Felsens konnten die Ruinen als die Uberreste der Stadt Tuschpa Tuspa identifiziert werden Erforschung der Kelischin Stele Bearbeiten Schulz gilt auch als Entdecker der Kel i Schin Stele Kelisin eine urartaisch assyrische Bilingue aus blauem Diorit Stein die er auf dem gleichnamigen Bergpass in 2981 Meter Hohe zwischen Oschnaviyeh Iran und Rawanduz Irak auf iranischer Seite gefunden hatte Ende 1829 wurde Schulz in der Nahe von Baskale von Kurden ermordet Teile seiner Aufzeichnungen konnten dem Morder abgenommen werden ein Abklatsch der Kelischin Stele befand sich nicht darunter Am 26 Oktober 1838 versuchte der englische Assyriologe Diplomat und Offizier Sir Henry Creswicke Rawlinson einen Abklatsch der Kelischin Stele anzufertigen Eine Kopie war im Winter bei 20 C und vereister Oberflache nicht moglich 1849 reiste er zwar unverrichteter Dinge und wohlbehalten jedoch nicht mit leeren Handen nach England zuruck Er ubergab dem Britischen Museum in London eine wertvolle Antiquitaten Sammlung Einige Jahre spater versuchte der deutsche Gelehrte R Rosch die Stele im Sommer zu erreichen er wurde jedoch mit seinen 38 Begleitern bei der Kelischin Stele uberfallen und ermordet Charles Texier der Entdecker von Bogazkoy besuchte 1838 ebenfalls Van Ihm folgte Ende der 1840er Sir Austen Henry Layard der Ausgraber von Ninive und Nimrud welcher die Felsgraber auf dem Burgberg von Van beschrieb und eine Skizze der Argisti Kammer anfertigte Die Berichte uber die Entdeckungen von Friedrich Schulz zogen noch weitere Forscher in diese Gegend die Abklatsche der Inschriften anfertigten wie zum Beispiel der Franzose Deyrolle dessen Abklatsche heute im Louvre aufbewahrt werden Schatzgraberei und die erste Grabung auf Toprakkale Bearbeiten Dieses europaische Interesse an den Altertumern Vans nutzten die Einwohner Anfang der 1870er Jahre als sie den frei zuganglichen Kalksteinfelsen Toprakkale Erdburg die Konigsresidenz des 7 Jahrhunderts durchsuchten und ihre Funde an Kunsthandler verkauften Einige dieser Artefakte kamen in das Britische Museum was Ausgrabung auf Toprakkale anregte Der Englander Captain E Clayton der amerikanische Lehrer Dr Raynolds und der turkische Archaologe Hormuzd Rassam fuhrten in den Jahren 1880 81 auf dem Felsen nordwestlich von Van eine Grabung durch die aber bald abgebrochen wurde da die aus Mesopotamien gewohnten Funde ausblieben Die englische Grabung wurde schlecht und unprofessionell durchgefuhrt Das Lehmziegelmauerwerk wurde nicht als solches erkannt und abgegraben Ausserdem war die Grabung teils unbeaufsichtigt was Fundunterschlagungen sehr wahrscheinlich macht Die Ergebnisse dieser Grabung erst 70 Jahre spater durch R D Barnett veroffentlicht Die Englander verliessen enttauscht Toprakkale die Bewohner nutzten die freigelegte Flache fur weiteren Fundraub und nutzten Steine des freigelegten Ḫaldi Tempels zum Hausbau Erste Keilschriftforschungen Bearbeiten In den 1870ern fertigte Sir Archibald Henry Sayce eine erste systematische Sammlung urartaischer Keilinschriften an Auf Grund der Fortschritte in der Entzifferung der assyrischen Keilschrift konnte Sayce feststellen dass die Inschriften in der unbekannten Sprache weder Assyrisch noch eine andere semitische Sprache darstellten Verschiedene Forscher versuchten die gesammelten Inschriften zu entziffern darunter Francois Lenormant 1871 mit Hilfe des Georgischen und Andreas David Mordtmann 1872 1877 mit Hilfe des Armenischen doch alle scheiterten 1890 91 arbeitete der deutsche Ingenieur Karl Sester der die Denkmaler am Nemrut Dagi entdeckt hatte in Van und sammelte Keilinschriften die aber bei der Deutschen Orient Gesellschaft kein grosseres Interesse weckten In seinen Briefen beklagte er sich standig uber die unzureichende Arbeit der Englander auf Toprakkale Belck und Lehmann Haupt Bearbeiten Der Chemiker Waldemar Belck begab sich 1891 in die Gegend von Van wo er die Inschriftenstele vom Priestersee beziehungsweise Rusa Stele vom Kesis Golu Priestersee entdeckte Auf dieser wird der Bau eines Stausees zur Wasserversorgung Tuschpas sowie der neuen Residenz beschrieben Sie gilt als Grundungsurkunde des jungeren Regierungszentrums Rusahinili Stadt des Rusa gemeint ist der Herrscher Rusa II 1 Dieses Zentrum wurde von den Forschern als Toprakkale erkannt wohin sie dann angeregt durch diesen Fund eine armenische Expedition anstrebten Diese Expedition wurde fur 1893 geplant konnte aber wegen der turkisch armenischen Unruhen nicht durchgefuhrt werden Rudolf Virchow machte Belck mit Carl Ferdinand Friedrich Lehmann Haupt bekannt Unterstutzt durch die Rudolf Virchow Stiftung unternahmen beide schliesslich 1898 99 die geplante Expedition nach Van und Umgebung Sie fuhrte sie von Berlin uber Warschau nach Odessa an die Kuste des Schwarzmeeres Mit dem Schiff fuhren sie nach Noworossijsk von wo aus sie nach Tiflis reisten um uber Jerewan und Tabris Tabriz nach Van zu gelangen Dort errichteten sie ihr Lager von wo aus sie weitere Expeditionen unternahmen Schon sechs Tage nach ihrer Ankunft begannen sie mit den Grabungen auf Toprakkale Dabei gelangte Belck zu der von Friedrich Schulz entdeckten Kel i schin Stele Diese Expedition musste er aber abbrechen da ihn zwischen Haek und dem Kelischin Pass Kurden uberfielen die sein Begleiter Ali Chan aber zuruckschlagen konnte 2 Einige Tage spater versuchten es Belck und Lehmann Haupt gemeinsam Zwar erreichten sie die Stele konnten aber wegen der schlechten Wetterverhaltnisse keinen Abklatsch anfertigen Wenig spater wurde auf Belck ein weiterer Mordanschlag ausgefuhrt Obwohl er heil davonkam kam es zu einem diplomatischen Problem zwischen dem deutschen Kaiser Wilhelm II und dem osmanischen Sultan Abdulhamid II Letzterer zahlte Belck schliesslich eine Entschadigung in Hohe von 60 000 Goldmark Die Ausgrabungen der beiden waren zwar um einiges besser als die Ausgrabung des Britischen Museums auf Toprakkale aber auch Belck und Lehmann Haupt erkannten Lehmziegelmauerwerk nicht als die Mauern von Gebauden Daher bezeichneten sie einen Bereich als Gebiet ohne Bauten und gruben dort nicht Ihre Funde brachten die Entzifferung der urartaischen Sprache um einiges weiter Sie waren die letzten westeuropaischen Wissenschaftler die vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges in diesem Gebiet tatig sein konnten da die russische Besatzung 1915 weitere Ausgrabungen nicht zuliess Zwischen den Weltkriegen Bearbeiten Die Russen Nikolai Jakowlewitsch Marr und Iosif Abgarovich Orbeli gruben wahrend der russischen Besetzung Ostanatolien ab 1916 am Nordhang des Van Felsens Sie entdeckten eine vierseitige Stele mit dem Annalen von Sarduri II welche die Siege Urartus uber ihre Nachbarn schildert In dieser Zeit konzentrierten sich andere europaische Wissenschaftler auf die Inschriften die sie nach Europa gebracht hatten da ihnen der Zugang nach Van verwehrt blieb Bei weiteren Versuchen diese zu entziffern entnahm Albrecht Gotze der Kel i Schin Stele die wichtigsten Gleichsetzungen und Johannes Friedrich erforschte die Grundlagen der Grammatik Sein erster Abriss besitzt heute noch Gultigkeit Der Russe Boris Borisovic Piotrovskij begann 1939 mit Ausgrabungen auf dem Karmir Blur roter Hugel bei Jerewan unter dem die Stadt Teisebai URU Stadt des Wettergottes Teiseba verborgen liegt Er fand die Reste einer Zitadelle Stadtmauer und planmassig angelegter Wohnblocke 1938 1940 wollten die Amerikaner Kirsop Lake und Silva Lake am Van Felsen durch Grabungen die alten Grabungsresultate und Datierungen uberprufen Durch Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fand ihre Arbeit jedoch ein jahes Ende die meisten ihrer Funde gingen mit dem von einem deutschen U Boot torpedierten Schiff Athenia unter Manfred Korfmann veroffentlichte 1977 die erhaltenen Dokumente und Fotografien Hans Volkmar Hermann schilderte den Forschungsstand zu diesem Zeitpunkt so so stellt sich die Geschichte der Erforschung des alten Zentrums am Van See als eine Kette von missgluckten oder kurzlebigen Unternehmungen dar angefangen abgebrochen und vor allem niemals wirklich publiziert In der Nachkriegszeit Bearbeiten In der Nachkriegszeit waren die archaologischen Forschungen zunachst auf Sowjet Armenien beschrankt Armenische Wissenschaftler setzten das Werk von Piotrovskij fort Die Arbeit auf dem Karmir Blur Teisebai URU wurden in den 1960ern und 1970ern wieder aufgenommen ab 1950 wurde Arinberd Erebuni ausgegraben Dabei stellte man fest dass die Festung im 7 Jahrhundert verlassen und das gesamte Gut nach Teischebai gebracht worden war In Teisebai URU fanden sich unter anderem Schilde mit Weiheinschriften aus Erebuni Die Festung wurde also weder durch Brand zerstort noch durch kriegerische Akte vernichtet Seit 1964 fanden Ausgrabungen in Armawir Argistihinili statt das damals grosste administrative Zentrum Transkaukasiens Charles Burney begann ab 1956 Gelandebegehungen im Van Gebiet bei denen er urartaische Festungen Bewasserungsanlagen 3 und andere Fundstatten entdeckte Dies gab den Anstoss zu weiterer Forschung in den ostturkischen Provinzen 1959 begannen die Turken Tahsin Ozguc in Altintepe bei Erzincan sowie Arif Erzen auf Toprakkale weitere Untersuchungen Als Ozguc das 1938 bei Bahnbauarbeiten gefundene Kammergrab naher untersuchte fand er weitere Steingraber mit bronzenem Inventar was auf reiche Bestattungen schliessen lasst In der Nahe entdeckte er einen Tempel dessen Wandmalereien denen in Arinberd Erebuni ahnlich waren Erzen fand in den vier Ecken des Ḫaldi Tempels auf Toprakkale Grundungstafeln aus Bronze sowie silberne und goldene Plattchen Zudem startete er auch eine Grabung auf der sudostlich von Van gelegenen Burg Sardurihinili Cavustepe In den spaten 1960ern erlangte Wolfram Kleiss vom Deutschen Archaologischen Institut zahlreiche Erkenntnisse uber die urartaische Architektur und Keramik Zum einen fand und vermass er in weiten Teilen Nordwest Irans urartaische Fundstellen zum anderen grub er zusammen mit Stephan Kroll in der Festung Bastam 1976 wurde die abenteuerbehaftete Kel i schin Stele von italienischen Wissenschaftlern erneut aufgesucht Unter ihnen befand sich der italienische Archaologe Mirjo Salvini Sie hatten eine Sondergenehmigung um die Stele fur einen Tag zu besuchen und wurden massiv von Militar begleitet Die politischen Ereignisse 1978 79 die schliesslich zum ersten Golfkrieg fuhrten verschlossen diese Gegend erneut fur die auslandische Archaologie Forschungen nach dem Golfkrieg Bearbeiten In den letzten Jahren fuhrte Oktan Belli auf turkischem Gebiet Erkundungsreisen durch Die Erschliessung der Nekropolen in der nordlich von Van gelegenen Provinz Erzurum die Erkundung der Gegend um Van und die systematische Erforschung des Van Felsens durch Tarhan Sevin sind ebenfalls Ergebnisse der letzten Zeit 1989 wurde am Ufer des Vansees 35 km nordlich von Van in Ayanis eine Festung des 7 Jahrhunderts eine Grundung von Rusa II entdeckt und von Altan Cilingiroglu gegraben Trotz der Wiederaufnahme der Forschungen sind bis heute von den etwa 300 urartaischen Fundstellen in der Turkei im Iran der Armenischen Republik und im Irak wahrscheinlich nur ein Drittel bis die Halfte wissenschaftlich erfasst 4 Noch heute werden urartaische Fundstellen besonders Graber von den Anwohnern geplundert da der Verkauf von urartaischen Artefakten an Europaer und Amerikaner lukrativ ist Solche Stucke gelangen dann in den internationalen Kunsthandel wie es zum Beispiel 1971 mit einer Vielzahl von gepunzten Bronzeblechen geschehen ist Spatere Nachforschungen ergaben dass Dorfbewohner unweit von Cavustepe in Giyimli sudostlich von Van beim Steinabbau fur eine Moschee Bronzebleche fanden die sie bei reisenden Handlern fur Zucker und Salz in Zahlung gaben Antiquitatenhandler wurden darauf aufmerksam und fanden uber 2 000 dieser Bleche die sie verkauften zum Gluck zum Teil an turkische Museen Es ist anzunehmen dass es einen Tempel bei Giyimli gegeben hat Die Forschungen uber die fruhe Eisenzeit im spateren Urartu wurden in den letzten Jahrzehnten sowohl in der Turkei als auch in Armenien intensiviert Literatur BearbeitenCarl Ferdinand Friedrich Lehmann Haupt Armenien einst und jetzt Reisen und Forschungen Behr Berlin 1910 Ralf Bernhard Wartke Urartu das Reich am Ararat von Zabern Mainz 1993 Kulturgeschichte der Antiken Welt Bd 59 ISBN 3 8053 1483 3 Mirjo Salvini Geschichte und Kultur der Urartaer Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1995 ISBN 3 534 01870 2 Paul E Zimansky Ancient Ararat A handbook of Urartian studies Caravan Books Delmar New York 1998 Anatolian and Caucasian studies ISBN 0 88206 091 0 Einzelnachweise Bearbeiten Salvini will die Stele allerdings Rusa Erimenaḫi zuschreiben Lehmann Haupt 1910 Charles Burney Urartian Irrigation Works In Anatolian Studies 22 1972 179 186 Wartke 1993 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Forschungsgeschichte von Urartu amp oldid 209898583